Die Tennessee Titans befinden sich in einer Umbruchsphase. Während man um den Jahrtausendwechel immer wieder sicher in die Playoffs einziehen und in der Saison 1999 / 2000 sogar den Superbowl erreichen konnte, war das Team aufgrund der Salary Cap in den letzten Jahren immer wieder gezwungen, wichtige Spieler zu entlassen. So fanden absolute Playmaker wie Samari Rolle oder Jevon Kearse neue Heimaten, während Kultfigur Eddie George über die Dallas Cowboys ins Altenteil geschickt wurde.
In diesem Jahr traf es mit Offense Tackle Brad Hopkins auch Quarterback Steve McNair und damit die letzten beiden Spieler, die noch von den Houston Oilers in die NFL geholt wurden. Gerade mit McNair verliert das Team eine Identifikationsfigur und einen Teamleader, der neben Eddie George das Gesicht der Titans wie kein anderer in den letzten zehn Jahren geprägt hat. Während McNair gerade bei den Fans immer sehr beliebt war, insbesondere wegen seiner Toughness, hatten die Coaches in den letzten Jahren immer wieder Probleme mit McNair.
So ist es ein offenes Geheimnis, dass Offense Coordinator Mike Heimerdinger kein besonders gutes Verhältnis zu seinem Quarterback hatte, weil sich dieser zwar zu den Spielen immer wieder trotz Verletzungen auf den Platz zwingen konnte, aber während der Woche so gut wie nie trainierte. Neben dem Timing der Offense wurde dadurch insbesondere die Entwicklung der Receiver negativ beeinflusst.
Auch Norm Chow, seit 2005 Offense Coordinator, hatte mit McNair seine Probleme, weil auch seine Offense sehr viel wert auf gut abgestimmtes Kurzpass-Spiel legt und nachdem man es in der letzten Saison zumindest miteinander versucht hatte, gab man McNair in diesem Frühjahr an die Baltimore Ravens ab. Mit Vince Young vom National Champion Texas Longhorns, draftete man deshalb in der diesjährigen Draft den Quarterback der Zukunft. Genau wie McNair Mitte der 90er Jahre wird man auch Vince Young zumindest ein Jahr hinter einem erfahrenen Quarterback lernen lassen, doch die Weichen sind gestellt - die Zukunft gehört Young!
Quarterbacks:
Während sicher ist, dass die Titans in Zukunft auf Vince Young setzen werden, ist die Quarterback Situation in diesem Jahr äußerst undurchsichtig. Young ist noch nicht so weit eine NFL Offense zu führen, da er bei den Longhorns nur eine relativ einfache Offense, primär aus der Shotgun Formation, zu bewältigen hatte. ?Aus diesem Grund sollte eigentlich der langjährige Backup von McNair, Billy Volek die Offense der Titanen führen, doch nachdem die Coaching Crew in drei Preseason Games keine überzeugende Leistung von Volek verzeichnen konnte, verpflichtete man kurzfristig Kerry Collins, der bereits mit Carolina Playoff und den Giants auch Superbowl Erfahrung sammeln konnte. Zwar ist Collins nicht der mobilste Spieler, aber er wirft einen guten tiefen Ball und ist erfahren genug, die insgesamt sehr junge Offense zu führen.
Running Backs:
Gerade bei den Running Backs sind die Titans gut besetzt. Starter ist wie im Vorjahr Chris Brown, der leider immer wieder mit Verletzungen zu kämpfen hat. Wenn gesund, ist Brown ein gefährlicher Deep Thread, für den die gegnerische Defense planen muss. Aber sein aufrechter Running Style führt immer wieder dazu, dass der Titans Starter ein Spiel aussetzen muss. Backup ist Travis Henry, den man vor zwei Jahren von den Buffalo Bills verpflichten konnte. Henry ist ein All Around Back, der im letzten Jahr 4 Spiele von der NFL wegen einer Substance Abuse gesperrt wurde. Aus dem Titans Lager hört man aber, dass Henry sich für dieses Jahr viel vorgenommen hat. Er soll schneller und schlanker wirken. Lendale White ist der Joker der Gruppe. Eigentlich als ein Top 10 Talent eingestuft, rutschte er durch einen schlechten Auftritt beim Scouting Combine in Runde 2 der diesjährigen Draft. OC Norm Chow war bereits bei USC Coach von White und wird wissen, wie er den jungen Back zu motivieren hat. White könnte zum Steal der Draft werden.
Wide Receiver / Tight Ends:
Drew Bennett, im College noch Quarterback, war im letzten Jahr der Nummer 1 Receiver der Titans, obwohl er sich besser zur Nummer 2 eignet. Aus diesem Grund hat man David Givens von den Patriots verpflichtet, der mit seinem Speed die kurzen Zonen öffnen soll. Givens bringt außerdem Championship Erfahrung und Leadership mit nach Tennessee. Hinter Givens und Bennett ist der Kampf um die Plätze offen, wobei Tyrone Calico wohl endgültig als Bust einzustufen ist und vielleicht sogar entlassen wird. Mit Roydell Williams und insbesondere Brandon Jones haben sie aber Receiver mit viel Potential.
Gut bestückt ist man bei den Tight Ends. Erron Kinney ist ein guter Blocker und hat softe Hände, Ben Troupe hat das Potential zu einem der Top Tight Ends der Liga zu werden, wenn er sein Potential wirklich ausschöpft.
Offense Line:
Die Offense Line ist der wacklige Punkt der Offense. Zwar hat man mit Kevin Mawae einen ehemaligen Pro Bowl Center und echten Team Leader verpflichten können, aber Mawae ist immerhin schon 35 Jahre alt. Benji Olsen ist ein guter Drive Blocker und hat den Job des rechten Guards sicher. Anders sieht es bei Zach Piller aus, der im letzten Jahr schlecht gespielt hat. Auf den Tackles spielen Michael Roos und Jacob Bell, die erst zwei bzw. drei Jahre in der NFL sind und denen noch Erfahrung fehlt.
Defense Line:
Albert Haynesworth ist der beste Defense Tackle der Liga - wenn er will. Während er phasenweise unblockbar ist, nimmt er immer wieder Auszeiten, in denen er Fehler macht und umher geschoben wird. Neben ihm spielt Randy Starks, dem man im letzten Jahr den Durchbruch zugetraut hat, der dann aber hinter seinen Erwartungen zurück geblieben ist. Bei den Defense Ends ist Kyle Vanden Bosch gesetzt, nachdem er im letzten Jahr unerwartet den Pro Bowl mit einer phantastischen Saisonleistung erreichen konnte. Auf der anderen Seite suchen die Titans noch ihren Starter, wobei es scheint, als würde sich Travis LaBoy durchsetzen können. Insgesamt muss gerade die Defense Line der Titans eine bessere Leistung als im Vorjahr zeigen, damit die Defense sich nicht wieder im hinteren Drittel der Liga wieder findet.
Linebacker:
Neben den Running Backs sind die Linebacker die Stärke der Titans. Outside Linebacker Keith Bulluck ist der Captain der Defense und einer der besten Outside Linebacker der Liga. Im letzten Jahr versuchte er allerdings die Fehler seiner Kollegen mit auszugleichen und war deshalb öfters nicht am richtigen Platz. Aus diesem Grund verpflichtete man David Thornton von den Colts, der nicht nur den Lauf gut spielt, sondern einen Tightend auch Mann gegen Mann covern kann. Mit dem intelligenten Peter Sirmon in der Mitte, hinter dem bereits Rookie Stephen Tulloch lauert, haben die Titans eine der besseren Linebacker Reihen der Liga.
Defense Backs:
Im letzten Jahr waren die Titans gezwungen mit Pacman Jones und Reynaldo Hill zwei Rookies zu starten. Gerade Pacman Jones hat Potential zu den Top Cornerbacks der Liga zu gehören, wenn er seinen Kopf zusammen hält. Jones zeigt zwar auf dem Platz große Qualitäten, hat aber immer wieder unsportliche Aussetzer und Probleme mit den Gesetzeshütern. Beide Cornerbacks sollten gerade mit einem Jahr Erfahrung einen großen Sprung nach vorne machen.
Auf der Position des Safety setzt man zum einen auf Lamont Thompson, der bereits im letzten Jahr bei den Titans gespielt hat. In der Offeseason hat Thompson an seinem Gewicht und seiner Geschwindigkeit gearbeitet. Dazu kommt Chris Hope von den Steelers, der vor allem auch Erfahrung mit in die junge Defense der Titans bringen soll.
Ausblick:
Die Tennessee Titans waren im letzten Jahr das jüngste Team der Liga, nachdem sie durch die Salary Cap Hölle gegangen sind. Das Momentum geht deutlich nach oben, auch wenn das junge Team wahrscheinlich noch 1-2 Jahre brauchen wird, um in der starken AFC South wieder um die Playoffs zu spielen. ?Dazu kommt, dass die Titans einen mörderischen Spielplan erhalten haben. Nach den Jets in Woche 1 folgen mit San Diego, Miami, Dallas, Indianapollis und Washington direkt 5 Playoff Teams aus 2005. Es sollte also niemanden überraschen, wenn die Titans mit nur einem Sieg und fünf Niederlagen in die Saison starten. Danach kann es für das junge Team aus Tennessee aber nur noch nach oben gehen.
Im Gegensatz zum Dolphins-Thread wäre hier allerdings ein Deep Threat angebracht statt einem Thread. 
