Kansas City Chiefs Preview 2012 - Teil 1

  • Kansas City Chiefs Preview 2012


    A. Rückblick:

    1. 2007-2010
    Nach insgesamt 10 Siegen in den Jahren 2007 (4-12), 2008 (2-14) und 2009 (4-12) hatten die Chiefs 2010 sensationell mit 10-6 die AFC West gewonnen und damit die Playoffs erreicht. Dies war allerdings einem ultraleichten Schedule geschuldet, denn die Chiefs gewannen kein einziges Spiel gegen ein Team mit positiver Bilanz. Die Chiefs waren zweifellos das schlechteste Team in den Playoffs und schieden sang- und klanglos aus.

    2. 2011
    Damit waren realistische Erwartungen vor der letzten Saison auf eine etwa ausgeglichene bis leicht positive Bilanz gerichtet. Einerseits konnte man von einigen jüngeren Spielern Leistungssteigerungen erwarten, andererseits mußte man gegen eine Vielzahl besserer Gegner antreten als in der 2010er-Saison.
    Der Saisonstart war denkbar schlecht. Mit dem Star der Offense (RB Jamaal Charles), einem der beiden erwarteten Schlüsselspieler der Defense (SS Eric Berry) und einem weiteren jungen und vielversprechenden Starter (TE Tony Moeaki) zogen sich in der Preseason bzw. den ersten beiden Saisonspielen gleich drei wichtige Spieler jeweils einen Kreuzbandriss (ACL) zu und fielen für die gesamte Saison aus (IR). Damit konnte man die Saison eigentlich schon abhaken, zumal es gleich in den ersten beiden Spielen zwei Debakel (7-41 gegen Buffalo, 3-48 in Detroit) setzte.
    Doch wie aus dem nichts waren die Chiefs ab dem dritten Spiel konkurrenzfähig. Nach einer knappen Niederlage in San Diego folgten 4 Siege in Folge, darunter gegen die Divisionsrivalen Oakland und San Diego.
    Kaum dachte man, die Chiefs könnten wie durch ein Wunder doch noch eine gute Saison abliefern, kassierten sie – beginnend mit dem Spiel gegen die bis dahin sieglosen Dolphins – 5 Niederlagen in den nächsten 6 Spielen, darunter drei weitere Debakel gegen Miami (3-31), in New England (3-34) und bei den N. Y. Jets (10-37). Dass sich dabei auch noch der ohnehin nur mäßig überzeugende QB Matt Cassel verletzte, den Rest der Saison ebenfalls aussetzte und nach misslungenen Versuchen mit Backup-QB Tyler Palko bald durch Kyle Orten von den Broncos ersetzt wurde, passte irgendwie ins Bild einer vermurksten Saison.
    Angesichts dieser Ergebnisse wurde HC Haley gefeuert und durch DC Romeo Crennel als Interims-Headcoach ersetzt. Gegen die Packers auf dem Weg zur Perfect Season war eine wahre Hinrichtung der Chiefs zu erwarten. Doch den Chiefs gelang die wohl größte Sensation der gesamten Saison (19-14). Hätten sie nicht im folgenden Spiel trotz statistischer Überlegenheit in OT gegen die Raiders verloren, dann wären sie nach dem 7-3 zu Saisonende bei den Broncos sogar – völlig unverdient – doch noch in die Playoffs eingezogen, weil in der AFC West kein Team mehr als 8 Siege aufweisen konnte. So blieb es bei einer 7-9 Bilanz und dem letzten Rang in der Division. „Gefühlt“ war die Saison allerdings wesentlich schlechter.


    B. Offseason-Transactions

    1. Draft:
    DT Dontari Poe (1. Runde, # 11, Memphis)
    G/T Jeff Allen (2. Runde, # 44, Illinois)
    T Donald Stephenson (3. Runde, # 74, Oklahoma)
    WR Devon Wylie (4. Runde, # 107, Fresno State)
    DB DeQuan Menzie (5. Runde, # 146, Alabama) [bislang CB, jetzt ggf. S]
    RB Cyrus Gray (6. Runde, # 182, Texas A&M)
    DT Jerome Long (7. Runde, # 218, San Diego State)
    WR Junior Hemingway (7. Runde, # 238, Michigan)

    Die Draft der Chiefs wird von den verschiedenen „Experten“ sehr unterschiedlich bewertet. Die Geister scheiden sich vor allem an Dontari Poe, der geradezu unglaubliche körperliche Voraussetzungen (6-4, 346 lbs) mitbringt, aber nur an einer zweitklassigen Uni spielte, bislang die nötige Konstanz vermissen ließ und sich immer wieder „Pausen“ nahm. Man hat ihn treffend als "... another Albert Haynesworth. But which version?" bezeichnet.
    Allen und Stephenson sind die Backups der O-Line, Wylie und Gray haben das Roster, Long und Hemingway die Practice Squad geschafft. Menzie fällt mit einer Verletzung für die gesamte Saison aus.

    2. Free Agency:
    Von den meisten „Experten“ werden die Aktivitäten der Chiefs in der Free Agency sehr positiv bewertet.

    Abgänge:
    QB Kyle Orten (war ohnehin erst gegen Saisonende aus Denver gekommen)
    QB Tyler Palko
    RB Jackie Battle (Chargers)
    RB Thomas Jones (Karriereende)
    FB LeRon McClain (Chargers)
    TE Leonard Pope (Steelers)
    TE Anthony Becht
    WR Jerheme Urban
    C Casey Wiegmann (Starter, Karriereende)
    OT Barry Richardson (Starter, Rams)
    OT Ryan O'Callaghan
    DE Wallace Gilberry (Bucs)
    NT Kelly Gregg (Starter)
    LB Demorrio Williams (Chargers)
    S Jon McGraw
    S Sabby Piscitelli

    Zugänge:
    QB Brady Quinn (Denver Broncos)
    RB Peyton Hillis (Cleveland Browns) 1 J
    TE Kevin Boss (Oakland Raiders) 3 J
    OT Eric Winston (Houton Texans) 4 J
    DE Ropati Pitoitua (N. Y. Jets)
    CB Jaques Reeves (2 Jahre aus privaten Gründen ausgesetzt)
    CB Stanford Routt (Oakland Raiders)

    3. Die wichtigsten Veränderungen:

    RB Peyton Hillis (Browns) ersetzt Thomas Jones (Karriereende)
    RT Eric Winston (Texans) ersetzt Barry Richardson (Rams)
    CB Stanford Routt (Raiders) ersetzt Brandon Carr (Cowboys)
    NT Dontari Poe (Draft 2012) oder Anthony Toribo (Practice Squad) ersetzen Kelly Gregg
    C Rodney Hudson (Draft 2011) ersetzt Casey Wiegmann


    C. Coaching-Staff:
    Romeo Crennel erhielt das Vertrauen von GM Scott Pioli und Owner Clark Hunt und wird nun nach einer weitgehend erfolglosen Zeit in Cleveland (24-40) zum zweiten Mal HC eines NFL-Teams sein. Ein „echter“ DC wurde nicht verpflichtet, so dass Crennel diese Aufgabe selbst übernimmt. Neuer OC ist Brian Daboll, der bereits bei Browns und Dolphins mit der gleichen Aufgabe betraut war. Insgesamt verfügen die Chiefs über eine sehr erfahrene Coaching Staff (z. B. Assistent HC Maurice Carthon, QB-Coach Jim Zorn, LB-Coach Gary Gibbs, DB-Coach Emmitt Thomas).

    4 Mal editiert, zuletzt von Chief (9. September 2012 um 14:39)

  • D. Roster/Depth Chart

    1. Offense

    a) O-Line:
    LT Branden Albert, LG Ryan Lilja, C Rodney Hudson, RG Jon Asamoah, RT Eric Winston
    , OT Donald Stephenson, OG Jeff Allen

    Die 80er und 90er Jahre, in denen die Chiefs Jahr für Jahr über eine der bestens O-Lines der NFL verfügten, sind lange vergessen. Seit Jahren kann man in der Summe bestenfalls auf Mittelmaß zurückgreifen.
    Die Tackle-Positionen sind gesetzt. LT Branden Albert ist zwar nicht ganz so dominant, wie es sich die Chiefs für ihren 2008er Erstrundenpick gewünscht hätten, spielt aber grundsolide und verbessert sich Jahr für Jahr. Das größte Upgrade stellt hingegen RT Eric Winston dar, der in Houston Leistungsträger (sehr stark im Laufspiel, solide im Paßspiel) war und lediglich aus finanziellen Gründen dem cut zum Opfer fiel.
    Die Guard-Positionen sind derzeit mit dem Veteranen Ryan Lilja (LG) und mit Jon Asamoah (RG) – Drittrundenpick aus 2010 - solide, aber unspektakulär besetzt. Während von Asamoah noch Leistungssteigerungen zu erwarten sind, dürfte Lilja sich bereits im Herbst seiner Karriere befinden.
    Neuer Center ist nach dem Rücktritt von Casey Wiegmann der letztjährige Zweitrundenpick Rodney Hudsen. Was ihm gegenüber Wiegmann an Erfahrung fehlt, dürfte er mit athletischen Fähigkeiten mehr als kompensieren können – viele sehen in ihm schon jetzt ein Upgrade. Hudson hat bei Florida State alles abgeräumt, was es an Auszeichnungen für einen O-Lineman zu gewinnen gab, und könnte nun für das nächste Jahrzehnt der Center der Chiefs sein.
    Überraschend haben die Chiefs nur 7 Spieler für die O-Line im Roster behalten. Als Backups stehen lediglich die Rookies Jeff Allen (OG) und Donald Stephenson (OT) zur Verfügung. Das spricht immerhin für großes Vertrauen der Coaching Staff und läßt für die Zukunft hoffen, zumal Albert und Lilja nach der Saison Free Agents werden. Gerade Allen wird von manchen Kommentatoren sogar zugetraut, schon im Laufe der Saison einen der Starter zu verdrängen. Im Falle einer Verletzung dürfte David Mims in seiner zweiten Saison schnell den Weg von der Practice Squad auf das Roster finden.

    Individuell dürfte – vor allem aufgrund der erheblichen Verbesserung auf RT - von einer leichten Steigerung auszugehen sein. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass eine O-Line im Idealfall gut eingespielt sein sollte, was bei mindestens 2 neuen Startern problematisch erscheint.

    b) Quarterbacks:
    Matt Cassel
    , Brady Quinn, Ricky Stanzi

    Cassel kam 2009 mit großen Erwartungen zu den Chiefs, denen er aber bislang nur in Ansätzen gerecht werden konnte. Zwei äußerst durchwachsenen Jahren in 2009 (55 %, 2.924 yards, 16 TDs, 16 INTs) und 2011 (59,5 %, 1.713 yards in 5 Spielen, 10 TDs, 9 INTs) steht eine ordentliche Saison in 2010 (58 %, 3.116 yards, 27 TDs, 7 INTs) gegenüber. Allerdings sind die überwiegend enttäuschenden Zahlen etwas zu relativieren, da Cassel mit einer schwachen O-Line (z. B. 42 Sacks in 2009) und einem seit Jahren schwachen WR-Corps (u. a. zahllose Drops) zu kämpfen hatte. Die deutlich besseren Zahlen in 2010 gingen einher mit moderaten 26 Sacks und einem starken Laufspiel. Insofern besteht die Hoffnung, dass ein mutmaßlich verbessertes Laufspiel in 2012 auch die Paßstatistiken von Cassel verbessern wird. Seinen Job als Starter hat er vorläufig sicher, da Kyle Orton nach drei Spielen für die Chiefs nicht weiter verpflichtet wurde und in Dallas angeheuert hat; Tyler Palko hat seinen Job nach den enttäuschenden Leistungen der Vorsaison verloren. Ex-Irish Brady Quinn – Erstrundenpick der Browns in 2007 – hat sich in der NFL bislang nicht durchsetzen können und die letzten beiden Jahre ohne Einsatzzeit in Denver verbracht. Er nahm ein wirtschaftlich ungünstigeres Angebot der Chiefs an, weil er sich hier bessere sportliche Perspektiven verspricht. Das Talent hat er, was beispielsweise auch sein ehemaliger Coach Charlie Weis immer wieder betont. Immerhin gelang es ihm, den letztjährigen Fünftrundenpick Ricky Stanzi im Kampf um den Posten als ersten Backup auszustechen.

    c) RB:
    Jamaal Charles, Peyton Hillis
    , Shaun Draughn, Cyrus Gray, Nate Eachus

    Der Kreuzbandriss von Star-RB Jamaal Charles ist verheilt. Aber kann er auch an das alte Leistungsniveau (2010: 1.467 yards in 230 carries, d. h. im Schnitt phantastische 6,4 yards/carry!) anknüpfen? Die Erfahrung mit anderen RBs spricht dagegen. Noch ist es für eine endgültige Antwort zu früh, aber ein hochmotivierter und optimistischer Charles einerseits und seine Auftritte in der Preseason sprechen dafür, dass er wieder zur zentralen Figur in der Chiefs-Offense werden könnte. Da er praktisch die gesamte letzte Saison gefehlt hat, wäre das eine erhebliche Verbesserung.
    Peyton Hillis ist ein guter Backup bzw. zweiter RB und sollte auch neben einem gesunden Jamaal Charles erhebliche Einsatzzeiten erhalten. Seine beste Saison hatte er 2010 bei den Browns mit 1.177 yards (4,4 yards/carry, 11 TDs). Hieran vermochte er in der 2011er Saison verletzungsbedingt nicht anknüpfen, konnte überhaupt nur an 10 Spielen teilnehmen und erzielte 587 yards (3,6 yards/carry), was freilich immer noch mehr war, als der zurückgetretene Thomas Jones als Leading Rusher der Chiefs erzielte (478 yards bei 3,1 yards/carry).
    Einigermaßen überraschend haben die Chiefs zunächst 5 RBs im Roster behalten. Gespannt darf man auf Rookie Cyrus Gray sein, der zweimal in Folge für Texas A&M über 1.000 yards erlief. Dagegen sind Shaun Draughn (eventuell als FB nach dem Weggang von Jackie Battle) und Nate Eachus eher unbeschriebene Blätter. Bei Bedarf könnte schließlich auch noch Dexter McCluster als RB eingesetzt werden, obwohl ich ihn eher als Returner oder Slot Receiver sehe.

    d) WR:
    Dwayne Bowe, Jon Baldwin
    , Terrance Copper, Steve Breaston, Dexter McCluster, Devon Wylie

    Bowe ist zweifellos der beste WR der Chiefs, auch wenn 1162 yards in 2010 und 1159 yards in 2011 sicher noch nicht Hall-of-Fame-verdächtig sind. Zu seinen Gunsten ist anzumerken, dass er diese Leistungen mit mittelmäßigen QBs und in einer schwachen Gruppe von Receivern erzielt hat, weswegen sich gerade 2011 die gegnerischen Verteidigungsformationen auf ihn konzentrieren konnten. Das erklärt, warum die Chiefs ihn zum Franchise Player erklärt haben. Da man sich nicht auf einen langfristigen Vertrag einigen konnte, unterschrieb Bowe erst kurz vor Saisonbeginn den Franchise Tender und hat erst kurze Zeit mit dem Team trainiert.
    Steve Breaston hatte einen schwächeren Saisonbeginn, steigerte sich dann aber immerhin auf noch halbwegs erträgliche 61 catches für 785 yards.
    Der letztjährige Erstrundenpick Jon Baldwin fiel in seiner ersten Saison vor allem durch eine körperliche Auseinandersetzung mit einem Teamkollegen in der Preseason auf, in deren Rahmen der sich verletzte. Er verpaßte 5 Spiele und enttäuschte mit lediglich 21 catches für 254 yards auf ganzer Linie. In der Saisonvorbereitung zeigte er sich nun gereift und scheint hart an sich gearbeitet zu haben. Ob er auf dieser Grundlage nun überzeugende Zahlen zu produzieren vermag, bleibt abzuwarten.
    Dexter McCluster wurde in der vergangenen Saison primär als RB eingesetzt, wobei er in Lauf (4,5 yards/carry) und Paßfang (46 Catches für 328 yards) überzeugen konnte. Seine Zukunft dürfte auf der Position des Slot-Receivers liegen. Am Ende der Depth Chart befinden sich Viertrundenpick Wylie, der als extrem schneller WR die gegnerische Defense etwas strecken könnte, und Copper, der hauptsächlich in den Special Teams Einsatzzeit erhalten dürfte. Siebtrundenpick Hemingway wurde nun nach seiner kurzfristigen Streichung zum zweiten Mal in die Practice Squad aufgenommen.

    e) TE:
    Kevin Boss
    , Tony Moeaki, Steve Manieri, Jake O'Connell

    Der 2010er Drittrundenpick Moeaki hatte eine vielversprechende Rookie-Saison mit 47 Receptions für 556 yards und zeigte die für einen TE seltene Fähigkeit, sich auch downfield (> 10 yards) von den Verteidigern lösen zu können. Er war für die 2011er Saison als Starter vorgesehen, bis (auch) er sich in der Preseason das Kreuzband riss, wodurch die Chiefs faktisch über keinen Receiving-TE mehr verfügten und nach den Bears die schlechtesten Statistiken produzierten.
    Obwohl Moeaki wieder gesund ist, scheint er seinen Job als Starter vorläufig an Ex-Giant Kevin Boss verloren zu haben, der in der vergangenen Saison 531 yards für die Raiders erzielte und in der Preseason einen guten Eindruck erweckte. Dieser „Verlust“ wird allerdings dadurch relativiert, dass die Chiefs 4 TEs behalten haben und voraussichtlich häufig auf Formationen mit 2 TEs zurückgreifen werden. Nach dem Weggang von Leonard Pope haben auch die relativ unbekannten Manieri und O'Connel den Sprung ins Roster geschafft.


    2. Defense:

    a) D-Line:
    DE Tyson Jackson, NT Anthony Toribo, DE Glenn Dorsey
    , Dontari Poe, Allen Bailey, Ropati Pitoitua

    Geht man vom Talent aus, dann müßten die Chiefs möglicherweise mit der besten D-Line der NFL ins Rennen gehen, denn welches Team kann schon für jede Position einen Erstrundenpick (Dorsey 2008, Jackson 2009, Poe 2012) ins Rennen schicken? Da aber Talent (=Potential) und tatsächliche Leistung zwei Paar Schuhe sind, wäre man wohl schon mit Leistungen oberhalb des NFL-Durchschnitts zufrieden. Weder Dorsey noch Jackson konnten bislang die in sie gesetzten Erwartungen auch nur annähernd erfüllen. Immerhin haben sie sich unter Romeo Crennell an ihre Aufgaben als DEs in der 3-4-Defense gewöhnt und sich infolge einer Vereinfachung des Playbooks insofern gesteigert, als sie ihre (reduzierten) Aufgaben weitgehend erfüllen. Leider ist Pass Rush für die beiden ein Fremdwort (im Schnitt ein Sack pro Spieler und Saison in den letzten zwei Jahren). Seit der Umstellung der Verteidigungsformation fehlt den Chiefs ein dominanter NT – insoweit war auch der letztjährige Starter Kelly Gregg nur eine (solide) Notlösung. Diese Rolle soll nun Erstrundenpick Dontari Poe übernehmen. Bei ihm handelt es sich erneut um einen Spieler, der unglaublich viel Talent (groß, schwer, bärenstark) mitbringt, aber noch sehr viel lernen muss. Bislang zeigt er Lernbereitschaft und Engagement, verlor aber den Kampf um die Starter-Position trotz marginaler Konkurrenz gegen den letztjährigen Practice-Squad-Spieler Anthony Toribo. Erst dessen Verletzung führt dazu, dass Poe wahrscheinlich doch im ersten Spiel als Starter auflaufen darf. Bailey wurde in der vergangenen Saison im Rahmen der Nickel-Defense eingesetzt, erzielte aber nur einen einzigen Sack. Gleichwohl dürfte er in Paßsituationen weiterhin seine Einsatzzeiten erhalten. Pitoitua kommt von den Jets, wo er nur sporadisch eingesetzt wurde.

    b) Linebacker:
    LOLB Justin Houston, LILB Jevon Belcher, RILB Derrick Johnson, ROLB Tamba Hali
    ,
    Cameron Sheffield, Andy Studebaker, Brandon Siler, Cory Greenwood, Edgar Johnes

    Nachdem die LB vor wenigen Jahren noch die größte Schwäche im Team waren, handelt es sich nun wohl um die beste Unit der Chiefs.
    Die Gruppe wird angeführt von OLB Tamba Hali, der sich über die Jahre hinweg sukzessive gesteigert hat und inzwischen zu den besten Pass-Rushern der NFL gehört. Dies wird vor allem dadurch deutlich, dass er (14,5 Sacks 2010, 12 Sacks 2011) bei der Jagd auf den gegnerischen QB meist mehr oder weniger auf sich allein gestellt ist. Dennoch produzierte er in der vergangenen Saison die meisten QB-Hurries und die viertmeisten Hits der gesamten NFL. Er ist im Passrush praktisch unersetzlich, weswegen seine Sperre für das erste Spiel die Chiefs besonders hart trifft.

    Ihm gegenüber dürfte vermehrt Justin Houston zum Einsatz kommen. Der letztjährige Drittrundenpick erfüllte als Rookie nach mäßigem Start die Erwartungen und erzielte seine 5,5 Sacks in den letzten 5 Spielen, wobei allerdings gleich drei im Spiel gegen die Bears eingefahren wurden. Darüber hinaus wußten sich seine Gegner sechsmal nur unter Verursachung einer Holding-Strafe gegen ihn zur Wehr zu setzen. Nachdem er in Woche 11 zum Starter wurde, erhöhte sich der Sack-Schnitt der Chiefs von 1,0 (Spiele 1-10) auf 2,9 (Spiele 11-16). Auch wenn die Aussagekraft dieser Zahlen diskutabel ist, spricht doch einiges dafür, dass die Chiefs in ihm endlich einen zweiten Pass-Rushing OLB – in einer 3-4-Defense erwartet man eigentlich von jedem OLB 10 Sacks - gefunden haben könnten.
    Mit Andy Studebaker, Cameron Sheffield und Edgar Jones (bislang Ravens) verfügen die Chiefs zudem über drei zuverlässige Backups, wobei Sheffield faktisch erst in seine zweite Saison geht, nachdem er 2010 seine Rookie-Saison wegen einer Nackenverletzung auf IR verbrachte.
    ILB Derrick Johnson hat sich in den beiden letzten Jahren auf höchstem Niveau etabliert und wurde mit einer Probowl-Einladung (1st Team All Pro) belohnt. 121 (2010) und 131 (2011) Tackles sprechen für sich, aber Johnson überzeugt regelmäßig auch mit abgewehrten Pässen oder einer gelegentlichen INT. Neben ihm wird wohl erneut Jovan Belcher zum Einsatz kommen, der sich allerdings mit Brandon Siler starker interner Konkurrenz erwehren muss. Siler kam letzte Saison aus San Diego, fiel nach einem Achillessehnenriss die gesamte Saison aus und scheint nun wieder fit zu sein. Greenwood ist in erster Linie ein exzellenter Akteur in den Special Teams.

    c) Defensive Backfield

    Cornerbacks:
    LCB Brandon Flowers, RCB Stanford Routt
    , Javier Arenas, Jalil Brown, Jacques Reeves

    Ganz entscheidend für den Erfolg oder Mißerfolg der Chiefs dürfte die Leistung des Defensive Backfields sein.
    In der vergangenen Saison verfügten die Chiefs mit Brandon Flowers und Brandon Carr über ein hervorragendes CB-Tandem, wobei zudem Javier Arenas als Nickelback zu überzeugen vermochte. Auch Rookie Jalil Brown konnte Erfahrungen sammeln und ist kaum schlechter. Der Verlust des 4-year-Starters Carr an die Cowboys dürfte schwer wiegen, wobei auffällig war, dass die Chiefs sich nicht einmal ernsthaft um seinen Verbleib bemüht haben. Ersetzt werden soll er durch den bei den Raiders aus Kostengründen gecutteten Stanford Routt, dessen Press-Coverage gut zur Defensivstrategie von Crennell passt. Doch wechseln sich bei Routt Licht und Schatten (4 INTs einerseits, 17 Penalties andererseits in 2011) ab, weswegen sich an ihm die Geister scheiden. Kritiker bemängeln beispielsweise, dass seine Gegenspieler 8 TDs erzielten, wohingegen seine Befürworter darauf hinweisen, dass 6 dieser TDs aus kurzer Distanz (max. 6 yards) erzielt wurden. Trotzdem ist er von den Startern im Defensive Backfield am unsichersten einzuschätzen. Da ist es wenig erbaulich, dass Top-CB Flowers über die gesamte Preseason mit einer hartnäckigen Sprunggelenksverletzung ausfiel und der Stand des Heilungsprozesses weiterhin unklar ist. Neu im Team ist Jacques Reeves, der bereits über 6 Jahre NFL-Erfahrung bei Cowboys und Texans verfügt, aber in den letzten beiden Jahren aus privaten Gründen (nunmehr tödlich verlaufene Erkrankung seiner Mutter) ausgesetzt hatte.

    Safeties:
    FS Kendrick Lewis, SS Eric Berry
    , Abram Elam, Travis Daniels, Tysyn Hartman

    Bei den Safeties verfügen die Chiefs grundsätzlich über eines der besten Tandems der NFL. Eric Berry kehrt nach seinem Kreuzbandriss zurück und hat, wenn er von weiteren schweren Verletzungen verschont bleibt, noch eine sehr erfolgreiche Karriere vor sich. Der 2010er-Erstrundenpick verfügt über Reichweite, Geschwindigkeit und Übersicht und erreichte bereits als Rookie den Probowl. Neben ihm ist der 2010er-Fünftrundenpick Kendrick Lewis grundsätzlich als FS gesetzt. Er konnte sich in seinem zweiten Jahr deutlich steigern, obwohl er sich sich mit einer hartnäckigen Schulterverletzung durch die gesamte letzte Saison kämpfen mußte. In der Offseason wurde er operiert, aber leider plagt ihn erneut die Schulter, so dass er wohl zum Saisonauftakt fehlen wird. Ein Problem könnte die Tiefe auf dieser Position sein, da im letzten Jahr weder McGraw noch Piscitelli an Berrys Stelle überzeugen konnten und keinen neuen Vertrag mehr erhielten. Elam und Daniels sind eher vom Typ „Journeyman“, wobei allerdings Elam in den vergangenen drei Jahren bei Browns und Cowboys jeweils Starter war. Hartman ist ein ungedrafteter Rookie von Kansas State.


    3. Special Teams - Specialists
    K Ryan Succop, P/H Dustin Colquitt, LS Thomas Gafford, KR/PR Javier Arenas, Dexter McCluster, Devon Wylie

    Die Special Teams der Chiefs sind als solide einzustufen. Succop hatte letztes Jahr einen schwachen Start (1 von 4 FGs), dann aber eine tolle Serie (22 FGs in Folge) und erzielte insgesamt mit 24/30 eine akzeptable Quote, wobei er auch aus größerer Distanz zu treffen vermag (3/3 aus Distanzen ab 50 yards). Er ist noch jung und sollte sich weiter steigern können. Colquitt ist zwar kein zweiter Andy Lee, vermochte sich aber in der letzten Saison weiter zu steigern (durchschnittlich 45,9 yards brutto bzw. 40,1 yards netto pro Punt) und gehört zu den besseren Puntern der Liga. Gafford ist ein zuverlässiger Longsnapper und wurde mit einer Vertragsverlängerung für 2 Jahre belohnt. Etwas enttäuschend waren die Leistungen der Returner, die nach dem vielversprechenden 94-yards-PR von McCluster im ersten Spiel nicht mehr viel zu Wege brachten. Gleichwohl sind die Returner noch jung und haben Potential.

    4. Practice Squad:
    OG Lucas Patterson, OT David Mims, RB Patrick DiMarco, WR Jamar Newsome, WR Junior Hemingway, WR Josh Bellamy, DE Jerome Long, CB Neiko Thorpe

    5. Injured Reserve:
    QB Alex Tanney, TE Martin Rucker, DB DeQuan Menzie, DB Kyle McCarthy, DB Mikail Baker

    E. Schedule (Heimspiele in Großbuchstaben)
    09.09. ATLANTA
    16.09. Buffalo
    23.09. New Orleans
    30.09. SAN DIEGO
    07.10. BALTIMORE
    14.10. Tampa Bay
    21.10. (spielfrei)
    28.10. OAKLAND
    01.11. San Diego
    12.11. Pittsburg (MNG)
    18.11. CINCINNATI
    25.11. DENVER
    02.12. CAROLINA
    09.12. Cleveland
    16.12. Oakland
    23.12. INDIANAPOLIS
    30.12. Denver

    6 Mal editiert, zuletzt von Chief (9. September 2012 um 14:55)

  • F. Zusammenfassung und Prognose:
    Manche Experten prophezeien den Chiefs den Divisionstitel und einen Einzug ins AFC Championship Match, andere sehen sie lediglich an letzter Stelle der AFC West. Diese Bandbreite verdeutlicht, wie schwer die Prognose fällt.

    1. Was spricht gegen eine erfolgreiche Saison?
    Die 7-9-Bilanz aus 2011 täuscht darüber hinweg, dass die Chiefs nicht selten chancenlos waren. Der Gesamtscore von 212-338 war beispielsweise weit schlechter als derjenige der Dolphins, Bills (je 6 Siege), Jaguars (5 Siege) oder Browns (4 Siege) und wurde in der AFC nur noch von den Colts (243-430, 2 Siege) untertroffen, so dass die realistischere Leistungsbasis der Chiefs vielleicht bei 3 Siegen liegen dürfte. In einer durch die Regeländerungen der letzten Jahre immer paßfreundlicheren Liga verfügen die Chiefs auf der Schlüsselposition des QB über keinen Leistungsträger. Die WR waren bislang unterdurchschnittlich und dürften selbst im Falle von Leistungssteigerungen bestenfalls Durchschnitt erreichen. Zudem war es nicht hilfreich, dass Dewayne Bowe erst im letzten Moment den Franchise Tender unterschrieben hat (und damit erst mitten in der Preseason zum Training zur Verfügung stand). Die O-Line ist nicht eingespielt und zumindest im Paßblock auch nicht überdurchschnittlich gut. Die D-Line läßt sich zu viel herumschubsen, produziert keinen Passrush und vorläufig ist es zweifelhaft, ob die Chiefs einen adäquaten NT aufs Feld schicken können. Die LB sind zwar gut, aber die Front 7 insgesamt gegen den Paß zu sehr davon abhängig, dass Tamba Hali Druck auf den gegnerischen QB ausüben kann. Darüber hinaus könnten – abhängig von der Leistung auf NT – große Lücken in der Laufverteidigung zu stopfen sein. Das Defensive Backfield weist mit Lewis (Schulterverletzung), Flowers (Sprunggelenksverletzung) und Routt (wechselhafte Leistungen) zu viele Fragezeichen auf. Die Resultate von Romeo Crennell als HC der Browns (24-40) sind auch nicht gerade ermutigend. Auch fehlt generell die Konstanz (neuer HC, vierter OC in vier Jahren). In der Preseason gab es deutlich mehr Schatten als Licht zu sehen. Auch wenn das Verletzungspech vielleicht nicht ganz so groß sein wird wie in der vergangenen Saison, werden realistisch betrachtet wieder Verletzungen auftreten und das Team schwächen. Selbst bei gewissen Leistungssteigerungen gegenüber der Vorsaison könnten die Chiefs leicht bei 5 Siegen und dem letzten Platz in der AFC West hängen bleiben.

    2. Was spricht für eine erfolgreiche Saison?
    Die Chiefs waren 2011 vom Verletzungspech gebeutelt (Kreuzbandrisse bei Charles, Moeaki und Berry, Achillessehnenriss bei Siler, Handbruch bei Cassel, langwierige Schulterverletzung bei Lewis), verfügten über eine der schwächsten Angriffsformationen der NFL (z. B. in 9 Spielen jeweils maximal 10 Punkte erzielt) und hatten zudem auch sonst Pech (schlechteste Resultate der NFL in wenig beeinflussbaren Faktoren wie Kickoff-Distanz des Gegners, Punt-Distanz des Gegners und FG-Treffsicherheit des Gegners). Dennoch hätten sie dank einer im Saisonverlauf ständig verbesserten Defense (in 10 Spielen maximal 20 Punkte kassiert, davon in 5 der letzten 6 Spiele maximal 16 Punkte kassiert) beinahe die AFC West gewonnen und die Playoffs erreicht.
    Die Chiefs verfügen – gerade nach dem Karriereende von Casey Wiegmann und Thomas Jones - über eine im Schnitt relativ junge Mannschaft, so dass realistische Hoffnung auf individuelle Leistungssteigerungen besteht. Der Verlauf der Free Agency wird von den meisten Experten als wenig spektakulär, aber erfolgreich eingeschätzt. Mit der Rückkehr von Jamaal Charles, der Neuverpflichtung von Peyton Hillis sowie einer durch die Neuverpflichtung von RT Eric Winston gestärkten O-Line sollten die Chiefs wieder über ein starkes Laufspiel verfügen. Dies sollte zugleich zu einem verbesserten Paßspiel von QB Matt Cassel führen, zumal dieser nun mit den TEs Kevin Boss und Tony Moeaki und HB Jamaal Charles über mindestens drei zuverlässige Anspielstationen für kürzere Pässe verfügt. Zudem sollte die WR-Unit von einer zu erwartenden Leistungssteigerung von Jon Baldwin profitieren.
    Die Defensive Line könnte früher oder später erheblich von NT Dontari Poe profitieren. Die LB sind – auch in der Tiefe – gut besetzt und von Justin Houston sind Leistungssteigerungen zu erwarten. Auch das Defensive Backfield könnte sich gegenüber dem Vorjahr weiter steigern, da dem Verlust von CB Carr die Rückkehr von SS Berry und die Neuverpflichtung von Stanford Routt gegenüber stehen – ganz abgesehen davon, dass Arenas, Brown und Reeves eine Menge Potential bieten. Ein hervorragender DC wie Romeo Crennel wird schon wissen, warum er sich für Routt entschieden hat. Die Special Teams sind grundsolide. Romeo Crennel ist ein players coach. Er wird – wie so viele vor ihm – aus den Fehlern seines ersten Jobs als HC gelernt haben. Daboll dürfte als OC eher eine Verbesserung darstellen, zumal er nun über mehr talentierte Spieler verfügt als bei seinen früheren Stationen. Schließlich sollten die Gegner 2012 im Schnitt etwas leichter sein. Auf die Resultate der Preseason sollte man nichts geben, zumal die Chiefs ohne jegliche konkrete Vorbereitung auf den jeweiligen Gegner antraten.

    Insgesamt sollte daher ein verbessertes Laufspiel den Chiefs zu ordentlichen Angriffsleistungen verhelfen. Die verbesserte Offense sollte zugleich die Defense entlasten, die in der vergangenen Saison im Schnitt die schlechteste Feldposition aller NFL-Teams verteidigen mußte. Bei einem keineswegs unüberwindlichen Schedule könnte man 11 Siege erzielen und trotz Peyton Manning noch vor den Broncos die AFC West gewinnen.

    3. Fazit:
    Ich halte im Normalfall eine ausgeglichene Bilanz (8-8) für realistisch, aber die Vielzahl der Unwägbarkeiten ermöglicht deutliche Abweichungen hiervon. Ich rechne in der Offense mit einem guten Laufangriff und einem verbesserten, aber weiterhin unterdurchschnittlichen Paßangriff. In der Defense sollte man dem gegnerischen Laufspiel ausreichend viel entgegen setzen können – notfalls zunächst einmal ohne Dontari Poe. Der Schlüssel liegt aus meiner Sicht in der Paßverteidigung – und da ist leistungs- und verletzungsbedingt vieles möglich.


    p. s.: Es geht das Gerücht um, dass die Chiefs kurz vor Toresschluss zu einer weiteren Neuverpflichtung greifen könnten. Am Cap-Space wird es jedenfalls nicht scheitern, denn da haben die Chiefs neben den Cardinals wohl den meisten Platz.

    3 Mal editiert, zuletzt von Chief (9. September 2012 um 15:00)

  • Danke für dieses sehr schöne Preview.

    Ich kann dem auch im grossen und ganzen beipflichten. Es spricht eigentlich alles dafür das die neue Season erfolgreicher wird als die letzte. Im grossen und ganzen haben die Chiefs sich verstärkt. Das Defensive Backfield dürfte alleine durch Berry verstärkt sein. Wenn nicht dann wird es in einer Deivision mit Manning, Rivers und Palmer allerdings wirklich haarig...

    2010 hat man zumindest einmal gegen die Chargers, die eine 9-7 Bilanz hatten gewonnen. Das ist schonmal ein Winning Team. Aber viel mehr war da glaube Ich nicht.