Der Fall Böhmermann

  • Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich jetzt von der Regierung erwarte, dass sie hier ein GANZ klares Zeichen setzt und die Türkische Regierung hier in ihre Schranken verweist.

    Natürlich darf Erdogan Böhmermann anzeigen und auf ein Gerichtsurteil hoffen, aber das war es dann auch.
    Was Böhmermann macht ist hier in erster Linie mal "erlaubt"

    Es wird hier weder ein Exempel statuiert, noch irgendeine Entschuldigung geben.
    Manchmal hat man das Gefühl, die deutschen Regierungen haben immer noch ein mächtiges Selbstbewußtseinsproblem.

    Der "Deal" mit den Türken ist sicherlich schmutzig,aber es ist ein Deal und darf zu keinem einzigen Moment hier zum Erpressungshintergrund werden.

    ich erwarte ehrlich gesagt, das sie sich so weit wie irgend möglich raushält und dies die beurteilen läßt, die in einer Demokratie mit Gewaltenteilung dafür da sind: die Gerichte!

  • ich erwarte ehrlich gesagt, das sie sich so weit wie irgend möglich raushält und dies die beurteilen läßt, die in einer Demokratie mit Gewaltenteilung dafür da sind: die Gerichte!

    Sie ist ja direkt angesprochen worden. Und da sollte sie und hat sie ja geantwortet. Das ist OK

    Dann mach ich eben mein eigenes Forum auf...mit Blackjack und Nutten!

  • ich erwarte ehrlich gesagt, das sie sich so weit wie irgend möglich raushält und dies die beurteilen läßt, die in einer Demokratie mit Gewaltenteilung dafür da sind: die Gerichte!

    Diese Gebot hat sie ja schon missachtet als sie ihren Sprecher hat verlauten lassen, Böhmermanns Gedicht sei "bewusst verletztend" gewesen.
    Der Bundesregierung kommt in diesem ganz bestimmten Fall eine besondere Rolle zu: sie muss entscheiden ob sie die Anzeige zulässt (über das hinaus was Erdogan mit seiner privaten Anzeige erreichen kann. Das Strafmaß in der 2. Möglichkeit ist ungleich höher). Wenn das Gesetzbuch solche Aufgaben vorsieht, dann tut man sich a) grundsätzlich keinen Gefallen sich in irgendwelche Abhängigkeiten zu begeben und b) sollte man dann auf Urteile vor einer umfänglichen Prüfung verzichten, auch wenn das außenpolitisch manchmal problematisch sein kann.

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    It is time for us to do what we have been doing and that time is every day.

  • Diese Gebot hat sie ja schon missachtet als sie ihren Sprecher hat verlauten lassen, Böhmermanns Gedicht sei "bewusst verletztend" gewesen.

    Wo bitte hat sie denn die Gewaltenteilung missachtet, als sie ihre Meinung kund tat?

    "I guess football has always been a barometer of the times: the takeover of Manchester United was a perfect manifestation of the unacceptable face of modern capitalism." - Jarvis Cocker.

  • Wo bitte hat sie denn die Gewaltenteilung missachtet, als sie ihre Meinung kund tat?

    Ich würde den Vorwurf nicht gleich so hoch hängen wie "Grundfeste unserer Republik missachtet", aber vielleicht kann ich meinen Vorwurf erklären:
    In diesem sehr speziellen Fall ist es ja so das die Bundesregierung darüber zu entscheiden hat, ob dieser sehr spezielle Tatbestand der "Beleidigung von ausländischen Organen" zulässig ist. Das 'ausländische Organ' stellt den Antrag und der geht dann erst vor ein Gericht wenn die Bundesregierung das gestattet.

    Der Umstand das man sich öffentlich dazu geäußert hat (mit einer juristisch gehaltvollen Formulierung) ist unglücklich, denn man hätte sich chronoligisch besser positionieren können. Jetzt prüfen sie eine juristische Verwertbarkeit, die sie mit der vorherigen Aussage ja schon impliziert haben. Wie kann etwas nicht dem Tatbestand der Beleidigung entsprechen, wenn man es vorher als "bewusst verletztend" charakterisiert hat?

    Man hätte in diesem bestimmten Fall vorraussehen müssen, das man aufgrund der uncharakteristischen Involvierung in die Justiz, besser sehr vorsichtig ist mit Verlautbarungen.

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  • Ein Sache, die ich mich frage, ist, inwieweit die "Böhmermann-Verteidiger" bei ihrer Meinung davon beeinflusst sind, dass
    ihnen Böhmermann sympathisch ist und es mit Erdogan "den Richtigen" erwischt hat. Mir geht es da erstmal auch nicht
    anders. Vieles, was Böhmermann macht, finde ich gut, während Erdogan bei mir keinen Blumentopf gewinnen kann.
    Aber das darf da keine Rolle spielen.

    Ein Experiment. Stellen wir uns mal vor, das Gedicht wäre nicht von Böhmermann vorgetragen worden, sondern
    von Frauke Petry. Die hätte das eingeleitet, indem sie gesagt hätte, dass sie auf satirische Weise vorführen will,
    was von der AfD betriebene Satire darf, und was dann eine Schähung des Gegners wäre, die nicht ginge. Danch
    hätte sie das gleiche Gedicht nicht über Erdogan, sondern über einen Migranten vorgetragen. Wären die Verteidiger
    dann auch aufgestanden? Oder wenn das ein NPD Vetreter über Anne Frank gemacht hätte?

    "I guess football has always been a barometer of the times: the takeover of Manchester United was a perfect manifestation of the unacceptable face of modern capitalism." - Jarvis Cocker.

  • Ganz bestimmt nicht , das ist völlig Richtig .

    Klar ist auch das natürlich die Persönliche Haltung & Meinung bei solchen Dingen ausschlaggebend ist .

    Er hat sich das selbst eingebrockt , wie schon Geschrieben wurde wäre da ja nie so ein Hype entstanden , Und ich finde auch das Beispiel vor Gericht schön wo er sich fürcherlich darüber aufregt was den Deutesche bei einer Türkischen Gerichtsverhandlung zu tun hätten . UNd das sind ja bei weitem nicht alle Mordsdinger die sich der gute Mann leistet.

    Böhmermann hat da sicher übers Ziel hinausgeschossen , aber frei nach wie der man in den Wald ruft finde ich persönlich das in dem Fall völlig in Ordnung .

    I can, I will

  • Derek, Deine fiktiven Beispiele waren auch schon mal plausibler ;) Ich wüsste z.B. nicht, dass Böhmermann in der Vergangenheit als besonders Türken- oder spezieller Erdogan-"skeptisch" in Erscheinung getreten wäre.

    Ich dagegen finde es nach wie vor befremdlich, wie wenig bei manchen Leuten die unbestreitbare Tatsache Beachtung findet, dass dieses "Gedicht" in der Sendung ganz klar in einem übergeordneten satirischen Kontext vorgetragen wurde. Es wurde sogar von Böhmermann selbst dort gesagt, dass "so etwas nicht erlaubt" sei. Nach meinem - zugegeben recht laienhaften - Rechtsverständnis liegt hier deshalb auch keine Verleumdung nach § 187 StGB vor, da Böhmermann die dort aufgeführten "unwahren Tatsachen" überhaupt nicht ernsthaft "behauptet" hat. Er hat sie (z.B.) nicht auf einer Pegida-Demo in Dresden gesagt, sondern in einer ausgewiesenen Satiresendung, eingebettet in den o.g. übergeordneten satirischen Kontext.

    Das Ganze mag man jetzt wenig geistreich, öde, dämlich oder ekelhaft finden, strafbar ist es mMn nicht.

    Minnesota Vikings 2022:

    13-5 - one and done. Meh.

  • Kleiner Nachtrag, und auch wenn es nicht ganz zum aktuellen Thema passt, wollte ich es aus Gründen der perspektivischen Einordnung doch mal gesagt haben:

    So sehr ich z.B. Pispers von seinem Stil her mag (bei den Inhalten nicht immer ;) ), aber wie er und manch einer seiner Kollegen z.B. Wolfgang Schäuble aufgrund seiner Behinderung schon herabgewürdigt haben, finde ich persönlich weitaus schlimmer und ehrverletzender. Da bin ich schon das ein oder andere mal innerlich zusammengezuckt. Das Erdogan-Gedicht fand ich für sich genommen einfach nur doof, im Kontext aber durchaus zumutbar.

    Minnesota Vikings 2022:

    13-5 - one and done. Meh.

  • Derek, Deine fiktiven Beispiele waren auch schon mal plausibler ;) Ich wüsste z.B. nicht, dass Böhmermann in der Vergangenheit als besonders Türken- oder spezieller Erdogan-"skeptisch" in Erscheinung getreten wäre.

    Ich dagegen finde es nach wie vor befremdlich, wie wenig bei manchen Leuten die unbestreitbare Tatsache Beachtung findet, dass dieses "Gedicht" in der Sendung ganz klar in einem übergeordneten satirischen Kontext vorgetragen wurde. Es wurde sogar von Böhmermann selbst dort gesagt, dass "so etwas nicht erlaubt" sei. Nach meinem - zugegeben recht laienhaften - Rechtsverständnis liegt hier deshalb auch keine Verleumdung nach § 187 StGB vor, da Böhmermann die dort aufgeführten "unwahren Tatsachen" überhaupt nicht ernsthaft "behauptet" hat. Er hat sie (z.B.) nicht auf einer Pegida-Demo in Dresden gesagt, sondern in einer ausgewiesenen Satiresendung, eingebettet in den o.g. übergeordneten satirischen Kontext.

    Das Ganze mag man jetzt wenig geistreich, öde, dämlich oder ekelhaft finden, strafbar ist es mMn nicht.

    Verleumdung? Der Strafantrag wurde doch wegen Beleidigung nach § 185 StGB gestellt.

  • Verleumdung? Der Strafantrag wurde doch wegen Beleidigung nach § 185 StGB gestellt.

    ach, 185, 187, Hauptsache zweistellig :D

    Hast Recht, hab' unsauber gearbeitet und die §§ durcheinandergebracht und somit ein paar Zeilen umsonst geschrieben ;) Dennoch bleibt die Tatsache des bestehenden übergeordneten satirischen Kontexts, was für mich auf die selbe Schlussfolgerung hinausläuft.

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  • Derek, Deine fiktiven Beispiele waren auch schon mal plausibler ;) Ich wüsste z.B. nicht, dass Böhmermann in der Vergangenheit als besonders Türken- oder spezieller Erdogan-"skeptisch" in Erscheinung getreten wäre.

    Inwiefern ist das denn entscheidend? Will du etwa andeuten, dass man mit Mitteln der Satire nicht aufklären darf, wenn man in der Vergangenheit schon einmal politisch Position bezogen hat?

    Ich dagegen finde es nach wie vor befremdlich, wie wenig bei manchen Leuten die unbestreitbare Tatsache Beachtung findet, dass dieses "Gedicht" in der Sendung ganz klar in einem übergeordneten satirischen Kontext vorgetragen wurde. Es wurde sogar von Böhmermann selbst dort gesagt, dass "so etwas nicht erlaubt" sei.

    Und ich finde es befremdlich, dass ein so billiger Taschenspielertrick (augenzwinkerndes Motto: "Ich führe mal vor, was man nicht machen darf, damit ihr wisst, was ihr nicht machen dürft") einfach als Rechtfertigung akzeptiert wird. Wenn es Böhmermann nur um Aufklärung gegangen wäre, hätte er
    a) das an Beispielen aus der Vergangenheit vorführen können
    b) mit einer Strophe über Erdogan machen können

    Mit dem Argument "Kontext" hätte deiner Argumentation folgend einfach das komplette Kamasutra mit Brehm's Tierleben durchkombinieren können. Er würde dabei ja nicht Erdogan beleidigen wollen, sondern nur mal im Detail vorführen wollen, dass man ihn nicht als "Ziegenf***" bezeichnen darf. Und nicht als "Schaf*** und auch nicht als "Erdmullf***". Aber ehrlich, wo wäre da der aufklärerische Gewinn?

    Mir geht's erstmal gar nicht darum, dass man so etwas nicht verbieten sollte, sondern dass ich nicht glaube, dass viele Leute, die das jetzt richtig finden, dass auch täten, wenn es um jemanden ginge, von dem sie nicht denken würden, dass er das wie Erdogan irgendwie "verdient" hätte.

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    Einmal editiert, zuletzt von Derek Brown (13. April 2016 um 18:29)

  • @Derek Brown
    Dir ist aber schon klar, es ist Böhmermanns Beruf solche Dinge rauszuhauen. Und wie eigentlich in jeder Branche geht auch mal was daneben, wobei ich diese Nummer genial fand, denn offenbar gibt es ja Leute, die den Kniff nicht verstanden haben.

    Und nun einen Vergleich mit Petry deinerseits rauszuhauen find ich etwas schwach auf der Brust, denn die Frauke ist mir bisher nicht als eingetragene Satirikerin bekannt. Zumal sie auf diese Nummer nie gekommen wäre. Das darf man dann Böhmermann als dicken Pluspunkt anschreiben.

    Vielleicht hast du ja das flammende Plädoyer von Döpfner in der Welt gelesen, der, wie ich zumindest finde, es sehr gut beschrieben hat.

    Er solidarisiert ausdrücklich mit dem Text und möchte auch angeklagt werden. Ich überlege auch schon, fürchte nur ich bin einerseits für den Großteil des Publikums zu unbekannt und anderseits für die wenigen, die mich kennen, viel zu schlimm, um das zu wagen. ;)

    Allein dieser Anwalt, der es ja, wie er sagt, bis zum obersten Gericht durchfechten möchte, verdammt, wo ist meine Lady Lu.

  • Ich bin kein großer Fan von Böhmermann, und von Erdogan halte ich noch viel weniger. Aber wie Derek ganz richtig geschrieben hat: Das darf bei der Bewertung keine Rolle spielen.

    Grundsätzlich ist die Bezeichnung als "Ziegenf***" und vergleichbares eine sog. Formalbeleidigung (wie "Arschloch" u. ä.) und damit verboten. Die Frage ist nur, ob der satirische Kontext Böhmermann noch retten kann. Darüber kann und wird man auch unter Juristen geteilter Meinung sein. Die Grenzwertigkeit der Äußerung hat der ehemalige Landesverfassungsgerichts-Präsident Bertrams

    http://www.faz.net/aktuell/politi…n-14175538.html

    m. E. zutreffend herausgestellt. Am Ende wird es freilich viel Wind um ganz wenig sein, denn selbst wenn Böhmermann verurteilt werden sollte, läge die Strafe sicherlich am untersten Ende der Skala.
    Der bloße Umstand, dass man behauptet, etwas nicht zu tun, obwohl man es sachlich doch tut, rettet den Beleidiger jedenfalls nicht ("Ich tu es nicht, weil es verboten ist, sonst würde ich Sie einen faulen Beamtenarsch nennen").

    Satiriker gehen häufig sehr weit. Es ist grundsätzlich ihr Job, durch Übertreibung Dinge pointiert darzustellen. Damit muss man als Betroffener leben. Aber manchmal habe ich schon den Eindruck, dass die persönliche Verunglimpfung stark in den Vordergrund tritt. Der bereits erwähnte Volker Pispers verwendet beispielsweise häufig erniedrigend-beleidigende Ausdrücke für konkrete Personen, die m. E. jedenfalls die Grenzen des guten Geschmacks überschreiten. Nur: Die Betroffenen sind in der Regel nicht so dämlich, auch noch Strafanzeige zu erstatten und damit die mediale Verbreitung zu vervielfachen.

    Aus meiner Sicht war das Böhmermann-Gedicht - ungeachtet der Frage der Strafbarkeit - geschmacklos. Nur hätte es fast niemanden interessiert, es hätte (einschließlich mir) die große Mehrheit nicht einmal zur Kenntnis genommen, um es anschließend sofort wieder vergessen zu können, wenn Erdogan keine Anzeige erstattet hätte. Jedenfalls bezogen auf Deutschland hat er sich damit keinen Gefallen getan. Ob das in Bezug auf die Türkei anders ist, vermag ich nicht zu beurteilen.

    2 Mal editiert, zuletzt von Chief (13. April 2016 um 18:36)


  • Was bitte ist daran denn jetzt so schwer zu verstehen? Böhmermann hat doch die Bestellug des Botschafters auf den Extra3 Betrag als Grundlage für seine auch als solche ausdrücklich angekündigte Schmähkritik angebracht. Das war dann keine geschmacklose Replik, sondern eine wie ich finde gelungene Anwort auf den Dödel Erdogan, den man auch noch anders bezeichnen könnte.

  • Was genau soll den bitte "die Antwort" sein? Wenn es doch so einfach zu verstehen ist, sollte es doch auch einfach sein, das mal
    zu erklären, oder?

    "I guess football has always been a barometer of the times: the takeover of Manchester United was a perfect manifestation of the unacceptable face of modern capitalism." - Jarvis Cocker.

  • Was bitte ist daran denn jetzt so schwer zu verstehen? Böhmermann hat doch die Bestellug des Botschafters auf den Extra3 Betrag als Grundlage für seine auch als solche ausdrücklich angekündigte Schmähkritik angebracht. Das war dann keine geschmacklose Replik, sondern eine wie ich finde gelungene Anwort auf den Dödel Erdogan, den man auch noch anders bezeichnen könnte.

    Was versteht wer denn nicht?

    Was willst Du uns damit sagen, dass "Böhmermann ... angebracht" hat? Ja, hat er, aber was soll daraus folgen?

    Besonders interessant finde ich freilich, dass Du den Beitrag einerseits als "Schmähkritik" - also als Straftat - einordnest, ihn aber andererseits gut ("gelungen") findest. In meinem Weltbild ist die Begehung von Straftaten negativ besetzt.

  • In meinem Weltbild ist die Begehung von Straftaten negativ besetzt.

    Das ist ja nun auch eine recht naive Perspektive. Straftaten sind in den unterschiedlichen Zeiten, Systemen und Staaten Handlungen gewesen, die in anderen Zeiten, Systemen und Staaten entweder keinen Straftatbestand darstellten oder teilweise sogar ein gewisses Ansehen evozierten.

    In meinem Weltbild ist die Einschätzung der Begehung von (so genannten) Straftaten extrem kontextabhängig.

  • Das ist ja nun auch eine recht naive Perspektive. Straftaten sind in den unterschiedlichen Zeiten, Systemen und Staaten Handlungen gewesen, die in anderen Zeiten, Systemen und Staaten entweder keinen Straftatbestand darstellten oder teilweise sogar ein gewisses Ansehen evozierten.
    In meinem Weltbild ist die Einschätzung der Begehung von (so genannten) Straftaten extrem kontextabhängig.

    Natürlich kann in einer anderen Zeit an einem anderen Ort unter anderen Bedingungen etwas anderes gelten. Was hat das mit meiner Aussage zu tun? Innerhalb eines Rechtsstaates kann man sich jedenfalls wohl kaum weiter von der gemeinsamen Basis entfernen als durch die Begehung von Straftaten.

    Das Strafrecht ist das letzte Mittel zur Wiederherstellung des Rechtsfriedens (Ultima-Ratio-Prinzip des Strafrechts).

    Anders ausgedrückt: Die bei weitem meisten "unschönen" Verhaltensweisen sind straflos. Es gibt Verhaltensweisen, die gegen Sitte und Anstand verstoßen, die Ethik und Moral Hohn spotten, die möglicherweise sogar rechtswidrig sind. Dies alles bekämpft man grundsätzlich mit harmloseren Mitteln. Selbst die bei weitem meisten Rechtsverstöße sind straflos.
    Nur wenn eine Verhaltensweise (nach der maßgeblichen Ansicht des Gesetzgebers) so stark sozialschädlich ist, dass man sie mit dem "schärfsten Schwert des Rechts" - dem Strafrecht - bekämpfen muss, wird sie unter Strafe gestellt.

    Noch anders ausgedrückt: Die Begehung von Straftaten ist - jedenfalls aus der maßgeblichen Sicht des Gesetzgebers - das schlimmste, was man tun kann, und was ausnahmsweise die schwerwiegendsten Grundrechtseingriffe zu Sanktionszwecken rechtfertigt.

  • Noch anders ausgedrückt: Die Begehung von Straftaten ist - jedenfalls aus der maßgeblichen Sicht des Gesetzgebers - das schlimmste, was man tun kann, und was ausnahmsweise die schwerwiegendsten Grundrechtseingriffe zu Sanktionszwecken rechtfertigt.

    Nur schriebst du nicht aus der maßgeblichen Sicht des Gesetzgebers, sondern "in meinem Weltbild", was zunächst mal eine unspezifisch-normative Perspektive darstellt. Ob "Rechtsstaat" oder nicht (und was das im Einzelnen überhaupt bedeutet), spielt hierbei ja zunächst mal keine Rolle.

    Selbst in einem so engen Kontext wie unserem aktuellen Rechtsstaat (ich bleibe mal bei dieser etwas schwammigen Begrifflichkeit) galten mal Handlungen als Straftaten, die einszwei Jahrzehnte später nicht mehr für entsprechend sanktionswürdig erachtet wurden. Waren diese Handlungen denn pauschal bei dir erst negativ besetzt und nach entsprechenden Gesetzesänderungen urplötzlich neutral oder positiv besetzt? Kann ich mir schwer vorstellen.

  • Nur schriebst du nicht aus der maßgeblichen Sicht des Gesetzgebers, sondern "in meinem Weltbild", was zunächst mal eine unspezifisch-normative Perspektive darstellt. Ob "Rechtsstaat" oder nicht (und was das im Einzelnen überhaupt bedeutet), spielt hierbei ja zunächst mal keine Rolle.
    Selbst in einem so engen Kontext wie unserem aktuellen Rechtsstaat (ich bleibe mal bei dieser etwas schwammigen Begrifflichkeit) galten mal Handlungen als Straftaten, die einszwei Jahrzehnte später nicht mehr für entsprechend sanktionswürdig erachtet wurden. Waren diese Handlungen denn pauschal bei dir erst negativ besetzt und nach entsprechenden Gesetzesänderungen urplötzlich neutral oder positiv besetzt? Kann ich mir schwer vorstellen.

    Es ist in meinem Weltbild negativ besetzt, etwas zu tun, was gesetzlich als Straftat, also als hochgradig gemeinschaftsschädlich definiert ist. Das hat nicht zwingend etwas damit zu tun, ob ich es für richtig halte, dass ein bestimmtes Verhalten als Straftat definiert ist oder nicht. Man kann sicher guten Gewissens darüber diskutieren, ob die Kriminalisierung aller/bestimmter Drogen sinnvoll ist. Ebenso kann man m. E. mit Recht den Umfang unseres Sexualstrafrechts in Zweifel ziehen. Ein Paradebeispiel ist, dass es aus heutiger Sicht völlig unverständlich ist, dass noch vor wenigen Jahrzehnten "praktizierte Homosexualität" eine Straftat war.

    Es geht mir (in dieser allgemeinen Formulierung) nicht um die Handlung als solche, sondern um den Umstand, dass man (konkretisierend: vorsätzlich) etwas tut, was als Straftat definiert ist. Meines Erachtens sollte es auch gesellschaftlicher Grundkonsens sein, dass es nicht akzeptabel ist, Straftaten zu begehen.

    Konkret zum Thema "Beleidigungen" halte ich unsere Gesetzeslage aber auch inhaltlich grundsätzlich für relativ gut. Man darf sehr viel (Meinungs-/Kunstfreiheit), aber nicht alles (Schutz der persönlichen Ehre). Das Problem ist eher die Abgrenzung im Einzelfall.

  • Es ist schon schlimm, wenn man in einem Rechtsstaat den Gerichten das Urteilen überlässt.

    "I guess football has always been a barometer of the times: the takeover of Manchester United was a perfect manifestation of the unacceptable face of modern capitalism." - Jarvis Cocker.

  • Schnappt Mutti jetzt vollkommen über?


    Jetzt hat sie bei mir vollkommen verschissen. :3ddevil:

    Ich schätze du beziehst dich auf den Fall Böhmermann, daher verschiebe ich den Beitrag mal in den entsprechenden Thread.

  • Ich schätze du beziehst dich auf den Fall Böhmermann, daher verschiebe ich den Beitrag mal in den entsprechenden Thread.

    Yep, es hätte doch vollkommen ausgereicht, das kleine A. nach 185 klagen zu lassen, warum dann bitte den schärferen 103er ins Spiel bringen, den kaum ein Jurist noch kannte und den man, weil nicht zeitgemäß, auch noch endlich mal abschaffen möchte.

    Was wird denn unser türkischer Freund damit jetzt machen? Er wird das innenpolitisch nutzen und mit dem Finger auf uns zeigen, um seine wenig demokratische Innenpolitik weiter zu autokratisieren. Toll Angela, hast du wirklich gut gemacht. Kuschen vor Onkel Erdi. Warum wohl?

    Bezeichnend ja auch ihre Erklärung, man werde jetzt aber ganz genau auf das Rechtswesen in der Türkei schauen. Na denn, da wird der Onkel aber unruhig schlafen, Mutti wacht über die Türkei.