Sonntagsfrage November 2016

  • Das sind doch schon wieder zwei völlig unterschiedliche Analysedimensionen bzw. -ebenen, die du hier unzulässigerweise vermischt. Mir ging es um diese wenig wissenschaftliche Perspektive, dass Gesetzesänderungen quasi-objektive Reaktionen auf bestehende Problemlagen darstellen. Eine solche Sichtweise klammert die Akteure an sich aus und versucht rein funktional zu argumentieren. Nicht beachtet werden etwa folgende Fragen: Was wird überhaupt als ein zu bearbeitendes Problem betrachtet ('objektive' Probleme existieren schließlich nicht)? Wer sieht dies als ein Problem, wer nicht? Bei denen, die hier eine Problemhaftigkeit unterstellen: Welche der unendlich vielen Lösungswege begehen sie, wie unterscheiden diese sich untereinander? Welche Motive stecken hinter diesen Lösungswegen? Etc. pp.Eine Perspektive, die ein objektives zu lösendes Problem und eine ebenso eindeutige Reaktion darauf (welcher Art auch immer, muss ja nicht zwangsläufig gesetzlich sein) ausmachen will, ist daher notwendigerweise verkürzt und übersieht in fataler Weise Personen oder gesellschaftliche Gruppierungen und ihre Machtinteressen (oder überhaupt eine grundlegende gesellschaftliche Einbettung) hinter jeder Form politischer Entscheidungsprozesse. Darauf wollte ich hinaus.

    Mit einer solchen Verkürzung wäre bspw. kaum zu erklären, warum auch Asylrechtsverschärfungen implementiert wurden zu einer Zeit, als es nur einen Bruchteil der Zuwanderung der frühen 90er Jahre gab - und als zudem Ein- und Auswanderungen sich fast die Waage hielten. Die (jährlichen) Höchstzahlen der frühen 90er - das muss man sich in dieser hysterischen Zeit immer mal wieder vergegenwärtigen - wurden ja erst 2015 wieder übertroffen.

    Das ist wiederum eine ganz andere Ebene, bei der ich zwei Vermutungen anstellen würde: zum einen eine (bezüglich der groben Felder Einwanderung/Ausländer und nationale Identität) deutliche diskursive Verschiebung des gesamten Sozialraums nach rechts, welche natürlich Auswirkungen hat auf legitim Denk- und Sagbares. Ich denke, dass man gerade letzteres einigermaßen valide untersuchen könnte.Zum anderen hat - abseits von der oder gar gegenteilig zu der Ausländerpolitik - eine wahrnehmbare kulturelle Liberalisierung in der CDU stattgefunden (etwa bezüglich der genannten Homo-Ehe), mit der sich der konservativere Teil der Politiker bzw. Anhängerschaft schwer tut. Hier ist allerdings anzumerken, dass solche Liberalisierungstendenzen keine ganz neue Entwicklung sind, sondern sich aufgrund der historisch eher relationalen und wenig manifesten konservativistischen Ideologie immer wieder stellen (müssen) - mit entsprechenden Konsequenzen für die jeweils traditionelleren Konservativen. Aber das führt jetzt eventuell ein wenig zu weit...

    Gib' doch einfach zu, dass Du bezüglich der ganz konkreten Behauptung im Unrecht warst, statt so ein theoretisches Geschwurbel abzusondern. Ich erinnere:

    Du hattest sinngemäß geschrieben, dass "bereits ein kursorischer Blick in den Art. 16 bzw. 16a GG" ausreiche, um zu erkennen, dass die Union in der Ausländerpolitik nicht immer liberaler geworden sei.

    Ich habe darauf hingewiesen, dass

    a) die Grundgesetzänderung 1993 (= Art. 16, 16a GG) nicht Ausdruck einer weniger liberalen Haltung der Union, sondern Reaktion auf ein bis dahin nicht vorhandenes Problem war. Als 1973 geborener habe ich die jahrelangen Diskussionen, die schließlich zu der Grundgesetzänderung führten, noch gut in Erinnerung. Aber anstelle meiner persönlichen Erinnerung zitiere ich gerne auch Wikipedia, wo es heißt:

    "Neuregelung des Asylrechts 1993
    Nach einem sprunghaften Anstieg der Asylbewerber in den späten 1980er und frühen 1990er Jahren sowie nach heftiger öffentlicher Debatte im Jahr 1993 wurde das bis dahin schrankenlos gewährte Asylgrundrecht aus Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG herausgenommen und nach Art. 16a Abs. 1 GG übertragen. In die vier folgenden Absätze sind die im Asylkompromiss beschlossenen Einschränkungen eingearbeitet worden: ..."

    b) Vorschriften des Asylrechts nicht alleiniger, ja nicht einmal prägender Gegenstand der heutigen Ausländerpolitik sind.

    Schon dies belegt, dass sich die These vom "kursorischen Blick" jedenfalls nicht halten läßt, Deine These also unrichtig war. (Um Missverständnisse zu vermeiden: Selbst dann, wenn Deine - m. E. völlig abwegige - These richtig wäre, dass die Union in der Ausländerpolitik nicht liberaler geworden sei, wäre die These, dass man dies bereits anhand eines kursorischen Blicks in Art. 16, 16a GG erkennen könne, gleichwohl u. a. aus den von mir genannten Gründen unrichtig.)

    Das gilt völlig unabhängig von irgendwelchen politikwissenschaftlichen Analysedimensionen zu Gründen für Gesetzesänderungen im Allgemeinen und auch unabhängig von grundsatzphilosophischen Überlegungen zum Problem an sich. Ich bin gerne bereit zu Diskussionen, aber es ist wenig ertragreich, mit jemandem zu diskutieren, der nicht beim Thema bleibt.

    Nebenbei: Auch die These, wonach keine "objektiven" Probleme existierten, erscheint mir zweifelhaft. Wenn A dem B mit dem Hammer auf den Kopf schlägt, halte ich das sehr wohl für ein objektives Problem. Wenn ich B bin, ist es zusätzlich ein großes subjektives Problem.

  • Gib' doch einfach zu, dass Du bezüglich der ganz konkreten Behauptung im Unrecht warst, statt so ein theoretisches Geschwurbel abzusondern.

    Haha, wat geht bei dir denn? :jeck:
    Ich verstehe zwar, dass dieser antiwissenschaftliche Bias gerade in bestimmten Milieus schwer in Mode ist und grundsätzlich alles als theoretisches Geschwurbel gelabelt wird, was keine einfachen und eindeutigen Schwarzweißlösungen oder -antworten bereitstellt, aber dass das nun auch hier Einzug findet... nunja, wundern sollte einen nichts mehr.

    Zitat

    Ich erinnere:
    Du hattest sinngemäß geschrieben, dass "bereits ein kursorischer Blick in den Art. 16 bzw. 16a GG" ausreiche, um zu erkennen, dass die Union in der Ausländerpolitik nicht immer liberaler geworden sei.

    Joa, in Großteilen der seriösen Politikwissenschaft ist der postulierte reaktionäre Schwenk der großen Parteien in der Ausländerfrage eigentlich nichts sonderlich revolutionäres, sondern ein relativer Allgemeinplatz.

    Zitat

    Ich habe darauf hingewiesen, dass

    a) die Grundgesetzänderung 1993 (= Art. 16, 16a GG) nicht Ausdruck einer weniger liberalen Haltung der Union, sondern Reaktion auf ein bis dahin nicht vorhandenes Problem war. Als 1973 geborener habe ich die jahrelangen Diskussionen, die schließlich zu der Grundgesetzänderung führten, noch gut in Erinnerung. Aber anstelle meiner persönlichen Erinnerung zitiere ich gerne auch Wikipedia, wo es heißt:

    "Neuregelung des Asylrechts 1993
    Nach einem sprunghaften Anstieg der Asylbewerber in den späten 1980er und frühen 1990er Jahren sowie nach heftiger öffentlicher Debatte im Jahr 1993 wurde das bis dahin schrankenlos gewährte Asylgrundrecht aus Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG herausgenommen und nach Art. 16a Abs. 1 GG übertragen. In die vier folgenden Absätze sind die im Asylkompromiss beschlossenen Einschränkungen eingearbeitet worden: ..."

    Puh, Wikipedia und die eigenen Erinnerungen, nundenn :cards
    Aber selbst bei Wikipedia steht was von "heftigen öffentlichen Debatten". Seltsam, haben sich also nicht alle Parteien und gesellschaftlichen Gruppierungen diesem ach so natürlichen Narrativ angeschlossen, sondern es gab Pro und Contra - as I said. Akteure, Ideologien und Interessen, die sich teilweise verändert haben, teilweise aber auch nicht.

    Und mit subjektiven Erinnerungen ist es ein bißchen wie mit Gefühlen, wie ein gewisser "Chief" in diesem Thread bereits verlautbarte: Eine gute Grundlage ist das allein halt nicht. Ich habe auch einige medizinische bahnbrechende Neuerungen mitbekommen und medial verfolgt, aber im Notfall vertrau ich da besser auf einen wissenschaftlich ausgebildeten Arzt - auch wenn der vielleicht mal schwer zu verstehendes Geschwurbel verfasst ;)

    Zitat

    b) Vorschriften des Asylrechts nicht alleiniger, ja nicht einmal prägender Gegenstand der heutigen Ausländerpolitik sind.

    Hat auch niemand so behauptet. Interessanterweise gehst du ja selbst hier (also in diesem einen von vielen Asyl-Issues) nicht auf die Inkonsistenzen deiner doch sehr simplen Sicht auf politische Prozesse ein, die ich im letzten Posting ausgeführt habe (bspw. Asylrechtsänderungen bei einem nur wenig einseitigen Verhältnis von Ein- und Auswanderungen). Aber nundenn, wie war das noch mit der Meinung , die man nicht durch Fakten verwirrt wissen will? ;)

    Zitat

    Schon dies belegt, dass sich die These vom "kursorischen Blick" jedenfalls nicht halten läßt, Deine These also unrichtig war. (Um Missverständnisse zu vermeiden: Selbst dann, wenn Deine - m. E. völlig abwegige - These richtig wäre, dass die Union in der Ausländerpolitik nicht liberaler geworden sei, wäre die These, dass man dies bereits anhand eines kursorischen Blicks in Art. 16, 16a GG erkennen könne, gleichwohl u. a. aus den von mir genannten Gründen unrichtig.)

    Das gilt völlig unabhängig von irgendwelchen politikwissenschaftlichen Analysedimensionen zu Gründen für Gesetzesänderungen im Allgemeinen und auch unabhängig von grundsatzphilosophischen Überlegungen zum Problem an sich. Ich bin gerne bereit zu Diskussionen, aber es ist wenig ertragreich, mit jemandem zu diskutieren, der nicht beim Thema bleibt.

    Nu wirds aber völlig krude. Vielleicht solltest du lieber bei der "Theorie der Markteffizienz" bleiben, wenn es sich dabei um dein Steckenpferd handeln sollte. Dieses scheint es nun wahrlich nicht zu sein.

    Zitat

    Nebenbei: Auch die These, wonach keine "objektiven" Probleme existierten, erscheint mir zweifelhaft. Wenn A dem B mit dem Hammer auf den Kopf schlägt, halte ich das sehr wohl für ein objektives Problem. Wenn ich B bin, ist es zusätzlich ein großes subjektives Problem.

    Also erstens dürfte nach deinen eigenen Ausführungen im anderen Thread die Perspektive von B eh keine besondere Rolle spielen, da er Betroffener ist, gell?
    Und zweitens verrät dieses Beispiel mehr über deine Sicht auf Politik und Gesellschaft, als ich jemals zu träumen gewagt hätte...

  • sehr passend dazu

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    Just win baby :football:

  • Chiefs Aussage, ziemlich zum Anfang dieser Diskusion, das sich eine gefühlte oder tatsächliche "Liberalität" der CDU nicht an der Asylpolitik messen lassen kann, ohne den jeweiligen "Regierungsdruck" durch stark ansteigende Flüchtlingszahlen zu berücksichtigen, der bleibt für mich hier als überzeugenstes Argument zurück. Auf die Gefahr hin, hier "liberal" als ausschließlich positive Vokabel zu benutzen (und sein Gegenteil als negative), ist es doch einigermaßen nachvollziehbar das diese Begrifflichkeit eine gewisse Dehnbarkeit haben muss. Eine "liberale" Flüchtlings- und Asylpolitik in einem Jahr mit 50.000 Asylbewebern ist doch qualitativ zu unterscheiden von einer ebenso "liberalen" Politik in Zeiten von 1Mio pro Jahr. Andersherum ist die Beibehaltung einer uneingeschränkten Befürwortung in solchen Hochzeiten doch auch wesentlich "liberaler". (Ich hoffe man bemerkt inzwischen die Probleme in der Genauigkeit und der Projektion in dieser Begrifflichkeit)

    Eine monolithische Haltung der Gegenseite ist in mehrerlei Hinsicht kein Gradmesser für die CDU. Einmal aus dem eben angesprochenen Vergleichsblick und dann aus dem Umstand heraus, das sich diese Haltungen sehr schön vor sich her tragen lassen, wenn man nicht in der Regierungsverantwortung ist. Hier kommt man übrigens auch mit der "ob irgendwas ein Problem ist, liegt erstmal im Auge des Betrachters"-Sichtweise schlecht hin. Ein Konstrukt, das nur durch den massiven Einsatz von Freiwilligen (und Unbezahlten) aufrecht erhalten werden konnte, ist einfach kein "vielleicht-Problem". Das mag historisch auch mal anders gewesen sein und ich schätze den Input, aber momentan (und darum ging es bis zu Chiefs Beitrag) ist die Entwicklung einigermaßen eindeutig eine Reaktion auf einfache Zahlen, völlig ungeeignet für Werturteile, zumindest im Groben.

    Und zweitens verrät dieses Beispiel mehr über deine Sicht auf Politik und Gesellschaft, als ich jemals zu träumen gewagt hätte...

    So Dinger lässt du öfter mal kieken. Ich kann in seiner Aussage nix finden was irgendein Urteil zulassen würde. Es ist höchstens ein schlechtes Beispiel, eine Unzulänglichkeit die hier im Forum ein Massenphänomen ist, wie du selbst übrigens schon oft angemerkt hast.

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    It is time for us to do what we have been doing and that time is every day.

  • Das sind doch schon wieder zwei völlig unterschiedliche Analysedimensionen bzw. -ebenen, die du hier unzulässigerweise vermischt. Mir ging es um diese wenig wissenschaftliche Perspektive, dass Gesetzesänderungen quasi-objektive Reaktionen auf bestehende Problemlagen darstellen. Eine solche Sichtweise klammert die Akteure an sich aus und versucht rein funktional zu argumentieren. Nicht beachtet werden etwa folgende Fragen: Was wird überhaupt als ein zu bearbeitendes Problem betrachtet ('objektive' Probleme existieren schließlich nicht)? Wer sieht dies als ein Problem, wer nicht? Bei denen, die hier eine Problemhaftigkeit unterstellen: Welche der unendlich vielen Lösungswege begehen sie, wie unterscheiden diese sich untereinander? Welche Motive stecken hinter diesen Lösungswegen? Etc. pp.Eine Perspektive, die ein objektives zu lösendes Problem und eine ebenso eindeutige Reaktion darauf (welcher Art auch immer, muss ja nicht zwangsläufig gesetzlich sein) ausmachen will, ist daher notwendigerweise verkürzt und übersieht in fataler Weise Personen oder gesellschaftliche Gruppierungen und ihre Machtinteressen (oder überhaupt eine grundlegende gesellschaftliche Einbettung) hinter jeder Form politischer Entscheidungsprozesse. Darauf wollte ich hinaus.

    Dass verschiedene Leute zu verschiedenen Themen verschiedene Meinungen haben und deswegen auch zu unterschiedlichen Lösungsansätzen kommen, ist eine Banalität. Trotzdem finde ich es grundsätzlich gar nicht falsch darauf hinzuweisen, wenn Leute glauben würden, dass es anders wäre. Nur ist es hier gar nicht der Fall. Die Akteure werden nicht übersehen, wie du das suggerierst, sondern im Gegenteil, betrachtet und abgehakt.

    Wenn es den von dir unterstellten Rechtsruck gäbe, müsste es doch leicht sein, den an Akteuren fest zu machen. Es wäre schon zu merkwürdig, wenn in einer Zeit vor dem vermeintlichen Rechtsruck zahlreiche sehr konservative Politiker an die CDU-Spitze kamen, dies aber in der Zeit, in der es diesen unterstellen Trend gibt, nicht der Fall wäre. Also, Recherche-Auftrag: Finde einen einzigen relevanten aktuellen CDU-Politiker, der in seinen Positionen so konservativ ist wie Alfred Dregger, der als CDU-Fraktionsvositzender nun offensichtlich kein Aussenseiter war.

    "I guess football has always been a barometer of the times: the takeover of Manchester United was a perfect manifestation of the unacceptable face of modern capitalism." - Jarvis Cocker.

  • Also, Recherche-Auftrag: Finde einen einzigen relevanten aktuellen CDU-Politiker, der in seinen Positionen so konservativ ist wie Alfred Dregger, der als CDU-Fraktionsvositzender nun offensichtlich kein Aussenseiter war.

    Hans-Jürgen Irmer.

  • Du hast die akzeutszentrierte Perspektive in der Politik- oder Sozialwissenschaft, die ich ins Spiel brachte, nicht so ganz verstanden. Dabei gehts es nicht um eine einzelne Person, an der man irgendetwas exemplarisch verdeutlicht (das wäre zu kontingent, da man für alles und jedes eine entsprechende politische Person finden kann, s. das von mir schon einmal angerissene Ahlener Programm der CDU), sondern dass man Politik nicht funktionalistisch als Antwort auf vermeintlich objektive Probleme, sondern abhängig von konkreten Machtinteressen, gesellschaftlichen Diskursen und Verfasstheiten versteht. Damit umgeht man das Problem einer unterstellten 'Natürlichkeit' oder 'Logik' politischer Prozesse, die letztlich immer die Definitionen derer sind, die näher am Machtpol politischer Felder lokalisiert sind.

    So läuft man dann Gefahr, anhand einzelner Personen politische Entwicklungen fehlzudeuten. Nach deiner Logik wären die Grünen früher eine konservativere Partei als heute gewesen, da sich heute keine Bundestagsabgeordneten vom Schlage eines Alfred Mechtersheimer mehr finden lassen. Zu Dregger, der sich - wie gesagt - der kulturellen Liberalisierung der CDU entschieden entgegengestellt hätte (allerdings ja auch im Kosovokrieg die Parteilinie von einer ungewöhnlichen Warte aus kritisierte), aber dennoch ideologisch mit der AfD wenig gemein hat, hilft dir vielleicht ein Statement seines Sohnes, um entscheidende Unterschiede herauszufiltern: Alfred Dregger hätte die AfD angegriffen.
    Ansonsten würde ich dafür plädieren, diese Diskussion nicht noch weiter zu zerfasern, indem man über einzelne Politiker diskutiert - dies ist wie beschrieben nicht der Ansatz der von mir skizzierten Perspektive und führt aufgrund der Beispielhaftigkeit wenig weit vom Thema. Da findet jeder irgendwen für irgendwas, da Politik und Parteien sich einer gerade aktuell extrem gewünschten Eindeutigkeit der Welt oft entziehen...

    Soweit von meiner Seite.

  • Entschuldigung, aber wenn hier jemand Verständnisschwierigkeiten hat, scheinst das doch du zu sein, da du nicht verstehst, dass der Ansatz, den du hier beschreibst, von uns nicht nur verstanden, sondern sogar voll akzeptiert wird. Nur erklärt er überhaupt nichts, solange man ihn nicht inhaltlich füllt.

    Wenn der vermeintliche Rechtsruck der CDU z.B. auf einen konservativen Wertewandel bei den Mitgliedern zurückzuführen wäre, müsste man genau
    diese konservativen Gruppen auch identifizieren können. Am leichtesten tut man sich da, indem man ihre Vertreter benennt. Du hast natürlich Recht,
    Einzelpersonen zu benennen, bringt an sich erstmal wenig. Aber der von mir angeführte Dregger war eben kein Freak in seiner Partei, sondern stand
    exemplarisch für den damals noch relativ einflussreichen nationalkonservativen Flügel der Partei. Wenn es seit Dregger einen Rechtsruck gegeben hätte,
    hätte man mehr Politiker seines Schlages in einflussreichen Positionen erwarten sollen. Tatsächlich ist aber das genaue Gegenteil der Fall.

    Dass Silversurger auf einen Typen wie Irmer hinweist und Chicago den nicht mal kennt, zeigt das ganz schön. Außerhalb von Hessen kennen den viele
    kaum und in seiner eigenen Partei wäre die Beschreibung "umstritten" noch höflich formuliert: Seine Ämter als stellvertretender Fraktionsvorsitzender
    (und da auch nur in Hessen) und bildungspolitischer Sprecher musste er unter Druck abgeben, seine Artikel und Interviews will die genervte CDU nicht
    mal mehr kommentieren. Sieht so etwa eine wachsender Einfluss der Konservativen aus?

    Der Chief und ich ignorieren nämlich keineswegs die Akteure, wir diagnostizieren schlicht einen Einflussverlust der strammen Konservativen, was gegen
    ein konservatives Roll-Back in der CDU spricht.

    "I guess football has always been a barometer of the times: the takeover of Manchester United was a perfect manifestation of the unacceptable face of modern capitalism." - Jarvis Cocker.

  • @ 12to83

    Ich könnte mein letztes Posting eigentlich gerade wiederholen, weil Du es zwar zitierst, aber auf meine Argumente nicht eingehst, sondern einfach
    "irgendetwas" schreibst, was Dir gerade in den Sinn zu kommen scheint.

    Noch einmal: Du hattest behauptet, dass "bereits ein kursorischer Blick in den Art. 16 bzw. 16a GG" ausreiche, um zu erkennen, dass die Union in der
    Ausländerpolitik nicht immer liberaler geworden ist. Indem Du nun auf nicht näher konkretisierte "Großteile der seriösen Politikwissenschaft" und deren
    vermeintlichen Erkenntnisse, "Pro und Contra" in öffentlichen Diskussionen, angebliche "wissenschaftliche" Erkenntnisse, auf "viele Asyl-Issues" etc.
    abstellst, belegst Du eigentlich nur, wie unrichtig Deine Ausgangsthese war. Denn von alledem steht in den Art. 16, 16a GG nichts, was selbst bei einem
    mehr als kursorischen Blick zu finden wäre. Warum fällt es Dir so schwer, das einzuräumen?

    Ich habe übrigens "in einem anderen Thread" nicht behauptet, dass "die Perspektive von Betroffenen keine besondere Rolle spielt", sondern dass
    Betroffene nicht Richter in eigener Sache sein sollten. Möglicherweise erkennst Du den elementaren Unterschied zwischen der (objektivierbaren)
    Perspektive und der (subjektiven) Meinung einer Person bzw. eines Personenkreises.

    Aber wahrscheinlich bin ich wieder einmal einfach nur intellektuell nicht in der Lage, Dich zu verstehen. Vermutlich liegt das schlicht an dem "bestimmten
    Milieu", in dem ich lebe, und in dem es nur "einfache und eindeutige Schwarzweißlösungen" gibt, die Dir zweifellos völlig fremd sind. Da bewundere ich
    natürlich, wie unglaublich differenziert, klug und vor allem wissenschaftlich orientiert Du bist. Das erkennt man schon an der Scharfsinnigkeit und Präzision
    Deiner Argumente und Formulierungen. Da kann ich - unter "antiwissenschaftlicher Bias" gleichsam wie unter einer unheilbaren Krankheit leidend - natürlich
    nicht mitreden, zumal mir die wahrhaft göttliche Gabe fehlt, die "seriöse Politikwissenschaft" von der unseriösen zu unterscheiden. Wenn ich also in Deinen
    Ausführungen lediglich ein paar Nebelkerzen, aber nicht den Hauch einer inhaltlich-konkreten Begründung für die Richtigkeit Deiner Thesen zu erkennen
    vermag, sondern mich den Ausführungen von Derek Brown nur voll inhaltlich anschließen kann, bitte ich dies nicht als persönlichen Affront gegen Dich zu
    verstehen, sondern schlicht als Ausdruck meiner krankheitsbedingt-unverschuldeten Unwissenheit, die ich in aller Form nachsichtig zu entschuldigen bitte.

    Hier folgen noch ein paar Links zu völlig unwissenschaftlichen Artikeln bezüglich der (allgemeinen) Lage der Konservativen in der Union

    aus 2003,

    http://www.fr-online.de/spezials/vom-r…10,2738626.html

    aus 2010

    http://www.n-tv.de/politik/dossie…icle681062.html

    ... und aus 2016 (Interview mit dem vermutlich völlig unseriösen Politikwissenschafter Jun).

    http://www.volksfreund.de/nachrichten/we…;art742,4491741

    8 Mal editiert, zuletzt von Chief (10. Dezember 2016 um 14:19)

  • Ich lese euch eigentlich ziemlich gerne zu Leute.
    Aber wenns persönlich wird und es mehrheitlich darum geht den anderen bloßzustellen packt mich das Fremdschämen.
    Das habt ihr doch gar nicht nötig.
    Echt, ehrlich nicht! :)

    schaun mer mal

  • Also, Recherche-Auftrag: Finde einen einzigen relevanten aktuellen CDU-Politiker, der in seinen Positionen so konservativ ist wie Alfred Dregger, der als CDU-Fraktionsvositzender nun offensichtlich kein Aussenseiter war.

    Aus aktuellem Anlass fällt mir gerade ein, dass mir Erika Steinbach damals gerade nicht eingefallen ist... immerhin bis gerade eben Sprecherin für Menschenrechte(!) und im Fraktionsvorstand.