Ein würdiges Thema für mein 1000. Posting in diesem Forum
Rückblick Season 2005:
In der Saison 2005/06 gingen die Chargers als wohl eines der besten Teams, dass NICHT die Playoffs geschafft hat in die Geschichte ein. Obwohl das Team spielerisch oft sogar noch besser war als in der erfolgreichen Saison 2004, verhinderten stärkere Gegner und etwas Pech ein ähnlich gutes abschneiden. Sehr unglückliche und knappe Niederlagen gegen die Eagles (geblocktes last-minute FG for TD), Steelers und Broncos (last-second FG’s) in der ersten Saisonhälfte, eine unerwartete späte Heimniederlage gegen die Dolphins, sowie zwei schwache Spiele am Saisonende boten alles was die Fans des Teams in die Kissen beißen ließ.
Dafür waren die Chargers aber immerhin das Team, dass den zu damaligen Zeitpunkt übermächtigen und ungeschlagenen Colts nach 14 Wochen die erste Saisonniederlage beibrachte. Nur leider ging nach diesem heroischen Sieg nix mehr (s.o.). Heraus kam dann eine eher durchwachsen wirkende 9-7 Saison.
Die negative Krönung dieser seltsamen Saison war dann aber schließlich die schwere Schulterverletzung von QB D.Brees im letzten (unbedeutenden) Spiel gegen die Broncos. Dieses Ereignis bestimmte dann die folgenden Monate im Chargers-Land. Wäre Brees gesund geblieben, hätte er wohl einen neuen Langzeitvertrag bekommen und QB P.Rivers wäre getradet worden. So aber hatte das Front Office scheinbar gesundheitliche Bedenken und bot Brees nur einen mittelmäßigen Vertrag an, den der dann auch prompt ausschlug.
Das Resultat der ganzen Geschichte ist allgemein bekannt: Brees ging zu den Saints und P.Rivers, der einstige No.4 overall Pick 2004 übernahm nach zwei Jahren auf der Bank jetzt als Starting QB das Ruder.
Chargers Draft 2006:
Vor der Draft waren die Problembereiche der Chargers vor allem O-Line, DB und WR. Zumindest für die ersten beiden Positionen wurde auch entsprechend gedraftet:
Rnd. Pick Player Pos. College
1 19 Antonio Cromartie CB Florida State
2 50 Marcus McNeill OT Auburn
3 81 Charlie Whitehurst QB Clemson
5 151 Tim Dobbins ILB Iowa State
6 187 Jeromey Clary OT Kansas State
6 188 Kurt Smith PK Virginia
7 225 Chase Page DT North Carolina
7 227 Jimmy Martin C Virginia Tech
Vor allem die beiden ersten Picks haben gemeinsam, dass sie ein Risiko aufgrund von bisherigen Verletzungen der Spieler mit sich bringen. Cromatie bestritt 2005 nur ein Spiel und McNeil hat(te) immer wieder Probleme im sensiblen Nackenwirbelbereich. Sollten beide aber fit sein, stellen sie aufgrund ihres Potentials wahrscheinlich schon kurzfristig große Verstärkungen dar.
Der Pick von QB Whitehurst ist dagegen eher merkwürdig. Draftexperten schwanken in der Beurteilung zwischen (Pick-)Verschwendung bis hin zu exzellenter „Value-Pick“. Tatsache ist aber, dass die Bolts in der 3.Runde sicherlich auf anderen Positionen (WR) mehr bedarf hatten. Über die hinteren Picks kann man zu diesem Zeitpunkt nicht viel sagen und nur hoffen, dass wieder ein Late-round Juwel wie einst Tackle S.Olivea 2004 dabei ist. Ein großer Vorteil 2006 ist aber, dass es die Chargers geschafft haben (als eines von nur vier Teams) alle Rookies rechtzeitig zum Beginn des Training-Camps unter Vertrag zu bekommen.
Zu- und Abgänge
Wie in den letzten Jahren schon gab es in diesem Bereich relativ wenig Bewegung. Wieder war Kontinuität das Stichwort. Das FO beschränkte sich im wesentlichen darauf, das bestehende Team durch neue Verträge weitgehend intakt zu halten. Diverse Spieler ( Parker, Osgood, Hardwick, Dielman, Cooper, Wilhelm, Hart, Polk, Cesaire, Feeley ) erhielten neue oder verlängerte Verträge.
Spektakulär war natürlich der Abgang von Star-QB D.Brees und erst die Zukunft wird zeigen, ob dieser Schritt richtig war. Außerdem wurde CB S.Davis via Trade an die 49ers abgegeben. Die einzigen weiteren prominenteren Abgänge waren LB Ben Leber und DE DeQuincy Scott.
An neuen Spielern wurden der Panthers Safety M.McCree und der Browns TE A.Shea verpflichtet. Außerdem kam durch den o.g. 49ers Trade noch der WR R.Woods und in einem Draftday-Trade der TE M.Manumaleuna von den Rams.
Front-Office/Coaches
Zwei Starrköpfe treffen aufeinander. Manager AJ Smith und Headcoach M.Schottenheimer verbindet inzwischen eine Art herzliche Haßliebe. Zu Jahresbeginn eskalierte die Abneigung so weit, dass beide zu Teambesitzer Spanos zur Standpauke mussten. Schottenheimer hatte lautstark den Verbleib von Brees verlangt und Smith‘ Methoden kritisiert.
Schottenheimers Grund für die Kritik war verständlich. Das Management und die Owner verlangen quasi von ihm, dass er das Team 2006 in die Playoffs führt und cutten trotzdem seinen etablierten Star-QB. Sollten die Bolts dieses Jahr schwach abschneiden, wird man ihn und u.U. auch den Manager wohl entlassen.
Ansonsten leisten beide seit Jahren sehr gute Arbeit. Auch wenn einige Spielzugentscheidungen vom Coach im Laufe der letzten Saison doch äußerst fragwürdig waren. Die beiden Coordinatoren (Off.-) Cameron und (Def.) Phillips gelten als sehr kompe-tent und waren mehrfach bei anderen Teams als HC im Gespräch.
GM AJ Smith machte durch seine Verpflichtungen, Drafts und Vertragspolitik aus dem einstigen Lachsack-Team der Liga einen potenziellen Playoff-Kandidaten.
Das Team (mit Eigeneinschätzungen von 1 schlecht bis 10 optimal)
Offense:
Quarterbacks:
Die wohl größte Veränderung im gesamten Team in den letzen Jahren war die Entlassung von QB Drew Brees, dessen Fitness das Management nach seiner schweren Schulterverletzung im Dezember 2005 nicht mehr traute.
Die logische Konsequenz war die Berufung vom vielgepriesenen einstigen No.4 overall Pick Philip Rivers zum neuen Starter, der die letzen zwei Jahre auf der Bank verbrachte. Rivers besitzt in fast jeder Hinsicht ein wesentlich größeres Potential als Brees, nur hat er in den letzen zwei Jahren gerade Mal 30 Pässe geworfen und insgesamt ca. nur acht Quarter gespielt.
Diese mangelnde Erfahrung wird sich mit Sicherheit in einigen Situationen deutlich zeigen. Im Idealfall hoffen die Chargers auf eine Art Steelers-Ablauf, sprich das Rivers aufgrund eines guten Laufspiels und einer guten Defense nur wenige (Pass-)Risiken eingehen muss. Unterstützt bzw. erleichtert wird sein Einstieg sicherlich durch diverse Pro-Bowl Spieler (Gates, Neal, LT) um ihn herum. Schwieriger könnte es dagegen durch die z.Z. ungesicherte Left Tackle Position werden.
Als erster Backup fungiert Veteran A.J. Feeley, der allerdings höchstens die Qualität für eine kurzfristige Vertretung hat. Rookie QB Whitehurst dürfte zunächst wohl nur im Notfall oder bei einer extremen Situation ins Spiel kommen.
Ob die Entscheidung Brees zu cutten und nicht Rivers zu traden wirklich richtig war, wird die Saison zeigen. Sollte der Schuß aber nach hinten losgehen, sprich Rivers schwach spielen und Brees in NO stark, sind der Coach und wahrscheinlich auch der Manager wohl Geschichte.
Grade: 6.5
Running Backs:
Das Prunkstück des der Offense. Mit Ladanian Tomlinson haben die Bolts einen, wenn nicht sogar den Top RB der NFL in ihren Reihen, der in seinen nur fünf Jahren bei den Chargers bereits fast sämtliche möglichen RB-All-Time-Team-Rekorde gesprengt hat. Mit durchschnittlich fast 1.500 Rushing Yards, 500 Rec-Y und 18 TD pro Saison gehört LT bisher zu den dominierenden Spielern der NFL im 21.Jahrhundert. Unterstützt wird LT dabei von Probowler L.Neal einem der besten Fullbacks der NFL.
Einziges Problem in der Vergangenheit war, dass LT sich fast ständig mit diversen kleineren Verletzungen rumplagen musste und daher häufig nur gehandicapt ins Spiel gehen konnte.
Auch die Backups sind von hoher Qualität. RB Michael Turner und FB Andrew Pinnock wären in diversen anderen Teams mit Sicherheit Starter. Zusätzlich besitzen die Chargers mit dem extrem schnellen Third-Down-Back Darren Sproles noch einen Change-of-Pace Back, der eine weitere Dimension und Angriffsgefahr mit sich bringt.
Grade: 10
Wide Receiver/Tight Ends
Wieder erwarten gab es auf der WR Position fast keine Veränderungen durch die Draft oder FA’s. Lediglich der bisherige Total-Bust R.Woods kam durch einen Trade von den 49ers dazu.
Die Starting WR dürften also auch dieses Jahr zunächst der scheinbar alterslose Veteran Keenan McCardell und der spielerisch sich immer besser entwickelnde, aber leider auch sehr verletzungsanfällige, Eric Parker sein.
Dass diese Kombination verletzungsfrei die Saison durchspielt ist aber zumindest zweifelhaft.
Die anderen WR des Teams sind dagegen bisher nicht gerade Topspieler. Der letzt jährige 2nd round Pick Vincent Jackson war erst lange verletzt und fing dann in der Saison nur drei (allerdings sehr lange, wichtige und spektakuläre) Pässe. Mit seiner außergewöhnlichen Athletik könnte er aber in dieser Saison für mehr aufsehen sorgen und ist vielleicht die dringend notwendige starke Ergänzung. Kassim Osgood besitzt ebenfalls eine außergewöhnliche Physis, gilt aber in erster Linie eher als extrem guter Special Teamer.
Der von den 49ers getradete R.Woods fiel dort bisher fast nur durch Verletzungen auf. Es bleibt abzuwarten ob seine Karriere bei den Chargers neu in Schwung kommt und seinen Ruf als 1st round Bust ablegen kann.
Das Passspiel würde also auf dem Papier relativ dunkel aussehen, wenn da nicht noch ein paar andere außergewöhnliche Spieler wären. Zunächst der bereits o.a. L.Tomlinson, der nicht nur ein erstklassiger RB ist, sondern auch ein guter Receiver der im Schnitt 70 Pässe für 500 Yrds pro Saison fängt.
Der andere Spieler ist der wohl beste Tight End der NFL, Antonio Gates. Der ehemalige ungedraftete College-Basketballer setzt seit zwei Jahren neue Maßstäbe und hat statistische Werte wie ein Top Ten NFL Receiver. In den letzten beiden Spielzeiten fing er fast 200 Pässe für 2.000 Yards und erzielte dabei 25 TD’s. Gates neuer Back-Up M.Manumaleuna ist eine weitere Pass-Option. Die anderen TE‘s Justin Peelle und Aaron Shea fungieren hingegen eher als klassische Blocking TE’s, die nur selten angespielt werden.
Insgesamt ist die WR- Position bzw. das Pass-Spiel also doch besser als von vielen immer wieder kritisiert, weil es im wesentlichen eher auf Kurzpässe zu Gates und Tomlinson basiert. Für die wenigen langen Bälle genügen, sofern sie Fit sind, tatsächlich die o.g. Spieler. Das erklärt übrigens auch, warum die Chargers diese Position in der Draft so gar nicht berücksichtigt haben. Trotzdem würde ein klassischer und junger No.1 Receiver dem Team sicherlich noch eine weitere gute Option geben, da auch McCardell nicht ewig spielen kann. Aber man kann eben nicht alles haben.
Grade: 8
Offensive Line:
Der innere Teil der Line ist sehr gut und solide. Den Kern bildet Star-Center Nick Hardwick, der nach nur zwei NFL-Jahren erst kürzlich eine hochdotierte Vertragsverlängerung bekam, die deutlich macht, was die Chargers von ihm halten.
Auf den Guard Positionen spielen der solide alte Haudegen Mike Goff und die letzt jährige FA Überraschung Cris Dielman. Dielman kam als ungedrafteter FA ins Camp, wurde erst Back-Up und entwickelte sich dann so gut, dass er zum Stammspieler wurde. Auch Dielman bekam in der Offseason einen neuen höher dotierten Vertrag.
Problem der Chargers sind aber die Tackles. Die Rookie Sensation 2004, Shaun Olivea spielte 2005 nicht mehr mit derselben Stärke auf der RT Position. Auf der noch wichtigeren LT Position spielt normalerweise der sehr gute Veteran Roman Oben, der aber in der Saison 2005 immer wieder mit Verletzungen zu tun hatte. Sein Back-Up Leander Jordan spielt nicht mit derselben Qualität wie R.Oben. Nach einer Fuß-OP kann Oben bis heute noch nicht voll laufen und es ist fragwürdig, ob er zum Saisonstart fit wird. Wenn nicht, müßte u.U. Rookie Tackle Marcus McNeil spielen, was die Situation gerade am Anfang nicht verbessern dürfte.
Insgesamt gibt es ohnehin bis auf Jordan und Scott Mruczkowski keine erprobten Back-Ups und Verletzungen der Starter würden sich wohl sehr negativ auswirken.
Grade: 7.0