Alles anzeigenWie viel Datenaustausch und wie viele Behörden/Dienste soll es denn sein? Wenn man sich den Bericht zum Fall in Magdeburg anschaut, scheinen mir genug Behörden genug gewusst/geahnt zu haben. Die Frage für mich ist eher: was hätten sie unternehmen sollen?
- Mehr als 100 Behördenkontakte zählt der Bericht auf - von Landeskriminalämtern über das Bundeskriminalamt bis hin zu Bundesamt für Verfassungsschutz und Bundesnachrichtendienst.
- Es geht darin um Menschenhandel, Beleidigung und Drohungen.
- In einem Telefonat mit der Ärztekammer drohte er mit einem Anschlag von "internationaler Beachtung". Er verwies auf das Attentat in Boston, bei dem drei Menschen starben
- Nur ein Jahr später wird Taleb A. wieder auffällig. Wieder droht er mit Taten von "internationaler Beachtung".
- Im Juli 2014 erhält das Bundesamt für Verfassungsschutz ein Schreiben der saudischen Behörden, weil Taleb A. auch dort gedroht hatte, nachdem ihm ein Stipendium entzogen wurde. Der Verfassungsschutz befindet, es sei nicht zuständig, und will den Hinweis an das Landeskriminalamt weitergegeben haben.
- 2015 wenden sich erneut saudische Behörden an die deutschen. Sie wollen wissen, wo sich Taleb A. aufhält und mit wem er Kontakt hat. Neben dem Bundeskriminalamt und verschiedenen Landeskriminalämtern ist auch das Bundesamt für Verfassungsschutz informiert. Dort wird der Vorgang nicht weiter bearbeitet.
- Mitte 2015 kündigt er an, sich eine Pistole zu kaufen und zwei Richter zu erschießen.
- Weitere Auffälligkeiten kommen hinzu - wie etwa der Verdacht auf Menschenhandel, illegale Einwanderung und möglicher Asylmissbrauch. Warnungen kommen 2022 nun auch aus Großbritannien. 2023 beantragt Saudi-Arabien eine sogenannte "Red-Notice", die zu seiner Auslieferung führen soll.
- Häufig wurde das Bundesamt für Verfassungsschutz mitinformiert. Doch es kommt zu keiner richtigen Befassung.
Wenn mehrfach verschiedene Behörden (teilweise) gleichzeitig informiert wurden, liegt es vielleicht eher am mangelnden Willen miteinander zu arbeiten. Anne Brorhilker geht in ihrem Vortrag auf dem CCC auch ein bisschen auf die Zusammenarbeit von Behörden ein. Und ihre Aussagen bestätigen mich in dieser Annahme.
Wenn man einen radikalen Ansatz will, schafft man ein einheitliches Datenportal auf welches alle Behörden, die mit einer Person zutun haben, Zugriff haben. Dann darf man aber weder Datenschutz hochhängen noch Geheimhaltungsinteressen der Geheimdienste. Mich würde es nicht wundern, wenn alles was der Verfassungsschutz wusste nie bei der Ausländerbehörde angekommen ist. Dazu kommt, dass die kommunale Verfasstheit Deutschlands wieder zum Problem wird. Eine zentral orgnaisierte Bundesausländerbehörde könnte die Ausländerpolitik sicher effektiver regeln (natürlich mit lokalen Ablegern). Bei deutschen Verwaltungsföderalismus sind die Wege zu weit.
Ein weniger radikaler Ansatz wäre es den Ausländerbehörden wenigstens Zugriff auf alle polizielichen Daten zu geben und diese auch bei Anstellungen auf gehobener Position offenzulegen was auf einen Psychiater im Maßregelvollzug durchaus zutrifft. Allein der Bundeszentralregisterauszug sagt nunmal nicht viel aus, weil da nur gravierende Verurteilungen reinkommen. Ein solches Vorgehen würde allerdings gerade im beruflichen Umfeld auch massive Folgen für auffällige Menschen haben. Da muss man gar nicht drumrumreden. Aber es würde mehr bringen als alle Merz-Vorschläge.