Deutsche Leitkultur

  • Der Innenminister hat sich Gedanken zu einer "deutschen Leitkultur" gemacht, damit will er gemäss eigener Aussage zur Diskussion einladen und diese möchte ich hier auch (in der Hoffnung dass es sachlich bleibt) eröffnen. Grundlage sind seine 10 Punkte: http://www.zeit.de/politik/deutsc…ster-leitkultur

    Die Reaktionen im Internet sind eher hämisch, in meinen Augen verständlich. Einerseits weil der Inhalt eigentlich im Grundgesetz entsprechend festgehalten ist bzw. sein sollte und alles was darüber hinaus geht dann fragwürdig ist, andererseits weil einzelne doch sehr "ungeschickt" formuliert sind und ich mich als (auslands-)Deutscher damit leider nicht idenifizieren kann.

  • Der AfD gefällt das (oder doch nicht?).

    Ganz ehrlich, was soll das sein?

    • Die NFL die ich sonntags schaue?
    • Die Jeans Made in China?
    • Weihnachten was ich (!) nur so mag wegen der bunten Lichter, geilem Essen und etwas Ruhe?
    • Unsere 2 Katzen (schottischer Abstammung)?
    • Meine japanische PS4?
    • Mein (arabisch geprägter) Dürüm unten beim Türken?
    • Mein "Ostdeutscher" Freund?
    • Mein Lieblingsfusballspieler Dede aus Brasilien?
    • Die amerikanische Verwandtschaft meiner Frau?
    • Die NS-Geschichten meiner verstorbenen Oma?

    Deswegen habe ich ein starkes Problem mit den Worten "deutsche Leitkultur". All diese Sachen (und noch viel mehr!) prägen mich, machen mich zu dem was ich bin.
    Von daher ist das für mich ein trauriges fischen am rechten Rand, weil sie alle Angst vor der NSDAfD haben.

  • Hier ein paar Inputs von mir:

    "Wir sagen un­se­ren Namen. Wir geben uns zur Be­grü­ßung die Hand." - Ist im Business sicherlich normal, im restlichen Leben aber sicherlich nicht unbedingt notwendig. Es gibt neben dem "Hand geben" auch andere freundlicher Begrüssungen.

    "Bei De­mons­tra­tio­nen haben wir ein Ver­mum­mungs­ver­bot." - Dem stimme ich zu, finde ich auch gut. "Wir zei­gen unser Ge­sicht. Wir sind nicht Burka." - Vor allem der letzte Zusatz macht die Aussage für mich lächerlich bzw. zeigt wohin es geht. Sonnenbrille tragen mit Cap tief ins Gesicht gezogen wird nicht kritisiert (könnte man auch), sondern der populistische Ansatz der seeeeehr weit weniger vorkommt. Autsch.

    "Wir sind Erben un­se­rer Ge­schich­te mit all ihren Höhen und Tie­fen. Un­se­re Ver­gan­gen­heit prägt un­se­re Ge­gen­wart und un­se­re Kul­tur." - Wir dürfen diese Geschichte nicht vergessen oder leugnen, aber sie sollte uns in meinen Augen nicht prägen (sondern ein abschreckendes Beispiel sein).

    "Wir sind Kul­tur­na­ti­on." - Okay. Aber durch die Erwähnung der Musikschulen und Theaterdichte mag das exemplarisch okay sein, aber ist Klischee pur und entspricht nicht meinem allgemeinen Kulturverständnis.

    "In un­se­rem Land ist Re­li­gi­on Kitt und nicht Keil der Ge­sell­schaft. Dafür ste­hen in un­se­rem Land die Kir­chen mit ihrem un­er­müd­li­chen Ein­satz für die Ge­sell­schaft. Sie ste­hen für die­sen Kitt – sie ver­bin­den Men­schen, nicht nur im Glau­ben, son­dern auch im täg­li­chen Leben, in Kitas und Schu­len, in Al­ten­hei­men und ak­ti­ver Ge­mein­de­ar­beit." - In unserem Land herrscht Religionsfreiheit, diese Aussage (die später mit "christlich" verstärkt wird) entspricht daher ganz und gar nicht meiner Ansicht. Der Rest von Punkt 6 ist noch weniger relevant für mich, I don't give a shit!

    "Zum Mehr­heits­prin­zip ge­hört der Min­der­hei­ten­schutz. Wir stö­ren uns daran, dass da ei­ni­ges ins Rut­schen ge­ra­ten ist. Für uns sind Re­spekt und To­le­ranz wich­tig. Wir ak­zep­tie­ren un­ter­schied­li­che Le­bens­for­men und wer dies ab­lehnt, stellt sich au­ßer­halb eines gro­ßen Kon­sen­ses." - Absolute Zustimmung. Leider widersprechen andere Punkte diesem Grundsatz.

    Un­se­re Na­tio­nal­fah­ne und un­se­re Na­tio­nal­hym­ne sind selbst­ver­ständ­li­cher Teil un­se­res Pa­trio­tis­mus: Ei­nig­keit und Recht und Frei­heit.- Okay. Der ganze Punkt ist überraschend gut formuliert.

    Als Deut­sche sind wir immer auch Eu­ro­pä­er. Deut­sche In­ter­es­sen sind oft am bes­ten durch Eu­ro­pa zu ver­tre­ten und zu ver­wirk­li­chen. - Sehr gute Aussage (auch das Drumherum)

    Wir haben ein ge­mein­sa­mes kol­lek­ti­ves Ge­dächt­nis für Orte und Er­in­ne­run­gen. Das Bran­den­bur­ger Tor und der 9. No­vem­ber sind zum Bei­spiel ein Teil sol­cher kol­lek­ti­ven Er­in­ne­run­gen. Oder auch der Ge­winn der Fuß­ball­welt­meis­ter­schaf­ten. - Per se stimme ich zu, aber weder das Brandenburger Tor noch die Kugeltreter-WM finde ich spannend.

    Insgesamt ist mein Fazit, dass ich als Auslandsdeutscher wohl nur zu maximal 50% diese definierte Leitkultur unterstütze. Das überrascht mich dann doch, ich hätte schon mit über 2/3 gerechnet bevor ich die Aussagen gelesen haben. Liebe ich so falsch in meiner Einschätzung bzw. meinem Gefühl oder sind die Punkte allgemein eher wackelig?

  • Ich finde es prinzipiell gut, einen Grundkonsens über Werte hierzulande zu benennen. Leider scheitert de Maiziere (bzw. sein Schreiberling) da mit seinen Beispielen, die einfach in der Realität nicht den Tatsachen entsprechen, sei es das Einfordern von Leistung (das derzeitige Bildungssystem zeigt mir etwas anderes), der Minderheitenschutz (finde ich ein wenig schwierig, solange man noch Geschäfte mit Saudi-Arabien macht) oder die tolle Kultur (die mangels Förderung immer weiter den Bach runter geht).
    Ich finde es auch nett, dass es in seinem Beitrag um Achtung der Grundrechte, etc. geht, aber sein Ministerium die Überwachung immer weiter vorantreibt. Daher hinterlässt der Beitrag bei mir eher einen faden Beigeschmack. Na ja, das Gegenteil von gut ist gut gemeint.

    Beverly Hills 90210, Cleveland Browns 3

  • Das ist in meinen Augen ein unnötiges Fass, das da aufgemacht wird, um am rechten Rand Stimmen zu fischen.

    Eine Gesellschaft ist ein dynamisches Gebilde, das sich im stetigen Wandel befindet. Da jetzt irgendwelche Leitsätze zu entwickeln, die dazu gedacht sind einen Status Quo festzuschreiben ist in meinen Augen völliger Blödsinn. Stattdessen sollte man lieber mal darüber nachdenken, wie sich unsere Gesellschaft in Zeiten der Globalisierung und Digitalisierung weiterentwickeln soll. Sonst passiert es uns, dass wir auf einmal in einem ganz anderen Zeitalter leben, aber immer noch über Konventionen diskutieren, die vor 100 Jahren vielleicht mal aktuell waren.

    Keep Pounding

    Einmal editiert, zuletzt von Erzwolf (3. Mai 2017 um 20:03)

  • Insgesamt ist mein Fazit, dass ich als Auslandsdeutscher wohl nur zu maximal 50% diese definierte Leitkultur unterstütze. Das überrascht mich dann doch, ich hätte schon mit über 2/3 gerechnet bevor ich die Aussagen gelesen haben. Liebe ich so falsch in meiner Einschätzung bzw. meinem Gefühl oder sind die Punkte allgemein eher wackelig?

    Auch als "Inlandsdeutscher" komme ich sicher nicht auf mehr als 50% Zustimmung. Was aber nicht heißt, dass die anderen 50% Ablehnung wären. Einiges ist mir nur schlicht und ergreifend egal.

    Einige Dinge treffen aus meiner Sicht sogar auf einen erheblichen Teil der Bevölkerung einfach nicht zu. Es wäre schön, wenn Bildung hauptsächlich als persönlicher Wert und nicht hauptsächlich als Instrument gesehen wird. Oder wenn unterschiedliche Lebensformen tatsächlich akzeptiert werden würden. Tatsächlich werden aber nur wenige überhaupt toleriert. Von akzeptiert ganz zu schweigen.

  • Grundsätzlich finde ich diese Diskussion wichtig, wobei man sich auch einig sein muss, dass sich solche Grundsätze immer wieder auch ändern und das sollte auch akzeptiert werden.
    Die Beispiele und Formulierungen sind (für sind für mich als deutschsprachigen Nichtdeutschen) teilweise sehr seltsam gewählt, und wirken für mich leider (wie schon erwähnt) als Stimmenfischen am rechten Rand.

    In Österreich schiessen gerade die Christdemokraten, die auch schön über die Jahren nach rechts gerückt sind, gegen rot-grün mit seltsamen Parolen, SPÖ wildert in schwarzen Gebieten ... keine Ahnung wo das noch hinführt. Da hilft keine Leitkultur sonders sinnvolles zusammenarbeiten für höhere Ziele.
    Den nächsten Kanzler Strache kann man kaum mehr verhindern, auf der anderen Seite wollen alle wissen das Trump und seine "alt-right" der Teufel in Person ist...

    Wir leben momentan in einer sehr spannenden Zeit wo Menschen aus über 60 Geschlechtern auswählen können, und auf der anderen Seite die nationale und soziale Abgrenzung propagiert wird.

    GO Irish!

    2 Mal editiert, zuletzt von Rupi#57 (4. Mai 2017 um 10:42)

  • Grundsätzlich finde ich diese Diskussion wichtig, wobei man sich auch einig sein muss, dass sich solche Grundsätze immer wieder auch ändern und das sollte auch akzeptiert werden.
    Die Beispiele und Formulierungen sind (für sind für mich als deutschsprachigen Nichtdeutschen) teilweise sehr seltsam gewählt, und wirken für mich leider (wie schon erwähnt) als Stimmenfischen am rechten Rand.

    In Österreich schiessen gerade die Christdemokraten, die auch schön über die Jahren nach rechts gerückt sind, gegen rot-grün mit seltsamen Parolen, SPÖ wildert in schwarzen Gebieten ... keine Ahnung wo das noch hinführt. Da hilft keine Leitkultur sonders sinnvolles zusammenarbeiten für höhere Ziele.
    Den nächsten Kanzler Strache kann man kaum mehr verhindern, auf der anderen Seite wollen alle wissen das Trump und seine "alt-right" der Teufel in Person ist...

    Wir leben momentan in einer sehr spannenden Zeit wo Menschen aus über 60 Geschlechtern auswählen können, und auf der anderen Seite die nationale und soziale Abgrenzung propagiert wird.

    Letzteres erscheint mir (so traurig das ist) sogar als ganz logisch. Viele Menschen sind mit der Geschwindigkeit, in der sich Veränderungen momentan zeigen, einfach schlichtweg "überfordert". Da wird die Rückbesinnung auf "Altes" und "Bewährtes" auf ein Mal zur verklärten Utopie einer "besseren und gerechteren" Welt, mit der man sich zumindest so weit arrangiert hatte, dass man seine gesicherte Position hatte (oder das auf die gesellschaftliche Position der eigenen Vorfahren reflektiert)

    Dann mach ich eben mein eigenes Forum auf...mit Blackjack und Nutten!

  • Ich stimme zu diesem Thema einem Kommentar aus der Zeit weitestgehend zu :)

    http://www.zeit.de/politik/deutsc…komplettansicht

    Diesen Kommentar finde ich im Gegensatz zu Dir schwach. Statt ernsthaft auf das von de Maizíère aufgeworfene Thema einzugehen, stellt Biermann substanzarme Behauptungen in den Raum, polemisiert, unterstellt - und scheint den kritisierten Text nicht einmal richtig gelesen zu haben. So bemängelt er beispielsweise, dass de Maizière die "Leitkultur ... mit geschriebenen Regeln ... Grundgesetz" nicht zitiere, obwohl de Maizière gleich im zweiten Absatz auf Grundrechte, Grundgesetz, Menschenwürde, Demokratie und Rechtsstaat sowie zusammenfassend auf "Verfassungspatriotismus" als "unstreitig" abstellt und sich die Frage stellt, ob es darüber hinaus weitere ungeschriebene Regeln gibt. Auch hat Biermann offenbar nicht verstanden, dass es bei der Beschreibung der Leitkultur nicht darum geht, wie man etwas (gestaltend) besser machen könnte, sondern (beschreibend) darum, was der Status Quo ist.

    Es wird immer wieder von der "deutschen Leitkultur" gesprochen, so dass mir der Versuch, überhaupt erst einmal zu definieren, was sich hinter diesem schillernden Begriff verbirgt, absolut legitim und sinnvoll erscheint. Das ist jedenfalls wesentlich besser, als den Begriff nebulös-undefiniert zu verwenden. De Maizière macht dabei deutlich, dass es sich nach seinem Verständnis nicht um zwingende Verpflichtungen, sondern um eine Leitlinie oder Richtschnur handelt. Es muss keineswegs jeder jedem Aspekt zustimmen.

  • Ich wollte eigentlich noch etwas zu den einzelnen Thesen schreiben, aber das würde ein Roman. Ich möchte daher zusammenfassend sagen, dass ich im Grunde allen Thesen - verstanden als Beschreibung des gegenwärtigen, teilweise über Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte gewachsenen Zustandes - zumindest im Kern zustimmen kann.

    Am ehesten problematisch empfinde ich die These 6 ("Religion als Kitt, nicht Keil der Gesellschaft"). Aber das liegt vielleicht daran, dass ich nicht religiös bin und religiös motivierte Vorstellungen oft als spaltend und hinderlich empfinde, vor allem, weil Religion häufig konzeptionsbedingt mit einem absoluten Richtigkeitsanspruch verbunden ist. Man kann aber m. E. durchaus einräumen, dass sich die Kirchen in Deutschland vielleicht mehr als andernorts um ein halbwegs harmonisches soziales Miteinander bemühen, also nicht unbedingt die Unterschiede, sondern die Gemeinsamkeiten betonen. Das könnte also durchaus ein unsere Kultur prägender Gesichtspunkt sein, auch wenn ich ihn aus meiner Perspektive nicht ganz so empfinde.

    Schwieriger zu beurteilen finde ich, ob es gerade diese 10 Thesen sind, welche die "deutsche Leitkultur" ausmachen. Vielleicht fallen uns noch hunderte weitere Gesichtspunkte ein. Vielleicht ist manches viel wichtiger als das, was de Maizière aufgelistet hat.

    Dennoch empfinde ich es als sehr respektabel, einmal den Versuch zu unternehmen, den Begriff der "deutschen Leitkultur" mit Leben zu füllen.

    Einmal editiert, zuletzt von Chief (4. Mai 2017 um 17:17)

  • Am ehesten problematisch empfinde ich die These 6 ("Religion als Kitt, nicht Keil der Gesellschaft"). Aber das liegt vielleicht daran, dass ich nicht religiös bin und religiös motivierte Vorstellungen oft als spaltend und hinderlich empfinde, vor allem, weil Religion häufig konzeptionsbedingt mit einem absoluten Richtigkeitsanspruch verbunden ist. Man kann aber m. E. durchaus einräumen, dass sich die Kirchen in Deutschland vielleicht mehr als andernorts um ein halbwegs harmonisches soziales Miteinander bemühen, also nicht unbedingt die Unterschiede, sondern die Gemeinsamkeiten betonen. Das könnte also durchaus ein unsere Kultur prägender Gesichtspunkt sein, auch wenn ich ihn aus meiner Perspektive nicht ganz so empfinde.

    Ich glaube er deutet da eine andere Richtung an und meint katholische und evangelische Kirche miteinander und spielt auf den Islam an und den Konflikt zwischen Sunniten und Schiiten.
    Wir haben die Glaubenskriege zum Glück schon Jahre hinter uns.

  • Hier ein paar Inputs von mir:

    "Wir sagen un­se­ren Namen. Wir geben uns zur Be­grü­ßung die Hand."

    Eine sehr erfreuliche Errungenschaft, wenn man sieht wie viele Leute sich in die Hände rotzen oder sie auf der Toilette nicht waschen.

  • Eine sehr erfreuliche Errungenschaft, wenn man sieht wie viele Leute sich in die Hände rotzen oder sie auf der Toilette nicht waschen.

    Jetzt müssten die Kinder, die von ihren Vätern angehalten werden Lehrerinnen nicht die Hand zu geben, nur noch einen auf mysophob machen. Fehlt nur die nötige Bescheidenheit.

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    It is time for us to do what we have been doing and that time is every day.

  • Die Anstalt hat das schon letztes Jahr gut zusammengefasst:

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    "Die wohlfeilste Art des Stolzes hingegen ist der Nationalstolz. Denn er verrät in dem damit Behafteten den Mangel an individuellen Eigenschaften, auf die er stolz sein könnte, indem er sonst nicht zu dem greifen würde, was er mit so vielen Millionen teilt ... Hieran erholt er sich und ist nun dankbarlich bereit, alle Fehler und Torheiten, die ihr eigen sind, mit Händen und Füßen zu verteidigen." - Arthur Schopenhauer

  • Ist 'die Hand geben' zwischen Schülern und Lehrern mittlerweile üblich und hat 'das gemeinsame Aufstehen und guten morgen sagen wenn der Lehrer rein kommt' ersetzt :eek: als Lehrer würde ich protestieren :tongue2:

  • Ist 'die Hand geben' zwischen Schülern und Lehrern mittlerweile üblich und hat 'das gemeinsame Aufstehen und guten morgen sagen wenn der Lehrer rein kommt' ersetzt :eek: als Lehrer würde ich protestieren :tongue2:

    Es mag selten Gelegenheit geben, deswegen braucht es auch kein Gesetz, sondern einen Wertekonsens. Den männlichen Lehrern wird ja die Hand gegeben.
    Und wenn man bei dieser vermeintlichen Kleinigkeit mal alle Fünfe gerade sein lässt, was bedeutet das dann später? Bei einer Polizistin oder bei einer Chefin, bei der man sich bewirbt (wenn mans nicht gleich lässt)? Sind doch alles Probleme die man heute schon hat.

    Es sind glaube ich genau diese Dinge auf die der Herr Innenminister heraus will, in seiner tollpatschigen Art. Wenn man solche "Konflikte" scheut, dann lebt man eben auch mit den Konsequenzen. Und darunter leiden eher die Leute die man zu "schützen" glaubt. Der Bengel der misogyn erzogen wird (mehr noch als die Biodeutschen) und das Kopftuchmädchen, bei dem "she asked for it, dressed like that" auf einmal wieder gilt.

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    It is time for us to do what we have been doing and that time is every day.

  • Miese Wortwahl, miese Auswahl, mieser Zeitpunkt, miese Intention...

    Er hätte noch schreiben sollen: Wir sind keine Terroristen! (Das fehlte mir irgendwie)

    Ein besonderes ''Schmankerl'' (welches hier noch nicht auseinandergenommen wurde) übrigens dieser Absatz:

    Bei De­mons­tra­tio­nen haben wir ein Ver­mum­mungs­ver­bot. "Ge­sicht zei­gen" – das ist Aus­druck un­se­res de­mo­kra­ti­schen Mit­ein­an­ders. Im All­tag ist es für uns von Be­deu­tung, ob wir bei un­se­ren Ge­sprächs­part­nern in ein freund­li­ches oder ein trau­ri­ges Ge­sicht bli­cken.

    1. Das Vermummungsgebot gilt für Demonstranten. Nicht für die Polizei.
    Ist das dann:
    2. Ausdruck von undemokratischen Gegeneinander?

    Die Sturmhaube - Die Burka der Polizei...


  • Die Sturmhaube - Die Burka der Polizei...

    Polizisten wiedererkennbar zu machen hat Vor- und Nachteile. Vielleicht würde sich mancher ein bischen besser benehmen, wenn ihm rechtliche Schritte drohen, weil die Identifikation überhaupt möglich ist. Andererseits sind die Strafverfolgungsaussichten ungemein gering und die Zahl von Verurteilungen würde wohl verblassen im Gegensatz zu den zu Unrecht zur Anzeige gebrachten Fällen. Auf die vermeintliche Problematik kann man wohl wesentlich besser "von oben" einwirken und das ist eben Teil der politischen Willensbildung und hat eine Menge Gegner.

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    It is time for us to do what we have been doing and that time is every day.

  • Polizisten wiedererkennbar zu machen hat Vor- und Nachteile. Vielleicht würde sich mancher ein bischen besser benehmen, wenn ihm rechtliche Schritte drohen, weil die Identifikation überhaupt möglich ist. Andererseits sind die Strafverfolgungsaussichten ungemein gering und die Zahl von Verurteilungen würde wohl verblassen im Gegensatz zu den zu Unrecht zur Anzeige gebrachten Fällen. Auf die vermeintliche Problematik kann man wohl wesentlich besser "von oben" einwirken und das ist eben Teil der politischen Willensbildung und hat eine Menge Gegner.

    Das kann man sicher alles diskutieren, mir ging es aber gar nicht um die Bewertung von vermummten Polizisten, sondern nur um die Differenz zwischen seinem 1. Punkt und der von seinen "Untergebenen" gelebten Realität..

  • Das kann man sicher alles diskutieren, mir ging es aber gar nicht um die Bewertung von vermummten Polizisten, sondern nur um die Differenz zwischen seinem 1. Punkt und der von seinen "Untergebenen" gelebten Realität..

    Entschuldige, aber das ist doch völliger Nonsens:

    Es ging de Maizière darum, dass es in unserer Kultur üblich ist, im Rahmen der demokratisch-politischen Auseinandersetzung seinen Standpunkt offen zu vertreten. Das macht man in der Diskussion ebenso wie auf der Demonstrationsveranstaltung. Man steht offen zu seiner Meinung und "zeigt Gesicht". Das Vermummungsverbot halte ich zwar auch nicht für das beste Beispiel, weil es ja gerade ein rechtliches (zwingendes) Verbot ist, was nicht so gut zu de Maizières Ansatz passt. Aber es passt insofern, als es Ausdruck einer zu Grunde liegenden Haltung der weiten Bevölkerungsmehrheit ist. Das Vermummungsverbot gibt es nämlich nicht schon "ewig", sondern es wurde zu meiner Schulzeit eingeführt, als vermehrt (damals: "linke") Demonstranten sich nicht an diesen gesellschaftlichen Konsens hielten, sondern sich vermummten und im Schutz der Anonymität Gewalttaten verübten, die u. a. auch zu Todesfällen führten. Das führte zu einem breiten Entsetzen in der Bevölkerungsmehrheit.

    Die Polizisten hingegen äußern bei einer Diskussion oder Demonstration etc. in dieser Funktion gerade nicht ihre Meinung. Sie üben eine Funktion im öffentlichen Interesse aus, indem sie die öffentliche Sicherheit und Ordnung nach Möglichkeit aufrecht erhalten sollen. Deswegen hat das mit "Vermummungsverbot" auch schlicht gar nichts zu tun. Wenn der gleiche Polizist dagegen in seiner Freizeit an einer Demonstration teilnimmt, gilt für ihn das Vermummungsverbot natürlich genauso.

    In der Polizei einen "Gegner" zu erblicken, demonstriert allerdings ein erschreckendes Staatsverständnis.

    2 Mal editiert, zuletzt von Chief (5. Mai 2017 um 09:12)

  • Polizisten wiedererkennbar zu machen hat Vor- und Nachteile. Vielleicht würde sich mancher ein bischen besser benehmen, wenn ihm rechtliche Schritte drohen, weil die Identifikation überhaupt möglich ist. Andererseits sind die Strafverfolgungsaussichten ungemein gering und die Zahl von Verurteilungen würde wohl verblassen im Gegensatz zu den zu Unrecht zur Anzeige gebrachten Fällen. Auf die vermeintliche Problematik kann man wohl wesentlich besser "von oben" einwirken und das ist eben Teil der politischen Willensbildung und hat eine Menge Gegner.

    Kurzes Offtopic: Zumindest das von Konservativen ja gerne vorgebrachte Argument, dass inviduelle Kennzeichnungen zu mehr Strafanzeigen gegen Polizisten und Verfolgungen bis ins Private führen würden, kann mittlerweile ad acta gelegt werden. Es gibt schlichtweg keine Nachteile einer individuellen Kennzeichnung, erst recht nicht, wenn sie von Einsatz zu Einsatz wechselt. Doch auch, wenn die wenigen Anzeigen zu keiner Verurteilung geführt haben, würde ich davor warnen, diese als zu Unrecht zur Anzeige gebracht zu bezeichnen (ich sage damit nicht, dass du das getan hast), da die Chancen einer erfolgreichen Ermittlung aus strukturellen Gründen nunmal sehr gering sind.

  • Und was hat das mit der Burka zu tun? Da wirft de Maizière aber einiges durcheinander.

    Die Erwähnung der Burka ist vermutlich eher politischem Kalkül geschuldet. Hätte ich den Text verfasst, dann hätte ich die Burka weggelassen. Aber es passt noch insofern, als die (weitgehende) "Gesichtsverhüllung" von Individuen in unserer Kultur - abgesehen von Karneval oder künstlerischen Darbietungen - nicht üblich ist, in welcher Form auch immer.

  • Die Erwähnung der Burka ist vermutlich eher politischem Kalkül geschuldet. Hätte ich den Text verfasst, dann hätte ich die Burka weggelassen. Aber es passt noch insofern, als die (weitgehende) "Gesichtsverhüllung" von Individuen in unserer Kultur - abgesehen von Karneval oder künstlerischen Darbietungen - nicht üblich ist, in welcher Form auch immer.

    Das ist reiner Populismus, von Vermummungsverbot bei Demonstrationen zu Burka <X . Karneval gehört wohl zur deutschen Leitkultur, macht das als Ausnahme aber nicht besser. Und ich wiederhole mich mit meinem Beispiel: Dicke Sonnenbrille und Cap tief ins Gesicht gezogen - das ist okay? Klingt für mich wenn dann eher nach US Leitkultur :hinterha: .

  • Die Erwähnung der Burka ist vermutlich eher politischem Kalkül geschuldet. Hätte ich den Text verfasst, dann hätte ich die Burka weggelassen. Aber es passt noch insofern, als die (weitgehende) "Gesichtsverhüllung" von Individuen in unserer Kultur - abgesehen von Karneval oder künstlerischen Darbietungen - nicht üblich ist, in welcher Form auch immer.

    Es war aber auch mal üblich entartete Kunst, Homosexuelle, Juden usw. strafrechtlich zu verfolgen. Hat sich zum Glück geändert.
    Ich möchte dich damit nicht in die rechte Ecke stellen. Ich hofffe du glaubst mir das.
    Ich möchte damit zeigen nach welcher billigen populistischen Art der Herr Innenminister rechte Stimmen abfangen will.

  • In der Polizei einen "Gegner" zu erblicken, demonstriert allerdings ein erschreckendes Staatsverständnis.

    Wo hat das Pinni oder sonst irgendjemand hier getan? Nur weil man Vermummung und fehlende Kennzeichnung von Polizisten (worüber sich übrigens nicht mal die Bundesländer untereinander einig sind) ablehnt, muss man sie doch nicht als Gegner sehen. Ich sehe sie als Mitbürgerinnen und Mitbürger, die einen schwierigen Job größtenteils bewundernswert gut verrichten, dabei aber natürlich wie jeder auch gewissen Regeln unterworfen sind und sich wie jeder zu verantworten haben, wenn sie diese Regeln brechen oder es auch nur jemand so empfindet.

  • Ich möchte damit zeigen nach welcher billigen populistischen Art der Herr Innenminister rechte Stimmen abfangen will.

    Dieser Satz ist in sofern aussagekräftig, weil ausgerechnet 4 Monate vor der Wahl das Thema Leitkultur wieder auftaucht.