Europawahl 2019 (mit Wahl-O-Mat)

  • Teil des Problems ist im Kern definitiv eine stark ausgeprägte Staatsgläubigkeit. Es wird erwartet, dass man von der Politik abgeholt und etwas "für einen persönlich gemacht" wird. Bleibt das erwartungsgemäß aus, kommt dann irgendwann mal das "Fuck you".

    Dieses "Wir müssen die Ossis abholen und es muss mehr für sie gemacht werden" hör ich eigentlich immer nur von Politikern, die ihr schlechtes Abschneiden in den neuen Bundesländern zu erklären versuchen. Für den Großteil der Leute die ich kenne, überwiegt in der Bewertung solcher Aussagen übrigens die persönliche Beleidigung und die Ablehnung einer solchen paternalistischen "Kümmerkultur".

    Wenn ich mir meinen Abschlussjahrgang von damals angucke, dann fällt es mir schwer mir irgendwo in Deutschland eine Gruppe vorzustellen, denen mehr Möglichkeiten zur Verfügung gestellt wurden und die mehr aus ihren Möglichkeiten gemacht haben. Niemand macht den Staat für seine eigenen Fehlleistungen verantwortlich und niemand möchte den Staat als Steigbügelhalter für seine Zukunft.

    Man sollte bei aller berechtigten Ablehnung von Stimmen für die AfD, nicht die historisch gewachsenen Strukturen im Westen vergessen (wo Leute immer die CDU oder SPD gewählt haben und es bis heute machen) und was ein Mangel dieser Strukturen bei der mangelnden Strahlkraft der heutigen Parteien in einem solchen Umfeld bedeutet. Irgendeine Partei muss man ja ehrlichen Herzens wählen dürfen, wenn man kein "fuck you"-Kreuz bei der AfD machen soll. Groß anders würden die Wahlergebnisse meiner Meinung nach auch im Westen nicht aussehen, ohne die lange Historie von Identifikation mit den ordentlichen Repräsentanten der Versionen von Parteien, die sie heute nicht mehr sind.

    Auch hier im Forum wird die SPD mit "nicht mehr wiederzuerkennen" herabgewürdigt. Man macht sich über ihre Repräsentanten lustig, sie sind die "Mitmachpartei", deren mangelndes Rückgrat schon sprichwörtlich ist.
    Die CDU'ler sind mal selbst halbe Faschisten, aber meist dann doch "Ewiggestrige", gefangen in den frühen 50ern und sowieso in der Tasche der Großindustrie. Ihr Aussterben wird allenthalben herbeigesehnt.
    Die Grünen sind "grün angestrichene FDP", eine Partei von Besserwissern und Schlechtermachern, eine ekelhafte Vorschriftspartei.
    Die SED heisst jetzt anders.

    Und so durchschnittlich alle 2 Jahre kommt man zusammen und verlangt, doch in einen dieser sauren Äpfel zu beissen, obwohl eine Stimme für irgendeine "Protestpartei" für jeden erkennbar keine realpolitische Auswirkung hat, weil mit der Partei keiner zusammenarbeiten will und wird.
    Man kann mich wieder aufwecken, wenn die "demokratische Fallhöhe" derart hoch ist, das ein Linke-Politiker sagt: "wer es ein bischen freiheitlicher mag, ein bischen konservativer, der soll doch bitte die CDU wählen. Ich hab politisch wenig mit ihnen gemein, aber sie sind eine demokratische Partei und da arbeiten keine schlechten Menschen.", anstatt jedes falsche Wort für einen "verbrannte Erde"-Wahlkampf zu benutzen, der nur darauf aus ist nochmal 0,1% selbst zu gewinnen. Man kann nicht ständig das Ende der Demokratie herbeiweinen und selbst die einzige demokratische Alternative sein.

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    It is time for us to do what we have been doing and that time is every day.

  • This here

    Und DAS ist es, wo man die Leute mal greifen muss. Was glauben die eigentlich, dadurch zu gewinnen, außer Nationalstolz? Keine Firma wird sich die Finger verbrennen und da Arbeitsplätze schaffen.
    Dann muss man die Städt eben stärken, wenn es dort anders ist. Das Problem stirbt dann halt irgendwann weg. Letzten Endes wird auch die junge Generation sicherlich am Wohlstand teilhaben wollen.

    Sorry, aber das ist mir in den Artikeln immer noch zu viel Mimimi. Man hört jetzt seit 30 Jahren zu, aber vielleicht muss man auch endlich mal akzeptieren, dass der Staat anders tickt, als man das vllt gerne möchte. Im tiefen Westen werden die Kommunen seit 30 Jahren ausgequetscht und ihrer Mittel beraubt, die dringend lokal nötig wären. Und wenn das dann das Ergebnis ist, dann ist irgendwann ein „Fuck you“ einfach eine valide Option.

    War neulich bei meiner Schwägerin in Illmenau. Ehrlich....paradiesisch! Neue Straßen, neues Schwimmbad, alles topmodern. Hier verrottet die komplette Infrastruktur und es sieht aus wie kurz nach dem Krieg.

    Und dann: AfD...30 Prozent. Und das in einer Studentenstadt!
    Da fehlt mir JEDES Verständnis.


    Ist eben eine komplexe Gemengelage ... ich würde als Westdeutscher wahrscheinlich auch mal ab und zu die Hände über dem Kopf angesichts der hier vorhandenen und ablaufenden Gegebenheiten zum Fragezeichen falten.

    Irgendwie bin ich aber immer noch weiterhin davon überzeugt, dass es kein Rassismus oder Verherrlichung rechten Gedankengutes ist, der die AfD-Wähler antreibt, sondern eine weiterhin stabile und konstante "Protestnote", die in dieser Wahl ihren Ausdruck findet.

    Vielleicht naiv, vielleicht zu gutgläubig, aber es gibt hier vor Ort, zumindest in den Großstädten, wo es noch ein paar Menschen gibt, genug Aufrechte und Widerständler, die sich diesem schleichenden Rechtsdrang entgegenstellen ... auch und gerade in Sachsen.

    Leider aber gehen die eben im Zuge der medialen Darstellung und Zuspitzung eines "gesamtheitlich naziverseuchten Ostens" mit unter ... und das unterminiert eben ungerechterweise ihr Wirken und Dasein.


    Und dann muss ich scheinbar wieder mal nach Ilmenau ... ;)


  • genug Aufrechte und Widerständler, die sich diesem schleichenden Rechtsdrang entgegenstellen

    schön und gut das es die gibt in Leipzig oder Dresden :) nur interessiert das Menschen in Bautzen,Görlitz oder auch Pirna nicht die Bohne
    und 25 Prozent so bitter die Zahl auch sein mag ist immer noch die klare Minderheit und ich glaube auch das Potenzial ist in Sachsen damit mehr als ausgereizt

    ich würde als Westdeutscher wahrscheinlich auch mal ab und zu die Hände über dem Kopf angesichts der hier vorhandenen und ablaufenden Gegebenheiten zum Fragezeichen falten.

    nun ja aus deutscher Sicht kann man das so sehen,wenn man jetzt böswillig vergleicht dann gleichen sich die ostdeutschen Ergebnisse mit denen der meisten anderen Europäischen Länder an und eher das westdeutsche Wahlverhalten macht da die positive europäische Ausnahme.
    der Osten wählt anders wie der Westen,sie wählen eher wie der Rest von Europa.sind die ostdeutschen vielleicht doch die besseren Europäer :hinterha: Ironie aus

    8 Mal editiert, zuletzt von Honka (30. Mai 2019 um 22:36)

  • Es reißt aber auch keiner die Klappe auf und lässt mal verkünden: Feierabend: Pirna, Bautzen, Görlitz! Party is over!

    Die Landesführung in Sachsen ist eh schon ein Witz. Worauf wartet man da? Bis man regulär abgewählt ist? Stattdessen schwabuliert man da von potentiellen Bündnissen mit dem gemäßigten Teil der AfD. Da muss man schon fast der SPD Respekt zollen, die die Linke lange Zeit kategorisch abgelehnt hat.

    In Brandenburg sitzen handfeste Nazis in der Parteiführung. Wahrscheinlich schneiden die dann 2028 das Band am BER 2.0 durch und warten dort auf die Landung der Reichsflugscheibe

    Dann mach ich eben mein eigenes Forum auf...mit Blackjack und Nutten!