Kansas City Chiefs Preview 2020

  • Rückblick:
    Nach langen Jahren der Tristesse begann die aktuelle, erfolgreiche Phase der Chiefs 2013 mit der Verpflichtung von President Mark Donovan, GM John Dorsey und HC Andy Reid. Auch Eagles-Scout Brett Veach kam schon 2013 als „Pro and college personnel analyst“, mit zu den Chiefs, stieg 2015 zum „Co-Director of Player Personnel“ auf und löste 2017 Dorseyals GM ab. Inzwischen konnten die Chiefs siebenwinning seasons in Folge erreichen: 2013 (11-5), 2014 (9-7), 2015 (11-5), 2016 (12-4), 2017 (10-6), 2018 (12-4) und 2019 (12-4).

    2019
    #1 @ Jacksonville 40-26 (1-0)
    #2 @ Oakland 28-10 (2-0)
    #3BALTIMORE 33-28 (3-0)
    #4 @ Detroit 34-30 (4-0)
    #5INDIANAPOLIS 13-19 (4-1)
    #6 HOUSTON 24-31 (4-2)
    #7 @ Denver 30-6 (5-2)
    #8GREEN BAY 24-31 (5-3)
    #9MINNESOTA 26-23 (6-3)
    #10 @ Tennessee 32-35 (6-4)
    #11 @ Los Angeles Chargers 24-17 (7-4)
    #12 bye
    #13 OAKLAND 40-9 (8-4)
    #14 @ New England 23-16 (9-4)
    #15 DENVER 23-3 (10-4)
    #16 @ Chicago 26-3 (11-4)
    #17 LOS ANGELES CHARGERS 31-21 (12-4)

    Wildcard Game: bye
    Divisional Playoffs: HOUSTON TEXANS 53-31
    AFC Championship: TENNESSEE TITANS 35-24
    Super Bowl LIV SAN FRANCISCO 49ers 31-20

    Der Saisonstart war 2019 mit einem souveränen Sieg gegen die Jaguars vielversprechend. Gegen die Raiders gab es ein brilliantes zweites Quarter mit 28 Punkten, aber sonst viel Stückwerk. In den nächsten acht Wochen folgten jeweils vier Siege und Niederlagen, wobei abgesehen von einem souveränen Sieg bei den Broncos alle Spiele relativ knapp waren (maximal 7 Punkte Differenz). In Denver verletzte sich zu allem Überfluss auch QB Mahomes, wobei sein aus dem Football-Ruhestand zurückgeholter Backup Matt Moore in zweieinhalb Spielen solide Leistungen zeigte. Dennoch fing man angesichts der schwankenden und insbesondere defensiv wenig überzeugenden Auftritte an, sich sogar Sorgen über den Playoff-Einzug zu machen. Ab Woche 11 folgte dann ein Schlussspurt mit 6 Siegen in Folge, was die Chiefs sogar noch auf #2 der Setzliste katapultierte.
    In den Playoffs schien nach der bye-week alles seinen gewohnten Gang in den Abgrund zu gehen, da man im Divisional Playoff gegen die Texans nach Pleiten, Pech und Pannen bereits zu Beginn des zweiten Quarters mit 0-24 hinten lag. Aber mit Glück und Geschick gelang es, das Spiel sogar noch in der ersten Halbzeit zu drehen. So ähnlich lief es auch im Championship Match gegen die Titans, in dem man nach frühem Rückstand (0-10 bzw. 7-17) noch zu einem souveränen Sieg kam. Auch im Superbowl lagen die 49ers noch sechseinhalb Minuten vor dem Ende mit 20-10 vorne, bevor den Chiefs die Wende gelang, wobei man in Schlüsselsituationen auch das nötige Glück hatte. Damit haben die Chiefs nach 50 Jahren Pause den zweiten Superbowl nach Kansas City geholt.

    Einmal editiert, zuletzt von Chief (11. September 2020 um 00:05)

  • Offseason:

    Die Offseason war – abgesehen von der allgegenwärtigen COVID-19-Problematik – erfreulicher Weise vor allem durch sportliche Themen geprägt. Eine Ausnahme bildet die Festnahme von CB Bashaud Breeland, der im April vorübergehend festgenommen wurde, wobei ihm vorgeworfen wird, statt eines Führerscheins Alkohol und in geringen Mengen auch (andere) Drogen mit sich geführt und sich der Festnahme widersetzt zu haben. Ob sich aus diesem Vorfall irgendwelche sportlichen oder außersportlichen Konsequenzen ergeben, ist noch ungewiss. Soweit er kürzlich für vier Spiele gesperrt wurde, beruht dies jedenfalls auf einem Verstoß gegen die „substance abuse policy“ der NFL; gleiches gilt auch für die 2-Spiele-Sperre gegen DT Mike Pennell.

    Auffällig war, dass es (bislang) – abgesehen von einem unbedeutenden Tausch von Draftpicks – zu keinen Trades kam, von denen GM in den Vorjahren regen Gebrauch gemacht hatte. Der Schwerpunkt der Arbeit lag vielmehr – abgesehen von der Draft – in der Umstrukturierung von Verträgen, in der Verlängerung von Verträgen mit Leistungsträgern und in der kostengünstigen Verpflichtung von Ergänzungsspielern. Generell ist auffällig, dass Veach in den Verträgen mit Schlüsselspielern häufig kein Handgeld („Signing Bonus“) vereinbart, sondern mit garantierten Gehaltsbestandteilen für spätere Jahre arbeitet.


    Draft:
    Die Chiefs verfügten letztlich - wie schon in den beiden Vorjahren - über sechs Draftpicks:

    Runde 1 (#32) RB Clyde Edwards-Helaire (LSU)
    Edwards-Helaire wurde zum Teil mit "nicht der beste RB, aber der beste Footballspieler unter den RBs" (bezogen auf die 2020er Draft) bezeichnet. Seine Schwäche ist der Pass Block, aber das gilt praktisch für alle RBs, die aus dem College kommen. Er hat einen niedrigen Schwerpunkt, kann auch mal am Gegner "abprallen", ist extrem fangsicher, läuft gute Passrouten, kann gut beschleunigen - auch wenn es an der Top Speed mangelt - und Blocks gut lesen und ausnutzen, da er hart cuttet. Bei den Chiefs ist er daher nicht nur als Ballträger, sondern vor allem auch als Passempfänger - sei es aus der Position des RB, sei es als Slot Receiver - zu erwarten, der viele yards after catch produzieren kann.

    Soweit ich es überblicken kann, sind sich alle Fachleute einig, dass Edwards-Helaire vermutlich wie die Faust aufs Auge zum Offensivsystem der Chiefs passt. Bei der Beurteilung des Picks gehen allerdings die Meinungen auseinander, ob die Chiefs nicht besser beispielsweise einen CB oder LB gepickt hätten. Ich war im ersten Moment auch nicht sonderlich begeistert, weil man gute RBs erfahrungsgemäß auch in späteren Runden bekommt und die Verweildauer von RBs in der NFL generell eher gering ist. Dennoch meine ich, dass es aus den genannten Gründen ein guter und relativ „sicherer“ Pick war.

    Runde 2 (#63) LB Willie Gay Jr. (Mississippi State)
    Rein sportlich ("speedy, strong, physical, athletic") ist an Gay nichts auszusetzen. Er ist schneller als die meisten DBs und kann tackeln. Sein Potential wird mit dem von Isaiah Simmons verglichen, der als Top-LB an #8 zu den Cardinals ging. Gay war schon nach seiner Highschool-Zeit ein Top-Recruit ("4-Star-Prospect") und verzeichnete in seinen drei College-Jahren bei PFF einen Coverage-Grade von 93,9, was der Bestwert unter allen in der 2020er Draft verfügbaren LB war. Manche hoffen, dass er für die Chiefs zum neuen Derrick Johnson wird.
    Leider gibt es massive "character concerns". Trotz seiner genialen athletischen Fähigkeiten kam er in drei Jahren bei Mississippi State gerade einmal auf 11 Starts, davon 6 als Sophomore, aber nur noch 5 als Junior, wohingegen er die übrigen 8 Spiele wegen "violation of team rules" verpasste, wobei wohl auch Sperren durch die NCAA wegen "academic fraud" dabei waren. Wenn man bedenkt, dass Top-Talente selbst für erhebliche Regelverstöße typischerweise mal ein Quarter, eine Halbzeit oder vielleicht mal ein ganzes Spiel aussetzen müssen, lässt das tief blicken. Als "Highlight" hat er vor einem Bowlgame im Rahmen einer "körperlichen Auseinandersetzung" dem eigenen QB einen Gesichtsknochen gebrochen (mit der Folge, dass dieser nicht spielen konnte).

    Die Chiefs scheinen optimistisch zu sein, seinen Charakter in den Griff zu bekommen. Wenn das gelingt, handelt es sich rein sportlich betrachtet um einen "Steal", weil man am Ende der zweiten Runde einen Spieler mit Erstrundentalent gepickt hat.

    Runde 3 (#96) OT Lucas Niang (TCU)
    In der 2018er Saison war Niang in allen Spielen Starter, und man erwartete, dass er in seiner Senior-Season einer der absoluten Top-Tackles nicht nur in der Big 12, sondern im gesamten Land sein würde. Tatsächlich war er dann in sechs der ersten sieben Spiele 2019 Starter als RT, bevor er seine Saison wegen einer Hüftverletzung beenden musste. Ohne die Verletzung wäre er vermutlich höher gedraftet worden. In insgesamt 28 Spielen als Starter gab er keinen einzigen Sack ab, verursachte keinen einzigen false Start und lediglich zwei Holding Penalties. In seiner Senior-Season wurde etwas seine mangelnde Beweglichkeit in der Hüfte kritisiert, aber das könnte sich durch die Verletzung erklären lassen. Er weist eine seltene Kombination aus körperlicher Größe, Reichweite und Mobilität auf, weswegen man ihn als sehr gut für zone blocking und für Spielzüge mit tiefen Pässen ansieht. Sein Potential soll gewaltig sein. Nebenbei gilt er als "Leader by Example", wofür er regelmäßig gelobt wurde.

    Die Frage, ob seine Hüftverletzung zum Saisonbeginn ausgeheilt sein und er bereits in seiner Rookie-Saison erhebliche Einsatzzeiten sehen würde, hat sich erübrigt, da er „opt-out“ gewählt hat. Das könnte sich langfristig noch als positiv erweisen, da er so mehr Zeit hat, seine Verletzung auszukurieren und wieder in Form zu kommen. Sofern von der Verletzung keine langfristigen Folgen zurückbleiben, ist Niang ein toller prospect. Bei günstigem Verlauf soll er vermutlich 2021 oder spätestens 2022 einen der beiden guten, aber auch teuren Tackles der Chiefs – nach meiner Vermutung am ehesten LT Eric Fisher – ersetzen.

    Runde 4 (#138) DB L'Jarius Sneed (Lousiana Tech)
    Sneed hat sowohl als CB als auch (zuletzt) als Safety gespielt. Er ist groß (6-1) und extrem schnell, war aber bislang nicht so richtig in der Lage, die sich hieraus ergebenden "PS auf die Straße zu bringen", denn seine coverage skills sind - freundlich formuliert - ausbaufähig. Auch beim Tackeln könnte er dominanter sein. Positiv ist, dass er Interceptions fängt (u. a. je 3 in den letzten beiden Jahren) - und wenn sie erst einmal fängt, droht der Pick-6, denn er hat 3 seiner insgesamt 8 INTs an der Uni zum TD zurückgetragen.

    Getreu dem Motto "you can't teach speed" haben die Chiefs einen Spieler ausgewählt, bei dem sie vor dem Hintergrund erstklassiger körperlicher Voraussetzungen hoffen, ihm noch coverage skills beibringen zu können. Wenn das gelingt, kann er mittelfristig ein erstklassiger DB werden. Obwohl er offiziell vor der Draft als Safety gelistet war, ist er bei den Chiefs als CB eingeplant. Sein Trainingscamp scheint gut verlaufen zu sein. Da die Chiefs auf CB ohnehin sehr dünn besetzt sind, hat er bereits zu Saisonbeginn Aussicht auf erhebliche Einsatzzeiten in der Defense. Andernfalls wäre er sicher auch aufgrund seiner hohen Geschwindigkeit ein Kandidat für die Special Teams.


    Runde 5 (# 177) EDGE Michael Danna (Michigan)
    Dieser Pick hat allgemein die geringste Begeisterung bei den Beobachtern hervorgerufen. Es war eigentlich erwartet worden, dass er überhaupt nicht gedraftet würde. Danna war zunächst bei Central Michigan, wo er 2018 als Senior in das All-MAC-Team gewählt wurde und Team-MVP war. Als "Graduate Student" ging er dann 2019 zur University of Michigan, wo er zwar in allen 13 Spielen "dabei" war, aber nur einmal als Starter. Nun fragten sich die Beobachter, was die Chiefs mit einem Spieler wollen, der nicht einmal gut genug war, um bei den Wolverines Starter zu werden. Er hatte nicht einmal eine Einladung zur NFL Scouting Combine - und sein persönlicher Pro Day fiel dem Corona-Virus zum Opfer. Immerhin gilt er als athletischer Freak, insbesondere als explosiver und schneller Spieler, der über eine gute Auffassungsgabe und schnelle Hände verfügt. Vielleicht hätte er deutlich mehr Interesse hervorgerufen, wenn er diese athletischen Fähigkeiten noch einmal hätte demonstrieren können. Allerdings ist er relativ leicht und kann daher auch öfter mal "herumgeschubst" werden.Dank eines guten Trainingscamps hat er sich allerdings trotz starker Konkurrenz in den Kader gekämpft.

    Runde 7 (# 237) CB Thakarius ("BoPete") Keyes (Tulane)
    Die Chiefs haben ihren Sechstrundenpick 2021 abgegeben, um mit Keyes einen zweiten CB zu draften. Keyes war ein "no-star-recruit", hat sich aber in Tulane 2018 und 2019 zum Starter nach oben gearbeitet. Er ist ebenfalls groß (6-1) und hat außergewöhnlich lange Arme, weswegen er gut gegen "jump balls" verteidigen kann. Zudem verteidigt er mit hohem Einsatz gegen den Lauf. Leider hat er zwar eine gewisse Explosivität, aber keine besonderes hohe Geschwindigkeit und muss auch in jeder Hinsicht technisch noch viel lernen ("raw"), noch mehr als Sneed. Dennoch haben ihn manche als Viert- oder Fünftrundenpick gesehen. Da auf CB „Not am Mann“ ist, könnte auch er zu Saisonbeginn bereits gelegentlich zum Einsatz kommen.

    Gesamtfazit:
    Die Chiefs haben in allen Bereichen ihre Needs (RB, OL, DL, LB, CB) adressiert und - überwiegend in der Form "boom or bust" - Spieler an Land gezogen, die gemessen am jeweiligen Pick erhebliche Upside zu bieten haben. Bei Sneed und Keyes vertrauen die Chiefs offenbar auf ihr in den letzten Jahren erfolgreich verfolgten Konzept, aus wenig begehrten jungen CBs taugliche NFL-Spieler zu machen.

  • Coaching Staff/Front Office
    Nach dem Gewinn des Superbowl blieben das Front Office und die Coaching Staff weitgehend unverändert. Die Verträge mit GM Brett Veach und HC Andy Reid wurden zuletzt bis einschließlich 2025 verlängert, was langfristige Kontinuität in der Führungsspitze erwarten lässt.

    QB-Coach Mike Kafka erhielt zusätzlich den Titel des „Passing Game Coordinators“, was vermuten lässt, dass der neuer OC würde, wenn Eric Bienimy nach der Saison andernorts zum Headcoach ernannt würde. ST-Coordinator/Ass. Headcoach Dave Toub erhielt mit Andy Hill einen neuen Assistenten, der zuvor 24 Jahre lang Assistenzcoach bei der University of Missouri war. Sein Vorgänger ging an die University of South Carolina – seine alma mater – um dort ILB-Coach zu werden.

    Die wichtigsten Personen :

    Front Office:
    Chairman/CEO Clark Hunt
    President Mark Donovan
    GM Brett Veach

    Coaching Staff:
    HC Andy Reid
    OC Eric Bieniemy
    QB Mike Kafka (zugleich „Passing Game Coordinator“)
    RB Deland McCullough
    TE Tom Melvin
    WR Greg Lewis
    OL Andy Heck
    DC Steve Spagnuolo
    DL Brendan Daly (zugleich „Run Game Coordinator“)
    LB Matt House
    OLB Britt Reid
    DB Dave Merritt
    DB/CB Sam Madison
    ST/Ass.HCDave Toub


    Generell verfügen die Chiefs aus meiner Sicht über eine Coaching Staff, bei der es nichts zu beanstanden gibt. Das größte Risiko besteht darin, bald die nächsten Coordinators zu verlieren, zumal Spagnuolo bereits HC war, Toub schon öfter im Gespräch war und Bieniemy als heißester Kandidat gilt – und Kafka ist sein designierter Nachfolger. In dieser Offseason hatten die Chiefs jedenfalls das Glück, ihre Coaching Staff im Kern unverändert zu behalten.

  • Spieler (wichtige Verträge, Trades und Entlassungen)

    Entlassung/keine Vertragsverlängerung
    OL Cameron Erving (Cowboys, 2,5 Mio./1 Jahr)
    CB Kendall Fuller („Football Team of Washington“, 40 Mio./4 Jahre)
    RB LeSean McCoy (Buccaneers, 1,05 Mio./1 Jahr)
    DE Emmanuel Ogbah (Dolphins, 15 Mio./2 Jahre)
    OG Stefen Wisniewski (Steelers, 2,85 Mio./2 Jahre)
    LB Reggie Ragland (Lions, 0,96 Mio./1 Jahr)
    S Jordan Lucas (Bears, 1,0 Mio. /1 Jahr – opt-out)
    TE Blake Bell (Cowboys, 1,7 Mio./1 Jahr)
    DE Terrell Suggs
    RB Spencer Ware
    LB Darron Lee
    CB Morris Claiborne
    P Dustin Colquitt (Steelers, 1,05 Mio./1 Jahr)
    DT Xavier Williams (Patriots)
    DE Breeland Speaks

    Erving ist für einen Starter individuell eher zu schwach, aber ein guter und flexibler Backup. Fuller ist ein guter CB, den die Chiefs aus finanziellen Gründen haben ziehen lassen. McCoy war nur ein Jahr bei den Chiefs und hat nach gutem Saisonstart nachgelassen. Ich hatte eigentlich sein Karriereende erwartet, aber offenbar bekommt er bei Tampa Bay noch einmal eine Chance. Ogbah hat bis zu seiner Verletzung gut gespielt, war aber aus finanziellen Gründen ebenfalls nicht zu halten. Wisniewski wurde erst während der letzten Saison „von der Resterampe“ verpflichtet und zeigte dann erstaunlich gute Leistungen. Die Chiefs hätten ihn wohl gerne behalten, aber er entschied sich bereits frühzeitig, in seine Heimat Pittsburgh zurückzukehren. Ragland war einer der schwächeren Starter mit Stärken gegen den Lauf und Schwächen in der Passverteidigung. Lucas und Bell waren typische Ersatzspieler. Suggs war im Spätherbst seiner Karriere nur kurzzeitig bei den Chiefs. Ware war eigentlich schon entlassen, bevor er im Laufe der Saison noch einmal zurückkehrte. Lee hat die Erwartungen leider nicht erfüllt. Claiborne war im Rahmen seines Einjahresvertrages vier Spiele gesperrt und fiel leider darüber hinaus in erheblichem Umfang verletzungsbedingt aus. Colquitt wurde nach 15 Jahren aufgrund langsam nachlassender Leistungen bei einem für einen Punter relativ ordentlichen Gehalt entlassen und setzt seine Karriere nun bei den Steelers fort. Williams war ein normaler Backup. Die größte Überraschung war die Entlassung des 2018er Zweitrundenpicks Breeland Speaks, der in seiner Rookie-Saison eher enttäuschende Leistungen brachte, 2019 auf IR verbrachte und sich nun auf der möglicherweise am tiefsten besetzten Position im Kader nicht durchzusetzen vermochte.

  • Vertragsverlängerungen/-umstrukturierungen
    Bereits in der vergangenen Saison hatten LT Eric Fisher, WR Tyreek Hill und LB Anthony Hitchens Vertragsumstrukturierungen zugestimmt, um verfügbaren Cap Space für 2019 zu schaffen, der dann aber nicht genutzt wurde und als „rollover“ für 2020 verwendet werden kann.

    WR Sammy Watkins galt angesichts seiner Salary-Cap-Number von ursprünglich ca. 21 Mio. als klarer Cut-Kandidat. Er zeigte aber großes Interesse, noch ein Jahr bei den Chiefs zu bleiben. So wurde sein Gehalt für 2020 auf 9 Mio. gekürzt, wobei er zusätzlich weitere ca. 7 Mio. an Incentives verdienen kann.

    DE Alex Okafor stimmte ebenfalls einem Pay Cut (um ca. 2 Mio.) und einem Vertragsende nach der kommenden Saison zu, so dass er nun noch ca. 4,9 Mio. kostet.

    OG Laurent Duvernay-Tardif („LDT“, „Larry“) fällt grundsätzlich ebenfalls in dies Kategorie, da er einer Gehaltskürzung auf 3,5 Mio. Grundgehalt sowie einem Vertragsende nach der kommenden Saison zustimmte. Da der promovierte Mediziner in COVID-Zeiten seine ärztlichen Verpflichtungen als wichtiger erachtete, hat er „opt-out“ gewählt, steht also 2020 nicht zur Verfügung, wodurch sich sein Vertrag bis 2021 verlängert.

    WR Demarcus Robinson hätte die Chiefs nach allen Prognosen zwar via Free Agency verlassen müssen, verlängerte aber frühzeitig für 2,3 Mio. um ein Jahr, wobei er wegen einer Veteranen-Regelung nur mit 1,05 Mio. gegen die Cap zählt.

    CB Bashaud Breeland verlängerte seinen Vertrag bereits frühzeitig um ein Jahr. Anfangs wurde aus verschiedenen Quellen ein Gehalt im Bereich von ca. 4,1-4,5 Mio. gemeldet, wohingegen „Overthecap“ das Vertragsvolumen lediglich mit 3,0 Mio. angibt.

    DT Mike Pennel, der erst während der vergangenen Saison aus New England zu den Chiefs gestoßen war, verlängerte frühzeitig und – wie erwartet – kostengünstig um ein Jahr (0,8 Mio.).

    QB Chad Henne verlängerte für überschaubare 3,25 Mio. um 2 Jahre, wobei er bis zu 4 Mio. zusätzlich an Incentives verdienen könnte.

    QB Matt Moore verlängerte für rund 1 Mio. um ein Jahr. Er wurde allerdings gecuttet und befindet sich aktuell auf der practice squad.

    FB Anthony „Sausage“ Sherman verlängerte – wie schon üblich – für ca. 1,2 Mio. um ein weiteres Jahr.

    QB Patrick Mahomes verlängerte seinen ohnehin noch für 2 Jahre laufende Rookie-Vertrag um weitere 10 Jahre (= bis 2031) und 450 Mio. zuzüglich möglicher Boni. Trotz dieser exorbitant erscheinenden Zahlen hat Mahomes längst nicht den letzten Dollar herausgekitzelt, sondern einen teamfreundlichen Vertrag abgeschlossen.

    DL Chris Jones wurde zunächst mit der Franchise Tag belegt, nachdem man sich im Jahren der bereits im Frühjahr 2019 begonnenen Verhandlungen zunächst lange nicht einigen konnte. Nach den dazwischen geschobenen und reibungslos verlaufenen Verhandlungen mit Mahomes war dann aber genügend Cap Space verblieben, um auch mit Jones um 4 Jahr zu 80 Mio. (zuzüglich möglicher Boni von bis zu 5 Mio.) verlängern zu können. Auch dieser Vertrag ist teamfreundlich strukturiert.

    TE Travis Kelce verlängerte seinen ohnehin noch bis 2021 laufenden Vertrag vorzeitig für 57,25 Mio. um 4 Jahre (bis 2025), wobei auch dieser Vertrag sehr teamfreundlich strukturiert ist.


    Restricted Free Agents:

    OG Andrew Wylie (0,75 Mio./1 Jahr)
    TE Deon Yelder (0,7 Mio./1 Jahr)

  • Neuverpflichtungen
    CB Antonio Hamilton (ca. 1,5 Mio./1 Jahr, bislang Giants)
    OG/OT Mike Remmers (ca. 1,2 Mio./1 Jahr, bislang Giants)
    TE Ricky Seals-Jones (ca. 0,9 Mio./1 Jahr, bislang Browns)
    DE Taco Charlton (ca. 0,8 Mio./1 Jahr, bislang Cowboys)
    S Tedric Thompson (ca. 0,85 Mio./1 Jahr, bislang Seahawks)
    OG Kelechi Osemele (ca. 1,2 Mio./1 Jahr, mit Boni bis 2 Mio., zuletzt Jets)
    C/OG Daniel Kilgore (ca. 1,05 Mio./1 Jahr, bislang Dolphins)
    RB DeAndre Washington (Raiders)
    P Tommy Townsend (2,3 Mio./3 Jahre)
    DE Tershawn Wharton (2,3 Mio./3 Jahre)
    OT Yasir Durant (2,3 Mio./3 Jahre)

    Hamilton war ursprünglich als ungedrafteter Rookie zwei Jahre bei den Raiders und in den letzten beiden Jahren bei den Giants, wobei er dort in 29 Spielen aktiv und zweimal Starter war.

    Remmers hat in den letzten fünf Jahren für drei Teams (Panthers, Vikings, Giants) meist als OT, aber auch als OG gespielt, wobei er regelmäßig Starter war und als zuverlässiger Spieler mit begrenzter Upside gilt.

    Seals-Jones stand ursprünglich als ungedrafteter Rookie bei den Cardinals und im Vorjahr bei den Browns unter Vertrag, wo er in 14 Spielen aktiv war.

    Vidauntae "Taco" Charlton ist groß und athletisch und war Cowboys-Erstrundenpick in 2017, brachte aber dort aufgrund Verletzungen sowie mangelnder Einstellung nicht die erwarteten Leistungen, wechselte nach weiteren Dissonanzen früh in der Vorsaison zu den Dolphins, ohne dort die Coaches von sich zu überzeugen.

    Thompson war 2017er Viertrundenpick der Seahawks, wo er 2018 regelmäßig zum Einsatz kam. Seine 2019er Saison endete wegen einer Schulterverletzung auf IR.

    Osemele wurde 2012 von den Ravens gedraftet, wechselte dann für viel Geld zu den Raiders, war zweimal im ProBowl und wurde dann zu den Jets getradet, von denen er wegen eines Streits über die Operationsbedürftigkeit seiner Schulterverletzung entlassen wurde. Aus meiner Sicht ist das ein Prove-it-deal bei den Chiefs mit dem Ziel, noch einmal andernorts einen lukrativen Vertrag zu erhalten.

    Kilgore ist als langjähriger C der 49ers bekannt, hat im Vorjahr mit mäßigem Erfolg für die Dolphins gespielt und kam erst kürzlich zu den Chiefs.

    Washington wurde 2016 von den Raiders gedraftet, wo er bis 2019 im Wesentlichen als Backup zum Einsatz kam. Die Chiefs haben ihn im Frühjahr verpflichtet, zuletzt gecuttet, aber für die practice squad verpflichtet.

    Townsend (Florida), Wharton (Missouri S&T) und Durant (Missouri) sind ungedraftete Rookies, die es zunächst einmal in den Kader geschafft haben.

  • Kader (voraussichtliche Starter in Fettdruck)

    Offense

    QB (#15 Pat Mahomes, #4 Chad Henne)
    Pat(rick) Mahomes ist der Anführer der Offense, der Star des Teams, der 2018er MVP und der 2019er Superbowl-MVP. Er scheint – auch neben dem Platz – bislang einfach alles richtig zu machen, ist ein Sympathieträger (auch für die gesamte NFL), hat mit einem teamfreundlichen Vertrag ermöglicht, mit anderen Schlüsselspielern zu verlängern, ist im Training als Vorbild bekannt, zeigt einen geradezu kindlichen Enthusiasmus für das Spiel, vor allem beim Anfeuern der eigenen Defense … Man muss schon in den Krümeln suchen, um in etwas schwächeren Statistiken in 2019 gegenüber 2018 (4.031 statt 5.97 yards, 26 statt 50 TD-Pässen) das Haar in der Suppe zu finden. Denn die meisten Teams wären schon froh und glücklich, wenn ihr QB auch nur in die Nähe derartiger Werte käme, insbesondere kombiniert mit knapp 66 % Completions, nur 5 INTs und der Fähigkeit, bei Bedarf auch recht erfolgreich zu laufen. Mit ihm haben die Chiefs endlich ihren Franchise QB gefunden, und sofern er sich nicht schwer verletzt, kann man an ihm noch viel Freude haben. Vor allem muss man berücksichtigen, dass seine „schwachen“ Statistiken in 2019 auch darauf beruhen, dass er praktisch durch die gesamte reguläre Saison hinweg gesundheitlich angeschlagen war, zunächst mit einer Knöchelverletzung und später mit einer Knieverletzung, die ihn dann (glücklicherweise nur) zweieinhalb Spiele zum Aussetzen gezwungen hat.

    In jedem Fall ist er aktuell einer der besten Spieler auf dieserwichtigsten Position, wobei es letztlich müßig ist zu diskutieren, ob er – wie es wohl der Mehrheitsmeinung entspricht – schon„der beste“ ist. Jedenfalls würde ich ihn gegen keinen anderen eintauschen wollen. Er verfügt über einen phänomenalen Wurfarm, eine hohe Beweglichkeit und die Motivation, weiter an sich zu arbeiten.

    Backupist nun wieder Chad Henne, der im Vorjahr verletzungsbedingt auf IR gesetzt werden musste. Nach seiner College-Zeit bei Michigan war er der 2008er Zweitrundenpick der Dolphins und spielte von 2012 bis 2017 bei den Jaguars. Starter war er im Wesentlichen 2009/2010 und 2013. Seit 2015 hat er lediglich noch zwei (!) Pässe geworfen.
    Damit hat Matt Moore– trotz ordentlicher Leistungen (59/91 (64,8 %) für 659 yards und 4 TDs bei 0 INT) in zweieinhalb Spielen in 2019 – wieder einen Schritt zurücktreten müssen. Moore ist ebenfalls ein Veteran, spielte am College für Oregon State und kam 2007 ungedraftet in die NFL. Er spielte zunächst 2007-2010 für die Panthers und ab 2011 für die Dolphins, wo sich die Wege mit Henne erstmals kreuzten. Hauptsächlicher Starter war er aber eigentlich nur 2011. Nachdem er seine Karriere eigentlich schon beendet hatte und als scout für die Dolphins bzw. als Assistenzcoach eines Highschool-Teams gearbeitet hatte, wurde er im Vorjahr nach der Verletzung von Henne durch Andy Reid reaktiviert.
    Da die Chiefs erneut nur mit zwei QBs auf dem Roster in die Saison gehen, befindet sich Moorenun auf der practice squad. Gleiches gilt für den im Frühjahr verpflichteten Jordan Ta‘amu. Der ehemalige QB von Ole Miss blieb2019 ungedraftet und war nur drei Wochen im Trainingscamp der Texans, konnte dann aberin der (stark verkürzten) XFL-Saison bei den St. Louis BattleHawksmit einer completion percentage von 72 % auf sich aufmerksam machen.

    Fazit:Solange Mahomes gesund ist, sind die Chiefs auf QB perfekt aufgestellt. Sowohl Henne als auch Moore könnten jederzeit das Ruder übernehmen, wobei damit – ohne, dass man ihnen das vorwerfen könnte – natürlich ein gravierender Leistungsverlust verbunden wäre. Generell profitieren die Chiefs davon, dass Andy Reid als „QB-Flüsterer“ bekannt ist und quasi jeden der von ihm gecoachten QBs um ein Level besser macht.

  • RB (#25 Clyde Edwards-Helaire,#31 Derrel Williams, #34 Darwin Thompson, ) FB #42 Anthony Sherman)

    Den größten Leistungsverlust hatten die Chiefs von 2018 bis Frühjahr 2020 auf der RB-Position zu verzeichnen. Nachdem Hoffnungsträger Kareem Hunt das Team wegen Off-the-Field-Problems verlassen musste, schien ihn zwar zunächst der von den Dolphins gekommene Damien Williams ersetzen zu können, aber weder dieser noch der kurz vor der 2019er Saison verpflichtete LeSean McCoy konnten 2019 die Erwartungen erfüllen. Das Laufspiel der Chiefs war kaum vorhanden – mit Ausnahme des Superbowl, in dem Damien Williams mit etwas gutem Willen sogar zum MVP hätte gewählt werden können. Allerdings hat er nun ebenfalls „opt-out“ gewählt.

    Neuer Hoffnungsträger ist der 2020er Erstrundenpick Clyde Edwards-Helaire von LSU. Er galt zwar nicht als nach allgemeinen Maßstäben bester RB in der Draft, sollte aber geradezu perfekt zu den Chiefs passen, gilt nahezu überall als Fantasy-Football-“Geheimtipp“, wird sogar schon als offensive Rookie of the year gehandelt und mit Brian Westbrook verglichen. Vielleicht sollte man den jungen Mann nicht mit gar so vielen Vorschusslorbeeren belasten. Aber er hat am College schon in einer pro-style-ähnlichen Offense gespielt, ist ein guter route runner und Passempfänger, hat einen niedrigen Schwerpunkt und läuft harte cuts, was zu vergleichsweise vielen verpassten Tackles führt. Er soll im Trainingscamp erfreuliche Fortschritte gemacht haben („way ahead of schedule“). Edwards-Helaire wird als Starter in die Saison gehen und sollte das Lauf- und Kurzpassspiel der Chiefs beleben, ohne dass ich davon ausgehe, dass er ständig den Ball bekommen wird. Er gilt als geduldiger RB mit der nötigen Beweglichkeit und Explosivität, der durchaus ein „difference maker“ sein kann.

    Vom Typ her ähnlich könnte der letztjährige Sechstrundenpick Darwin Thompson sein, der „nur“ für Utah State spielte, aber dort eine überragende Senior-Season hatte (6,8 yards/Lauf; über 1.100 total yards). Er ist eher klein ist und sucht geduldig die Lücke hinter der O-Line. Bereits nach dem 2018er Trainingscamp galt er als Überraschungskandidat, kam dann aber doch nur beschränkt zum Einsatz. Jetzt erhofft man sich einen Schritt nach vorne.

    Derzeit dürfte ihn allerdings Darrel Williams überholt haben, der sich 2018 als ungedrafteter Rookie von LSU in den Kader gearbeitet hatte. Er läuft eher mit Power als mit Übersicht und hat seine ausbaufähigen Fähigkeiten im Passfang verbessert.

    Da die Chiefs etwas überraschend zunächst nur drei „normale“ RBs im Roster gelassen haben, wurde der in der Offseason verpflichteteDeAndre Washington gecuttet, aber in die practice squad aufgenommen. Es ist allerdings nicht auszuschließen, dass die Chiefs noch einmal auf dem FA-Markt tätig werden und einen RB verpflichten. Sie sollen beispielsweise an Adrian Peterson interessiert gewesen sein, der nun bei den Lions gelandet ist.

    Daneben sind die Chiefs eines der wenigen Teams, das sich einen hauptamtlichen Fullback leistet. Mit Anthony Sherman hat man einen sehr guten Vorblocker, soliden Passempfänger und guten Special Teamer, weswegen mit ihm zu für NFL-Verhältnisse günstigen Bedingungen um ein Jahr verlängert wurde.

    Fazit:Gemessen an bislang in der NFL gezeigten Leistungen dürften die Chiefs mit die schwächsten RBs der NFL haben. Allerdings ist die Unit auch noch sehr jung. Die Hoffnungen in Edwards-Helaire sind so groß, dass die Chiefs vereinzelt schon als Top-10-Running-Team gehandelt werden. Das halte ich nicht für ausgeschlossen, aber eine realistische Erwartung ist vermutlich einfach eine gewisse Steigerung gegenüber der Vorsaison. Angesichts der im großen und ganzen äußerst mäßigen Leistungen von McCoy und Damien Williams sehe ich in deren Ausfall jedenfalls kein riesiges Problem, auch wenn es natürlich besser wäre, wenn nicht die ganze Last der Erwartung auf einem Rookie läge.

  • WR (#10 Tyreek Hill, #14 Sammy Watkins, #17 Mecole Hardman, #11 Demarcus Robinson, #13 Byron Pringle, #19Markus Kemp) – TE (#87 Travis Kelce,#83 Ricky Seals-Jones, 48 Nick Keizer, #82 Deon Yelder)

    Hinsichtlich der Passempfänger sind die Chiefs weiterhin exzellent aufgestellt.
    Tyreek Hill wird von manchen immer noch als „Weltklassesprinter auf dem Football-Feld“ bzw. „gadget-player“ wahrgenommen. Aber der 2016er Fünftrundenpick aus West Alabama – eine Verurteilung wegen „domestic violence“ hatte ihn bereits sein Stipendium bei Oklahoma State und einen deutlich besseren Draft Status gekostet – hat bislang in jedem Jahr den ProBowl erreicht und ist zu einem hervorragenden WR gereift. Er ist einer der gefährlichsten Spieler der NFL, wobei es erfreulich wäre, wenn sich diese Einschätzung künftig auf seine Leistungen auf dem Spielfeld beschränken würde. Immerhin blieb es in dieser Offseason um ihn glücklicherweise ruhig, und im Team ist er ohnehin sehr geschätzt. Er ist normalerweise sehr fangsicher, und wenn er erst einmal an seinem Gegenspieler vorbei ist, holt der ihn auch nicht mehr ein. Wie unfassbar schnell „Cheetah“ ist, merkt man beispielsweise auch in den seltenen Fällen, in denen ein RB der Chiefs durchbricht, und dieser nicht etwa von einem Verteidiger, sondern einzig von seinem eigenen Mannschaftskollegen eingeholt und „bewacht“ wird.
    Überhaupt kann er potentiell aus jedem Ballkontakt einen TD machen, und ist in Manndeckung kaum zu verteidigen. Nur sein Ziel, es als Sprinter in den Kader des US-Olympia-Teams für Tokio zu packen, musste er zunächst einmal um ein Jahr verschieben. Im Vorjahr fiel er immerhin in 4 Spielen verletzungsbedingt aus, und gegen Lauf-Trickspielzüge über ihn wurde auch deutlich besser verteidigt, so dass seine Statistiken mit lediglich 58 Catches für 860 yards und 7 TDs sowie 8 Läufen für 23 Yards für seine Verhältnisse eher bescheiden waren. Wenn er gesund bleibt, dürfte nun wieder mit besseren Zahlen zu rechnen sein.

    Vermutlich noch die Nr. 2 ist Sammy Watkins. Der 2014er Erstrundenpick der Bills aus Clemson ist als ehemaliger Sprinter ebenfalls sehr schnell, obwohl er im Vergleich zu Hill eher wie ein posession receiver wirkt. Seine gesamte NFL-Karriere ist geprägt von guten Leistungen einerseits und Verletzungen andererseits. So war er auch in seinen beiden bisherigen Saisons bei den Chiefs von Verletzungen gehandicapt und konnte erst in 22 von 32 regulären Saisonspielen als Starter auflaufen. Vielleicht auch deswegen waren seine Leistungen im Vorjahr sehr schwankend. Insgesamt brachte er es in der regulären Saison auf 52 Catches für 673 yards und 3 TDs bei 2 Fumbles, aber in der Postseason bewies er mit 14 Catches für 288 yards erneut seinen Wert. Sein großes Interesse, noch ein Jahr bei den Chiefs zu bleiben, brachte er bereits früh verbal und wenig später durch seine Bereitschaft zu seinem signifikanten pay cut zum Ausdruck.

    Vom letztjährigen Zweitrundenpick aus Georgia Mecole Hardmanerwarten viele ein „breakout year“, was angesichts seiner auch individuell mit einer ProBowl-Einladung belohnten Rookie-Saison fast schon etwas unfair klingt. Seine Geschwindigkeit wurde von Anfang an mit der von Hill verglichen. Er stand eigentlich in dem Ruf, Hände aus Stein zu haben, weswegen er am College auch zunächst CB gespielt hatte. Dies hat sich aber bislang in keiner Weise bestätigte. Auch wenn er insgesamt lediglich auf 26 Catches kam, lassen sich 538 yards und 6 TDs durchaus sehen. Auch Hardman ist sehr schnell und damit höchst gefährlich, was sich auch in dem Durchschnitt von 20,7 yards/catch widerspiegelt.

    DeMarcus Robinson, der 2016er Viertrundenpick der Chiefs aus Florida, hatte zwar keine kometenhafte Entwicklung wie Hill, konnte sich aber Jahr für Jahr ebenfalls steigern. Aufgrund seiner bislang besten Saison (32 Catches für 449 yards und 4 TDs) hatte man eigentlich erwartet, dass er via Free Agency bei einem anderen Team einen lukrativen Vertrag abschließen würde. Ebenso überraschend wie erfreulich unterschrieb er aber frühzeitig für ein weiteres Jahr bei den Chiefs. Auch sein Trainingscamp soll exzellent gewesen sein.
    Byron Pringle kämpfte sich 2018 als ungedrafteter Rookie in den Kader, fiel dann aber verletzungsbedingt für die gesamte Saison aus. 2019 verbrachte er fast durchgängig im Roster, kam aber aufgrund der starken Konkurrenz nur wenig als WR zum Einsatz (12 Catches für 170 yards). Vielleicht kann er etwas mehr Einsatzzeit erhaschen, aber das wird angesichts der Konkurrenz extrem schwer. Seine Hauptaufgabe wird er vermutlich auch weiterhin in den Special Teams bekommen.

    Die größte Überraschung ist Marcus Kemp. Nach seiner College-Karriere in Hawaii kam er 2017 ungedraftet zu den Chiefs, wo er zunächst zwischen regulärem Kader und practice squad hin und her wechselte. Als er sich 2019 endlich weiter nach vorne gekämpft zu haben schien, fiel er mit einem Kreuzbandriss die ganze Saison aus. Er wurde anschließend nicht einmal getendert und auch zu Beginn des Trainingscamps nicht eingeladen. Aber schließlich erhielt er doch seine Chance, hat deutliche Fortschritte gezeigt und zu Saisonbeginn nun doch einen Platz im Kader bekommen. Allerdings wird auch er wohl primär Einsatzzeiten in den Special Teams bekommen.

    Kemp hat damit u. a. Gehrig Dieter und Jody Fortson ausgestochen, die beide auf der practice squad gelandet sind.

    Auf TE sind die Chiefs nach wie vor auf der Starter-Position exzellent besetzt. Travis Kelceist neben GeorgeKittle (49ers) der mutmaßlich beste TE derNFL. Im Grunde ist er als Receiver eine Mischung aus WR und TE, mithinein riesiges Matchup-Problem für jeden Gegner, und obendrein einexzellenterBlocker. Der 2013er Drittrundenpick aus Cincinnatti – bei Vorstellungen im Fernsehen nennt er nicht selten seine Highschool „Cleveland Hights, Ohio“ -hatte sich nach einer verletzungsbedingt fast ausgefallenen Rookie-Saison bereits 2014 als Starter etabliert und ist aus dem Kader kaum noch wegzudenken. Seltene Drops sind wohl eher Konzentrationsmängeln zuzuschreiben, denn an sich ist er ein sehr sicherer Passfänger. Statistischkonnte er seine exzellente 2018er-Saison fast wiederholten und erzielte mit 97 Catches für 1.229 yards und 5 TDs als erster TE überhaupt die vierte 1000-yards-Saison in Folge. Der individuelle Lohn war u. a. seine fünfte ProBowl-Einladung in Folge. Für die Chiefs äußerst erfreulich war, dass er seinen Vertrag zu äußerst teamfreundlichen Bedingungen kürzlich um weitere vier Jahre verlängert hat. Er weist sich durch einen hohen – manchmal sogar etwas übertrieben wirkenden – Ehrgeiz aus und soll auch in diesem Sommer wieder trainiert haben, als sei er ein ungedrafteter Rookie, der um seinen Roster Spot kämpft.

    Hinter ihm hat sich NickKizerüber die practice squad zum ersten Backup nach vorne gekämpft, wobei er in erster Linie als Blocker fungiert. Er kam 2018 als ungedrafteter Rookie von Grand Valley State zunächst über die Ravens in die NFL und ist seit 2019 bei den Chiefs. Sein Weg ist damit vergleichbar mit DeonYelder, der ebenfalls 2018 als ungedrafteter Rookie von Western Kentucky in die NFL kam und sich schon 2018 von der practice squad der Chiefs in den regulären Kader vorkämpfte. Er ist eher ein ordentlicher Passfänger und einguter ST-Player. Da die Chiefs etwas überraschend gleich vier TEs behalten haben, ist auch Neuzugang RickySeals-Jonesmit dabei. Er kam 2017 als ungedrafteter Rookie von Texas A&M, war zunächst überwiegend Backup bei den Cardinals (2017/18) und Browns (2019), bevor er im Frühjahr zu den Chiefs wechselte. Die Stärke des Cousins von HOF-Runningback Eric Dickerson liegt klarim Passfang, wohingegen er Defizite beim Blocken hat und bislang auch nicht als special teamer glänzen konnte.

    Fazit:Auch wenn die Zahlen der letzten Saison es nicht vollständig zum Ausdruck bringen, haben die Chiefs mit Hill, Watkins und Kelce haben die Chiefs im Grunde gleich drei Spieler, die jeder gegnerische DC gerne in Doppeldeckung nehmen würde. Glücklicherweise ist das praktisch nicht möglich. Solange alle drei einsatzbereit sind, was 2018 nur sehr bedingt der Fall war, sind die Chiefs insoweit hervorragendaufgestellt. Mit etwas Glück könnte Hardman bald schon in einem Munde mit ihnen genannt werden. DahinterfälltRobinson zwar ein wenig ab, wäre aber in den meisten anderen Teams wohl die Nummer 2 oder 3.Insgesamt ist das Receiver-Corps – erst recht, wenn man RB Edwards-Helaire noch dazu zählt – überragend aufgestellt und hat vor dem Hintergrund der verletzungsbedingten Ausfälle in 2019 sogar noch Luft nach oben. Der Abgang von Backup-TE Blake Bell zu den Cowboys dürfte demgegenüber kaum ins Gewicht fallen. Etwas überraschend haben die Chiefs gleich vier TEs im Roster behalten. Es bleibt abzuwarten, ob diese sich weiter verbessert haben, oder ob früher oder später einer im Rahmen von roster moves einen Platz freimachen muss.

  • OL (#72 LT Eric Fisher, #70 LG Kelechi Osemele,C #62 C Austin Reiter, #77RG Andrew Wylie, #71 RT Mitchell Schwartz, #67 C/G Daniel Kilgore, #73 C/G Nick Allegretti, #75 OT/OG Mike Remmers, #79 OT Yasir Durant [PUP: #74 OL Martinas Rankin]

    Nachdem die O-Line in 2018 trotz einiger Verletzungsprobleme noch eine gute Saison zu Wege gebracht hatte, gab es 2019 größere Probleme, insbesondere im Bereich der Interior Linemen. Letztlich war das Passblocking noch ordentlich, obwohl sich der strukturelle Vorteil eines beweglichen QBs nicht so sehr auszahlen konnte, weil Mahomes mit einer Knieverletzung zu kämpfen hatte. Vor allem aber trug die O-Line ihren Teil der Verantwortung für das relativ enttäuschende Laufspiel.

    Allerdings denke ich, dass die O-Line trotz des „opt-out“ von LDT in der kommenden Saison wieder stärker sein sollte:
    LT Eric Fisher zählt – obwohl einzelne Kritiker ihn sogar als Schwachpunkt benennen – nach weit überwiegender Meinung zu den überdurchschnittlichen Tackles der NFL, wobei seine Stärke grundsätzlich im Passblock liegt. Er sieht gelegentlich gegen einzelne Gegenspieler nicht gut aus und ist relativ anfällig für Strafen. In der Anfangsphase der letzten Saison war er nicht überragend und fiel z. T. auch verletzt aus. Aber gerade während seiner Verletzungen erkannte man seinen Wert, da Cam Erving ihn in acht Starts nicht adäquat zu ersetzen vermochte, sondern in 589 Snaps insgesamt 26 pressures und 5 Sacks abgab. In der zweiten Saisonhälfte und in den Playoffs zeigte Fisher gute Leistungen, wenn er auch im Superbowl arge Probleme mit Nick Bosa hatte. Obwohl der 2013er #1-Overall-Pick der Chiefs von Central Michigan erst 29 Jahre alt ist, dürfte er seinen Zenit mindestens erreicht haben. Es könnte – nicht zuletzt aus aus finanziellen Gründen – bereits sein letztes Jahr bei den Chiefs sein – was um so mehr Anreiz sein sollte, sich zu empfehlen.
    Auf LG ist mit Neuzugang Kelechi Osemele zu rechnen. Der 2012er Zweitrundenpick der Ravens war schon als Rookie Starter und Superbowl-Champion. Nach vier guten Jahren in Baltimore unterschrieb er 2016 bei den Raiders einen lukrativen Vertrag und erreichte in den beiden nächsten Jahren den Probowl. Nach einer nicht mehr ganz so überragenden Saison 2018 wurde er – hauptsächlich aus finanziellen Gründen – zu den Jets getradet. Dort kam es 2019 zum Eklat, weil seine eigenen Ärzte ihm aufgrund einer Schulterverletzung dringend zur Operation rieten, während die Teamärzte der Jets die Meinung vertraten, er könne trotz Schmerzen weiterspielen. Letztlich hielt sich Osemele an den Rat seiner Ärzte, wurde operiert und entlassen. Die Chiefs haben ihn direkt nach der „opt-out“-Meldung von LDT verpflichtet. Wenn er halbwegs an alte Leistungen anknüpfen kann, ist er – vor allem im Laufspiel – sogar ein Upgrade. Natürlich bleiben gewisse Fragezeichen, aber sonst hätten die Chiefs ihn sich auch nicht leisten können. Seine Verletzung scheint nach der Operation ausgeheilt zu sein, und er hatte aufgrund der frühzeitigen Entlassung durch die Jets Gelegenheit, sich langfristig auszukurieren. Angesichts seines Einjahresvertrages hat er allen Anreiz, sich durch gute Leistungen noch einmal für einen lukrativen Vertrag in Stellung zu bringen. Es bleibt zu hoffen, dass er noch ausreichend Benzin im Tank hat.
    Auf C wird weiterhin mit Austin Reiter gerechnet. Er kam 2015 als Siebtrundenpick des „Football Teams aus Washington“ aus South Florida in die NFL, verbrachte dort aber die ersten beiden Jahre im Wesentlichen auf der practice squad. 2016 wechselte er zu den Browns und begann 2017 sogar als Starter, bevor ihm noch im ersten Spiel ein Kreuzbandriss einen Strich durch die Rechnung machte. Seit 2018 ist er bei den Chiefs, vermochte aber im Vorjahr den zu den Bills gewechselten Mitch Morse nicht gleichwertig zu ersetzen. Allerdings gehen die Meinungen über ihn sehr auseinander: Während die einen in ihm einen Schwachpunkt sehen – was jedenfalls für das Laufspiel zutreffen dürfte –, halten andere ihn jedenfalls im Passblock für überdurchschnittlich.
    Als RG wird Andrew Wylie als Starter erwartet. Er kam 2017 als ungedrafteter Rookie aus Eastern Michigan in die NFL, wobei er sich zunächst auf den practice squads von drei Teams (Colts/Browns/Chargers) aufhielt, bevor er Ende Dezember 2017 von den Chiefs verpflichtet wurde. Er verbesserte sich sukzessive vom Backup (2018) zum Starter (2019), wobei er dann verletzungsbedingt die letzten fünf Saisonspiele und die Playoffs verpasste. Seine Starts in der Vorsaison waren zwar auf LG, aber der Wechsel auf die andere Seite scheint für ihn kein Problem zu sein. Er wurde getendert, dürfte aber nach der Saison zum Free Agent werden. Er ist im NFL-Quervergleich sicher kein Top-Spieler, aber seine Entwicklung ist vielversprechend und er hat allen Grund, sich durch eine gute Saison eine Chance auf einen lukrativen Vertrag zu verschaffen, wenn auch dann vermutlich nicht bei den Chiefs.
    RT Mitchell Schwartz kann man kaum genug loben. Der 2012er Zweitrundenpick der Browns aus California ist der Bruder des früheren Chiefs-Guards Geoff Schwartz. Er gilt als äußerst intelligent (35 Punkte beim Wonderlic-Test) und startete in seinen ersten vier Jahren jedes Spiel für die Browns, wurde dann aber aus finanziellen Gründen nicht weiter verpflichtet. Das war ein Glücksfall für die Chiefs. Er fliegt immer noch weitgehend unter dem Radar, obwohl er das Gegenteil von verletzungsanfällig ist – im Vorjahr musste er erstmals für drei Snaps vom Feld – und seit Jahren unter Fachleuten zu den besten Tackles der NFL gezählt wird. Auch wenn er inzwischen 31 Jahre alt und nicht billig ist, hoffe ich sehr, dass er noch ein paar Jahre für die Chiefs spielt. In den 2020er Playoffs erzielte er beispielsweise bei Pro Football Focus (PFF) positionsübergreifend mit 92,8 die beste Note („grade“) aller Spieler (vor Mahomes und Bosa), da er in 140 pass blocking Snaps keinen Sack, keinen Knockdown und nur zwei QB-Hurries zuließ – und das, obwohl man sich regelmäßig in offensichtlichen Pass-Situationen befand und er sich starken Passrushern gegenüber sah. Es ist schlichtweg absurd, dass er noch nie zum ProBowl eingeladen wurde.

    Bei den Backups dürften die Chiefs gut besetzt sein: NeuverpflichtungMike Remmers ist aus meiner Sicht der Top-Backup und hat Starter-Niveau. Er kam 2012 als ungedrafteter Rookie von Oregon State. Als er Ende 2014 bei den Panthers erstmals die Chance als Starter auf RT bekam, konnte er diese nutzen. 2015 erreichte er mit den Panthers sogar den Superbowl, hatte aber ausgerechnet dort gegen Von Miller einen rabenschwarzen Tag. Trotzdem blieb er 2016 zunächst Starter auf RT und wechselte später auf LT. Nachdem er zu den Vikings gewechselt war, war er dort zunächst bis zu einer Verletzung Starter als RT (2017) und anschließend als RG (2018). 2019 war er Starting RT der Giants. Selbst wenn er seinen Zenit überschritten haben sollte, zeigt diese Aufstellung, dass man über ihn als Backup mehr als zufrieden sein kann, zumal er in den letzten fünf Jahren gerade einmal sieben Spiele verpasst hat.
    Hinzu kommt der erst kürzlich verpflichtete Daniel Kilgore. Er war der 2011er Fünftrundenpick der 49ers von Appalachian State. Erst ab 2016 war er Starter, dies dann aber über 29 Spielen in 2 Jahren, wurde dann aber nach einer Vertragsverlängerung etwas überraschend zu den Dolphins getradet. Dort war er zwar Starter, kam aber verletzungsbedingt nur auf 15 Starts in zwei Jahren. Er war zwar ein locker room leader, aber da man mit der Konstanz seiner Leistungen nicht hinreichend zufrieden war, übten die Dolphins ihre Option für ein weiteres Vertragsjahr nicht aus. Etwas unklar ist, ob Kilgore primär für Konkurrenz auf der Center-Position sorgen soll, was tendenziell gegen Reiter und Allegretti spräche, oder ob man ihn einfach als vielseitigen (C/G) und erfahrenen Backup verpflichtet hat, der zumindest näherungsweise Starter-Niveau hat.

    Einige Hoffnungen setze ich auch in Martinas Rankin. Der 2018er Drittrundenpick der Texans aus Mississippi State ist theoretisch auf allen Positionen der O-Line einsetzbar, ohne aber auf einer bestimmten Position über riesiges Potential zu verfügen. Nachdem seine erste Saison verletzungsbedingt weitgehend ausfiel, kam er im Vorjahr im Trade für Carlos Hyde zu den Chiefs und zeigte bei fünf Starts auf OG gute Leistungen, bevor seine Saison durch einen Kreuzbandriss beendet wurde. Entgegen aller Erwartungen ist er allerdings noch nicht wieder vollständig genesen, sondern wurde auf PUP gesetzt, so dass er frühestens gegen Saisonmitte zum Einsatz kommen kann. Es bleibt zu hoffen, dass seine Verletzungsmisere damit ein Ende findet.
    Ein relativ unbeschriebenes Blatt ist der letztjährige SiebtrundenpickNick Allegretti von Illinois, bei dem man von außen in Ermangelung von Einsatzzeit kaum das erreichte Niveau beurteilen kann. Ähnliches gilt für Yasir Durant, vor dem man allerdings nur den Hut ziehen kann, da er sich als ungedrafteter Rookie-FA von einem kleinen College (Missouri) gleich ins reguläre Roster gekämpft hat.


    Fazit: Zusammenfassend sollte die starting O-Line der Chiefs durch die beiden guten Tackles weiterhin ein solides Fundament besitzen. In Osemele sehe ich tendenziell eine Verstärkung, und man verfügt auch zumindest mit Remmers, Kilgore und (später) Rankin über sehr gute Backups, wobei ich auch insoweit in Remmers für Erving ein leichtes Upgrade sehe. Insgesamt rechne ich gegenüber der nicht so berauschenden Vorsaison mit einer leichten Steigerung, wobei es die O-Line auch wieder etwas leichter haben sollte, wenn Mahomes nicht angeschlagen durch die Gegend humpelt.

  • Defense
    Die runderneuerte Defense unter dem neuen DC Steve Spagnuolo hatte in der Vorsaison anfangs nicht unerhebliche Schwierigkeiten, hat sich aber in der zweiten Saisonhälfte gesteigert. Bei aller Kritik, die es an der Defense gab, waren die Statistiken am Ende gar nicht so schlecht, beispielsweise #7 in den abgegebenen Punkten (308), #11 in Takeaways, #6 in yards/passing attempt, #8 in total passing yards allowed.
    Die Schwäche liegt in primär in der Laufverteidigung, was aber konzeptionell bedingt ist, da Andy Reid das Laufspiel in der modernen NFL nicht mehr als so wichtig ansieht. Als große Stärke von Spagnuolo gilt, dass er konzeptionell in der Lage ist, dem Gegner seine größte Stärke zu nehmen, was immer das auch sein mag. So war die Laufverteidigung der Chiefs in den Playoffs gegen die Titans plötzlich auf der Höhe, nachdem Tennessee in der Vorwoche noch die Patriots überrannt hatte.

    D-Line (# 55 DE Frank Clark, # 95 DT Chris Jones, # 91 DT Derrick Nnadi, # 97 DE Alex Okafor, #51 DE Mike Danna, #52 DE Demone Harris, # 92 DE Tanoh Kpassagnon, #94 DE Taco Charlton, #98 DT Tershawn Wharton, # 99 DT Khalen Saunders [# 67 DT Mike Pennel]

    Die Defensive Line wird – trotz der enormen Qualität in der Offense – von vielen Beobachtern als die tiefste Position der Chiefs für 2020 angesehen.
    FürDE Frank Clark hatten die Chiefs im Vorjahr sowohl viel Geld (105,5 Mio./5 J) als auch hohe Draftpicks ausgegeben. Die hiermit verbundenen riesigen Erwartungen konnte er bislang nicht erfüllen, auch wenn er natürlich einer der Top-Spieler der Defense war und ist. Der 2015er Zweitrundenpick der Seahawks aus Michigan hatte in seiner zweiten Saison den Durchbruch geschafft und war vor dem Trade mit mit der Franchise Tag belegt worden. In 2019 hatte er gesundheitliche Probleme (Nacken), weswegen er nur in 14 Spielen (11 Starts) der regulären Saison zum Einsatz kam. Diese Verletzung sollte nun überwunden sein, was eine Leistungssteigerung erhoffen lässt. Neben dem Passrush ist seine große Stärke seine ungeheure Beweglichkeit.
    Ihm gegenüber wird DE Alex Okafor als Starter erwartet. Der 2013er Viertrundenpick der Cardinals aus Texas verpasste seine Rookie-Saison verletzungsbedingt weitgehend, war dann aber ab 2014 zumindest teilweise und 2017/18 bei den Saints durchgehend Starter, soweit er nicht verletzt war. Nach seinem 2019 erfolgten Wechsel zu den Chiefs kam er in der Vorsaison nur auf 10 Starts, weil er schon früh Verletzungsprobleme hatte und schließlich nach einer Brustmuskelverletzung in Woche 15 für den Rest der Saison ausfiel. Soweit er auf dem Platz stand, hat er ordentlich gespielt, ohne zu glänzen. Aufgrund der Verkürzung seines Vertrages um ein Jahr kämpft er nun zugleich um einen neuen Vertrag.
    Sämtlichen Backups auf DE wird eine gute Entwicklung bescheinigt. Tanoh Kpassagnon, der 2017er Zweitrundenpick der Chiefs aus Villanova, befindet sich in einem „Contract year“ und sollte nun endlich den Durchbruch schaffen. Mit ihm konkurriert NeuzugangVidauntae „Taco Charlton. Der 2017er Erstrundenpick der Cowboys aus Michigan hat zweifellos großes Talent, konnte es aber in der NFL bislang noch nicht richtig zur Geltung bringen, was an einer Mischung aus Verletzungen und mangelnder Einstellung gelegen haben mag. Nachdem weder Cowboys noch Dolphins von ihm die gewünschten Leistungen abzurufen vermochten, versuchen nun die Chiefs ihr Glück.
    umsetzen.Demone Harris und Mike Danna werden allenthalben sehr gelobt. Harris kam 2018 ungedraftet aus Buffalo in die NFL. Nachdem er sich bei Bucs und Ravens weitgehend auf der practice squad befand, kam er Ende November 2019 zu den Chiefs und ab dem Patriots-Spiel auch zum Einsatz. Die Erkenntnisse über ihn sind demgemäß noch überschaubar. Dies gilt um so mehr für Danna, dessen letzte College-Saison in Michigan überhaupt nicht wie erhofft verlief, so dass es mich für den diesjährigen Fünftrundenpick der Chiefs um so mehr freut, dass er völlig souverän einen Platz im Roster ergattert hat.

    DT Chris Jones hat seinen neuen Vertrag auf jeden Fall verdient, und es ist ein Glücksfall, dass er weiterhin für die Chiefs spielt. Der 2016er Zweitrundenpick der Chiefs von Mississippi State wurde bereits früh in seiner Rookie-Saison zum Starter und hat die Erwartungen durchweg mehr als erfüllt. Er ist aus meiner Sicht der beste D-Liner der Chiefs. Er verhält sich in jeder Hinsicht vorbildlich und ist geradezu ein Wunder an Motivation und Trainingseifer. Gerade auch in diesem Sommer soll er noch einmal eine Schippe drauf gelegt und sich enorm ins Zeug gelegt haben. Dass die Anzahl seiner Sacks (von 15,5 auf 9) etwas zurückgegangen ist, liegt hauptsächlich daran, dass er sich im Sinne des Team-Nutzens noch mehr auf andere Aufgaben konzentriert, wobei auch er verletzungsgeplagt in der Vorsaison für drei Spiele ausfiel. Er ist hochgradig disruptiv, sorgt mit seinen langen Armen für deflections, forciert Fumbles und schnappt sich dann doch gelegentlich einmal den gegnerischen QB.
    Neben ihm ist DT Derrick Nnadi,der 2018er Drittrundenpick von FSU, in seinem dritten Jahr ein sehr solider klassischer NT, nicht so spektakulär, aber eine Stütze der Verteidigung und wichtig in Bezug auf die Stabilisierung der Laufverteidigung.
    Hinter den beiden wäre eigentlich Mike Pennel eine solide Stütze der Rotation. Er kam 2014 als ungedrafteter Rookie zu den Packers, wobei er in den Folgejahren dort sowie bei den Jets als Backup fungierte. 2019 wechselte er zu den Patriots, wurde aber vor Saisonbeginn entlassen und im Oktober von den Chiefs verpflichtet, wo er immerhin in 8 regulären Saisonspielen und den Playoffs zum Einsatz kam. Da man offenbar mit ihm zufrieden war, wurde der Vertrag um ein Jahr verlängert. Er fällt aber wegen einer Sperre wegen eines Verstoßes gegen die substance abuse policy der NFL in den ersten beiden Spielen aus. Sehr gut entwickelt hat sich der letztjährige Drittrundenpick Khalen Saunders von Western Illinois, der ursprünglich als sehr „raw“ galt, aber über lange Arme und eine sehr gute Athletik verfügt. Nun wird sich zeigen, ob er sein enormes physisches Potential nach einem Jahr des Lernens mit geringen Einsatzzeiten nun umsetzen kann.

    Großer Gewinner des Trainingscamps ist Tershawn Wharten, der sich als ungedrafteter Rookie von Missouri S&T zunächst einmal ins Roster gekämpft hat, auch wenn davon auszugehen ist, dass er nach der Rückkehr von Pennel den Weg auf die practice squad antreten muss. Er hatte an seiner (kleinen) Uni die Rekordbücher im Alleingang umgeschrieben (11 FF, 35,5 Sacks, 58 TFL).

    Fazit: Natürlich stechen Clark und Jones deutlich heraus, aber es ist davon auszugehen, dass alle D-Liner erhebliche Einsatzzeiten bekommen werden, weil man sehr breit aufgestellt ist. Das hilft zugleich dabei, auch später im Saisonverlauf noch über halbwegs frische Kräfte zu verfügen. Man ist so breit aufgestellt, dass sogar der 2018er Zweitrundenpick Breeland Speaks entlassen wurde, weil seine Fortschritte nicht ausreichend waren. Trotz des Abgangs von Ogbah zu den Dolphins ist das eine gute – wenn auch (noch) nicht überragende Unit. Wenn Jones und Clark gesund bleiben und „irgendeiner“ der anderen den Durchbruch schafft, kann sich das schnell ändern.

  • LB #53 Anthony Hitchens, #54 Damien Wilson, #44 Dorian O’Daniel, #50 Willie Gay Jr., #56 Ben Niemann

    Die LB der Chiefs rufen bei der Konkurrenz nicht gerade Angst und Schrecken hervor.

    Als every-down-LB gilt Anthony Hitchens.Der 2014er Viertrundenpick der Cowboys aus Iowa lernte dort früh alle LB-Positionen zu spielen und fungierte in seinen beiden ersten Jahren bereits in 20 Spielen als Starter. 2016 und 2017 war er dann Stammspieler und galt nach Auslaufen seines Rookie-Vertrages als einer der besten Free-Agent-LB. Letztlich verpflichteten die Chiefs ihn für 45 Mio./5 Jahre als Ersatz für Derrick Johnson.
    Auch bei den Chiefs war er durchgängig Starter. Allerdings scheiden sich an ihm und seinem Preis-Leistungs-Verhältnis die Geister. Schaut man nur auf Tackles und Coverage, dann hat er die Erwartungen, die mit seinem Wechsel von den Cowboys zu den Chiefs verbunden waren, auch weiterhin nicht erfüllt, und wirkt eigentlich deutlich überteuert. Dementsprechend gibt es auch viel berechtigte Kritik an ihm, und nicht selten lautet das Urteil „huge disappointment“. Allerdings hat er auch seine Anhänger, denn er gilt als „Quarterback der Defense“, der angeblich seinen Mitspielern durch hervorragende pre-snap-calls die Arbeit deutlich erleichtert.
    Im Übrigen schießen die Spekulationen ins Kraut, wer neben ihm der/die Starter sein werden. Geht man von einer klassischen 4-3-Defense aus, dann erwarten die meisten Damien Wilson und Ben Niemannals formelle Starter. Wilson war der 2015er Viertrundenpick der Cowboys aus Minnesota. Ähnlich wie bei Hitchens wurde auch er auf allen drei LB-Positionen geschult. Er kam zwar von Anfang an regelmäßig zum Einsatz, war aber erst seit etwa der zweiten Saisonhälfte 2017 fester Starter. Vor der letzten Saison unterschrieb er bei den Chiefs einen Zweijahresvertrag, doch auch er konnte in seiner ersten Saison bei den Chiefs nicht besonders positiv auf sich aufmerksam machen.
    Niemann ist individuell eine schöne Story, weil er sich seit 2018 als ungedrafteter Rookie aus Iowa ins Team gekämpft hat und ein herausragend guter ST-Player ist – aber objektiv war auch er als LB bislang bestenfalls ein durchschnittlicher NFL-Spieler. Er stand in der Vorsaison in 36 % der Defense-Snaps auf dem Platz, wurde allerdings im Sommer wiederholt sehr für seine Entwicklung gelobt und könnte mehr Einsatzzeiten erhalten.
    Großer Hoffnungsträger ist der diesjährige Zweitrundenpick Willie Gay jr. von Mississippi State, der rein sportlich betrachtet Erstrundentalent mitbringt, aber sein sonstiges Verhalten in den Griff bekommen muss. Es ist durchaus möglich, dass er insbesondere in der Nickel-Defense, die praktisch längst als Basis-Verteidigung fungiert, neben Hitchens regelmäßig zum Einsatz kommen wird. Von ihm sollte man anfangs nicht zu viel erwarten, aber ihm gehört (hoffentlich) die Zukunft. Noch nicht sonderlich beweisen konnte sich mit Dorian O‘Daniel der 2018er Drittrundenpick der Chiefs aus Clemson. Er wird wohl hauptsächlich in den Special Teams zum Einsatz kommen. Immerhin konnte er sich gegen Darius Harris durchsetzen, der als ungedrafteter 2018er-FA noch ein relativ unbeschriebenes Blatt und auf der practice squad gelandet ist.

    Insgesamt würde ich die LB vorbehaltlich etwaiger deutlicher Leistungssteigerungen bestenfalls als Mittelmaß einstufen. Immerhin dürfte sich der Abgang von Reggie Ragland kaum negativ auswirken, da auch er keine Bäume ausgerissen hat.

  • DB([#21 CB Bashaud Breeland], #35 CB Charvarius Ward, #38 CB L‘Jarius Sneed, #27 CB Rashad Fenton, #20 CB Antonio Hamilton, #29 Thakarius „Bopete“Keyes- #32 SS Tyrann Mathieu, #22 FS Juan Thornhill, #23 SS Armani Watts, #24 Tedric Thompson, #49 FS Daniel Sorenson)

    Zu den CBs:
    Die CBs galten schon im Vorjahr als der Schwachpunkt der Chiefs, und formal betrachtet ist man nach der Rückkehr von Kendall Fuller nach Washington (und dem Abgang von Morris Claiborne, der allerdings ohnehin weitgehend gesperrt oder verletzt war,) sogar noch schwächer geworden.
    Über einen richtig starken CB verfügen die Chiefs nicht. Unter normalen Umständen wären Bashaud Breeland und Charvarius Ward als Starter außen und Rashad Fenton als Starter auf der Position des Slot-CBs zu erwarten.
    Bashaud Breeland war der 2014er Viertrundenpick der (damaligen) Redskins und war vom ersten Spiel an Starter. Im Anschluss an seinen Rookie-Vertrag unterschrieb er 2018 bei den Panthers einen Vertrag über 24 Mio./3 Jahre, bestand aber den Gesundheitscheck nicht, da er sich eine Fußverletzung zugezogen hatte. Er kam 2018 noch für wesentlich geringeres Salär (knapp 1 Mio.) bei den Packers unter, kam aber nur begrenzt zum Einsatz. Im Vorjahr unterschrieb er bei den Chiefs für 3 Mio. und entwickelte sich wieder zu Starter, wobei er ordentliche Leistungen zeigte. Etwas überraschend unterschrieb er zu leicht verbesserten Bezügen auch für 2020, ist aber nun für die ersten vier Spiele gesperrt.

    Charvarius Ward kam als ungedrafteter Rookie 2018 von Middle Tennessee State zunächst zu den Cowboys, wurde aber noch vor Saisonbeginn zu den Chiefs getradet. Gegen Ende seiner Rookie-Saison wurde er erstmals Starter und setzte sich auch 2019 teamintern durch. Er hat sich außergewöhnlich gut entwickelt und wird von manchen als der stärkste CB der Chiefs angesehen.
    CB Rashad Fenton war der 2019er Sechstrundenpick der Chiefs aus South Carolina. Der Pick wurde überwiegend sehr kritisiert, weil er am College neben Highlights auch etliche misslungene Spielzüge mit vielen Penalties aufwies und auch die Combine nicht gut für ihn lief. Aber er nahm in seiner Rookie-Saison eine sehr positive Entwicklung und bewährte sich als Slot-CB. Grundsätzlich ist er auch 2020 für diese Position vorgesehen, wobei er möglicherweise zu Saisonbeginn aufgrund der Breeland-Sperre auch auf der Außenseite eingesetzt werden könnte.

    Auch wenn Ward und Fenten individuell eine sehr schöne Entwicklung genommen haben, machen schon sie sicherlich keinen gegnerischen OC besonders nervös. Erschwerend kommt hinzu, dass Spagnuolo aufgrund der Breeland-Sperre nun die Wahl zwischen zwei Rookies (L‘Jarius Sneed, Bopete Keyes). Sneed ist der Viertrundenpick aus Louisiana Tech, Keyes der Siebtrundenpick aus Tulane. Beide werden vermutlich von Anfang an – mindestens in beschränktem Umfang – ins kalte Wasser geworfen und sollen dabei schwimmen lernen. Da werden typische Anfängerfehler unausweichlich sein, wobei Sneed aufgrund seiner hohen Geschwindigkeit möglicherweise manches noch halbwegs kompensieren kann. Da bleibt einfach zu hoffen, dass sie schnell hinzu lernen.
    Die Alternative wäre Antonio Hamilton. Er kam 2016 als ungedrafteter Rookie aus South Carolina State zu den Raiders, wo er aber kaum zum Einsatz kam. In den letzten beiden Jahren spielte er für die Giants, hat also zumindest ein wenig NFL-Erfahrung zu bieten, wobei er eher als hervorragender Special-Teams-Player (Gunner, Coverage) gilt. Gleichwohl könnte er auch als DB einige Spielzeit sehen, zumal es heißt, er sei sehr flexibel einsetzbar und passe gut zur Spagnuolo-Defense.

    Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Chiefs in den letzten Jahren und speziell im Vorjahr sehr viel Erfolg damit hatten, junge (und damit kostengünstige) Spieler ohne hervorstechendes Talent auf den CB-Positionen zu entwickeln. Dabei legt Spagnuolo vor allem Wert auf Geschwindigkeit – getreu dem Motto: You can‘t teach speed“. Die individuellen Entwicklungen sind erstaunlich und sehr positiv. Das ändert aber nichts daran, dass hier die Achillesferse der Chiefs liegt und gerade die aktuellen Rookies vermutlich insbesondere zu Saisonbeginn Lehrgeld zahlen müssen. Nach der Rückkehr von Breeland wird vermutlich Keyes auf die practice squad wechseln.

    Zu den Safeties:
    Völlig anders sieht es bei der anderen Hälfte der Passverteidigung aus, denn auf Safety sind die Chiefs sehr gut besetzt.

    Emotionaler Anführer der Defense ist der erst im Vorjahr verpflichtete „Honeybadger“ Tyrann Mathieu. Auch er hat keinen glatten Lebenslauf aufzuweisen, sondern war bei LSU bereits als Sophomore ein All-American und wurde zum besten Verteidiger im College-Football gewählt. Allerdings wurde er dann auch wegen wiederholten Drogenkonsums aus dem Footballprogramm geworfen. Nach einem Jahr ohne Football war er dann der 2013er Drittrundenpick der Cardinals. Er avancierte früh zum Starter, erlitt dann aber einen doppelten kreuzbandriss. Deswegen konnte er erst verspätet in die 2014er Saison einsteigen, zeigte aber gute Leistungen. Seinen Durchbruch hatte er 2015 (ProBowl), wobei er erneut das Saisonende wegen eines Kreuzbandrisses nicht erlebte. Er verlängerte 2016 für ein Top-Gehalt bei den Cardinals, konnte aber in der Folge – auch aufgrund weiterer Verletzungen – nicht mehr an die 2015er Leistungen anknüpfen. Als er einen Pay Cut ablehnte, wurde er 2018 entlassen und landete bei den Texans, wo er eine starke Saison spielte. 2019 verpflichteten ihn dann die Chiefs für 42 Mio./3 Jahre als Ersatz für Eric Berry. Mathieu hat bereits in seiner ersten Saison die Erwartungen mehr als erfüllt, Berry auch als Publikumsliebling ersetzt und mit „Landlord“ bereits einen neuen Spitznamen durch die Chiefs-Fans bekommen.

    Neben ihm wird grundsätzlich der 2018er Zweitrundenpick Juan Thornhillvon Virginia als Starter erwartet. Er galt im Vorjahr als sehr solider Pick, ist außergewöhnlich athletisch, schnell und hat den nötigen Football-Instinkt. Er hatte eine sehr gute Rookie-Saison und war in allen Spielen der regulären Saison Starter, bevor er sich im letzten Spiel einen Kreuzbandriss zuzog und damit die Playoffs verpasste. Allerdings wird sich erst zu Saisonbeginn zeigen, ob er seine Verletzung bereits überwunden hat und an die sehr erfreulichen Leistungen anknüpfen kann, wobei ihm die Erfahrungen einer vollen NFL-Saison sicher zu Gute kommen sollten. Im günstigsten Fall verfügen die Chiefs dann gleich über zwei absolute Top-Spieler auf den Safety-Positionen.
    In jedem Fall steht mit „Dirty“ Dan(iel) Sorensonein weiterer guter Spieler zur Verfügung. Er kam 2014 als ungedrafteter Rookie von BYU zu den Chiefs. Bis 2016 fungierte er mit ständig zunehmenden Einsatzzeiten als Backup-SS und Special Teams Player. Als sich Eric Berry im ersten Saisonspiel 2017 das Kreuzband riss, wurde Sorenson zum Starter. 2018 war er wegen einer Knieverletzung überwiegend auf IR und musste nach seiner Rückkehr oft als Sündenbock für die Fans herhalten, wobei er seitens der Coaches jederzeit Rückhalt hatte und auch in der Vorsaison – insbesondere in den Playoffs – seine Leistung brachte. Er ist für einen Backup relativ teuer, weswegen sich schon seit Jahren die Frage stellt, ob er seinen Platz im Roster behält.

    Der 2018er Viertrundenpick Armani Watts von Texas A&M kam in seinen beiden ersten Jahren nur beschränkt zum Einsatz und sorgt zusammen mit Tedric Thompsonfür die nötige Tiefe im Kader. Thompson war der 2017er Viertrundenpick der Seahawks aus Colorado, kam aber dort über eine Backup-Rolle nicht hinaus und verbrachte die 2019er-Saison wegen einer Schulterverletzung überwiegend auf IR. Nach seiner dortigen Entlassung wurde er erst kürzlich von den Chiefs verpflichtet.

    Fazit: Die Safeties sollten, wenn Thornhill die Verletzung überwunden hat, eher noch stärker sein als in der Vorsaison, wohingegen die CBs – zumindest zu Saisonbeginn – eher noch schlechter sein sollten. Es bleibt abzuwarten, ob es den Chiefs auch weiterhin gelingt, mit jungen Leuten im Defensive Backfield kleine Wunder zu wirken, oder ob man doch noch einmal auf dem FA-Markt tätig werden muss.

  • Special Teams
    #5P/H Tommy Townsend, #7 Harrison Butker, #41 LS James Winchester, PR ???, KR ???

    P Dustin Colquitt wurde nach 15 Jahren entlassen. Spötter behaupten, die Chiefs bräuchte bei ihrer Offense eigentlich gar keinen Punter – aber ganz so einfach ist es dann doch nicht. Seinen Job hat erwartungsgemäß der ungedraftete Rookie Tommy Townsend von Florida übernommen. Eigentlich sollte es noch eine Competition zumindest mit Ex-Irish-Punter Tyler Newsome geben, aber da machte COVID-19 einen Strich durch die Rechnung. TownsendsLeistungen am College waren – auch im Hinblick auf die Genauigkeit der Punts – ziemlich gut. Nun bleibt abzuwarten, ob er sich weiter entwickelt hat. Ich gehe aber in den Special Teams generell von zumindest überdurchschnittlichen Leistungen aus, da die Chiefs seit Jahren den m. E. besten ST-Coordinator in ihren Reihen haben und zudem bei der Zusammenstellung des Kaders – auchüber die reinen Spezialisten hinaus – großenWert auf Spieler legen, die vielseitig und insbesondere auch in den ST einsetzbar sind.

    KHarrison Butker ist seit drei Jahren der unumstrittene Kicker der Chiefs mit einer FG-Trefferquote von rund 90 %. Er kam 2017 als Siebtrundenpick von Georgia Tech zu den Panthers, landete aber dort nur auf der practice squad, weswegen die Chiefs ihn schon früh in der Saison verpflichten konnten. Im Vorjahr hat er mit 56 yards ein persönliches Rekord-FG getroffen – und aktuell heißt es, dass er in der Offseason weitere Fortschritte gemacht hätte und u. a. seine Range um etwa 5 yards erweitert hätte, was sich nicht nur bei den FGs, sondern auch bei den Kickoffs positiv auswirken sollte.

    LS James Winchester kam 2013 als ungedrafteter Rookie von Oklahoma zunächst zu den Eagles, wurde aber gecuttet. Erst 2015 wurde er dann von den Chiefs verpflichtet, wo er seither als Longsnapper fungiert. Er fällt seit Jahren vor allem dadurch auf, dass er nicht auffällt – bei seiner Position eine positive Eigenschaft.

    Als Kick- und Puntreturner werden aktuell quasi überall Tyreek Hill und Mecole Hardman geführt. Aufgrund der damit verbundenen Verletzungsgefahr denke ich aber, dass man zumindest Hill und am besten auch Hardman jedenfalls vor den Playoffs nicht diesem Zusatzrisiko aussetzen will. Möglicherweise wäre Byron Pringle ein Kandidat.

  • opt-out
    # 26 RB Damien Williams
    # 76 OG Laurent Duvernay-Tardif
    # 67 OL Lucas Niang

    reserve/suspended
    # 21 CB Bashaud Breeland (einsatzbereit ab Woche 5)
    # 64 Mike Pennel (suspendiert, einsatzbereit ab Woche 3)

    injured reserve
    #30 DB Alex Brown

    physically unable to perform (PUP)
    # 74 OL Martinas Rankin (kann frühestens ab Woche 7 einsteigen)


    Practice Squad
    QB Matt Moore (Chiefs)
    QB Jordan Ta‘amu (Ole Miss/XFL)
    RB DeAndre Washington (Raiders)
    WR Kalija Lipscomb (Vanderbilt)
    WR Gehrig Dieter (Chiefs)
    WR Maurice Ffrench (Pittsburgh)
    WR Jody Fortson (Chiefs)
    OL Darryl Williams (Mississippi State)
    OL Danny Isidora (Dophins)
    DT Braxton Hoyett (Chiefs)
    DE Tim Ward (Old Dominion)
    LB Darius Harris (Middle Tennessee State)
    LB Omari Cobb (Marshall)
    DB Lavert Hill (Michigan)
    CB Chris Lammons (Dolphins)
    S Rodney Clemons (SMU)

  • Schedule:
    #1HOUSTON
    #2 @ LA Chargers
    #3@ Baltimore
    #4NEW ENGLAND
    #5LAS VEGAS
    #6@ Buffalo
    #7 @ Denver
    #8 NEW YORK JETS
    #9CAROLINA
    #10bye
    #11@ Las Vegas
    #12@ Tampa Bay
    #13DENVER
    #14 @ Miami
    #15@ New Orleans
    #16ATLANTA
    #17LA CHARGERS

    Das Schedule ist für einen Superbowl-Champion nicht extrem schwer. Die Chiefssind aktuell bei den Buchmachern in den meisten Spielen Favorit – nur in Baltimore und in New Orleans ist es ungefähr 50-50. Gute Gegner sehe ich vor allem in Houston, Buffalo,New England und den Bucs. wobei natürlich jeder Gegner gefährlich ist. und eventuell den Falcons. Innerhalb der Division Aber wie üblich bleibt erst einmal abzuwarten, welches Team sich wie entwickelt. Mit der NFC Southhat man für die Interconference-Spiele eineetwas überdurchschnittlicheDivision mit einem Top-Team (Saints), einem schwächeren Team (Panthers) und zwei schwer einzuschätzenden Teams mit Potential (Bucs, Falcons)erwischt, wobei ich die Bucs stärker einschätze.Es bleibt zu hoffen, dass die Chiefs gut aus den Startlöchern kommen,aber selbst nach einem Fehlstart wäre noch längst nicht alles verloren.

    Prognose
    Die Prognose hinsichtlich jedes Teams beruht im Grunde auf der Annahme, dass unersetzliche Schlüsselspieler nicht dauerhaft oder in den entscheidenden Spielen ausfallen.
    Nach heutigem Stand sollten die Chiefs eine herausragend gute Offense haben. Das gilt insbesondere für die Skill Positions. Realistisch betrachtet kann sich eine Defense m. E. maximal auf zwei „besondere“ Gesichtspunkte konzentrieren. Aber die Chiefs spielen in theoretischer Bestbesetzung wohl mit Mahomes, Edwards-Helaire, Kelce, Hill, Watkins und Hardman. Selbst wenn es gelingt, sich auf Kelce und Hill zu konzentrieren, bleiben immer noch die Lauffähigkeiten von Mahomes sowie drei gute bis sehr gute Anspielstationen übrig. Für jeden DC ist das ein Albtraum. Potentielle Schwachstelle ist höchstens die O-Line, wobei nicht einmal das sonderlich wahrscheinlich erscheint. Das Vorjahr hat gezeigt, dass man selbst mit einer Vielzahl verletzter oder angeschlagener Spieler noch relativ gut zu Rande kam. Hinzu kommt, dass Andy Reid über ein niemals versiegendes Arsenal von immer neuen Spielzügen zu verfügen scheint. Spieler, die zum Team hinzustoßen, erzählen zudem, dass bei den Chiefs mit einer enormen Geschwindigkeit trainiert wird, an die man sich erst einmal gewöhnen muss, was aber vielleicht erklärt, warum die Chiefs so viele Spielzüge im Repertoire haben. Vorbehaltlich gravierenden Verletzungspechs sollte die Offense gegenüber 2019 sogar noch zulegen können. Die Chiefs haben aus meiner Sicht die beste Offense in der NFL, die an guten Tagen jeden Gegner überrollen kann.

    Wesentlich schwieriger ist die Defense zu beurteilen. Auch unter den vermeintlichen Fachleuten reicht die Bandbreite der Einschätzungen zwischen „Schwachpunkt“ und „Top-Ten-Defense“. Wie dargelegt sollten die Stärken im Bereich der Defensive Line und der Safeties, die Schwächen im Bereich der Linebacker und vor allem der Cornerbacks liegen. Mut macht die positive Entwicklung im Laufe der vergangenen Saison, die jedenfalls nicht ausschließlich auf schwächere gegnerische Offenses in der zweiten Saisonhälfte zurückzuführen sein dürfte, sondern auch darauf, dass die Spieler sich immer mehr auf die neue Defense unter Spagnuolo eingestellt haben und das Coaching Früchte gezeigt hat. Spötter behaupten zwar, das Konzept der Chiefs bestehe ohnehin darin, dass es im Grunde ausreiche, wenn die Defense zwei oder drei Drives stoppe, weil die Offense den Rest erledige. Aber das ist gewiss nicht der eigene Anspruch der Chiefs, zumal man durchaus einige hochbezahlte Stars (Clark, Jones, Mathieu) in der Defense aufbietet. Ich vermute, dass die Chiefs gerade zu Saisonbeginn schon einige gravierende Probleme auf CB haben werden, dass aber gerade die Rookies im Saisonverlauf hinzulernen werden. Wenn die Rädchen ineinander greifen, könnte die Defense dann durchaus gut sein, wenn es in die entscheidende Phase geht. Ich würde auch nicht ausschließen, dass man bei Bedarf noch einmal auf dem Transfermarkt tätig wird und den einen oder anderen günstigen Veteranen verpflichtet, wenn die Schwächen auf CB zu groß wären. Das ist aber eher die Notfall-Lösung, denn im Grunde sind von dem relativ jungen Kader eher individuelle Leistungssteigerungen zu erwarten.

    Bei den Special Teams erwarte ich dank Dave Toub ohnehin immer überdurchschnittliche Leistungen, zumal die Chiefs großen Wert darauf legen, gute ST-Player in ihren Reihen zu haben.

    Ich werde nicht müde zu betonen, dass ich mich über jeden Sieg freue und nichts von einer „Superbowl or Bust“-Maxime halte. Aber natürlich gehe ich mit großem Optimismus in die Saison. Die Chiefs sind großer Favorit auf den Divisionssieg und vermutlich immer noch leichter Favorit auf die Krone in der AFC. Innerhalb der Division haben die Broncos den Umbruch gut vorangetrieben, aber ob – noch dazu nach der Verletzung Von Millers – die Playoffs möglich sind, ist fraglich. Auch bei den Raiders muss man sehen, ob sie schon soweit sind, zumal QB Carr in den letzten Jahren nur eingeschränkt überzeugt hat. Schließlich müssen auch die Chargers erst einmal schauen, wie die Welt nach Rivers aussieht. Allen Divisionsrivalen traue ich solide Spielzeiten zu, aber dennoch sollten die Chiefs die Division unter normalen Umständen gewinnen.
    Als Hauptkonkurrenten in der AFC sehe ich vor allem die Ravens. Wenn Big Ben noch etwas im Tank hat, sollten auch die Steelers wieder mit im Rennen sein. Weitere Playoff-Kandidaten sehe ich in Texans, Titans, Colts, Bills und Patriots, vielleicht sogar den Browns.

    Bei den Buchmachern liegt das over/under für die Chiefs bei 11,5 Siegen. Nach zwei 12-4-Bilanzen in den Vorjahren erscheint mir das eine realistische Größenordnung. Ich sehe – auch in der NFC, die über mehr Top-Teams verfügen dürfte – kein Team, vor dem man sich fürchten müsste, aber letztlich benötigt man gegen Teams auf Augenhöhe immer auch das nötige Quentchen Glück, das die Chiefs in der Vorsaison einfach dann auch im richtigen Moment hatten.

  • =O da hast du aber richtig Zeit inverstiert! Danke!

    “Every year it’s just one goal: Win the Super Bowl. If you don’t win the Super Bowl it’s not a good year,” - Bruce Arians