Im Endeffekt sind die NFL und deren Franchises (deren Anordnung ja wirklich kaum vergleichbar mit europäischen Ligen ist) Produkte, die konsumiert werden. Und da passt es in unsere Zeit, dass man sich gerne ein paar Optionen offen lässt und man zur Sicherheit noch je nach Phase der Footballsozialisierung, Cowboys, Steelers, Patriots, Seahawks oder Chiefs Fan ist. Einerseits erweitert dass die Konsummöglichkeiten (Games, Merch, etc.) und andererseits hilft es bei der Bildung der eigenen Fan-Idendität. Hat man sich vor ein paar Jahren aus welchen Gründen auch immer entschieden Lions (oder auch Bears ) Fan zu sein, ist das natürlich aktuell nicht so sexy und es fehlen die Identifikationsfiguren. Da ist es recht praktisch, wenn ein Patrick Mahomes oder Josh Allen (in dem Beispieil idealerweise in der anderen Conference) zur Verfügung stehen, um ein bisschen an Erfolg teilhaben zu können. So geschieht die Identifikation nicht nur mit einem unglamurösen, schlecht geführten Team sondern mit jungen Superstars, die auf ungesunde Art und Weise vom Internet, ran und co. abgekultet werden.
Wie gesagt ist es durchaus praktisch, wenn ein zweites Team in der anderen Conference ist, weil man sich so vor sich selbst rechtfertigen kann, dass es eine andere "Liga" ist und deswegen ok. Versteht mich nicht falsch, es ist ok auch wenn man 31 Teams supportet, aber das Argument zieht nicht, da es im Grunde in der NFL ausschließlich darum geht den Super Bowl zu gewinnen und das kann maximal ein Team, aus egal welcher Conference. Da ein direktes Matchup selten und meist unwahrscheinlich ist, wird diese Option aber kaum beachtet.
Ein weiterer Faktor ist bestimmt auch die Tatsache, dass wir meist anders wie beim Fußball keine Sozialisierung in jungen Jahren hatten, weswegen die Auswahl an Teams auch überfordern kann (ich spreche aus Erfahrung so waren meine Lieblingsteams innerhalb sehr kurzer Zeit erst die Jets, dann die Dolphins, dann die Buccaneers, bevor es die Bears wurden, um zu bleiben).
Und um nicht zu wirken, als würde ich das alles von einem hohen Roß sagen: Ich bin durchaus selbst auch nicht davon befreit. Es gab bisher nur einen Spieler den ich wirklich abgekultet habe und das war Peyton. Leider fand ich die Colts immer doof und hab sie deswegen auch nicht mehr supportet. Als er dann nach Denver gewechselt ist, eine Stadt in einem Staat den ich sehr mag und mit dem mich auch persönliche Beziehungen verbinden, wurde ich nebenbei noch Broncos-Supporter. Das beschränkt sich allerdings darauf dass ich sie sympathisch finde und wenn ich sie sehe für sie bin.
Ich finde auch grundsätzlich, dass man niemandem das Fan-Sein absprechen darf, da es mMn sowieso nur ein Konstrukt ist, welches ausschließlich subjektiv empfunden werden kann. So sehr man zwanghaft versucht es durch Identifikation und eindecken mit Fanartikeln es zu objektivieren und sich selbst mit einem Team zu identifizieren ist man objektiv gesehen nichts anderes als ein Kunde einer Niederlassung der größten Sportliga der Welt. Subjektiv hingegen kann es Menschen alles bedeuten und jeder hat ein anderes empfinden davon, was einen "echten" Fan ausmacht.
Mit dieser Erkenntnis habe ich auch das Kaufen von Merchandise (ihr merkt, dass das ein großes Thema bei mir ist ) eingestellt und meinen Konsum deutlich reduziert (und übrigens auch meine Präsenz hier), weil ich gemerkt habe, dass ich niemandem beweisen muss, dass ich so ein toller Football- und Bears-Fan bin, sondern es verfolge, weil es mir Spaß bringt und ab und zu ein bisschen abschalten lässt. Das reicht sogar so weit, dass ich als jahrelanger ran-hater die Playoffs dort verfolgt habe und mich zwar schon das ein oder andere Mal aufgeregt habe, mich aber durch Wursttempelbastelnde-NFL-Europe-Shop-Stammkunden nicht mehr in meinem Fan-Dasein und meiner Einzigartigkeit, weil ich es (wie viele hier) schon länger verfolge als der Durschnittszuschauer in D, bedroht fühle.