Offense: Wie schön eine Statistik täuschen kann, sieht man an den New Orleans Saints. Statistisch gesehen rangierte der Angriff letzte Saison NFL-weit nur auf Rang 19 und dass obwohl die von Mike McCarthy geleitete Offense mit 426 die meisten Punkte in der NFC erzielte. Für großartige Veränderungen gab es also keinen Grund und so wurden in der Offseason nur zwei neue Starter geholt. Ex-Steeler Wayne Gandy ersetzt den nach St. Louis getradeten LT Kyle Turley. Von den Rams kam Ernie Conwell, um die langjährige Tight-End-Misere zu beenden. Da die Offense im Gegensatz zu 2002 nicht runderneuert wurde, erhofft man sich allein schon dadurch und durch die Erfahrung, die junge Spieler wie McAllister, Bentley oder Stallworth 2002 sammelten, eine Leistungssteigerung.
Quarterbacks: Ein halbes Jahr lang waren alle Augen auf die rechte Schulter von Aaron Brooks gerichtet, der nach Saisonende unter`s Messer musste. Das Problem scheint überwunden und so konzentriert sich Brooks (2002: 3572 Yards, 27 TDs, 15 INTs) vor allem darauf, an drei Dingen zu arbeiten: Die Completition Rate muss von 55% in Richtung 60% steigen, Defenses sollen besser gelesen werden und Brooks soll ein größerer Führungsspieler werden.
Für einen Sechstrundenpick wurde Todd Boumann aus Minnesota geholt, um Jake Delhomme zu ersetzen. Bislang waren die Eindrücke gut und Boumans starker Wurfarm lässt Delhomme ein wenig vergessen. Trotzdem wäre es gut, wenn Boumann noch etwas mehr Zeit zur Eingewöhnung bekommen würde. J.T. O’Sullivan und ex-Jet Tony Woodbury kämpfen um den 3. Platz. Falls einer der beiden zum Einsatz kommen müsste, wäre das eine Katastrophe.
Running Backs: Ginge es nur um den Starter, müssten die Saints kaum einen Vergleich scheuen. In seinem ersten Jahr ließ Deuce McAllister (1388, 352 Yards, 16 TDs) Vorgänger Ricky Williams vergessen und lag lange Zeit in den Rushing Statistiken vor dem Heisman Trophy Gewinner, bevor eine Knöchelverletzung und der Dezembereinbruch auch ihn mit nach unten zogen. Allein am Aufnehmen von Blitzen muss der Pro Bowler arbeiten. Eine schwere Verletzung könnte sich zum Desaster für die Saints entwickeln, denn hinter McAllister sieht es mau aus.
Der wieselflinke Curtis Keaton hat sich gegenüber 2002 deutlich gesteigert, aber das war für den letztjährigen Totalausfall keine Kunst. James Fenderson und Tavian Banks, der nach einer schweren Knieverletzung ein Comeback versucht, sind bestenfalls Nr.3-RBs. Wenn man vor Saisonbeginn einen RB verpflichten würde, wäre das keine Überraschung.
Die Saints werden wahrscheinlich nur mit einem Fullback in die Saison gehen und das wird wie in den Jahren zuvor Terelle Smith sein. Der gehört zu den zehn besten Blockern der Liga, ist aber sowohl als Ballträger als auch als Passempfänger kaum zu gebrauchen. Das kann verschmerzt werden, denn ein FB steht bei weniger als einem Drittel der Spielzüge auf dem Feld.
Wide Receiver: Mit Abstand die beste Gruppe der letzten 10 Jahre und genügend Leute meinen, die beste in der Saints-Geschichte überhaupt. (Zugegeben, die Saints waren nie als Könige des Passspiels bekannt ;)). Joe Horn ist nach seinem dritten Pro Bowl in Folge weiter eine Bank. Den zweiten Starter-Posten sollte sich Speedster Donte Stallworth sichern, der als Rookie auf 42 Receptions und 8 TDs kam, obwohl er sich mir Zerrungen herumschlagen musste. Ein spezielles Stretchingprogramm soll ähnliche Probleme in Zukunft verhindern. Als dritter WR wird Jerome Pathon auflaufen. Eigentlich ist der ein typischer Nr.2-WR, aber die Saints leisteten sich 2002 den Luxus und ließen einen mit $10 Millionen dotierten Vierjahresvertrag springen, damit Brooks genügend Anspielstationen hat. Nachdem Pathon sich 2001 schwer verletzt hatte, meldete er sich 2002 43 Receptions zurück und legte Frühjahr 10 Pfund Muskelnmasse zu. Sogar ESPNs Len Pasquarelli, nicht gerade als Saints-Freund bekannt, glaubt, dass dies eines der besten WR-Trios der Liga ist.
Auf Rang 4 rangiert Michael Lewis. Das Special-Teams-As wird zwar kein kompletter Receiver mehr, aber mit seiner Geschwindigkeit zieht er Defenses vor allem tief auseinander. Derrick Lewis ist außerhalb von New Orleans ein totaler no-name, aber der Trainerstab hält sehr viel von ihm und der 5. Platz scheint sicher. Im ersten Pre-Season-Spiel gegen Philadelphia durfte er starten. Druck kommt von den Rookies Talman Gardner und Kareem Kelly, die überraschenderweise noch in den 6. und 7. Runde zu haben waren, wobei die ein wenig mit „Dropsies“ zu kämpfen haben.
Tight End: Hoffentlich hat Ernie Conwell einen guten Arzt. Nimmt man die Erfahrungen der letzten 5 Jahre, wird er den gut gebrauchen können. Egal wen die Saints auch starten ließen, eher über kurz als über lang schlugen sich alle TEs mit Verletzungen rum. So ging es auch David Sloan im letzten Jahr, was zur Folge hatte, dass alle Tight Ends zusammen nur auf 27 Receptions und 2 TDs kamen. Dass ist gerade für eine West Coast Offense viel zu wenig. Jetzt darf Conwell seine Gesundheit auf Spiel setzen. Der gehört sicherlich nicht zu Liga-Elite, ist aber zuverlässig und dank seiner Flexibilität wird er gelegentlich auch als H-Back eingesetzt werden. Sloan, der gerade an der Schulter operiert wurde, rutscht auf 2. Um den letzten Platz kämpfen Walter Rasby, ein Blocking-Spezialist, und Boo Williams, der als ehemaliger WR seine Stärken beim Passfang hat.
Offensive Line: Die OLine gehörte 2002 zu den besseren der Liga, obwohl drei neue Starter eingebaut werden mussten. Daran sollte sich nichts ändern, auch wenn Kyle Turley wurde nach St. Louis abgeschoben wurde. Als Ersatz kam Wayne Gandy. Der 32-Jährige hat sicherlich nicht Turleys Potenzial, spielte letzte Saison aber nicht schlechter als KT in dessen ersten Jahr als LT. Außerdem bringt Gandy Führungsqualitäten mit, die Turley, der mit seiner Art ein Team spalten kann, völlig abgehen.
In der Mitte bleibt alles wie gehabt, falls die Spieler nichts verlernt haben. Kendyl Jacox und vor allem LeCharles Bentley bilden meiner bescheidenen Meinung nach eines der besten Guard-Duos der Liga. Beide würden am liebsten Center spielen, doch der Posten geht zum wohl letzten Mal an Jerry Fontenot. Mit 36 jagt der keiner Defense mehr Schrecken ein, hält aber mit Erfahrung und Technik die OLine zusammen. Auf der rechten Seite gibt es wie 2002 einen Kampf zwischen Spencer Folau und Victor Riley. Riley hat gerade im Laufspiel mehr Potenzial als Folau, was der aber mit fehlerlosem Spiel ausgleicht.
Wo sich die Saints von den meisten anderen Teams unterscheiden, ist, dass man es geschafft hat, genügend Ersatzspieler zu verpflichten. Neben Riley/Folau stehen mit Scott Sanderson ein erfahrener Backup und mit OT Jon Stinchcomb (2. Runde) und G Montrae Holland (4. Runde) talentierte Rookies bereit.
Defense: Der Augenblick, ab dem die Saints-Defense letzte Saison auf verlorenen Posten stand, lässt sich genau fest machen. Im Hinspiel gegen Atlanta erarbeitete Falcons-Head-Coach Dan Reeves einen Gameplan, der die Schwäche der Saints offen legte: Der Verteidigung fehlte es an Geschwindigkeit, vor allem in der Mitte. Angefangen bei den DTs über MLB Charlie Clemmons bis zurück zu den beiden Safeties konnte die Defense vor allem im Passspiel mit 3+Receiver-Sets ausgespielt werden. Kam dann noch ein Screen Pass auf einen RB hinzu, hechelten die Verteidiger erstmal hinterher und ließen dabei zu viele Big Plays zu. Diese Strategie musste von den restlichen Gegnern nur noch kopiert werden. Damit war der Saints-Einkaufszettel für die Off Season geschrieben: Schnellere Spieler mussten her. Auf mindestens 5 Positionen gibt es neue Starter und daher wird die Hauptaufgabe von DC Rick Venturi sein, eine Einheit zu formen, damit nicht eine Gruppe von 11 Spielern, sondern eine Defense auf dem Platz steht.
Defensive Tackle: Das Front Office um GM Mickey Loomis hat eine ganz interessante Truppe zusammengestellt, die aber nur schwer einzuschätzen ist. Idealerweise würde Grady Jackson als Nose Tackle auflaufen, während Erstrundenpick Jonathan Sullivan sich in der „3 technique“ aufstellt, was den Saints ein solides Duo geben könnte. Jackson hat zwar Pro Bowl-Talent, neigt aber seit seiner Zeit in Oakland zu Übergewicht, was ihn zum Risikofaktor macht. Zwar erschien er mit akzeptablen 340 Pfund im Camp, aber dass er nicht am Frühjahrstraining teilnahm, verbannt ihn vorerst ins Second Team. Er wird keinen Tag früher als zu Saisonbeginn fit sein. Sullivan hat zwar Talent, einen guten Antritt und Arbeitseifer, doch die Erfahrung der letzten Jahre zeigt, dass auch hoch gedraftete DTs Anlaufschwierigkeiten haben, und „Sully“ war zudem noch Junior.
Ganz gut sieht es bei den Backups aus. Kenny Smith ist ein typischer „3 technique“-DT, der sein Potenzial in seinen ersten beiden Profijahren wegen fehlender Konstanz zu selten umsetzte. Das hat sich 2003 geändert, aber bislang waren es fast nur Camp-Eindrücke. Ex-Titan Henry Ford ist solide und kann mit seiner Erfahrung aus 76 Starts auch als End aushelfen. Martin Chase ist das Gegenteil von Smith: kein großes Potenzial, aber dafür ein harter Arbeiter, der praktisch nur gegen den Lauf verteidigt und für den Nose-Tackle-Job in Frage kommt.
Defensive Ends: Die Stärke in der Defensive Line liegt klar bei den Ends. Darren Howard und Charles Grant sind sehr ähnliche Typen: athletische Spieler, die gut gegen Lauf und gegen den Pass verteidigen. 2002 kamen sie zusammen zwar nur auf 15 Sacks, doch Howard schlug sich mit mehreren kleinen Verletzungen herum und Grant war in seiner Rookie-Saison die erste Saisonhälfte nur Backup. Der Trainerstab erwartet einiges von den beiden. Ich auch.
Willie Whithead rückte ins zweite Glied zurück, nachdem er letztes Jahr startete, bis Grant weit genug war. Über die Draft kam Melvin Williams, der wegen eines Kreuzbandrisses in seinem letzten College-Spiel in die 5. Runde durchrutschte. Williams trainiert mit, aber dass er ein Faktor in dieser Saison wird, scheint mir trotz Trainer-Lob unwahrscheinlich. Im Bedarfsfall wird man Ford oder Smith „ausleihen“ müssen. Beide können das spielen, sind aber eben doch erstmal Tackles.
Linebacker: SLB Sedrick Hodge geht in seine zweites Jahr als Starter und sein drittes Profijahr überhaupt. Der Trainerstab hofft, dass Hodge, der ein hervorragender Athlet ist, aber das College etwas grün verließ, 2003 den Durchbruch schafft. Die Camp-Eindrücke sind viel versprechend. In der Mitte setzen die Saints auf Arbeitsteilung. Ex-Charger Orlando Ruff wurde als Run Stopper geholt, während Darrin Smith vor allem für die Passing Downs zuständig sein wird. Auf der Weakside kämpfen Ex-Dophin Derrick Rodgers und der letztjährige Drittrundenpick James Allen um den Starterposten. Rodgers hat die größere Erfahrung, neigte in Miami aber zu unkonstantem Spiel. Die Saints setzten ihn etwas anders ein und hoffen, das Problem dadurch in den Griff zu bekommen. Allen ist athletischer und könnte auch starten, aber ein Jahr hinter Rodgers wird ihm nicht schaden. Ganz klar, mit dieser Truppe gewinnt man keine Spiele, aber wenn sie hier auch nicht verloren werden, ist das Ziel erreicht.
Cornerbacks: Zum ersten Mal seit 1999 darf Dale Carter wieder ein Trainingslager bestreiten und die Vorbereitung scheint dem 32-Jähringen gut zu tun. Carter war bislang einer der besten Spieler im Camp, bevor er Knieprobleme bekam. Ihm gegenüber spielt Fred Thomas, ein etwas unterschätzter Spieler, der sehr gut covert, aber kein Mann für INTs ist und wegen seiner durchschnittlichen Größe in der Red Zone gegen große WRs Schwierigkeiten bekommen kann. Aus Atlanta kam Ashley Ambrose zurück. Der hat nicht mehr die Schnelligkeit früherer Tage, kommt aber mit Routine über die Runden. Keyou Craver hat Rang vier im Depth Chart sicher. Der letztjährige Viertrundenpick hat Starter-Talent, ist aber wie viele junge CBs noch zu wechselhaft in seinen Leistungen. Der letzte Platz wird an einen No-name gehen und Fakhir Brown darf sich die größten Chancen ausrechnen.
Safeties: Auf keiner Position war der „Need for Speed“ so deutlich wie bei den Safeties und konsequenterweise wurden beide Starter ausgetauscht. Via Trade kam Tebucky Jones aus New England, wo er sowohl als CB als auch als FS eingesetzt wurde. Die Saints glauben, dass er aufblühen wird, sobald er auf Dauer auf einer Position spielen kann. Die Camp-Eindrücke waren sehr gut, aber bei aller Athletik wird auch er erstmal Lehrgeld bezahlen müssen. Wesentlich größere Schuhe hat SS Mel Mitchell zu füllen, der in seinem zweiten Profijahr die Nachfolge von Sammy Knight antritt. Mitchell hat weder Knights Erfahrung noch dessen Gespür für Turnover, doch dafür hat er die Größe und den Speed, um Fehler in Grenzen zu halten. Auch hier gilt wie bei Jones, das Lehrgeld bezahlt werden wird, nur darf die Rechnung nicht zu hoch werden. Sein Backup ist der letztjährige Starter Mike Bellamy.
Special Teams: 2002 hatten die Saints die besten Special Teams der Liga und in diesem Jahr ist kein drastischer Leistungsabfall zu erwarten. Pro-Bowl-Returner Michael Lewis hat seinen Job genauso sicher wie K John Carney. Mr. Automatic hat zwar nicht mehr die Schussstärke, um von weiter als max. 53 Yards zu treffen, aber darunter ist er eine Bank. P Mitch Berger kam aus St. Louis und ersetzte Toby Gowin, den es zurück nach Dallas zog. Pro-Bowl-Special-Teamer Fred McAffee ist genauso zurück wir Steve Gleason, der letztes Jahr die bessere Saison von beiden spielte, aber McAfee bekam eine Art „Ehren-Oscar“ für sein Lebenswerk.
Rookie Report: Den besten Eindruck hinterließ bislang Viertrundenpick Montrae Holland, der nicht nur die Trainer überraschte, sondern dank einer Verletzung von Bentley auch mit den Startern trainieren durfte. Jonathan Sulllivan muss nach seinem kurzen Holdout etwas aufholen und trainiert, wie man es erwarten durfte: engagiert, aber ohne großartig aufzufallen. Die übrigen Rookies – sind eben Rookies. Keiner drängt sich für einen Starterposten auf, aber im Gegensatz zu früheren Jahren wird dies mit Ausnahme von Sullivan auch von keinem Spieler erwartet. Am ärgerlichsten ist die Entwicklung bei LB Cie Grant. Der Drittrundenpick war zwar nur für die Special Teams vorgesehen, aber da er wegen Uni-Regularien nicht an den Mini-Camps teilnehmen konnte und sich zu Beginn des Trainingslagers eine Zerrung zuzog, ist er bei aller Athletik ziemlich hinten dran.
Spielplan:
Sun. 9/7 @ Seahawks 4:15 p.m.
Sun. 9/14 Texans 1 p.m.
Sun. 9/21 @ Titans 1 p.m.
Sun. 9/28 Colts 8:30 p.m.
Sun. 10/5 @ Panthers 1 p.m.
Sun. 10/12 Bears 1 p.m.
Sun. 10/19 @ Falcons 1 p.m.
Sun. 10/26 Panthers 1 p.m.
Sun. 11/2 @ Buccaneers 1 p.m.
Week 10 off week
Sun. 11/16 Falcons 1 p.m.
Sun. 11/23 @ Eagles 1 p.m.
Sun. 11/30 @ Redskins 4:05 p.m.
Sun. 12/7 Buccaneers 1 p.m.
Sun. 12/14 Giants 8:30 p.m.
Sun. 12/21 @ Jaguars 1 p.m.
Sun. 12/28 Cowboys 1 p.m.