Vor exakt einem Jahr standen die Chiefs nach einem Sieg gegen die Patriots bei 9-5. Es folgten eine Niederlage (Raiders) und ein Sieg gegen die vom künftigen HoF-QB Jake Browning angeführten Bengals, bevor man mit 10-6 den Divisionssieg sicher hatte und am letzten Spieltag die Backups antraten. Viel mehr als einen Pfifferling haben damals wohl die wenigsten auf die Chiefs gegeben.
Ich verstehe den Ärger über die Offense, aber ich sehe das weniger pessimistisch. 13-1 ist nicht ganz so furchtbar, wie es manche Beiträge vermuten lassen. Ja klar war da Glück dabei. Gehen wir die Spiele doch mal durch:
27-20 gegen die Ravens: Die Chiefs lagen 10:25 vor dem Ende mit 27-17 vorne, schienen das Spiel fast schon gewonnen zu haben. Mit dem letzten Play hätten die Ravens noch mit einem schwierigen Catch auf 26-27 herankommen können. Grob kalkuliert hatten die Ravens also eine 50%-Chance auf eine 50%-Chance (=25 %).
26-25 gegen die Bengals: Kein Team lag jemals mehr als 7 Punkte vorne. In der zweiten Halbzeit wechselte noch fünfmal die Führung, davon dreimal im letzten Quarter. 50-50.
22-17 gegen die Falcons: Die Chiefs gingen kurz vor der Halbzeit in Führung und gaben sie nicht mehr ab. Es war knapp und hätte schief gehen können, aber m. E. ein 75%-Spiel für die Chiefs.
17-10 gegen die Chargers: Das erste Quarter (0-10) war holprig, aber dann hat die Chiefs-Defense dominiert und der Sieg war am Ende relativ souverän.
26-13 gegen die Saints: Die Chiefs haben das ganze Spiel über geführt. Lediglich Anfang des letzten Quarters waren die Saints überhaupt mal auf 3 Punkte heran. Der Sieg war auch relativ souverän.
28-18 gegen die 49ers: DIe Chiefs haben das ganze Spiel über geführt. Lediglich im dritten Quarter waren die 49ers überhaupt mal auf 2 Punkte heran. Dann ging es rauf auf 28-12, bevor die 49ers in Garbage Time etwas Ergebniskosmetik betreiben konnten. Erneut ein souveräner Sieg.
27-20 gegen die Raiders: Die Chiefs gingen im zweiten Quarter in Führung und gaben diese nicht mehr ab. Im letzten Quarter stand es schon 27-13, bevor die Raiders noch etwas Ergebniskosmetik betreiben konnten. Erneut ein relativ souveräner Sieg.
30-24 (OT) gegen die Bucs: Das Spiel war spannend und die Führung wechselte wiederholt. Wie bei einem OT-Spiel nicht weiter verwunderlich, hätten die Chiefs es natürlich auch verlieren können. Andererseits benötigten die Bucs schon einen TD eine knappe halbe Minute vor Schluss, um überhaupt auszugleichen. Die Chiefs hatten 100 yards mehr. Letztlich war der Sieg also schon verdient.
16-14 gegen die Broncos: Erneut ein spannendes und defense-lastiges Spiel. Nach schwachem Start waren die Chiefs insgesamt statistisch leicht überlegen. Dennoch hätten sie das Spiel ohne das geblockte FG eigentlich am Ende verlieren müssen. Das war am Ende ein Riesendusel.
21-30 gegen die Bills: Da wollen wir nicht meckern, es war eine verdiente Niederlage.
30-27 gegen die Panthers: Die Chiefs haben lange das Spiel dominiert und Anfang des letzten Quarters noch mit 27-16 geführt. Am Ende hätten sie sich fast die Butter vom Brot nehmen lassen. Letztlich war es (auch statistisch) dennoch ein verdienter Sieg.
19-17 gegen die Raiders: Die Chiefs haben lange das Spiel dominiert und gegen Ende des dritten Quarters mal 16-3 geführt. Am Ende hätten sie sich fast die Butter vom Brot nehmen lassen. Auch statistisch waren die Raiders besser, aber dann haben sie einen Snap versemmelt.
19-17 gegen die Chargers: Die Chiefs haben die erste Halbzeit dominiert und 13-0 geführt, aber zwei TDs gaben den Chargers die Führung. Dann war es extrem spannend, wobei die Chiefs eigentlich souverän auf dem Weg zum Sieg waren, bevor der zweite Ersatzkicker des noch einmal spannend machte ("Doink").
21-7 gegen die Browns: Es war gerade offensiv kein schönes Spiel, aber die Chiefs lagen 21-0 vorne und die Browns hatten keine realistische Chance.
In einer normalen Saison verliert man vielleicht 2-3 Spiele mehr. Dann stünden die Chiefs jetzt bei 11-3 oder 10-4. Das wäre nicht ganz so schön, aber immer noch kein Beinbruch, vor allem vor dem Hintergrund der vielen Verletzungen und des Problems auf LT.
Es mag sein, dass der Spruch, wonach ein gutes Pferd immer nur so hoch springt, wie es muss, nicht so ganz auf die 2024er Chiefs passt. Aber andererseits habe ich schon den Eindruck, dass die Chiefs, solange Mahomes spielt, jedenfalls offensiv einen Gang zulegen können, wenn es brenzlig wird. In den Playoffs ist Mahomes ohnehin vom Typ "Nur über meine Leiche".
Leider gab es in den letzten beiden Spielen wieder Verletzte. Bei Mahomes scheint es "nur" ein milder "high ankle sprain" zu sein. Wenn am Wochenende Playoffs wären, hätte ich keinen Zweifel, dass er spielt. So kann ich mir auch gut vorstellen, dass er geschont wird. Andererseits ist der #1-Seed ein wichtiges Ziel. Conner ist noch im Concussion Protocol und ich erwarte ihn am Samstag noch nicht. Aber auch er sollte für die Playoffs einsatzbereit sein. Humphries hat sich gleich im ersten Spiel verletzt und setzt seither mit dem Training aus. Da gilt im Ergebnis wohl ähnliches, auch wenn "Hamstring" natürlich eine völlig andere Verletzung ist.
Andererseits gibt es auch gute Nachrichten an der Verletzungsfront. Omenihu ist zurück - in guter Form. Das hat der D-Line geholfen. Pacheco ist zurück - in ordentlicher Form. RB ist nicht ganz so wichtig, aber da wird Hunt entlastet. Butker ist zurück. Am Sonntag war ein mieser Kick dabei, aber ich denke, dass er bald wieder der Alte ist. Brown kommt bald wieder zurück, möglicherweise schon am Samstag, jedenfalls aber in der Folgewoche. Hoffentlich kommt auch er schnell in Form.
Aktuell möchte ich mal ein dickes Lob aussprechen für Trent McDuffie, der seinem sehr guten Spiel in der Vorwoche ein überragendes Spiel folgen ließ, und für Joe Thuney, der sich out of position gegen Myles Garrett sehr gut gehalten hat und derzeit ein guter "Plan B" für das Problem auf LT zu sein scheint, wenn Humphries (verletzungsbedingt oder qualitativ) nicht die erhoffte Lösung sein sollte.
Ja, im Moment halte ich die Bills auch für das stärkste Team. Aber auch die haben letzte Woche verloren. Angesichts der Verletzten sind am Sonntag sogar die Texans leicht favorisiert. Aber gerade im Hinblick auf die Playoffs gilt: Für die Chiefs ist kein Gegner unschlagbar. Das ist doch schon mal eine ordentliche Basis. Und wenn es diese Saison mal nichts mit dem Superbowl wird, ist das auch kein Grund, sich vor den Zug zu werfen.