Beiträge von Chief

    Für das erste Zwischenfazit warte ich normalerweise das erste Saisondrittel (6 Spiele) ab. Aber da wir aufgrund der Ausfälle schon bei der Diskussion um die Aussichten sind: Aus meiner Sicht ist die Defense wesentlich stärker als erwartet. Von CB Conner hatte ich ohnehin einiges erwartet, aber er spielt noch einen Tick besser. Positiv überraschen mich DT Wharton und vor allem CB Watson. Vier Spiele sind eine geringe statistische Basis, aber bislang macht gerade die Passverteidigung trotz des Abgangs von Sneed und des Ausfalls von Omenihu (und im letzten Spiel Danna) einen guten Eindruck, auch weil DT Jones auf Top-Niveau spielt.

    Probleme sehe ich wie im Vorjahr auf OT und WR. LT Suamataia kann man als 21-jährigem Rookie keine Vorwürfe machen, aber nach den Indizien aus der Preseason hätte ich deutlich mehr erwartet. Jetzt spielt Morris ganz okay, ohne wirklich zu überzeugen. Von RT Taylor habe ich eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr erwartet, die ich bislang nicht sehe. Auf WR wären die Probleme eigentlich gelöst, wenn nicht das Verletzungspech so heftig zugeschlagen hätte. Wenn - wonach es derzeit aussieht - die beiden Top-Receiver Brown und Rice langfristig ausfallen, hat man eine ähnliche Situation wie im Vorjahr. Worthy ist punktuell großartig, aber nicht ausreichend konstant (und es fehlt einfach noch die Protection von der O-Line, um ihn öfter tief in Szene zu setzen). Ich tippe mal, dass nun Smith-Schuster die Rolle von Rice übernehmen soll, wenn auch nicht auf dem gleichen Niveau. Ansonsten werden die Chiefs vermutlich noch häufiger mit 2 TEs spielen. Denn von den sonstigen WR erwarte ich keine wirklich substantielle Unterstützung. Watson ist ein typischer Backup, Moore bleibt eine Enttäuschung.

    Vergleichsweise gut hat man die Ausfälle auf RB (Pacheco, Edwards-Helaire) verkraftet. Letztlich hängen Sieg oder Niederlage bei den Chiefs aber nicht vom Laufspiel ab.

    Gerade auf Fan-Seiten wird regelmäßig nach irgendeiner Verletzung über tausendundeinen Trade spekuliert. Dabei ignoriert man (abgesehen von der Interessenlage des bisherigen Teams) regelmäßig sowohl den Cap Space als auch das Gesamtkonzept für den Aufbau des eigenen Teams. Die Chiefs geben sehr viel Geld für Mahomes, Kelce, Thuney, Humphrey, Taylor und Jones sowie mit Abstrichen Reid aus. Verhandlungen mit Smith und Bolton sollen laufen. Wo soll das das Geld für einen Top-WR herkommen? Gerade die Chiefs müssen - wie alle guten Teams - zudem Jahr für Jahr ihre Abgänge vor allem über die Draft kompensieren. Daher wird man normalerweise auch keine hohen Picks vertraden.

    Realistisch sind Trades, wie man sie in den letzten Jahren gesehen hat: Man verpflichtet entweder Talente, bei denen irgendwas nicht (mehr) rund läuft, und gibt dafür einen (ggf.: conditional) late-round-pick ab. Oder man verpflichtet im Ausnahmefall einen guten Spieler von einem schwächeren Team, das ihn (z. B. wegen Querelen oder wegen eines Neuaufbaus) loswerden will, vor allem wenn das abgebende Team salary-cap-technisch einen Großteil des Gehalts an der Backe hat. Jemand wie Smith-Schuster kriegt dieses Jahr faktisch sein Geld im Wesentlichen von den Patriots, spielt aber für die Chiefs und hat dort eine Titelchance. Nächstes Jahr sieht das vermutlich schon wieder ganz anders aus.

    Bei Rice kann man nur hoffen.

    So, wie er das Stadion verlassen hat, bräuchten wir schon ein größeres Wunder. Damit stehen die Chiefs ohne ihre beiden Top-Receiver da. Das könnte der teuerste Sieg der Saison gewesen sein. Dabei sah die Szene eigentlich relativ harmlos aus (und demonstrierte tollen Einsatz von Rice und Mahomes).

    Nicht ganz überraschend wurde RB Keaontay Ingram wieder auf die Practice Squad aufgenommen. Eine kleine Überraschung ist hingegen, dass mit TE Jody Fortson ein alter Bekannter ebenfalls auf der PS gelandet ist. Er war in der Offseason zu den Dolphins gewechselt, dort aber den Roster Cuts zum Opfer gefallen. Er ersetzt TE Baylor Cupp, der verletzt ist.

    Nach einer Woche auf dem aktiven Roster wurde RB Keaontay Ingram entlassen und an seiner Stelle RB Kareem Hunt ins aktive Roster aufgenommen. Bei normalem Verlauf wäre er also gegen die Chargers erstmals im Kader. Ich vermute mal, dass Ingram wieder auf der Practice Squad landet, wenn ihn kein anderes Team claimt.

    Qualitativ ist gerade die Offense noch sehr ausbaufähig. Wenn jeder mal hier oder da einen kleinen Fehler einbaut, summiert sich das im Ergebnis doch recht deutlich. Wenn das etwas sauberer liefe, wären es m. E. gleich deutlich mehr Punkte. Das wird hoffentlich bald besser. Ich meine auch, dass sich Wanya Morris recht ordentlich geschlagen hat.

    Die Defense hat im ersten Drive noch gespielt, als käme man gerade nachts um halb vier im Vollsuff aus der Disco. Dafür hat man dann die restlichen gut 56 Minuten überwiegend recht gut gespielt und nur noch 10 Punkte zugelassen. Auch wenn er kurz vor Schluss einen Tackle vermasselt hat, fand ich Chamarri Conner wieder toll. Aber auch sonst hatte fast jeder ein paar gute Plays. Es hat natürlich geholfen, dass die Falcons in der O-line erhebliche Verletzungsprobleme hatten.

    Und den Gameball bekommt ... P Matt Araiza für seine wichtige Rettungsaktion beim zu hohen Snap.

    Fazit: 3-0 klingt gut (und ist auch beruhigend), aber an der spielerischen Qualität muss noch gearbeitet werden.

    So wurde er vor der Saison gesehen. Als Springer zwischen RT und LT. Die Leistung von Suamataia gegen die Bengals war aber überschaubar. Bei fast jedem Snap ließ er sich da schnell vernaschen. Von daher bin ich gespannt, was Morris da in Mahomes Rücken machen kann.

    Du hattest (offenbar versehentlich) von "Receiver" geschrieben. In der Sache hast Du natürlich Recht. Das erste Spiel von Suamataia war ordentlich, das zweite nicht so toll. Allerdings hat auch Morris in einer Hand voll Snaps eine Penalty verursacht. Schauen wir mal. Mittelfristig ist meine Hoffnung eher Suamataia als Morris. Im Moment scheinen beide nur mäßig zu zünden.

    Wie erwartet ergaben sich durch die Entlassung von TE Hendershot sowie durch WR Hollywood Brown und RB Isiah Pacheco auf IR insgesamt drei offene Roster-Spots. Die Chiefs haben RB Keaontay Ingram und LB Cole Christiansen von der Practice Squad ins Roster aufgenommen. Ein Platz ist also noch frei.

    Wie angekündigt wurden TE Hendershot und RB Kareem Hunt für die Practice Squad verpflichtet.

    War aber durchaus gut zu sehen am Sonntag, wie die Defense gearbeitet hat. Weil oftmals einfach keinerlei Anspielstation für Burrow frei war. Ich zwinge mich ab und an, nicht nur auf den Ball, sondern auch auf die Spieler zu schauen. Das ist interessant, wie gut da teilweise gecovert würde. Und McDuffie war letztes Jahr auch schon gut. Ging nur leider etwas unter im "Hype" um Sneed.

    Sneed steht einfach öfter im Rampenlicht, schon weil er größere Risiken eingeht und daher auch öfter mal Penalties produziert. Zudem ist er einfach schon zwei Jahre länger in der NFL. Aber schon letztes Jahr haben die Fachleute gesagt, dass im Grunde beide auf ähnlichem Niveau unterwegs waren und McDuffie im Grunde sogar das größere Talent hat. Letztlich ist zu befürchten, dass auch für ihn nach Ablauf des Rookie-Vertrages kein Geld da sein wird. Erfreuen wir uns also an seinen Leistungen, solange er noch für die Chiefs spielt.

    Das "Vortanzen" von Kareem Hunt war insoweit erfolgreich, als er einen Vertrag für die Practice Squad bekommen soll. Dort kämpft er dann vermutlich gegen Keaontay Ingram und Emani Bailey um den freien RB-Spot im regulären Roster.


    Ich habe gerade ein paar nette Statistiken zu den Leistungen von CB Trent McDuffie gefunden. Spieler auf derartigen Positionen werden einfach viel zu wenig gewürdigt:

    Gegen die Bengals war sein hauptsächlicher (17 Passrouten, 45 %) Gegenspieler Ja'Marr Chase, immerhin einer der Top-WR der Liga. Der kam bei zwei Targets auf einen Catch von 4 yards. Gegen alle anderen Receiver gab es noch 2 Targets ohne Catch. Daneben hatte er noch einen Pass Breakup und 4 Tackles. Insgesamt gab es über 2 Spiele lediglich 9 Targets auf von ihm gedeckte Spieler (4 Catches; 53,5er Passer Rating). Was für ein toller Spieler, auch wenn er kaum einmal im Rampenlicht steht.

    TE Peyton Hendershot, der gegen die Bengals im aktiven Roster war, wurde entlassen. Sofern kein anderes Team claimt, könnte er wieder auf der Practice Squad landen. Damit ist ein Roster Spot frei, mit (naheliegend) Pacheco oder Brown auf IR sogar zwei bis drei. Man darf also weitere Roster Moves erwarten, sei es durch Neuverpflichtungen (Hunt?), sei es durch Spieler von der Practice Squad.

    Es kommt wohl Kareem Hunt zum vortanzen.

    Als Nostalgiker würde ich mich über seine Rückkehr freuen, aber leider ist er wohl längst nicht mehr so gut wie früher.

    Pacheco wird voraussichtlich 6-8 Wochen ausfallen.

    Butker wie gewohnt "Mr. Zuverlässig" und Araiza hat mit seinem punt übet 63 yards gezeigt, dass er ein wichtiger Faktor im Special Teams Spiel der Chiefs sein kann.

    Die Verletzten-Situation ist natürlich besorgniserregend. Omenihu´s Gesundung geht nur langsam voran. Er fehlt in der Defensive. Schlimmer ist allerdings, dass Brown wohl für die gesamte Saison ausfallen wird und jetzt auch noch Pacheco den Chiefs für mehrere Wochen fehlen wird.

    Stimmt, die beiden tollen Punts von Araiza hatte ich vergessen. Bei Brown hoffe ich noch, dass er in der zweiten Saisonhälfte zurückkehrt.

    Die Befürchtungen bewahrheiten sich nun: Pacheco hat sich wohl eine Wadenbeinfraktur ("fibula fracture") zugezogen und wird diverse Wochen ausfallen.

    So langsam wird des dünn auf der RB-Position. Damit sind aktuell die #1 (Pacheco) und #2 (Edwards-Helaire) außer Gefecht. Folglich sind FB Carson Steele als ungedrafteter Rookie und 3rd down back Samaje Perine als Neuzugang direkt vor Saisonbeginn als einzige im Kader. Das spricht für die Aktivierung mindestens eines RBs von der Practice Squad und mehr Pässe in den kommenden Wochen. Oder geht die Cinderella (bzw. "Alligator-") Story um Steele noch weiter?

    Jedenfalls haben wir mit DL Charles Omenihu, WR Hollywood Brown und den RBs Isiah Pacheco und Clyde Edwards-Helaire nun schon vier Ausfälle von Spielern zu beklagten, die normalerweise entweder Starter wären oder jedenfalls signifikante Einsatzzeiten bekämen. Hoffentlich geht das nicht so weiter ...

    A win is a win - noch dazu ein wichtiger für einen potentiellen Tie-Breaker. Aber es war kein gutes Spiel. Bei ESPN habe ich von einem "day full of bizarre plays" gelesen, was es m. E. gut trifft.

    Die Statistiken sind extrem ausgeglichen (z. B. 19:18 First Downs, 59:61 total plays, 292:303 yards netto). Die Chiefs hatten ihre Vorteile im Lauf, weil die Bengals weitgehend mit tiefen Safetys operiert haben, die Bengals entsprechend ihre Vorteile im Passangriff. Eigentlich würde man dann erwarten, dass die Turnover-Bilanz von 3:1 zu Lasten der Chiefs den Ausschlag gibt, aber das wurde durch den 37-yard-Fumble-Return-TD, der in den allgemeinen yard-Statistiken fehlt, und leichte Vorteile der Chiefs in den Special Teams kompensiert. Insgesamt war es dann ein Spiel auf Augenhöhe mit dem glücklicheren Ende für die Chiefs.

    Individuell hatte vor allem Rookie-LT Kingsley Suamataia einen schweren Stand gegen DE Trey Hendrickson. Nachdem er 2 Holding-Penalties, nach unterschiedlichen Zählungen 1 oder 2 Sacks und diverse pressures verschuldet hatte, wurde er dann in der zweiten Halbzeit auch gegen Wanya Morris ausgewechselt. Der hat etwas besser ausgesehen, aber seine Holding-Strafe hätte dann fast doch das Spiel gekostet. Eines der plays des Tages war natürlich der TD-Pass auf den anschließend hüftschwingenden Morris.

    Dementsprechend stand QB Patrick Mahomes ständig unter Druck, hatte auch sonst keinen besonders guten Tag und kam auf für seine Verhältnisse relativ schwache 18/25 für 151 yards, 2 TDs und 2 INTs, immerhin ergänzt durch 4 Läufe für 29 yards.

    Angesichts des relativ guten Laufspiels nicht weiter verwunderlich kam RB Isiah Pacheco auf 19 carries für 90 yards und 5 catches für 21 yards. Leider hat er sich eine Knöchelverletzung zugezogen und das Stadion auf Krücken verlassen. FB Carson Steele sah eigentlich auch gut aus, aber der Fumble war natürlich teuer.

    Bei den Receivern sah man sich ein wenig an die Vorsaison erinnert: Es gab WR Rashee Rice (5 catches für 75 yards, TD) und den Rest (z. B. Watson mit 2 catches bei 2 Targets für 22 yards, Worthy mit 2 catches bei 4 targets für 17 yards). Auch von den TEs kam nicht viel. Insbesondere Kelce hatte lediglich einen catch bei 3 Targets für 5 yards, wobei sein bestes Play durch eine Strafe ausgelöscht wurde. Von Gray und Wiley war fast nichts zu sehen.

    Die Defense fand ich recht ordentlich, vor allem wenn man bedenkt, dass man nach den Turnovers dreimal mit schlechter Feldposition anfangen musste. Mein Spieler des Tages im Sinne spektakulärer Plays war Slot CB/Safety Chamarri Conner mit 6 Tackles (1 TFL), einem 37-yard-Fumble-Return-TD und einem wichtigen Sack. Aber generell hat mir die Secondary gut gefallen. Beispielsweise blieb Ja'Marr Chase bei 4 Catches für 35 yards. In die Richtung von Top-CB Trent McDuffie wird nur noch selten überhaupt geworfen. CB Jaylon Watson war in den ersten beiden Spielen eine positive Überraschung. Natürlich ist er nicht so gut wie McDuffie, aber er übertrifft bislang meine Erwartungen und ist erstmals die klare #2 auf Outside CB. "Vorne" hat wie üblich Chris Jones (7 Pressures) Druck gemacht, auch wenn es noch etwas mehr hätte sein können, und die D-Line hat generell Läufe von Joe Burrow gut eingebremst (6 Läufe für 9 yards).

    In den Special Teams denkt man natürlich an Butkers "Clutch Kick" zum Sieg, aber erwähnenswert ist auch CB Joshua Williams, der nach zwei Punts einmal den Ball an der 1-yard-Linie der Bengals gesichert hat (kurz vor der Halbzeit) und später einen tollen open-field-tackle gesetzt hat.

    Das Coaching fand ich eigentlich gut. Nur wäre ich bei 4th & goal von der 1-yard-Linie dafür gegangen. Ich verstehe natürlich den Frust, wenn man es bei den ersten drei Versuchen von der 2-yard-Linie nicht geschafft hat. Aber das Risiko zahlt sich im statistischen Mittel trotzdem aus.


    Fazit: Der Saisonstart ist ergebnistechnisch gelungen. Die Offense war im ersten Spiel überraschend gut, im zweiten dagegen nicht. Hollywood Brown hat gegen die Bengals gefehlt - und wird noch einige Zeit fehlen. Die Rookies Suamataia und Worthy wurden gegen zwei starke Gegner ins kalte Wasser geworfen und müssen erwartungsgemäß noch lernen. Die Defense hat bislang ihre Schwierigkeiten, Pässe über die Mitte zu verteidigen, vor allem auf TEs. Dafür sah die Secondary auch im zweiten Spiel ordentlich aus.

    Nach den ersten Ergebnissen könnten allerdings manchere schwächer eingeschätzte Gegner doch etwas besser sein, z. B. Chargers, Raiders und Saints.

    Am nächsten Wochenende geht es im SNG gegen die Atlanta Falcons.

    Chief Hat sich dir erschlossen, für was Chase bei dem Tackling von McDuffie die Flagge wollte? Da war doch weder vor noch während dem Tackle was zu holen. Er sprang aber auf wie von der Tarantel gestochen....

    Da bin ich mir auch unschlüssig.

    • Manche haben an "facemask" gedacht, aber dann hätte Chase sicherlich die hierfür typische Handbewegung gemacht. Ich sehe auch nach mehreren Wiederholungen kein facemask.
    • Manche spekulieren mit "hip drop". Es ist verboten, einen Spieler, der noch Kontakt zum Boden hat, anzuheben und dann auf den Boden fallen zu lassen. Das wird aber nur in ganz eindeutigen Fällen gepfiffen. Auch nach mehreren Wiederholungen sehe ich dafür überhaupt keinen Anhaltspunkt.
    • Ich könnte mir noch Horse Collar Tackle vorstellen. Die rechte Hand von McDuffie ist immerhin irgendwo im Nackenbereich. Allerdings scheint das außer mir niemand sonst bislang in Betracht zu ziehen

    Ich tippe mal, dass uns Chase bzw. die Bengals noch mitteilen werden, was da der Stein des Anstoßes war.

    Zweimal haben die Chiefs mit Glück und Geschick gegen einen der Hauptkonkurrenten gewonnen. Sportlich ist es noch nicht das Gelbe vom Ei, aber das kann man zu Saisonbeginn auch noch nicht erwarten. Dennoch hätte ich mir von der Offense etwas mehr erwartet. Da haben die Turnovers natürlich auch nicht geholfen. Ergebnistechnisch ist alles im Lot.

    Butker hat den entscheidenden Kick nervenstark verwandelt, aber für mich ist Chamarri Conner "Man of the Match" für die Chiefs.

    Sehr schlechte Nachrichten: Nachdem es zuletzt eigentlich nur die Frage zu sein schien, ob Hollywood Brown zum zweiten oder erst zum dritten Spiel wieder fit sein würde, hat sich die Lage nun dramatisch verschlechtert. Er fühlt sich zwar subjektiv besser, aber bildgebende Verfahren zeigen wohl, dass die Knochen nicht wunschgemäß verheilt sind, sondern sich bewegt haben. Er muss daher entgegen allen Erwartungen doch operiert werden. Damit fällt der designierte #1-WR der Chiefs wohl für den Großteil der Saison aus. In der Erwartung der Operation wurde er auf IR gesetzt. Derzeit ist nicht absehbar, wie lange er ausfällt.

    Die Vertragsdetails für TE Noah Gray sind inzwischen bei Spotrac verfügbar. :

    Der Signing Bonus beträgt 6 Mio. und verteilt sich auf vier Vertragsjahre. Für 2024 gibt es knapp 1,1 Mio., für 2025 knapp 3,1 Mio. Lediglich für diese beiden Vertragsjahre sind die Zahlungen (mit Ausnahme des geringen Workout Bonus) garantiert, d. h. inklusive des SB sind 10,1 Mio. garantiert. Die Chiefs kämen also nach der 2025er Saison für gut 10 Mio. (anteilige 3 Mio. SB als Cap Hit) aus dem Vertrag heraus. 2026/27 steigt dann das Gehalt auf 5,5 Mio.

    Nachdem der Rookie-Vertrag mit 3,2 Mio. gegen die Cap gezählt hätte, hat die Verlängerung sogar zur Folge, dass aufgrund des Mindestgehalts für 2024 die Cap-Belastung um 550.000 $ gesunken ist. Damit sind weitere Vertragsabschlüsse noch in der laufenden Saison möglich.

    Im ersten Spiel sah es so aus, als hätte sich Gray gegenüber dem Vorjahr deutlich gesteigert. Natürlich ist ein einzelnes Spiel wenig aussagekräftig, aber das könnte die etwas überraschende Vertragsverlängerung erklären.

    Kurz vor Saisonbeginn noch eine Überraschung, mit der wohl keiner gerechnet hat:

    DIe Chiefs verlängern mit Backup-TE Noah Gray seinen bis zum Saisonende laufenden Rookie-Vertrag für weitere 3 Jahre. In unterschiedlichen Meldungen ist von 18 Mio. oder 19,5 Mio. (davon 6 Mio. SB und 10 Mio. garantiert) die Rede. Die Vertragsdetails stehen noch aus. Das lässt darauf schließen, dass die Chiefs mit ihm zufriedener sind als die Fans.

    Eigentlich hatte man ja eher mit einer Meldung bezüglich Trey Smith oder Nick Bolton gerechnet.

    Prognose
    Die Prognose hinsichtlich jedes Teams beruht im Grunde auf der Annahme, dass unersetzliche Schlüsselspieler nicht dauerhaft oder in den entscheidenden Spielen ausfallen. Das betrifft natürlich insbesondere QB Mahomes, TE Kelce, DT Jones und CB McDuffie.

    Die Buchmacher haben die Chiefs üblicherweise bei einem Over/Under von 11,5 Siegen (nach 11 Siegen im Vorjahr). Ich tippe auf „over“. Die Prognose ist nicht ganz leicht, da einerseits die Offense wieder deutlich stärker sein sollte, andererseits aber auch die Defense deutlich schwächer sein könnte. Mein vorsichtiger Optimismus beruht auf drei Faktoren:

    • Statistische Faktoren/ Regression/Glück

    Der sportliche Erfolg im Football wird auch durch den Faktor Zufall mit beeinflusst. Die Erfahrung lehrt, dass der Erfolg von Special Teams in der Regel stark fluktuiert. Ähnliches gilt für Turnover-Bilanzen, für Drops und für die Quote an Siegen bei knappen Spielen. Während die Chiefs insofern 2022 eher Glück hatten – insbesondere bei den knappen Spielen -, hatten sie 2023 eher Pech. Aufgrund einer erwartbaren Regression zum Mittelwert gehe ich im Vergleich 2023/2024 von einem positiven Effekt aus. Im Normalfall wäre von einem Team mit Patrick Mahomes als QB eine positive Turnover-Bilanz zu erwarten. Im Vorjahr standen die Chiefs bei -11. Bei den Drops waren die Chiefs das schlechteste Team der NFL. Von den Special Teams erwarte ich einen „neutralen“ Effekt. Ich halte es einerseits für unwahrscheinlich, dass Harrison Butker wieder nahezu perfekt treffen wird. Andererseits waren beispielsweise die Punts und die Returns eher unterdurchschnittlich.

    • Individuelle Qualität

    Ich vermute, dass der Qualitätsgewinn im Bereich der WR sich etwas stärker auswirkt als der Qualitätsverlust in der Passverteidigung, auch wenn ich mir hinsichtlich dieses Punktes höchst unsicher bin.

    • Coaching/Management

    Ich vertraue darauf, dass GM Veach, HC Reid und die Assistenzcoaches schon wissen, was sie tun, insbesondere über vernünftige Lösungsansätze in Bezug auf die CB-Problematik verfügen.


    Die Konkurrenz in der AFC West sollte allerdings – möglicherweise erst in einem Jahr – wieder deutlich stärker werden. Die Broncos sind im Umbruch, haben aber m. E. mit Sean Peyton einen guten Headcoach. Als Chargers-Fan wäre ich sehr optimistisch, dass „Captain“ Jim Harbaugh das Ruder früher oder später herumreißen kann – aus meiner Sicht ist er sogar die noch „sicherere“ Variante als Headcoach. Lediglich bei den Raiders bin ich mir etwas unschlüssig – da erscheint mir alles möglich. Aber schon im Vorjahr haben die Chiefs in einer vermeintlich schwachen Division zwei Niederlagen eingefahren – man muss jeden Gegner ernst nehmen.

    Ich denke, dass die Chiefs am Ende zu den besten Teams der AFC zählen sollten. Stärkste Kontrahenten sollten Ravens, Bengals und Texans sein. Die Ravens sind dabei solide wie Fort Knox, bei den Bengals hängt viel von Burrows Gesundheitszustand ab und bei den mit Talent überladenen Texans ganz viel von der Konstanz bei den vielen jungen Leistungsträgern. Die übrigen Kandidaten in der AFC können alle hoch hinaus, haben aber auch Fragezeichen, so z. B. Bills (Umbau des Teams und erste Verletzungen), Dolphins (Achterbahnfahrt in 2023), Browns (kann Deshaun Watson an sein früheres Leistungsniveau anknüpfen?), Jaguars (Abfall in 2023 mit Verletzungspech), Jets (Phönix aus der Asche mit Rodgers?) oder Steelers (Passangriff?).


    Fazit: Die Offense sollte (deutlich) besser, die Defense (hoffentlich nicht allzu deutlich) schlechter sein als in 2023. Ich rechne mit einer Top-Offense und einer mindestens mittelmäßigen Defense. Zumindest die Regression zum Mittelwert sollte – vorbehaltlich gravierender Verletzungen von Leistungsträgern – zu mehr Siegen als im Vorjahr (11) in der regulären Saison führen. In den Playoffs wäre dann bekanntlich alles drin – von der totalen Enttäuschung bis zum Traum von (ersten) Three-peat.

    Schedule:

    #1 Do, 05.09.24: Ravens (ERÖFFNUNGSSPIEL)

    #2 So, 15.09.24: Bengals

    #3 So, 22.09.24: @ Falcons

    #4 So, 29.09.24: @ Chargers

    #5 Mo, 07.10.24: Saints (MNG)

    #6 Bye Week

    #7 So, 20.10.24: @ 49ers

    #8 So, 27.10.24: @ Raiders

    #9 Mo, 04.11.24: Buccaneers (MNG)

    #10 So, 10.11.24: Broncos

    #11 So, 17.11.24: @ Bills

    #12 So, 24.11.24: @ Panthers

    #13 Fr, 29.11.24: Raiders (Black Friday Game)

    #14 So, 08.12.24: Chargers

    #15 So, 15.12.24: @ Browns

    #16 Sa, 21.12.24: Texans

    #17 Mi, 25.12.24: @ Steelers

    #18 TBD @ Broncos


    Das Schedule ist für einen SB-Champion auf den ersten Blick nicht außergewöhnlich schwierig, wobei man nach der Saison natürlich schlauer ist. Es gibt – gerade zu Beginn – ein paar „dicke Brocken“. Dazu würde ich grundsätzlich Ravens, Bengals, 49ers, Bills und Texans sowie je nach Saisonverlauf auch Browns und Steelers zählen. Demgegenüber sollte die NFC South mit Panthers, Saints, Falcons und Bucs nach derzeitigem Stand relativ dankbar sein. Es bleiben die 6 Spiele innerhalb der Division, in denen die Chiefs zwar favorisiert sind, die aber aufgrund der besonderen Rivalität – wie die Vorsaison gezeigt hat – leicht zu „trap games“ werden können.

    injured reserve

    OG McKade Mettauer (ungedrafteter Rookie) zog sich im Preseason-Spiel gegen die Jaguars eine Knieverletzung am medialen Kollateralband zu. Auch bei ihm ist sowohl medizinisch als auch sportlich unklar, wo er steht.


    physically unable to perform (PUP)

    DL #90 Charles Omenihu zog sich im AFC Championship Match einen Riss des vorderen Kreuzbandes zu und fällt mindestens in den ersten vier Wochen, realistisch aber eher mindestens bis zur Saisonmitte aus. Selbst wenn er wieder ins Mannschaftstraining einsteigt, ist völlig unklar, ob und wie schnell er wieder in Form kommt.


    non football injury (NFI)

    EDGE B. J. Thompson

    Der letztjährige Fünftrundenpick (6-6, 243) ist für einen DE eher schmächtig gebaut und kam als Rookie erwartungsgemäß („project“) kaum zum Einsatz (28 Snaps). Anfang Juni erlitt er bei einer Teambesprechung einen epileptischen Anfall und in diesem Zusammenhang einen Herzstillstand. Glücklicherweise ging die Episode gut für ihn aus, aber es ist derzeit sowohl medizinisch als auch sportlich völlig unklar, wo er steht.

    RB Clyde Edwards-Helaire

    Er wurde am 02.09.2024 auf die NFI-Liste gesetzt und fällt damit für mindestens vier Wochen aus. Edwards-Helaire leidet an einem PTBS, seitdem er am College gemeinsam mit einem Teamkollegen jemanden tötete, der versuchte, die beiden zu berauben.


    Practice Squad

    Gerade bei der Practice Squad handelt es sich um eine Momentaufnahme, da ständig Spieler verpflichtet, in das Roster aufgenommen oder entlassen werden. Alleine in den letzten Tagen wurden Emani Bailey und Eric Scott unter Vertrag genommen, entlassen und erneut unter Vertrag genommen. Außerdem wurde Tuipulotu unter Vertrag genommen und dann auf das aktive Roster verpflichtet. Dickerson und Farrel wurden verpflichtet und wieder entlassen. Die Zusammensetzung kann sich mithin täglich ändern.

    #19 QB Bailey Zappe (6-1, 215, Western Kentucky)– Der 2022er Viertrundenpick der Patriots kam nach schwachen Leistungen von Mac Jones gelegentlich zum Einsatz, ohne zu überzeugen. Dennoch ist der erst kürzlich verpflichtete Zappe für die Practice Squad natürlich ein ungewöhnlich talentierter und erfahrener QB

    #30 RB Keaontay Ingram (6-0, 221, USC) war der 2022er Sechstrundenpick der Cardinals, wurde dort aber Mitte der 2023er Saison entlassen und von den Chiefs auf die Practice Squad aufgenommen.

    #40 RB Emani Bailey (5-7, 202, TCU) kam als ungedrafteter Rookie 2024 zu den Chiefs und ist ein weiterer Ballträger mit einem „violent running style“

    #8 WR Justyn Ross (6-4, 210, Clemson) ist vermutlich neben Zappe der bekannteste Spieler auf der Practice Squad. Er galt nach der High School als 4-Star-Recruit, hatte Angebote von diversen Top-Unis (u. a. Alabama), entschied sich für Clemson und hatte schon als Freshman/Sophomore zwei überaus erfolgreiche Jahr. Wegen einer Genicksverletzung verpasste er die 2020er Saison und seine Karriere schien beendet, aber er kam 2021 wieder zurück, wobei er sich eine Fußverletzung zuzog. Die Verletzungsprobleme waren auch der Grund dafür, dass er 2022 nicht gedraftet wurde. Die Chiefs nahmen ihn dann unter Vertrag und setzten ihn auf IR. Im Vorjahr war er erstmals dabei, konnte aber im einem schwachen Receiver-Corps keine Akzente setzen (6 Catches bei 11 Targets für 53 yards). Er ist ein seltener Receiver-Typ mit mäßiger Geschwindigkeit, der seine Stärken in schnellen Pässen nach außen und bei Jump Balls hat und auch als Red Zone Target in Betracht käme. In der 2024er Preseason hat er einen überraschend guten Eindruck hinterlassen. Auch von den Coaches wurde er gelobt („outstanding training camp“). Dennoch ist er – möglicherweise auch wegen der Verpflichtung von Smith-Schuster – lediglich auf der Practice Squad gelandet.

    #80 WR Montrell Washington (5-10, 170, Samford) war der 2022er Fünftrundenpick der Broncos und kam nach den 2023er Roster Cuts zu den Chiefs, wo er im Wesentlichen auf der Practice Squad agierte. Er kommt auch als Returner in Betracht.

    #81 WR Nikko Remigio (5-9, 187, Fresno State) kam als ungedrafteter Rookie 2023 zu den Chief. Er hatte ein tolles Trainingscamp und wurde schnell zum „fan favorite“, aber dann fiel er wegen einer Schulterverletzung die ganze Saison aus. 2024 war er seit dem Trainingscamp der Kick-Returner und zeigte auch punktuell gute Leistungen. ST-Coach Dave Toub schien für ihn zu sein, aber angesichts der verstärkten Konkurrenz auf WR wurde ihm dieser Wunsch offenbar nicht erfüllt.

    #47 TE Baylor Cupp (6-6, 243, Texas Tech) kam 2024 als ungedrafteter Rookie zu den Chiefs.

    #77 OT Lucas Niang (6-6, 315, TCU) war der 2020er Drittrundenpick, konnte aber das ihm nachgesagte gewaltige Potential (Größe, Reichweite, Mobilität, Leaderfähigkeiten) in der NFL bislang nicht umsetzen. Auch in der Preseason hat er keinen guten Eindruck gemacht. Dass er nun freilich von dem ungedrafteten Rookie Driskell auf die Practice Squad verdrängt wurde, ist schon fast die „Höchststrafe“. Ich kann mir allerdings gut vorstellen, dass er im Laufe der Saison bei Verletzungen – sei es bei den Chiefs oder anderswo – wieder einen Roster-Spot bekommen könnte.

    #72 OT Chukwuebuka Jason Godrick ( 6-5, 295, Nigeria) war ursprünglich Basketballer. Er fällt unter das „International Player Pathway“-Programm, zählt daher weder gegen die Salary Cap noch gegen die 16-Spieler-Begrenzung und belegt damit – wie schon im Vorjahr – den Zusatzplatz auf der Practice Squad

    #57 EDGE Truman Jones (6-3, 250, Harvard) kam 2023 als ungedrafteter Rookie zu den Chiefs. Er galt als Project (am College 28,5 Sacks in 30 Spielen, in 2023 6 Sacks und 13 TFL, guter Pro Day, explosiv, athletisch, disruptiv, vielseitig, intelligent), weil er am College nicht gegen Top-Level-Competition gespielt hatte. Er soll sich verbessert haben und könnte perspektivisch Mike Danna ersetzen, aber es war für ihn ein weiter Weg und er ist noch nicht am Ziel.

    #93 DT Matt Dickerson (6-5, 298, UCLA) kam 2018 ungedraftet in die NFL und ist seither ein Journeyman. Er war seit 2023 zum zweiten Mal als Practice-Squad-Spieler bei den Chiefs, wurde auch 2024 zunächst auf die PS aufgenommen und zwei Tage später wieder entlassen.

    #92 DT Neil Farrell (6-4, 325, LSU) war der 2022er Viertrundenpick der Raiders. 2023 kam er für einen Sechstrundenpick zu den Chiefs, war meist auf der PS, aber im Superbowl aktiv. 2024 wrude er zunächst auf die PS aufgenommen und zwei Tage später wieder entlassen.

    #99 DT Fabien Lovett Sr.(6-4, 316, FSU) kam 2024 ungedraftet zu den Chiefs, ist ein großer DT mit Stärke gegen den Run

    #48 LB Cole Christiansen (6-1, 230, Army) kam 2020 als ungedrafteter Rookie zu den Chargers, aber dort nur marginal zum Einsatz. 2022 kam er zu den Chiefs, dort aber seither im Wesentlichen nicht über die Practice Squad hinaus.

    #55 Swayze Bozeman (6-1, 224, Southern Mississippi) kam 2024 als ungedrafteter Rookie zu den Chiefs.

    #39 CB Keith Taylor (6-2, 195, Washington) war der 2015er Fünftrundenpick der Panthers. Er kam nur sehr beschränkt zum Einsatz und wurde dort kürzlich entlassen, wonach die Chiefs ihn verpflichtet haben.

    #26 S Deon Bush (6-0, 200, Miami) war 2016er Viertrundenpick der Bears. Seit 2022 ist er bei den Chiefs. Dabei war er im Vorjahr zunächst auf der Practice Squad, wurde aber im Dezember aktiviert. Er ist vor allem ein ST-Spezialist und spielte dort – soweit im Kader im Vorjahr 73 % aller Snaps. Im Superbowl fing er auch eine Interception.

    #31 CB Nic Jones (6-0, 189, Ball State) war der 2023er Siebtrundenpick der Chiefs. Im Vorjahr war er im Roster und dabei auch in 9 Spielen sowie in den Playoffs aktiv. 2024 hat es für die Practice Squad gereicht.

    #37 Eric Scott jr. (6-1, 197, Southern Miss) war der 2023er Sechstrundenpick der Cowboys. Er kam kürzlich zu den Chiefs, wurde dort für die Practice Squad verpflichtet, zwei Tage später wieder entlassen und zuletzt erneut verpflichtet. Körperlich ist er ein typischer Chiefs-CB (groß und lange Arme).

    Special Teams
    #49 Matt Araiza, #7 Harrison Butker, #41 LS James Winchester

    P Matthew Ryan („Matt“) Araiza (6-1, 200, San Diego State) tritt als faktischer Rookie die Nachfolge von Tommy Townsend an und könnte sich im Idealfall mittelfristig als billigere Verstärkung erweisen. Bei San Diego State brach er schon als Kicker Schulrekorde, kam aber vor allem auf Punt-Durchschnittsweiten von um die 50 yards. Nach dem ersten Preseason-Game 2024 gab es ein paar mahnende Worte, dass er sich mehr auf die Präzision als auf die Weite seiner Kicks konzentrieren sollte. In den beiden folgenden Spielen war das aber kein Problem mehr. Ich bin sehr optimistisch, dass er grundsätzlich ein sehr guter Punter sein wird. Dave Toub ist von seinem Potential begeistert, betont aber auch, dass man von Araiza zu Beginn nicht die gleiche Konstanz wie von Townsend erwarten kann.

    Harrison Butker (6-4, 205, Georgia Tech) war fünf Jahre lang der unumstrittene Kicker der Chiefs mit einer FG-Trefferquote von rund 90 %. In 2022 waren seine Leistungen mit einer Trefferquote von gerade einmal 75 % mehr als enttäuschend, wobei er angeschlagen war und auch drei Spiele verpasste. In 2023 war er wieder ganz der Alte – und mehr als das: Er traf 33 von 35 FGs (94,3 %) und war auch perfekt aus über 50 yards (5/5). Hinzu kam eine ungewohnte 100%-Quote bei den XPs. In den Playoffs behielt er ebenfalls stets die Nerven und traf 11/11 FGs (davon 2 aus über 50 Yards) und alle 8 XPs. Diese herausragende Leistung wurde mit einer vorzeitigen Vertragsverlängerung belohnt. Butker soll seine Reichweite nochmals gesteigert haben und im Training auch mal aus 70 yards treffen.

    Mit SS Justin Reid verfügen die Chiefs über einen inoffiziellen Backup-Kicker und erwägen auch, ihn gelegentlich bei Kickoffs einzusetzen, um einen zusätzlichen starken Tackler auf dem Feld zu haben.

    LS James Winchester (6-3, 209, Oklahoma) kam 2013 als ungedrafteter Rookie in die NFL und spielt seit 2015 für die Chiefs. Er fällt seit Jahren meist dadurch auf, dass er nicht auffällt – bei seiner Position eine positive Eigenschaft.

    Bei den Returner halten sich die Chiefs wie so häufig relativ bedeckt. Zuletzt benannte Dave Toub mit Carson Steele, Mecole Hardman, Skyy Moore, Xavier Worthy und Samaje Perine gleich fünf Kandidaten. Spontan würde ich am ehesten auf Hardman und Moore tippen, bei denen man – so blöd das auch klingt – eine Verletzung am ehesten verkraften könnte. Jedenfalls bei Worthy wäre mir die Verletzungsgefahr jedenfalls für normale Spielsituationen zu hoch.


    Fazit:

    Bei den Spezialisten scheinen die Chiefs sehr gut aufgestellt zu sein.

    DB (#22 CB Trent McDuffie, #13 Nazeeh Johnson, #27 Chamarri Conner #35 Jaylen Watson, #2 Joshua Williams #30, Chris Roland-Wallace, #20 SS Justin Reid, #6 FS Bryan Cook, #21 Jaden Hicks)

    Zu den CBs:

    Nach dem Abgang von L’Jarius Sneed verfügen die Chiefs mit dem 2022er Erstrundenpick Trent McDuffie (5-11, 195, Washington) noch über einen sehr guten, unglaublich talentierteren und vielseitig einsetzbaren CB. Als er gedraftet wurde, sprachen viele Experten ihm (vor allem aufgrund der geringen Körpergröße) die Fähigkeit ab, in der NFL als Outside Corner zu agieren, aber diese Bedenken vermochte er schon als Rookie zu zerstreuen, obwohl er wegen einer frühen Verletzung nur in 11 Spielen (jeweils als Starter) zum Einsatz kam. Wenn er gesund ist, steht er praktisch durchgängig auf dem Feld. Er hat alle Erwartungen übertroffen. Dabei war er von Anfang an flexibel auf Outside Corner und im Slot einsetzbar. Während der Schwerpunkt in der Rookie-Saison noch auf Outside Corner lag, verschob sich dies 2023 zugunsten der Slot-Position. Aber nach dem Abgang von L’Jarius Sneed wird McDuffie in Ermangelung von Alternativen nunmehr wieder zumindest primär auf Outside Corner erwartet. McDuffie kann in Manndeckung downfield covern, er ist stark im Run Support, er kann blitzen. Er ist ein bombensicherer Eckpfeiler der Passverteidigung und konnte in seiner zweiten Saison auch die Anzahl der Big Plays (7 PD, 5 FF, 3 Sacks, 9 QB-Hits, 3 TFL) steigern. Nur eine Interception fehlt ihm noch.

    Als neuer Starter auf der Slot-Position wird Chamarri Conner (6-0, 202, Virginia Tech) erwartet. Der letztjährige Viertrundenpick von Virginia Tech hat sich sehr gut entwickelt. In seiner Rookie-Saison kam er in allen Spielen – davon in 7 als Starter – zum Einsatz. Obwohl er hauptsächlich in den Special Teams (78 % aller Snaps) spielte, konnte er auch in der Defense (28 % aller Snaps) Erfahrung sammeln und kam auf 1 INT 1 PD und 2 TFL verzeichnen. Er wird zwar meist als Safety geführt, gilt aber als sehr flexibel einsetzbar und wird nicht zuletzt von McDuffie sehr gelobt („He’s one of those dudes who’s quiet but works really hard“) sollte die Aufgabe ordentlich meistern. Bei günstiger Entwicklung könnte er mittelfristig sogar die Rolle von Sneed übernehmen. Aktuell steht steht hinter ihm jedenfalls lediglich ein kleines Fragezeichen.

    Relativ unklar ist jedoch die Position des zweiten Outside Corners. Das beginnt schon bei der Frage, wer eigentlich die #2 ist, denn in unterschiedlichen Depth Charts werden unterschiedliche Namen genannt. Vermutlich sind alle Kandidaten etwa auf dem gleichen Leistungsniveau unterwegs. Zudem war mal der eine und mal der andere angeschlagen. Auch DC Spagnuolo wollte sich bis zuletzt nicht festlegen und hat in Aussicht gestellt, dass zunächst einmal alle drei Kandidaten Spielanteile erhalten werden:

    Jaylen Watson (6-2, 197, Washington State) und Joshua Williams (6-3, 197, Fayetteville State) gehen jeweils in ihre dritte Saison. Beide sind die typischen Spagnuolo-Cornerbacks: große, physische Spieler mit langen Armen und wurden 2022 in der siebten bzw. vierten Runde gedraftet. Beide waren im Vorjahr primär Backups (je 2 Starts). Watson kam auf 2 Sacks, 6 PD, 33 Tackles, 2 TFL und 2 QB-Hits, Williams auf 5 PD, 18 Tackles und 1 TFL. Beide lassen nach den bisherigen Erfahrungen zu viele Completions zu, als dass man sie gegen irgendeinen Top-WR stellen könnte. Für Watson spricht, dass er bislang die größte Spielerfahrung hat. Williams gilt als das etwas größere Talent und soll nach manchen Meldungen gegenüber Watson knapp die Nase vorn haben. Für Williams spricht, dass er auch öfter mal die Hand an den Ball bekommt. Allerdings hatte Williams auch Hamstring-Probleme und war deswegen im dem letzten Preseason-Spiel nicht dabei.

    In manchen Depth Charts ist Nazeeh Johnson (5-10, 199, Marshall) als Nr. 2 gelistet. Er war 2022er Siebtrundenpick der Chiefs, landete zunächst auf der Practice Squad und ab Ende September im aktiven Roster, kam aber ausschließlich in den Special Teams (33 % der Snaps) zum Einsatz. Im 2023er Trainingscamp gab es zunächst viel Hype um ihn („preseason sensation“) und es sah so aus, als könne er als „best of the rest“ den #3-Spot hinter Sneed und McDuffie gewinnen, bis er mit einem Kreuzbandriss für die gesamte Saison ausfiel. Mit anderen Worten: Er ist von außen betrachtet eine völlige black box, ein talentierter Spieler ohne jede Erfahrung in einer NFL-Defense, der von einer schweren Verletzung zurückkommt.

    Die große Überraschung im Kader ist der ungedraftete Rookie Chris Roland-Wallace (6-0, 200, USC). Er ist flexibel einsetzbar und hat sich still und heimlich durch diszipliniertes Spiel, Run Support und sauberes Tackling einen Platz im Roster erkämpft.


    Zu den Safeties:
    Während die CBs zum Problemfall geworden sind, hat sich die Lage bei den Safeties durch individuelle Leistungssteigerungen seit Mitte der 2022er-Saison verbessert, so dass man vermutlich auch den Abgang von Mike Edwards verkraften können sollte.

    Justin Reid (6-1, 207, Stanford) ist für mich weiter schwierig einzuschätzen. Mir fällt er meistens auf, wenn er in kritischen Situationen zu spät kommt. Auch in 2023 wurde er das eine oder andere Mal „burned“. Ich kann bislang sein relativ hohes Gehalt nicht so richtig nachvollziehen. Er hatte anfangs wohl Schwierigkeiten mit dem komplexen Playbook von Spagnuolo. Seit dem Ende der 2022er-Saison zeigte er aber bessere Leistungen, auch wenn er vermehrt gegen TEs in Manndeckung eingesetzt wurde, was seinem physischen Spiel entgegen kam. Pluspunkte sind in jedem Fall, dass ihm ein hochprofessionelles Verhalten (z. B. Hinsichtlich der Spielvorbereitung) nachgesagt wird und dass er extrem flexibel einsetzbar ist – notfalls sogar als Kicker. Die Trainer scheinen mit ihm mehr als zufrieden zu sein, denn er stand bei 98 % aller defensiven Snaps auf dem Platz. Im Vorjahr konnte er immerhin auch seine statistischen Werte gegenüber dem ersten Jahr steigern, ohne dass diese beeindruckend wären (1 INT, 1 FF, 3 Sacks, 95 Tackles, 5 TFL, 5 QB-Hits, 7 Pressures) und seine Missed-Tackles-Quote auf einen Karrierebestwert von 6,9 % reduzieren. Er ist ein Leader und geht in ein contract year, so dass er jede Motivation haben sollte, möglichst gute Leistungen abzurufen. Positiv ist zu bemerken, dass er sich als Mentor für Rookie Jaden Hicks engagierte. Nachdem er in dem Preseason angeschlagen war („quad injury“), soll er wieder vollständig genesen sein.

    Der 2022er Zweitrundenpick Bryan Cook (6-1, 206, Cincinnati) konnte in seiner Rookie-Saison noch keine Bäume ausreißen und stand lediglich für 32 % aller Defense-Snaps auf dem Platz. Nach dem Abgang von Juan Thornhill war er 2023 Starter und stand in 12 Spielen zu 79 % der Snaps auf dem Feld, bevor er wegen einer Bein-/Knöchelverletzung ausfiel. Obwohl sich seine statistischen Durchschnittswerte nicht verbesserten, erledigte er seinen Job mehr als ordentlich und fiel er nicht besonders negativ auf – für einen DB in der Regel ein gutes Zeichen. Er ist ein starker Tackler/Hitter und kann vor allem Tight-Ends zur Verzweiflung treiben.

    Von Rookie Jaden Hicks (6-2, 215, Washington State) scheint man sowohl im Umfeld als auch bei den Chiefs hellauf begeistert zu sein („pro-ready playmaker“; „outstanding training camp“). Knapp hinter FB Steele ist er die Story der Preseason. Er dürfte – auch über die Special Teams hinaus, in denen er ein zentraler Spieler sein soll – schon früh erhebliche Spielanteile erhalten. Auch er ist ein harter Hitter. Da er als sehr vielseitig gilt, würde ich nicht einmal ausschließen, dass man zur Not vielleicht auch ihn als CB einsetzen könnte.


    Fazit Secondary:

    Das große Fragezeichen im gesamten Team ist die CB-Situation hinter Trent McDuffie. Die meisten Depth Charts sehen derzeit Nazeeh Johnson als zweiten Starter auf Outside CB vor, mithin einen Spieler ohne jegliche NFL-Erfahrung nach gravierender Verletzung. Die Alternativen sind mit Jaylon Watson und Joshua Williams zwei Spieler, die ordentliche Leistungen bringen, aber – auch in der Preseason – noch keine Bäume ausgerissen haben. Der Abgang von L’Jarius Sneed hat nicht nur im Hinblick auf sein individuelles Leistungsvermögen eine Lücke gerissen, sondern wahrscheinlich die Chiefs-Defense auch eines erheblichen Teils ihrer Flexibilität beraubt, die sich im Vorjahr gerade draus ergab, dass man mit McDuffie und Sneed über zwei sehr gute und sehr flexible CBs verfügte. Generell ergaben sich aus der Preseason keine Anhaltspunkte dafür, dass das Problem gelöst wäre. Zudem haben die Chiefs nicht nur auf Eric Scott, sondern auf mindestens 2 andere CBs (Shemar Bartholomew, Samuel Womack) ein Auge geworfen (waiver claims), auch wenn sie nicht zum Zuge kamen.

    Hoffnung macht, dass DB-Coach Dave Merrit mit jungen Talenten regelmäßig kleine Wunder vollbringt. Optimisten gehen davon aus, dass Spagnuolo in der Defense weiter wild rotieren lässt. Immerhin sind gerade Spieler wie McDuffie und Conner sehr flexibel einsetzbar.

    Aus Chiefs-Sicht muss man für den zweiten Outside Corner also am ehesten auf eine tolle Entwicklung von Johnson (am Besten im Stil der Entwicklung von Sneed) und/oder auf eine „externe Lösung“ hoffen. Potentiell ganz übel könnte es aussehen, wenn sich McDuffie verletzt.

    Derzeit gehe ich davon aus, dass die Chiefs es erst einmal mit den vorhandenen Spielern probieren und bei Bedarf spätestens zur Trading Deadline noch einmal zuschlagen. Je nach Schätzungen hat man ca. 5,0-5,7 Mio. Cap Space, so dass auch das Management noch flexibel ist.

    Bei den Safeties scheint demgegenüber eher ein Überangebot an guten Spielern zu herrschen. Da der letztjährige Rookie Chamarri Conner sich gut entwickelt hat und flexibel einsetzbar ist, dürfte er vorläufig als Lösung für die vakante Position des Slot-CBs vorgesehen sein. Selbst ohne ihn verfügt man neben Reid und Cook mit Rookie Hicks über einen weiteren guten Spieler, der auf Einsatzzeiten drängt.


    Fazit Defense:

    Die Chiefs haben über Jahre ihr Geld hauptsächlich in die Offense (QB, TE, O-Line) und ihre Draftpicks hauptsächlich in die Defense gesteckt. Gerade mit der Strategie, junge Spieler ohne hervorstechendes Talent auf den CB-Positionen zu entwickeln, hatten die Chiefs in den letzten Jahren sehr viel Erfolg. 22022 hatte man mit den beiden Erstrundenpicks Karlaftis und McDuffie großen Erfolg, wohingegen der 2023er Erstrundenpick Anudike-Uzomah bislang enttäuscht. Überraschend konnte man in der Offseason die Defense weitgehend zusammenhalten. Die Abgänge von LB Gay und S Edwards halte ich für relativ unkritisch. Dagegen scheint das durch den Abgang von Sneed gerissene Loch auf CB bislang nicht vernünftig gestopft. Hier muss man auf das gute Coaching, auf die Entwicklung der jungen Spieler und/oder auf einen guten Deal von GM Veach hoffen. Zunächst einmal rechne ich mit einer schwächeren Defene – die spannende Frage ist nur: Wie viel schwächer?

    LB #23 Drue Tranquill (WLB), #32 Nick Bolton (MLB), #54 Leo Chenal (SLB), # 43 Jack Cochrane, # 44 Cam Jones

    Mit dem 2021er Zweitrundenpick Nicholas („Nick“) Bolton (5-11, 237, Missouri) haben die Chiefs einen derzeit noch günstigen Leistungsträger, der immer noch gerade einmal 24 Jahre alt ist. Seine Fähigkeiten als „Thumper“ (Kraft, Beschleunigung, Tackling) waren schon zu College-Zeiten bekannt. Die gravierenden Bedenken im Hinblick auf Schwächen in Coverage hatten sich schon in der starken Rookie-Saison (u. a. 112 Tackles) als unbegründet erwiesen. Dank seiner hohen Spielintelligenz und Auffassungsgabe konnte er sich überraschend schnell an die NFL gewöhnen und wurde als MLB („MIKE“) zum „QB der Defense“. Im zweiten Jahr hatte er sich weiter verbessert (u. a. 108 solo tackles, 9 TFL, 3,7 % missed Tackles) und zeigt deutlich überdurchschnittliche Leistungen bei closing speed, Winkel zum Gegenspieler oder erlaubten yards after catch. Ein relativer Schwachpunkt blieb gleichwohl seine coverage. Dennoch stand er in 99 % aller defensiven Snaps auf dem Feld. In 2023 war er qualitativ kaum schlechter, auch wenn seine Statistiken gravierend darunter litten , dass er verletzungsbedingt nur in 8 Spielen – dann natürlich als Starter – mit an Bord war. Seine Quote an Missed Tackles konnte er nochmals auf 3,2 % verbessern. Wie zufrieden die Chiefs mit ihm sind, lässt sich auch daran erkennen, dass man sich schon jetzt um eine Vertragsverlängerung bemüht.

    WLB Drue Tranquill (6-2, 234, Notre Dame) kam 2023 von den Chargers. Er war 2019er Viertrundenpick aus Notre Dame und hatte 2022 seine beste Saison mit 17 Spielen, 16 Starts, 146 Tackles, 5 Sacks, 10 QB-Hits, 10 TFL, 4 Pass deflections, 1 INT und 1 FF. Dabei spielte er 93 % aller defensiven Snaps (und zusätzlich 114 ST-Snaps). Bei den Chiefs hatte er mit Nate Bolton, Willie Gay und dem aufstrebenden Leo Chenal stärkere Konkurrenz, weswegen er auch „nur“ in 8 Spielen Starter war. Er konnte aber seinen Ruf, ein besonders vielseitiger Spieler mit relativen Stärken in der Passverteidigung zu sein, vollauf bestätigen, und kam u. a. auf 78 Tackles, 4,5 Sacks, 7 QB-Hits, 7 TFL, 1 Pass deflection und 2 FF. Anders als Gay erhielt er eine Vertragsverlängerung und dürfte als Starter vorgesehen sein.

    Von dem Abgang von Gay profitiert auch der 2022er Drittrundenpick Leo Chenal (6-3, 250, Wisconsin), der sich im Vorjahr weiter gesteigert hat. Er ist ähnlich wie Bolton ein energiegeladener starker Tackler mit Schwächen in der Passverteidigung. Nachdem er als Rookie nur eingeschränkt zum Einsatz kam (u. a. 35 Tackles, 3 TFL, 3 QB-Hits, 1 Sack), erhielt er im Vorjahr trotz der breit besetzten LB-Unit deutlich mehr Spielanteile (41 % gegenüber 23 % defensive Snaps und 72 % gegenüber 61 % Special-Teams-Snaps) und kam auf etwa doppelt so gute Statistiken (u. a. 65 Tackles, 8 TFL, 7 QB-Hits, 3 Sacks). Auch seine Einsatzzeiten sollten sich weiter verbessern.

    Jack Cochrane (6-3, 236, South Dakota) ist ein weiterer Spieler, der als ungedrafteter Rookie in 2022 von South Dakota zu den Chiefs kam. Er war in 15 Spielen im Kader, spielte zwar keinen einzigen defensiven Snap, war aber dafür bei 65 % aller Special Teams Spielzüge im Einsatz. In 2023 kam er sogar auf 79 % aller Special Teams Spielzüge und kam darüber hinaus auch gelegentlich in der Defense (180 Snaps, 17 %) zum Einsatz, und das als fünfter LB! Diese Zahlen verdeutlichen schon, dass er einerseits in der Defense Fortschritte gemacht hat, aber im Grunde vor allem als Special-Teams-Spezialist mit im Kader ist. Er soll sowohl bei Andy Reid als auch bei Dave Toub hoch im Kurs stehen.

    Cam Jones (6-1, 226, Indiana), schaffte 2023 als ungedrafteter Rookie den Sprung in den Kader er ehemalige 3-Star-Recruit hatte sich am College Jahr für Jahr kontinuierlich gesteigert, verpasste aber die letzte Saisonhälfte verletzungsbedingt. In seiner ersten Saison kam er fast ausschließlich in den Special Teams zum Einsatz. Es ist stark zu vermuten, dass er seinen Roster Spot auch der Fürsprache von ST-Coach Dave Toub zu verdanken hat.


    Fazit: Die Chiefs haben mit Willie Gay ihren athletischsten LB nach Ablauf seines Rookie-Vertrages verloren. In der Spitze dürfte die Unit kaum nachgelassen haben. Tranquill ist kaum schwächer als Gay und gleicht geringere Athletik durch höhere Flexibilität und Spielintelligenz aus. Bei Chenal zeigt die Leistungskurve bislang nach oben. Die Tiefe hat auf der Position durch den Abgang etwas gelitten, aber da man in der heutigen NFL ohnehin meist mit nur 2 LB spielt, waren im Vorjahr 4 vernünftige LB eher ein unerwarteter Ausreißer nach oben. Bolton ist ein sehr spielintelligenter Anführer. Sämtliche LB sind keine Stars, aber gut und zuverlässig.

    Defense
    Seit ein paar Jahren verfolgten die Chiefs das klar erkennbare Konzept, in die Defense weniger Geld und dafür viele Draftpicks zu investieren. Entsprechend wurde die Verteidigung immer jünger. Das hat auch relativ gut funktioniert, vor allem natürlich 2023, obwohl es gerade für junge Spieler sehr schwierig ist, das komplexe System von DC Steve Spagnuolo zu erlernen. Gegenüber 2023 ist es nun gelungen, trotz zahlreicher auslaufender Verträge mit vielen Spielern zu verlängern. Dafür wurden die hohen Draftpicks in die Offense gesteckt. Generell kann man feststellen, dass die Defense jedes Jahr im Saisonverlauf besser wird.


    D-Line (# 56 DE George Karlaftis # 95 DT Chris Jones, # 91 DT Derrick Nnadi, # 51 DE Mike Danna, #97 DE Felix Anudike-Uzomah, #94 DE Malik Herring, #99 Cameron Thomas [NFI #53 DE BJ Thompson], # 98 Tershawn Wharton, #69 Mike Pennel, #92 Marlon Tuipulotu, [PUP #90 DL Charles Omenihu])

    Die D-Line hat sich in den letzten beiden Jahren – seit der Verpflichtung von Joe Cullen als neuem DL-Coach – deutlich verbessert. 2022 kam man auf 55 Sacks und erzielte auch sehr gute Werte bei den Pressures und der Pressure Rate. 2023 kam man auf in etwa vergleichbare Statistiken.

    Der 2022er Erstrundenpick DE George Karlaftis (6-4, 263, Purdue) hat die hohen Erwartungen mehr als erfüllt. Es war von Anfang an klar, dass er noch einiges zu lernen hätte („raw“), wobei man ihm eine tolle Arbeitseinstellung („work ethik“) und eine ungeheure Energie („non-stopping motor“) bescheinigte. Als Rookie bekamt er von Anfang an erhebliche Spielzeit, wobei er – ohne besonders zu glänzen – seine Statistiken in der zweiten Saisonhälfte zu steigern vermochte.

    In 2023 konnte er sich weiter steigern und wurde zu einem wichtigen Leistungsträger. So stand er bei 75 % aller defensiven Snaps auf dem Platz, wobei er u. a. Seine Sacks von 6 auf 10,5, die Hurries von 11 auf 18, die Pressures von 21 auf 35 und die Tackles von 33 auf 47 (29 solo) zu steigern vermochte, ohne dass dem eine wesentliche höhere absolute Anzahl von Snaps (755 gegenüber 730) zu Grunde lag.

    Vermutlich wird er nie ein Superstar, aber er ist ein zuverlässiger und wichtiger Leistungsträger. Wie schon nach seiner Rookie-Saison suchte er in der Offseason erneut den Kontakt zu Tamba Hali, um von ihm als Mentor zu lernen.

    Der 30-jährige Chris Jones (6-6, 298 lbs, Mississippi State) ist der unangefochtenen Star der D-Line. Er ist äußerst disruptiv, zudem ein Wunder an Motivation und Trainingseifer. Er ist schnell, hat Kraft, ist beweglich. Wenn er nicht gerade durch seine harte Verhandlungsführung zur Steigerung seines so oder so nicht gerade geringen Salärs auffällt, produziert er weder auf noch neben dem Spielfeld irgendwelche negativen Schlagzeilen. Er ist ein locker room leader. Auch wenn 2023 die Zahlen nicht ganz so gut waren (10,5 Sacks, 4 PDs, 39 Pressures, 30 Tackles (20 solo) wie in seiner Top-Saison 2022 (15,5 Sacks, 4 Pds, 46 Pressures, 44 Tackles (30 Solo), dies alles (2023) freilich auch mit 155 Snaps weniger, gilt er nach dem Rücktritt von Aaron Donald als der beste DT der NFL. Nachdem man sich nach zähem Ringen auf einen langfristigen Vertrag geeinigt hatte, war er im Trainingscamp von Anfang an dabei, was nur von Vorteil sein kann.

    Michael („Mike“) Danna (6-2, 257, Michigan) hat sich individuell außergewöhnlich positiv entwickelt. Als ihn die Chiefs als Fünftrundenpick 2020 auswählten, fragten sich die meisten Draft-Experten, was die Chiefs mit einem Spieler wollten, der als „Graduate Student“ 2019 nicht einmal gut genug für einen Starter-Job bei den Michigan Wolverines war und auch keine Einladung zur NFL Scouting Combine erhalten hatte. Den Chiefs war sein hohes athletisches Potential verbunden mit Explosivität und Geschwindigkeit aber einen Versuch wert, auch wenn er für einen DE eher „undersized“ ist. 2020 kämpfte er sich ins Team und kam in 13 Spielen immerhin auf 2,5 Sacks, 6 QB-Hits und 25 Tackles (4 TFL). 2021 war er Teilzeit-Starter und erzielte ähnliche Werte (3 Sacks, 3 TFL, 2 FF, 10 QB-Hits, 26 Tackles). 2022 war er nur noch Backup hinter Clark und Karlaftis, spielte aber gleichwohl in 54 % aller defensiven Snaps und kam in gerade einmal 13 Spielen dennoch auf 5 Sacks, 10 QB-Hits, 2 FF, 27 Tackles und 3 TFL. Dabei kam er vermehrt bei passing downs als DT zum Einsatz und konnte seine „quickness“ gut gegen zahlreiche Guards zur Geltung bringen. In 2023 hatte er dann in seinem contract year den erhofften Durchbruch zu einem soliden Starter, war nach dem Abgang von Clark in allen Spielen in der Startformation (74 % aller defensiven Snaps) und kam auf 9 Hurries, 6,5 Sacks, 3 Pds, 21 Pressures und 50 Tackles (32 solo) bei lediglich 2 Missed Tackles. Es bleibt zu hoffen, dass er nach seiner Vertragsverlängerung hieran anknüpfen kann.

    Bis zum Beweis des Gegenteil tippe ich darauf, dass DT Derrick Nnadi (6-1, 317, FSU) als vierter Starter in die Saison geht. Über ihn kann man jedes Jahr mehr oder weniger das gleiche schreiben: Der 2018er Drittrundenpick war 2023 in allen Spielen Starter, auch wenn manche eher für seine Entlassung plädieren. Bei PFF erhielt er ein Rating von 41,4 – der neutschlechteste Wert unter 130 interior Linemen in 2023. Aber die Coaches der Chiefs halten offenbar mehr von ihm. Er ist ein sehr solider klassischer NT, eine Stütze der (Lauf-)Verteidigung. Aus Fan-Sicht ist er viel zu unspektakulär (2023: 1 PD, 1 Sack, 29 Tackles, 1 TFL, 1 QB-Hit). Nachdem er 2022 nur in 34 % aller defensiven Snaps zum Einsatz kam, waren es 2023 wieder 46 %.

    Die Alternative zu Nnadi wäre qualitativ DT Tershawn („Turk“) Wharton (6-1, 280, Missouri S&T). Allerdings ist er der einzige Spieler im Kader mit einem vergleichbaren Spielstil wie Chris Jones und damit sein natürlicher Ersatzmann. Er kämpfte sich 2020 als ungedrafteter Rookie von Missouri S&T ins Roster, bekam bereits in seinen ersten beiden Jahren substantielle Einsatzzeiten und war zu Beginn der 2022er-Saison in Bestform, als er sich in Spiel 5 einen Kreuzbandriss zuzog. Seine Stärken sind Athletik und Auffassungsgabe. Für die 2023er Saison war er gerade so wieder fit geworden, stand in allen Spielen im Kader, spielte aber lediglich 37 % aller Snaps (nach 44-48 % in den drei Jahren zuvor). Es bleibt zu hoffen, dass er nun wieder vollständig fit ist. Hoffnung macht, dass es zuletzt hieß, er habe seine Geschwindigkeit noch etwas gesteigert.

    Derzeit verletzungsbedingt nicht zur Verfügung steht DL Charles Omenihu (6-5, 280, Texas), der nach seinem Durchbruch 2022 vor der 2023er-Saison von den 49ers kam. Seine Stärke liegt klar im Passrush, wobei er sowohl auf DE als auch auf DT eingesetzt werden kann. Er ist groß, schnell, kraftvoll, verfügt über einen starken „Motor“ und ist sehr athletisch, so dass er gerade für Guards häufig ein Matchup-Problem darstellt. Schwächen hat er gegen den Lauf. 2023 war er für die ersten 6 Spiele gesperrt, konnte dann aber die Defense der Chiefs verstärken. So erzielte er in lediglich 11 Spielen (1 Start; 56 % aller Defense-Snaps) 7 Sacks, 11 QB-Hits, 2 PD, 28 Tackles (18 Solo), 5 TFL und 2 FF. Leider zog er sich im AFC Championship Match bei den Ravens einen Kreuzbandriss zu. Er befindet sich zunächst einmal auf der PUP-Liste. Bei günstigem Verlauf wäre zu hoffen, dass er etwa zur Saisonmitte – nach derzeitigem Stand wohl frühestens im November – wieder zur Verfügung stünde und dann insbesondere für die „heiße Phase“ der Saison eine Verstärkung darstellen könnte.

    Der 2023er Erstrundenpick Felix Anudike-Uzomah (6-4, 255, Kansas State) konnte leider überhaupt nicht an die Rookie-Leistungen von Karlaftis aus 2022 anknüpfen. Für ihn galt die Umstellung in die NFL aufgrund eines Systemwechsels als besonders schwierig. Zudem wurde er 2023 schon früh von kleineren Verletzungen behindert. Gerade einmal 20 % aller defensiven Snaps – schwerpunktmäßig noch dazu in der ersten Saisonhälfte – sprechen eine deutliche Sprache. Dabei wird sein Trainingseifer von den Coaches sehr gelobt und er war zusätzlich in der Offseason gemeinsam mit Karlaftis zum Spezialtraining bei Ex-Chiefs-DE Tamba Hali. Aber leider waren auch in der Preseason keine signifikanten Fortschritte zu erkennen. Das ursprünglich als sehr gering eingeschätzte Bust-Potential ist also deutlich zu erkennen. Andererseits ist er mit 22 Jahren immer noch sehr jung, so dass man nicht vorzeitig den Stab über ihn brechen sollte.

    DE Malik Herring (6-3, 280, Georgia) kam 2021 als ungedrafteter Rookie von Georgia zu den Chiefs, wobei er auf die NFI-Liste gesetzt wurde, da er einen beim Training für den Senior Bowl erlittenen Kreuzbandriss auskurieren musste. 2022 schaffte er es in den Kader, war in den ersten 9 Spielen immerhin sieben Mal im Kader. Auch 2023 war er in 7 Spielen mit dabei und konnte erste Plays machen (1 PD, 1 FF, 1,5 Sacks, 10 Tackles (7 Solo), 2 TFL). Dennoch ist bislang nicht absehbar, ob er mehr als „just a guy“ sein kann.

    DT Mike Pennel (6-4, 330, CSU Pueblo) ist ein Veteran und „Journeyman“, der nach 2019/2020 seit 2023 erneut bei den Chiefs zu Hause ist, wobei er im Vorjahr vorwiegend auf der PS stand und in 3 aktiven Spielen kaum zum Einsatz kam.

    DE Cameron Thomas (6-4, 267, San Diego State) wurde erst kurz vor Toresschluss von den Cardinals verpflichtet. Der 2022er Drittrundenpick der Cardinals hatte eine ordentliche Rookie-Saison (3 Sacks, 6 QB-Hits, 1 PD, 18 Tackles, 3 TFL), fiel aber 2023 trotz seiner ersten drei Starts (0 Sacks, 1 QB-Hit, 1 PD, 22 Tackles, 3 TFL) eher ab. Trotz einer guten Preseason (3 Sacks) wollten die Cardinals ihn sehr überraschend loswerden, obwohl manche Fans und Beobachter nun gerade mit seinem Durchbruch rechneten. Er dürfte als situativer Passrusher für Passing Downs vorgesehen sein. Er ist groß, ähnlich wie Karlaftis voller Energie („great motor“) und ist vielseitig (DE/DT) einsetzbar. Er könnte ein ähnlicher Spielertyp wie Mike Danna sein. Man kann nicht von ihm erwarten, dass er den verletzten Omenihu gleichwertig ersetzt, aber seine Pressure Rate von 13,4 % über 2 Jahre ist in Ordnung.

    DE B. J. Thompson (6-6, 243, Stephen F. Austin) kam aus 2023er Fünftrundenpick (project) im Vorjahr nur in einem Spiel zum Einsatz und kann auch aufgrund seiner resundheitlichen Situation (s. u.) nicht seriös beurteilt werden. Auf ihn würde ich jedenfalls derzeit nicht setzen.

    DT Marlon Tuipulotu (6-2, 307, USC) war der 2021er Sechstrundenpick der Eagles. Er wurde kürzlich von den Eagles entlassen, von den Chiefs eigentlich für die Practice Squad verpflichtet und nun infolge des Ausfalls von Edwards-Helaire in das Roster aufgenommen. Sein jüngerer Bruder Tuli ist LB bei den Chargers, sein Cousin Talanoa Hufanga DB bei den 49ers.


    Fazit: Die D-Line hat in den beiden Vorjahren auf für Chiefs-Verhältnisse sehr erfreulichem Niveau gespielt und war – vor allem im Passrush – deutlich verbessert. Neben Jones ist vor allem Karlaftis ein echter Leistungsträger. Insbesondere konnten 2023 die Abgänge von DE Frank Clark, DE Carlos Dunlap und DT Khalen Saunders gut aufgefangen werden. Trotz zahlreicher auslaufender Verträge ist die Unit für die neue Saison so gut wie vollständig zusammengeblieben. Gewisse Sorgen bereiten die ausbleibenden Fortschritte bei Felix Anudike-Uzomah und die gravierende Verletzung von Charles Omenihu, von dem man nicht weiß, wann und ggf. in welcher Verfassung er zurückkehren wird. Zudem steigen die Anforderungen, wenn die Passverteidigung – was zu befürchten ist – nicht mehr so gut covern kann.

    OL (#76 Kingsley Suamataia, #62 LG Joe Thuney, C #52 Creed Humphrey, #65 RG Trey Smith, #77 RT Jawaan Taylor, #64 OT Wanya Morris, #75 Ethan Driskell, #66 OG Mike Caliendo, #60 C/G Hunter Nourzad, #61 C/G C. J. Hanson)

    Nach dem vollständigen Umbau der O-Line in 2021 gab es 2022 nur Änderungen bei den Backups, 2023 hingegen zwei neue OTs. Dabei waren die Leistungsdiskrepanzen zwischen der überragenden interior O-Line (Joe Thuney, Creed Humphrey, Trey Smith) und den wackligen OTs (Donovan Smith, Jawaan Taylor) augenfällig. Beispiel: Hinsichtlich der Pass Block Win Rate (nach ESPN) lagen die drei Interior Linemen der Chiefs mit Thuney (99 %), Humphrey (98 %) und T. Smith (97 %) gemeinsam mit Andre James (Raiders, 97 %) auf den ersten vier Plätzen der gesamten Liga. Demgegenüber kamen RT Taylor (91 %) und LT D. Smith (91 %) lediglich auf die Ränge 15 und 17 unter den OTs. Das ist bei theoretisch 64 starting OTs nicht furchtbar schlecht, aber eben auch nicht sonderlich gut. Nun haben die Chiefs mit Rookie Suamataia einen neuen LT.

    Nachdem der Vertrag mit D. Smith nicht verlängert wurde, hat Zweitrundenpick LT Kingsley Suamataia (6-5, 326, BYU) den Kampf um den Starter-Job gegem Wanya Morris gewonnen. Ob das für ihn oder gegen Morris spricht, wird die Zeit zeigen. Aber die meisten Beobachter äußern sich sehr positiv und meinen, dass er den Starter-Job nicht nur „by default“ gewonnen hätte, sondern die bisherige Entwicklung dafür spreche, dass er die langfristige Lösung auf LT sei („far and away the most athletic tackle the Chiefs have had since Eric Fisher“). Trainer und Teamkollegen wie Trey Smith oder Creed Humphrey äußern sich sehr positiv über ihn („level-headed“, „focused“, „awesome“, „right mindset“). Auch der Umstand, dass er in der Preseason – ähnlich wie die Stars – nur für wenige Snaps auf dem Feld stand, indiziert stark, dass er Morris nicht nur knapp hinter sich gelassen hat und man es auch nicht für erforderlich hielt, ihm mehr Spielpraxis zu verschaffen. Das überrascht, da er bei BYU relativ wenige reine Pass Sets gespielt hat, was bei den Chiefs an der Tagesordnung sein wird. Andy Reid bremst gleichwohl vernünftigerweise die Erwartungen und prognostiziert – wie bei jedem jungen Spieler – „ups and downs“. Mit ein paar Rookie-Mistakes wird man einfach leben müssen. Gerade mit Speed Rushern und mit technisch starken Spielern könnte er noch seine Probleme haben. Vor allem in den ersten beiden Spielen (Ravens/Bengals) wird er gleich gegen das Top-Level ins kalte Wasser geworfen. Die richtigen „Football-Gene“ scheint er jedenfalls zu haben, denn gleich vier Cousins (Lions-LT Penei Sewell, Saints-LB Nephi Sewell, Bears-LB Noah Sewell und Rams-WR Puka Nacua) sind ebenfalls in der NFL aktiv.

    LG Joseph „Joe“ Thuney (6-5, 304, NC State) ist einer der besten Guards in der NFL (2nd team AllPro in 2022, 1st team AllPro in 2023). Er ist clever, vielseitig und zäh, war in den letzten acht Jahren bei Patriots und Chiefs durchgängig Starter und ist im Grunde auch nicht verletzungsanfällig. In den letzten Playoffs fiel er dann doch einmal wegen einer Brustmuskelverletzung aus und verpasste nicht zuletzt den Superbowl, soll jetzt aber wieder genesen sein. Aufgrund seiner Physis und seiner guten Technik kann er insbesondere auch das Laufspiel voranbringen, wobei sein Passblock – wie die erwähnte Statistik belegt -auch technisch überragend ist. Zudem ist er bei Verletzungen seiner Kollegen flexibel auch als OT einsetzbar. 80 Mio. für 5 Jahre halte ich weiterhin für ein sehr stolzes Gehalt, aber nach den Leistungen der letzten drei Jahre muss ich einräumen, dass ich inzwischen gleichwohl verstehe, warum man ihn verpflichtet hat. Im Vergleich zu Taylor ist er angesichts seiner hervorragenden Leistungen geradezu ein Schnäppchen.

    Der 2021er Zweitrundenpick C Creed Humphrey (6-4, 302, Oklahoma) hatte eine überragende Rookie-Saison und ist seither stets in der Diskussion um den besten Center in der NFL vertreten. Punktuell sind mal seine Snaps nicht ideal, aber beim Blocking macht ihm keiner etwas vor. Die Zufriedenheit der Chiefs ist an der vorzeitigen Vertragsverlängerung abzulesen.

    Der 2021er Sechstrundenpick RG Trey Smith (6-6, 321, Tennessee) war als Rookie sogar noch die etwas größere Überraschung, da er sich als late-rounder sofort einen Job als Starter sichern konnte. Trotz gewisser Fortschritte gilt er als technisch etwas schwächer, macht das aber durch seine enorme Physis wett. Bislang erinnert nichts mehr an seine Herzprobleme aus College-Zeiten. Solange sich daran nichts ändert, ist er eine zuverlässige Stütze der O-Line mit besonderer Stärke im Laufspiel. Auch mit ihm werden derzeit Vertragsgespräche geführt.

    RT Jawaan Taylor (6-5, 330, Florida) kam 2023 für 80 Mio./4 Jahre von den Ravens zu den Chiefs. Eigentlich war der Wechsel auf LT vorgesehen, aber nach den Eindrücken des ersten Jahres spricht alles für einen Fehlgriff, bei dem man froh wäre, wenn er wenigstens als guter RT fungieren würde. Da ein Großteil des Gehalts garantiert ist, ist man wirtschaftlich bis einschließlich 2025 an ihn gebunden. Besonders negativ war die Vielzahl seiner Penalties mit 0,95 pro Spiel und 6,67 yards pro Spiel, was jeweils mit Abstand der schlechteste Wert eines O-Liners in 2023 war. Es ist nicht ganz so furchtbar, wenn man berücksichtigt, dass man ihm im Spiel gegen Jacksonville etwas auf dem Kieker hatte und allein 5 Penalties auf dieses Spiel entfielen. Zudem hatte er – mit Ausnahme seiner Rookie-Saison – nie so schlechte Werte, so dass man auf Besserung hoffen darf. Abgesehen von den Penalties waren seine Leistungen noch okay, aber eben überhaupt nicht mit den mit seinem Gehalt verbundenen Erwartungen in Einklang zu bringen. Auch da besteht Steigerungspotential – immerhin hatte er noch 2022 auf RT die drittniedrigste pressure rate der NFL.

    Erster Backup unter den Interior Linemen dürfte Mike Caliendo (6-4, 300 lbs, Western Michigan) sein, der eine sehr erfreuliche Entwicklung hinter sich hat: 2022 kam er als ungedrafteter Rookie von Western Michigan und erkämpfte sich einen Roster Spot. Im Vorjahr galt er schon als etablierter Backup, nun nach dem Abgang von Allegretti als Top-Backup. Da er am College auch 2 Jahre als Center gespielt hat, kommt er für alle „inneren“ Positionen in Betracht. Caliendo gilt nicht als der größte Athlet, dafür aber als zäh, zuverlässig, beweglich und intelligent. Er erreicht sein Ziel eher mit Technik und Timing als mit roher Kraft. Nebenbei hat er auch für seine akademischen Leistungen zahlreiche Ehrungen erhalten.

    Hinter ihm dürfte Rookie Hunter Nourzad (6-3, 317, Penn State) der zweite Backup – ebenfalls für alle drei inneren Positionen – sein. Er hat sich sehr erfreulich entwickelt. In der Preseason stellte er seine Vielseitigkeit mit 53 Snaps auf C, 37 auf LG und 22 auf RG unter Beweis. Nachdem er im ersten Spiel noch für einen Pressure und eine Penalty verantwortlich war, gab es diese Probleme in den nächsten beiden Spielen nicht mehr.

    Rookie CJ Hanson (6-5, 300, Holy Cross) benötigt noch mehr Zeit. In der Preseason ließ er in 94 Snaps auf RG und 55 auf LG insgesamt vier Pressures zu. Auch ihm traut man aufgrund seiner sehr guten Athletik zu, auch auf C zu spielen, aber er muss noch an Masse und Kraft zulegen.

    Der letztjährige Drittrundenpick Wanya Morris (6-5, 307, Oklahoma) verfügt über Potential und vor allem über enorme Kraft. Er kam 2023 erwartungsgemäß nur als Backup-LT mit akzeptablen, aber unspektakulären Leistungen zum Einsatz (4 Starts wegen Verletzung von Donovan Smith). Der erhoffte große Schritt nach vorne ist bislang ausgeblieben und er hat den Kampf mit Suamataia um die Starter-Position auf LT verloren. Nun dürfte er ein guter Swing-Tackle (erster Backup auf beiden OT-Positionen) sein.

    Rookie Ethan Driskell (6-8, 313, Marshall) hat in der Preseason 83 Snaps als LT und 44 als RT gespielt. Es ist zunächst einmal eine Überraschung, dass er überhaupt im Kader ist, aber angesichts seiner Physis hat er erhebliches Potential. Er benötigt noch etwas Zeit, könnte aber Morris auf mittlere Sicht die Position streitig machen.


    Fazit: Die interior O-Line ist mit Thuney, Humphrey und Smith bärenstark. Mit Rookie Suamataia deuten alle bisherigen Anzeichen darauf hin, dass man zudem auf LT eine dauerhafte Lösung mit großem Potential gefunden hat, auch wenn man in seiner ersten Saison noch keine Wunder erwarten darf. RT Jawaan Taylor ist zu teuer, aber besser als sein (schlechter) Ruf. Vorbehaltlich gravierender Verletzungen erwarte ich die O-Line mindestens auf dem (guten) Niveau des Vorjahres. Insgesamt verfügen die Chiefs – mit Ausnahme den zuverlässigen Veteranen Thuney – über eine sehr junge und talentierte Truppe. Mit Suamataia, Nouzard, Hanson und Driskell sind gleich vier Rookies (und mit Morris ein letztjähriger Rookie) im Kader. Aktuell sehen die Perspektiven in diesem Mannschaftsteil rosig aus. Die fehlende Erfahrung der Backups könnte sich als Problem erweisen, wenn zu viele Starter ausfallen.


    Fazit Offense:

    Vorbehaltlich gravierender Ausfälle sollte die Offense wieder da anknüpfen, wo sie 2022 aufgehört hat, und damit die desolate 2023er-Saison vergessen lassen. Gerade auf WR (und m. E. auch – weniger wichtig – auf RB) hat man sich deutlich verstärkt. Richtige Schwachpunkte gibt es nicht. Ich gehe davon aus, dass die Chiefs wieder auf dem Weg zur Top-Scoring-Offense der NFL sind.

    WR (#1 Xavier Worthy, #5 Hollywood Brown, #4 Rashee Rice, #84 Justin Watson, #9 JuJu Smith-Schuster, # 24 Skyy Moore, # 17 Mecole Hardman – TE (#87 Travis Kelce, #83 Noah Gray, # 12 Jared Wiley, #88 Peyton Hendershot)

    Marquise „Hollywood“ Brown (5-9, 180, Oklahoma) dürfte trotz seiner schwächeren Statistiken in den letzten Jahren grundsätzlich als #1-Receiver der Chiefs vorgesehen sein. Beide Seiten hoffen, dass er mit einem Top-QB auch leistungsmäßig wieder an bessere Tage anknüpfen kann, als dies zuletzt in Arizona der Fall war. Dabei setzen die Chiefs vor allem auf seine Geschwindigkeit, mit dem auch die tiefen Zonen attackiert werden sollen. Allerdings hat sich der für NFL-verhältnisse schmächtige (5-9, 180) und verletzungsanfällige Brown in der Preseason eine Schulterverletzung zugezogen und wird auf jeden Fall im Auftaktspiel – möglicherweise aber auch darüber hinaus – zunächst einmal fehlen. Immerhin haben die Chiefs ihn nicht auf IR gesetzt, was dafür spricht, dass sie ihn noch innerhalb des ersten Monats zurück erwarten. Seine Rekonvaleszenz soll schnell voranschreiten, so dass man im Moment mit dem zweiten oder dritten Saisonspiel spekuliert.

    Erstrundenpick Xavier Worthy (5-11, 165, Texas) ist naturgemäß ein großer Hoffnungsträger. Seine größte Stärke ist natürlich seine Explosivität und Geschwindigkeit – seine 4,21 s über 40 yards sind atemberaubend. Aber er kann eben weit mehr als das. Schon im Trainingscamp gab es spektakuläre Bilder und er wurde von Mahomes sehr gelobt. Auch in der Preseason hat Worthy sein Potential aufblitzen lassen. Er ist im Grunde ein ähnlicher, eher noch schmächtigerer (5-11, 165) Spielertyp wie Brown und soll insbesondere ebenfalls die Langdistanz bedienen. Er war ohnehin als Starter erwartet worden und könnte gerade aufgrund der Verletzung von Brown gleich zu Beginn erhebliche Spielanteile erhalten.

    Die einzige positive Überraschung der Vorsaison im Receiver-Corps war Rookie Rashee Rice (6-1, 203, SMU), der – angesichts des komplexen Offensivsystems der Chiefs für einen Rookie sehr ungewöhnlich – von Anfang an Einsatzzeiten bekam, sich im Saisonverlauf suzkessive zu steigern vermochte und in der zweiten Saisonhälfte auch Starter war. Insgesamt kam er auf 79 Catches für 938 yards (11,9 Yards/Catch) und 7 TDs. Dieses Zahlen produzierte er, obwohl er im Wesentlichen mit sehr kurzen Pässen (im Schnitt 3,8 yards downfield) bedient wurde.

    Auch wenn manche Beobachter in ihm einen Profiteur des Spielsystems ausmachen, spricht dies bei im Kern unverändertem System jedenfalls nicht gegen fortgesetzte Produktivität. Interessant ist aber, dass Rice auf völlig andere Weise erfolgreich war als am College. Während er dort noch downfield mit jump balls erfolgreich war, war er in seiner Rookie-Saison eher im „Deebo Samuel-Stil“ unterwegs. Nachdem die Chiefs nun überwiegend körperlich schmalere WR im Kader haben, könnte es auch sein, dass Rice nach dem Abgang von Valdes-Scantling vermehrt als outside-Receiver (speziell als „X-Receiver“) eingesetzt wird und zudem vermehrt Blocking-Arbeit übernimmt.

    Das größte Problem ist eine drohende Sperre, weil er in der Offseason im öffentlichen Straßenverkehr an einem „Autorennen“ teilnahm, wobei es zum Unfall kam. Mit einer ganz kurzfristigen Entscheidung ist nach derzeitigem Stand aber nicht zu rechnen – es bleibt also eine möglicherweise langfristige Hängepartie.

    Juju Smith-Schuster (6-1, 215, USC) war der 2017er Zweitrundenpick der Steelers. Er hatte einen tollen Start in die NFL mit 917 yards und 1.426 yards bei jeweils 7 TDs in den ersten beiden Jahren. Danach ging es – auch verletzungsbedingt und wegen nachlassender QB-Leistungen – auch mit seinen Statistiken massiv bergab. 2022 wechselte er zu den Chiefs, wo er in lediglich 14 Spielen auf 933 Yards und 3 TDs kam und seine Karriere wiederbeleben konnte. Nach einem auch durch eine ungünstige QB-/Offensiv-Situation sowie verletzungsbedingt schwachen Jahr bei den Patriots kommt er nun zu den Chiefs zurück, wo er seine gesundheitlich wie sportlich beste Saison der letzten Jahre hatte. Man darf nicht erwarten, dass er mit seinen individuellen Leistungen direkt an 2022 anknüpfen kann, aber er stellt eine zuverlässige Anspielstation dar – vor allem als dritter oder vierter Receiver.

    Obwohl Smith-Schuster erst 27 Jahre alt ist, dürften aus körperlich-gesundheitlichen Gründen seine besten Jahre hinter ihm liegen. Er war noch nie der schnellste, aber er spielt einfach intelligent: Er stellt sich nicht am falschen Spot auf, er läuft die richtige Route und er fängt den Ball - quasi das Gegenteil von Kadarius Toney. Er hat – ähnlich wie Kelce – ein gutes Gespür für Zonenverteidigungen und ist nebenbei ein guter Run-Blocker.

    Er dürfte sich mit Rice als Slot Receiver abwechseln. Die „Chemie“ mit Mahomes und den Coaches passte jedenfalls schon 2022 von Anfang an. Zudem bringt er Leadership mit und könnte er sehr gut als Mentor für die jungen WR Worthy, Rice und Moore fungieren.

    Justin Watson (6-2, 215, Penn) wurde 2022 woh in erster Linie als ST-Player von den Bucs verpflichtet, machte dann aber schon früh auch als WR auf sich aufmerksam. Obwohl er daher primär als WR eingesetzt wird, ist der zahlenmäßige Erfolg überschaubar, wenn auch mit leicht aufsteigender Tendenz (15 catches bei 34 Targets für 315 yards und 2 TDs in 2022 und 27 Catches bei 53 Targets für 460 yards und 3 TD in 2023). Im Trainingscamp soll er einen guten Eindruck hinterlassen haben.

    Skyy Moore (5-10, 195, Western Michigan) war der 2022er Zweitrundenpick der Chiefs. Gemessen an seinem Draft-Status hat er die Erwartungen nicht erfüllt, weswegen er bei den Fans auch nicht sonderlich beliebt ist. In der Theorie bearbeitet tendenziell die Feldmitte, gilt als fangsicher und kann aufgrund seiner Geschwindigkeit und Wendigkeit für Yards-after-Catch sorgen. In der Praxis waren seine beiden ersten Jahre (22 Catches für 250 yards und 21 catches für 244 yards) mehr als enttäuschend. Auch die Preseason gab wenig Anlass zur Hoffnung. Allerdings ist er bei den Coaches immer noch relativ gut angesehen und hat es – anders als der beliebtere Justyn Ross – trotz der diversen Neuverpflichtungen in den Kader geschafft. Dabei mag geholfen haben, dass er aufgrund seines Rookie-Vertrages bis 2025 immer noch relativ günstig ist. Zudem ist er flexibel auf allen WR-Positionen einsetzbar und kann auch mal als Returner eingesetzt werden.

    Mecole Hardman (5-10, 187, Georgia) war der 2019er Zweitrundenpick der Chiefs, wo er sich zu einem ordentlichen Receiver entwickelte, seinen Draft-Status aber nicht ganz zu rechtfertigen vermochte. Nach dem Auslaufen seines Rookie-Vertrages wechselte er 2023 zu den Jets, wo es überhaupt nicht lief, er seinen Starter-Job verlor und um einen Trade bat. So kam er zur Saisonmitte zurück zu den an ihren WR verzweifelnden Chiefs, wo er jedoch auch nur einen überschaubaren Beitrag (14 Catches bei 21 Targets für 118 yards) leisten konnte. Immerhin fing er den entscheidenden TD-Pass im Superbowl LVIII. Auch er ist ein schneller Spieler (einst 4,33 s über 40 yards) und dürfte seinen Job nicht zuletzt aufgrund seines Potentials als KR/PR vorerst behalten haben. Aber er ist kein guter Route-Runner und kann praktisch nur auf tiefen Routen oder bei auf ihn abgestimmten Spielzügen produktiv sein.

    Auf TE sind die Chiefs nach wie vor auf der Starter-Position exzellent besetzt. Der 34-jährige Travis Kelce (6-5, 250, Cincinnati [oder gemäß seiner Selbstvorstellung: „Cleveland Heights, Ohio“]) gilt auch weiterhin als einer der Top-TEs in der NFL. Er ist als Receiver eine Mischung aus WR und TE, kann sich von Verteidigern lösen und seinen Körper einsetzen, um den Ball abzuschirmen und auch bei Contested Catches die Oberhand behalten. Er ist damit ein Matchup-Problem für jeden Gegner, was nicht selten auch für die beliebten „yards after catch“ sorgt. Zudem ist er – was angesichts seiner Leistungen als Receiver oft untergeht, ein exzellenter Blocker. Der 2013er Drittrundenpick der Chiefs dürfte auf dem gerade Weg in die Hall of Fame sein. Wenn Mahomes improvisieren muss, vermag Kelce sich oft freizulaufen und stellt seine wichtigste Anspielstation dar. Gelegentliche Drops bei dem an sich fangsicheren Kelce lassen sich am ehesten mit Konzentrationsmängeln erklären. Er spielt – gemessen an seinen Leistungen – für ein moderates Gehalt bei sehr teamfreundlich strukturiertem Vertrag und zeichnet sich durch einen außergewöhnlichen Ehrgeiz aus.

    Aber auch an ihm nagt der Zahn der Zeit. Sein Snap Count und die prozentuale Quote seiner Offensiv-Snaps gehen von Jahr zu Jahr zurück. Spielte er 2019 noch 92 % und 2020 noch 86 % aller Snaps, so reduzierte sich dieser Wert in den Folgejahren über 82 % und 80 % auf 77 %. Im Vorjahr kam er stmals seit 2016 nur auf 121 Targets. 93 Catches für 984 yards ergeben einen bei weitem geringsten Schnitt von lediglich 10,6 yards/catch (sonst immer über 12 yards/catch) – und auch 5 TDs waren deutlich weniger als in den vorangegangenen drei Jahren (11/9/12). Schließlich endete Kelces Serie von 7 Jahren mit jeweils über 1.000 yards. Letzteres beruhte natürlich auch auf der löblichen Einstellung, den Teamerfolg über individuelle Statistiken zu stellen, weswegen Kelce auf eigenen Wunsch im bedeutungslosen letzten Saisonspiel nicht zum Einsatz kam.

    Wie stark und wichtig Kelce immer noch ist, wenn es darauf ankommt, zeigte er in den Playoffs, als er mit 32 Catches für 355 yards (11,1 yards/catch) und 3 TDs maßgeblich zum erneuten Titelgewinn beitrug.

    Die für seine Verhältnisse schwächeren Statistiken waren sicher auch teilweise der ungünstigen Gesamtsituation in der Chiefs-Offense geschuldet, denn die gegnerischen Defenses konnten sich schon früh auf Kelce (und Rice) konzentrieren. Gleichwohl dürfte es Kelce immer schwerer Fallen, bei tiefen Pässen zu glänzen. Seine größte Produktivität zeigt er in der Mitteldistanz. Dennoch muss die Last jetzt auf mehr Schultern verteilt werden.

    Viele Fans sehen den 2021er Fünftrundenpick Noah Gray (6-3, 240, Duke) inzwischen kritisch, weil ihm der große Durchbruch zum Nachfolger von Kelce als Receiver bislang nicht gelungen ist. Er hat sich 2022 als die klare #2 etabliert und stand in den beiden letzten Jahren jeweils bei 52 % aller offensiven Snaps auf dem Feld. Allerdings war im Vorjahr keine weitere statistische Steigerung festzustellen (lediglich 28 Catches bei immerhin 41 Targets für 305 yards), obwohl die Gelegenheit angesichts mäßiger Konkurrenz so gut wie selten war. Allerdings ist zu beachten, dass die Chiefs zwar häufig mit 2 TEs auf dem Platz stehen, aber nur „TE1“ – in der Regel Kelce – als Receiver vorgesehen ist. „TE2“ ist für die „Dreckarbeit“ zuständig, also primär ein Blocking-TE. Nachdem er ursprünglich primär ein „Receiver“ war, ist Gray inzwischen bereit und in der Lage, diese „Drecksarbeit“ zu erledigen, was ihm seinen #2-Status bewahren könnte. Unabhängig davon würde man ihm natürlich in seinem contract year noch einmal ein Schritt nach vorne wünschen.

    Deswegen ist auch schwer zu beurteilen, ob er so leicht von Rookie Jared Wiley (6-6, 249, TCU) verdrängt werden könnte. Wieder einmal erhofft man sich, in einem jungen TE den Nachfolger von Travis Kelce gefunden zu haben. Aber einen Hall-of-Fame-TE findet man leider nicht so leicht. Über seine Entwicklung in den ersten Monaten gehen die Meinungen auseinander. Tendenziell sieht er eher aus wie ein WR als wie ein TE, was teilweise auch an seiner Größe liegen mag. Als Blocking TE ist er derzeit sicherlich keine Konkurrenz. Vermutlich ist er eher der Backup für Kelce, wenn der mal eine Pause benötigt. Man darf also gespannt sein.

    Peyton Hendershot (6-4, 254, Indiana) kam 2022 als ungedrafteter Rookie in die NFL. Er kam zwar bei den Cowboys ins Team, aber seine Zahlen waren mit 11 Catches für 103 yards und 4 Caches für 38 yards eher überschaubar. Er wurde erst kurz vor Saisonbeginn anstelle des wieder entlassenen Irv Smith verpflichtet, ist ein sehr guter Special Teams Player und dürfte im Übrigen in erster Linie als Blocking-TE vorgesehen sein.


    Fazit:

    Bei den WR haben die Chiefs nach den teilweise desaströsen Leistungen im Vorjahr mit Brown und Worthy erheblich nachgelegt. Zudem hatte Rice eine starke Rookie-Saison. Dass einem kurz vor Saisonbeginn noch Rückkehrer Smith-Schuster in die Hände fiel, war ein ungeplanter Glücksfall. Das ist zunächst einmal eine Win-Win-Situation, denn Smith-Schuster war 2022 bei den Chiefs sehr zufrieden und äußerte sich auffallend positiv über das Coaching, wohingegen die Chiefs einen sehr talentierten Spieler, der gut zum System passt, zum Schnäppchenpreis bekommen.

    Die erste Problematik besteht darin, wer wann verfügbar sein wird. Brown ist verletzt, sollte aber nach den derzeitigen Wasserstandsmeldungen im zweiten oder dritten Spiel wieder mit dabei sein. Aber er bleibt – ebenso wie Smith-Schuster – verletzungsanfällig. Bei Worthy bleibt zu hoffen, dass er trotz seiner schmalen Statur nicht ebenfalls zur Verletzungsanfälligkeit tendiert. Bei Rice droht eine Sperre, wobei mein persönlicher (sehr spekulativer) Tipp wäre, dass man die rechtliche Auseinandersetzung über das Saisonende hinaus ziehen wird und die NFL erst danach entscheidet, so dass sich die potentielle (und wahrscheinliche) Sperre dann auf 2025 beziehen würde. Im praktischen Ergebnis haben die Chiefs damit wesentlich bessere Receiver, müssen aber mit gelegentlichen Ausfällen rechnen. Vermutlich wird man fleißig durchrotieren und so das Verletzungsrisiko minimieren.

    Strukturell dürften die Chiefs mit Brown und Worthy nun wieder Spieler haben, die aufgrund ihrer hohen Geschwindigkeit auch tief angespielt werden können, so dass die Gegner vermehrt den tiefen Pass verteidigen müssen. Das sollte – jedenfalls in der Theorie – für größere Lücken in den kurzen und mittleren Zonen sorgen, was gerade Rice, Smith-Schuster und Kelce entgegen käme.

    Bei den TEs ist Kelce natürlich als quasi-Receiver der Star. Man sollte aber nicht unterschätzen, dass die Chiefs häufig mit 2 TEs auf dem Feld stehen. Derzeit ist aber noch nicht absehbar, ob sich sonst jemand ins Rampenlicht spielen kann.

    Vor diesem Hintergrund gehe ich davon aus, dass der Passangriff der Chiefs aufgrund eines erhöhten Talentlevels, aufgrund weniger Drops und aufgrund der strukturellen Verbesserung durch schnelle Spieler wieder wesentlich stärker sein wird als noch in der Vorsaison. Es kann gut sein, dass Travis Kelce nach der Saison seine Karriere beenden und seine Zeit künftig primär seiner berühmten Partnerin (die, deren Name nicht genannt werden darf) und dem offenbar äußerst lukrativen Podcast gemeinsam mit seinem Bruder Jason widmen wird. Mehr als zwei Jahre wird er nach meiner Einschätzung jedenfalls nicht mehr spielen. Um so mehr bleibt zu hoffen, dass die Chiefs für ihn einen geeigneten Nachfolger finden.