Offseason – dark room with no service
Front Office / Coaches
Auch wenn ich natürlich ein Freund von Kontinuität bin: gerade bei den Packers hat man als Fan in den letzten 15-20 Jahren lernen müssen, dass Kontinuität nur so lange wirklich gut ist, wie sie nicht verhindert, dass offensichtliche Schwächen behoben werden. Für mich hätte man sich nach dem Saisonende von Barry trennen müssen, denn trotz des vorhandenen Talents im Team gelang es ihm nicht, dass sich seine Unit im Jahr 2 unter seiner Herrschaft auch nur ansatzweise verbesserte. Im Gegenteil.
Ähnliches kann aber auch über die andere Seite des Balls gesagt werden. Der neue OC Adam Stenavich, welcher den Posten ja vor der Saison von Hackett übernommen hatte, sollte bei der kritischen Auswertung der vergangenen Saison nicht unberücksichtigt bleiben. Natürlich war da der Faktor junge WR, aber das ist mMn nicht mal die halbe Wahrheit. Die ausgewählten Plays und die Taktik pro Spieltag schienen nicht immer nachvollziehbar, es fehlten mir da zu oft Ideenreichtum und Überraschungsmomente (wie zum Beispiel das Play zum TD durch TE Lewis im Spiel gegen die Giants)
Doch es ist scheinbar wie so oft in der 1265 Lombardi Avenue: man macht erstmal nichts, wird das Experiment mit den gleichen Komponenten wiederholen und hofft auf ein anderes Ergebnis. Warum ich das aber in dieser Saison ausnahmsweise mal nicht schlimm finde? Dazu später mehr…
Fazit zum Coaching Staff: es gab eigentlich nur eine nennenswerte Veränderung: Defensive backs/passing game Coordinator Jerry Gray verlies das Team Richtung Atlanta, um dort als Assistant HC/Defense seine Karriere fortzusetzen. Ich persönlich finde seinen Weggang ärgerlich, denn meine Hoffnung war, dass er nach einem möglichen weiteren schlechten Jahr Defense unter Barry an dessen Stelle treten würde.
Free Agency
Die Moves, welche in den vergangenen Jahren unternommen wurden, um das berühmte „SB Fenster“ offen zu halten, forderten auch in diesem Jahr ihren Tribut. Die unendlichen Umstrukturierungen und das Verschieben von Salary in die Zukunft holt eine Franchise immer irgendwann ein (das ist ja auch der Reiz bei der Sache, dass man eben nicht dauerhaft einen Premiumkader bezahlen kann und das Team entsprechend umbauen muss).
Die Packers befanden sich also einerseits erneut tief in der Cap Hölle und hatten andererseits eine Reihe von namhaften Free Agents. Dazu zählten unter anderem S Amos, TE Tonyan, TE Lewis, K Crosby, WR Lazard, WR Cobb. Kurz gesagt: keiner von denen erhielt einen neuen Vertrag, stattdessen schluckte man ca. $12Mio Dead Cap, den allein die hier Genannten verursachten. Insgesamt weist dieses Buchungskonto für die Saison 2023 $57Mio aus, wobei ca. $40Mio auf Rodgers entfallen. Oder um es noch deutlicher zu machen: 25% des für diese Saison erlaubten Salary Caps bezahlt das Front Office für Spieler, die nicht länger im Team sind. Damit ist natürlich auch schnell klar, dass es im Prinzip keine, oder zumindest keine namhaften Verstärkungen via Free Agency geben konnte. Es wurden einige Spieler für die Special Teams und als Depth Chart Füller geholt, aber eben alles im low cost Bereich.
Da auch in dieser Offseason wieder einige Umstrukturierungen bei den Verträgen erfolgten, wird uns das Thema Engpässe im Salary Cap / Dead Money noch eine Weile begleiten. Schaut man nur auf die 2024er Cap Situation, wird sehr schnell klar, dass es auch in der kommenden Offseason reichlich Veränderungen im Norden von Wisconsin geben wird. Keine Chance, dass man Bakh QB Geld bezahlen wird, auch werden Aaron Jones keine $17Mio oder Kenny Clark $27Mio gegen den Cap zählen. Dazu kommen dann noch reichlich „void years“ (aka Zukunftsprobleme) in diversen Verträgen. Aber das ist dann ein Thema für die nächste Offseason.
Und dann war da noch die Personalie Rodgers. Erneut bat der QB des Teams am Ende der Saison um eine gewisse Bedenkzeit, in der er sich selbst Klarheit verschaffen wollte, wie seine Zukunft in GB und der NFL gesamt aussehen könnte. Sein Versprechen dabei: er würde da recht kurzfristig zu einer Entscheidung kommen, aller Wahrscheinlichkeit nach noch vor Beginn der FA Phase. Angeblich bekam er vom Front Office aber auch einen Persilschein, der ihm keine Fristen bei dieser Entscheidungsfindung setzte. Also begab sich #12 für eine Woche in ein sogenanntes „darkness retreat“, in einen Raum ohne Licht aber leider auch ohne Empfang für das Mobiltelefon. Warum leider? Nun es schien, als wäre der Zeitrahmen, der Rodgers von der Chefetage her eingeräumt wurde, plötzlich und genau in dieser besagten Woche abgelaufen und niemandem war es möglich, den Starting QB darüber zu informieren und nachzufragen, ob es denn jetzt schon Klarheit gäbe. Kurz gesagt: das Kindergartenverhalten der letzten Jahre seitens Front Office und Rodgers erreichte nochmal eine neue Dimension.
Die angeblich fehlenden Kommunikationsmöglichkeiten (vielleicht hätten beide Seiten besser auf einen berittenen Boten zurückgreifen sollen) führten also zu einem Theater, welches aller Wahrscheinlichkeit nach Brett Favre hat grün werden lassen vor Neid. Long Story short: Rodgers gab bekannt, dass er gern noch weiterspielen möchte, allerdings nicht in Green & Gold. Grund: das Team hätte ihn informiert, dass man ihn nicht erreichen und nach seiner Entscheidung fragen konnte und daher entschieden hat, dass man ohne ihn für die neue Saison plane. Das FO wiederrum dementierte das (also nicht die Unmöglichkeit der Kontaktaufnahme, sondern die angebliche Planung ohne ARod) und deklarierte es als reine Rodgers Entscheidung. Fazit: beide Seiten hatten im Fach Kommunikation scheinbar einen Fensterplatz und/oder eine hübsche Nachbarin neben sich. Das berühmte Tischtuch war also endgültig zerrissen. Aber nicht nur das: Rodgers tat meiner Meinung nach seinen neuen Arbeitgeber einen Bärendienst, in dem er diesen als seine Wunsch-Destination bereits in der McAfee Show benannte, ohne das es zu dem Zeitpunkt konkrete Verhandlungen zwischen den Jets und den Packers gab. Das führte zu einen Stare-Down zwischen beiden Front Offices, denn die Packers glaubten sich im Vorteil und forderten wohl eine entsprechend hohe Kompensation. Das Jets FO wiederrum wusste ja, dass die Packers mit zusätzlichen $60Mio in der Pflicht stehen, sollte es ihnen nicht gelingen, Rodgers zu traden (oder zum Retirement zu überreden). Am Ende einigte man sich erwartungsgemäß noch vor dem Draft und Rodgers wechselte für einen 2023er 1st (Tausch der 1st Round Plätze) / 2nd und & 6th Round Pick sowie einem conditional 2024er 2nd Round Pick in die AFC East.
Nennenswerte Abgänge:
- FS Adrian Amos (Jets aka Packers East) – abgesehen von Rodgers ist der Weggang von Amos für mich die stärkste Schwächung des Teams. Besonders ärgerlich: er zählt zudem noch knapp $8Mio gegen den Cap
- WR Randall Cobb (Jets) – keine Wehmut, war sowieso kein Fan seiner Neuverpflichtung - $1.3Mio Caphit
- K Mason Crosby (FA) – eine Legende geht und es wurde leider auch langsam Zeit. Danke Mason, für 16 Jahre Dienst in der Frozen Tundra! - $1Mio Caphit
- WR Allen Lazard (Jets) – auch wenn alle Zeichen gegen den ehemaligen UDFA standen, hat er sich in der NFL durchsetzen können. Viel Glück bei den J-E-T-S
- DE Dean Lowry (Vikings) – ein rotational Player, den ich immer für ein wenig überbezahlt hielt - $3Mio Caphit
- TE Mercedes Lewis (Bears) – auch vom „Big Dog“ hat man sich getrennt - $1Mio Caphit
- DE Jarran Reed (Seahawks) – er hinterlässt eine Lücke in der Line, die Wyatt füllen muss und kann - $1.5Mio Caphit
- TE Robert Tonyan (Bears) – für mich völlig ok, dass man ihn hat ziehen lassen. Die Position brauchte ein deutliches Upgrade
Nennenswerte Zugänge:
Trades:
- QB Aaron Rodgers (Jets) – meine Herz blutet, während ich das schreibe. Ich kenne seit 1994 nur 2 Starting QBs in GB, das wird sich nun ändern. Wie oben geschrieben: für einen 2023er 1st (Swap) + 2nd + 6th & 2024er 2nd (conditional) der Wechsel nach New Jersey.
Draft
- Rd.1 / #13 overall (from Jets) – DE Lukas Van Ness – Iowa
- Rd.2 / #42 overall (from Jets) – TE Luke Musgrave – Oregon State
- Rd.2 / #50 overall (from Bucs) – WR Jayden Reed – Michigan State
- Rd.3 / #78 overall – TE Tucker Kraft – South Dacota State
- Rd.4 / #116 overall – DE Colby Wooden – Auburn
- Rd.5 / #149 overall – QB Sean Clifford – Penn State
- Rd.5 / #159 overall (from Lions) – WR Dontayvion Wicks – Virginia
- Rd.6 / #179 overall (from Bucs) – DE Karl Brooks – Bowling Green
- Rd.6 / #207 overall (from Jets) – K Anders Carlson - Auburn
- Rd.7 / #232 overall – CB Carrington Valentine – Kentucky
- Rd.7 / #235 overall (from Rams) – RB Lew Nichols III - Central Michigan
- Rd.7 / #242 overall (from Jags) – S Anthony Johnson Jr. – Iowa State
- Rd.7 / #256 overall (comp) – WR Grant DuBose – Charlotte
Der erste Post-Rodgers Draft brachte wieder viel Bewegung und neue Talente nach GB. Aber der Reihe nach. Man war sehr aktiv im traden von Picks. Abgesehen vom 1st Round Pick Swap mit den Jets, rutschte man in der zweiten Runde 5 Plätze nach unten und sammelte dafür einen zusätzlichen Pick in den Runden 5 & 6 ein. In Runde 7 hatten die Packers zudem noch zusätzliche Picks aus früheren Trades mit den Rams und den Jaguars. Soweit dazu, jetzt mehr zu den Spielern.
Mit dem Top Pick Van Ness, der bei den Packers eher auf der OLB Position spielen wird, gab es wieder mal Verstärkung für die Defense. Ich hatte es im letzten Jahr schon geschrieben, das Barry System baut darauf auf, dass die Front 7 den Druck generieren kann. Da machte es Sinn, dass zusätzlich auch noch mit Wooden und Brooks 2 weitere Spieler für die Line gedraftet worden sind. Es bleibt nur zu hoffen, dass dieser unendliche Talentzufluss in diese Unit nun auch mal zu Ergebnissen führt.
In einer ungewöhnlich tiefen und qualitativ wohl sehr guten TE draft Class bediente sich das FO gleich 2x in frühen Runden. Mit dem Pick der Jets kam Luke Musgrave, eine Runde später dann auch Tucker Kraft. In diversen Mocks vor dem Draft war diese Auswahl auch durchaus schon andersrum zu sehen, also Kraft ging vor Musgrave. Egal wie, die TE Position wurde damit ein großes Stück weit neu gestartet und man holte für Love große Red Zone Ziele. Musgrave ist eher ein TE mit viel Speed für das Passspiel, während Kraft mehr der Inline Blocking TE ist, welcher aber auch über bemerkenswerte Receiving Skills verfügt.
3 weitere WR kamen via Draft, der erste, Jayden Reed, in Runde 3. Reed gilt als Slot Receiver und soll, nachdem das Experiment mit Amari Rodgers gescheitert ist, Cobb ersetzen. DuBose und Wicks hingegen sind eher Passempfänger für außen.
Als Überraschung im Draft kann sicherlich der Pick von QB Sean Clifford gelten. Nicht unbedingt er als Person, sondern mehr der Zeitpunkt, an dem sein Name aufgerufen wurde. Clifford galt als Late Round Pick bzw. bei vielen auch als UDFA. Der Draftverlauf lies aber wohl das Packers FO etwas ins Schwitzen kommen, weshalb man sich entschloss, schon in Runde 5 zuzuschlagen. Clifford war wohl der letzte QB auf dem Packers Board und man schien in Sorge, dass er von einem anderen Team gepickt wird. Merkwürdig fand ich den Trade mit den Lions, denn im Bewusstsein, dass man auf Safety eine Baustelle hat und die Draft Class zudem nicht als sehr tief/talentiert gilt, hatten die Packers an #45 die Chance Brian Branch zu draften. Der ging dann zwar tatsächlich an #45 vom Board, aber eben an dem Divisionsrivalen aus Motown. Ergebnis des Trades: WR Reed, WR Wicks und DE Brooks. Die Zeit wird zeigen, ob das eine richtige Entscheidung war.