Hier noch die genauern Betrachtungen zu den einzelnen Mannschaftsteilen:
Das Team
Quarterbacks
Robert Griffin III ist seit dem 8.August offiziell der Starter für die neue Saison. Fraglos ein QB mit extremer Upside, aber auch ein Risiko. In Washington überzeugte er nur in seiner Rookie-Saison. Nach seiner Knieverletzung konnte er bislang nicht an alte Leistungen anknüpfen. Das Knie ist laut mehreren Aussagen wieder bestens. Fragen bestehen besonders bezüglich seiner Awareness und Entscheidungen unter Druck. Die Basics werden daher neu trainiert - unter anderem mit kuriosen Einheiten (siehe Link.)
Als Backups dienen Josh McCown (37) und der Rookie Cody Kessler (23). Mit McCown hat man einen souveränen QB, der im vergangenen Jahr zumindest noch zahlenmäßig überzeugte (2109 Yards, 12TD´s bei 4 INT´s). Die kurzzeitigen Trade-Gerüchte nach Dallas sind scheinbar zunächst vom Tisch. Das ist auch besser so – denn für Cody Kessler scheint es noch zu früh. Der Rookie von der USC, der überraschend in der 3. Runde gedraftet wurde, gilt als der persönliche Wunsch von Hue Jackson. Kessler bringt eine starke Accuracy mit (in allen 3 Jahren im College über 65% Completion und nie mehr als 7 INT´s pro Saison). Sein Arm ist jedoch nicht der Stärkste. Problematischer ist seine Awareness – im Training Camp hätte es reichlich Sacks gegeben, die Kessler nicht kommen sah. Ansonsten hinterlässt Kessler mit seinem enormen Lernwillen einen positiven Eindruck und sollte das Team als Nr.3 packen. Austin Davis (27) kämpft mit Kessler um den dritten QB-Spot im Roster – allerdings eher mit Außenseiterchancen.
Running Backs
Die Browns gehen mit dem Duo des Vorjahres in die neue Saison. Keine Überraschung sagte Hue Jackson über das die beiden: "Those two are as good as I've seen in a while." Starke Worte nachdem er im letzten Jahr noch Jeremy Hill und Giovani Bernard in seiner Offense hatte. Isaiah Crowell hat den gewaltigen Shitstorm nach seinem Social Media-Fauxpas hinter sich lassen können und wird mit seiner Physis primär für die ersten Downs eingesetzt werden. Das Big-Play-Potential bringt meiner Meinung nach eher Duke Johnson mit. In der Rookie-Saison hatte er als RB tatsächlich die zweitmeisten Touches aller Rookies nach Amari Cooper. Duke stellt für den QB eine weitere wichtige Anspielstation dar. Auf das Duo kann man gespannt sein – Crowell kann man nach zwei Seasons mit je ca.700Yards mehr zutrauen, während Duke für Screen, Tosses und Outside-Runs eine echte Waffe darstellt. Dahinter bildet sich zwischen Raheem Mostert und Terelle Watson ein Duell um wenige weitere Snaps.
Wide Receiver
4 (!) Rookies wurden im Draft für diese Position gepicked – und das war auch notwendig, nachdem man im vergangenen Jahr die vielleicht schlechteste WR-Truppe der Liga stellte. Nachdem von dieser ohnehin schon dünnen Truppe auch noch der vermeintliche Top-Receiver nach San Diego ging, musste etwas passieren. Und das Resultat ist durchaus beeindruckend. Corey Coleman begeistert alle im Camp und wird von seiner Art bereits mit Steve Smith verglichen. Ende Juni dann eine Nachricht, mit der man nicht unbedingt rechnen konnte – Josh Gordon darf wieder für die Browns spielen nach seiner unrühmlichen Drogen-Suspendierung, die ihn fast 3 Jahre seiner Karriere kostete. Gordon bringt zweifellos riesiges Potential mit und könnte mit RG3 und Coleman ein spektakuläres Baylor-Triplet bildet – WENN er denn clean bleibt UND zu alter Form findet. Mit 26 ist er im besten Alter, eine Verletzung hält ihn bis heute aber noch vom Training Camp fern. Bis Week 5 ist Gordon ohnehin noch gesperrt – bis dahin wird das WR-Duo wahrscheinlich aus C.Coleman und T.Pryor bestehen. Genau – jener Pryor der als QB in die NFL kam und seit zwei Jahren zum WR umlernt, scheint tatsächlich auf dem Weg zum Starter zu sein. Pryor bringt eine enorme Athletik (Sprungkraft) und Schnelligkeit bei richtig guter Körpergröße (1,93) mit, die ihn in der Red-Zone zu einer Waffe machen. Die Rolle des Slot-Receiver scheint zunächst auf Routiner Andrew Hawkins (30) zu fallen, den viele noch als möglichen Cut-Kandidaten gesehen haben. Von den anderen Rookies scheint „Hollywood“ Higgins am nächsten an den Startern zu sein.
Tight Ends
Gary Barnidge war der Go-To-Guy des vergangenen Jahres: 1043 Yards und 9 TD´s bedeuteten die stärkste Saison für den 30-jährigen. Auch dieses Jahr dürfte er reichlich Yards sammeln – spannend wird es zu sehen, ob er die phänomenale Saison trotz verletzungsgeplagter Off-Season wiederholen kann. Gary ist unumstritten TE-Nr.1 Dahinter ist ein interessanter Kampf um die Nr.2 entfacht. Connor Hamlett, unsigned Free Agent noch vor einem Jahr, sorgt für mächtig Furore und ist mit 2,00m und gigantischen Händen ein klarer Red-Zone-Kandidat. Mit ihm konkurrieren E.J.Bibbs und Randall Telfer um den zweiten TE.
Offensive-Line
Die O-Line verlor mit Alex Mack einen Pro-Bowl-Center und Mitchell Schwartz einen der notentechnisch besseren NFL-Tackle. Cam Erving wird der neue Starting Center in seiner zweiten Saison – und muss sich nach schwacher Rookie-Saison als Guard steigern. Die Rückkehr auf die Center-Position sollte ihm besser liegen, jedoch ist Erving zweifellos ein Downgrade zu Alex Mack und könnte zu einem echten Problem werden. Die Position des Right Tackle ist noch völlig offen – kein gutes Zeichen. Sowohl Bailey (von den Seahawks), Pasztor, als auch die Rookies Shon Coleman und Spencer Drango durften mehrere Einheiten mit dem First Team absolvieren. Eine Entscheidung ist erst durch die Preseason-Games absehbar. Fest steht jedoch – das einstige Prunkstück O-Line ist brüchiger geworden, auch wenn mit Joe Thomas, Bitonio und Greco noch jede Menge Qualität vorhanden ist. Speziell Joe Thomas muss man an dieser Stelle huldigen – im Training Camp verbringt er jede Menge Zeit mit den Rookies und Neulingen – absolut vorbildlich. Chapeau.
Defense
“We’ve got a long runway,” Horton said on Thursday. “It’s not like we’ve got to get off the ground right now.”
“And I want us to have guys that are interchangeable … somebody said, ‘Well you’re a 3-4, would you be a 4-3?’ Sure, I would if I can win. So we’re going to be an ever-changing defense until we find out what we do best and put the players in that position.”
Diese beiden Aussagen vom DC Ray Horton zeigen bereits, was man erwarten kann von der Browns-Defense. Keine Frage – die Browns werden aller Voraussicht nach keine Top-15-Defense stellen. Zu groß sind die Probleme aus der Vergangenheit, zu viele wichtige Positionen sind noch große Fragezeichen und letztlich gibt es in der Defense kein echtes Aushängeschild, keinen klaren Leader, an dem sich das junge Defense-Team orientieren kann. Nun erfolgt ein Blick auf die Einzelpositionen
Defensive Line
Die Starting-Position des Nose-Tackles sollte eigentlich Danny Shelton (22) innehaben. Der Nr.12-Pick von 2015 startete in 15 von 16 Spielen, produzierte aber nur 36 Tackles (davon 17 Assisted) und keinen Sack. Überzeugend ist anders – jedoch hat Shelton in der Offseason satte 30 Pfund abgespeckt und sollte so wieder athletischer agieren können. Größter Konkurrent ist Jamie Meder (25), der durch seine Leistungen im Training Camp und ersten Preseason-Game Druck auf Shelton macht. Meder kam bereits im letzten Jahr auf 33 Tackles und somit auf eine ähnliche Production wie Shelton bei weniger Snaps. Ob Shelton in seiner zweiten Saison zum 3-Down-Starter wird bleibt abzuwarten – aktuell scheint es eher auf eine ähnliche Rotation wie im letzten Jahr hinaus.
Die Rollen bei den Defensive-Ends wurden durch die schwere Brustmuskel-Verletzung von Desmond Bryant deutlich offener. Der Leader in Sacks (mit 6,5) fällt wohl die gesamte Saison aus. Wer bleibt? John Hughes III (27) gilt als Starter, auch wenn er aktuell aus persönlichen Gründen nicht beim Team ist. Ein klarer Run-Stopper, seine sonstige Production ist mit 5,5 Sacks in 53 Spielen nicht prickelnd. Spannender ist da Xavier Cooper (24), der in seiner zweiten Saison den Durchbruch schaffen will. Sein Potential deutete er im letzten Teil der Saison an – sein größtes Problem ist das Spiel gegen den Run (klassisch Browns eben). Carl Nassib (Rookie, 23) kann den lang ersehnten Pass-Rush eventuell beleben. Seine Production im College ist beeindruckend (15,5 Sacks letzte Saison + 19,5 Tackles for Loss) – sollte er den Sprung in die NFL schnell schaffen kann man hier tatsächlich auf deutlich mehr QB-Pressure hoffen. Aber als Rookie muss man natürlich die Erwartungen nicht zu hoch halten.
Emanuel Ogbah (Rookie,22) ist je nach System auch noch zu den Defensive-Ends zu zählen und ebenfalls ein Hoffnungsträger für den Pass-Rush. Der Mann von der Oklahoma-State kam als Nr.3-Pass-Rusher des diesjährigen Drafts, während er gegen den Run nur durchschnittlich agierte. Ray Horton lies bisher offen, ob Ogbah primär als DE oder doch als Outside-Linebacker eingesetzt werden soll.
Linebackers
Die weiteren Kandidaten für die zwei Position des Outside Linebacker sind Paul Kruger, Nate Orchard, Barkevious Mingo, Joe Schobert und Cam Johnson. Kruger (30) scheint dabei als Starter gesetzt, der Veteran muss jedoch eine deutliche Steigerung zeigen, wenn er über diese Saison hinaus noch ein Brown bleiben will. Mit nur 2,5 Sacks zeigte er die schwächste Karriereleistung – nimmt jedoch eine wichtige Führungsrolle für die jungen Kollegen ein. Die große Hoffnung liegt daher auf einen Turnaround mit Leistungen wie in 2014 (11 Sacks). Mingo (25) schafft diesen Turnaround vielleicht nie. Die 5th-year-option zogen die Browns im Mai nicht, was bedeuted, dass dies wohl seine letzte Chance in Cleveland ist. Mit 25 Pfund weniger auf den Hüften ist er eventuell schneller und athletischer – ein Starting-Job ist aktuell nicht in Aussicht. Es scheint daher nicht ausgeschlossen, dass man das Kapitel Mingo (Nr.6 overall in 2013) spätestens nächste Offseason endgültig abschließt. Nate Orchard (23) gilt mit Ogbah als Favorit auf den zweiten Starter Job neben Kruger. Im Dezember zeigte Orchard erste gute Plays (Interception, 3 Sacks). Vermutlich wird sich Orchard viele Snaps mit Ogbah teilen. Schobert wurde von vielen eher innen vermutet, im Training Camp erhielt der Rookie jedoch viele Trainingseinheiten als OLB.
Inside Linebacker: Beide Starter der Vorsaison sind weg: Veteran Karlos Dansby geht zu Bengals und Craig Robertson zu den Saints – dafür kommt Demario Davis von den Jets. Das große Problem die gegnerischen Running Backs zu stoppen – es liegt auch an dieser Position. Mit D.Davis kommt ein ausgewiesener Run-Stopper von den Jets. Neben ihm wird Christian Kirksey starten, der bereits in den letzten zwei Jahren Spielzeit sammeln konnte und nun mehr in den Fokus rückt als Full-Time-Starter. Zwei weitere ILB wird es geben – die Frage wird spannend, ob die Coaches hierbei auf die Erfahrung von Justin Tuggle und Tank Carder setzen, oder den jungen Wilden Scooby Wright III und Domenique Alexander eine Chance geben, von denen man im Camp überwiegend Gutes hört.
Defensive Backs
Der Blick auf Cornerbacks macht Sorgen. Die Passing-Defense war im vergangenen Jahr für Browns-Verhältnisse nicht mal soooo schlecht (Nr.22) – jedoch bestehen auch hier viele Fragezeichen. Starter dürften Joe Haden (27) und Tramon Williams sein (33). Haden wird zwar wie ein Shutdown-Corner bezahlt (67,5 Mio. über 5 Jahre), ist den Beweis jedoch noch schuldig geblieben. Nach nur 5 (eher desolaten) Spielen und 2 Gehirnerschütterungen war seine Saison beendet. Nach einer Knöchel-Operation verpasste er alle bisherigen Trainingseinheiten in den OTA´s und dem Camp. Seine Entwicklung ist ein riesiges Fragezeichen und wie bei vielen gilt: Potential ja, aber ob er das auf den Platz bringt ist fraglich. T.Williams war vergangene Saison für einige Niederlagen (Chargers, Broncos) durch seine Fehler (mit-)verantwortlich – hier besteht eher die Frage, wie schnell es den jüngeren Backs gelingen kann einem maximal durchschnittlichen Corner die Starter-Rolle abzunehmen. Und da sieht es leider nicht prickelnd aus – speziell die Hoffnungen auf den 1st-Round-Pick von 2014 Justin Gilbert scheinen begraben. Im Camp hatte speziell McCown ihn als Schwachpunkt identifiziert und permanent in seine Richtung geworfen – und die Receiver ließen ihn ein ums andere Mal schlecht aussehen. Als Nickel-Cornerback scheint K´Waun Williams (25) der Favorit, seine Leistung war im vergangenen Jahr absolut solide. Um die Backup-Jobs duellieren sich neben Gilbert auch Jamar Taylor (von Miami, 25). Der ehemalige 2nd-Round-Pick überzeugt dabei bisher im Camp – es scheint, als ob ihm der Neuanfang in Cleveland gut tut. Sein Roster-Spot hängt wohl am Duell mit Gilbert, nachdem Paul Desir (25) zum Safety umschult. Der Backup für Nickelcorner wird aller Voraussicht nach Rookie Trey Caldwell, sollte er Charles Gaines nicht komplett an ihm vorbeiziehen.
Safety: Auch auf den beiden Safety-Positionen ist der Wandel zu spüren. Die Safeties hatten vergangene Saison große Probleme. Gipson verließ die Browns etwas überraschend Richtung Jacksonville – sein Nachfolger als Starter wird wohl Jordan Poyer (25). Als harter Tackler bekannt, schaffte er in seinen 4 Starts letzte Saison jeweils eine Interception – das macht Hoffnung. Mit Raheem Moore (26) holte man aus Denver einen Konkurrenten, für den es wahrscheinlich erneut nicht reicht zum Starter reicht. Nachdem Pierre Desir zum Safety umschult, könnte es sogar für seinen Roster-Spot eng werden. Als Strong Safety ist Ibraheim Campbell (24) wohl gesetzt und damit Nachfolger von Donte Whitner (31). In seinem einzigen Start in Week 9 überzeugte Campbell – und auch im Camp reichen seine Leistungen, um gesetzt zu sein. Hinter ihm wird Rookie Derrick Kindred als Backup fungieren und im Special-Team zum Einsatz kommen. Insgesamt kann man die Leistungen der Safeties kaum prognostizieren - auf beiden Positionen wird mit einem Minimum an Erfahrung gearbeitet.
Special Teams:
Normalerweise gibt es hier wenig Spannendes zu berichten – jedoch gibt es dieses Jahr doch ein paar spannende Entwicklungen. Travis Coones (24) ist drauf und dran seinen Job an Patrick Murray (25) zu verlieren. Während Coons über kurze Distanzen eine Bank ist – alles über 40 Yards ist bei ihm sehr kritisch. Murray überzeugt im Camp mit starken Kicks über 50 Yards.
Mit Andy Lee (34) hat man einen der besten Punter in der NFL im Team – eine nicht zu unterschätzende Position, gilt es doch der jungen Defense eine möglichst gute Ausgangsposition zu verschaffen.
Bei den Returner könnte es zur ungewöhnlichen Konstellation kommen, dass First-Round-Pick und Hoffnungsträger Corey Coleman ran darf – ein Risiko, wenn man bedenkt wie hoch das Verletzungsrisiko ist.