Beiträge von MrBlue

    Wow, Hammer Bericht. Wie bist du da ran gekommen (oder hab ich das überlesen)?

    Hier im Thread hatte ich es nicht erwähnt. Aber im ""Wuschig - Freu - Ich bin gut drauf"-Thread unter #2.613 bzw, #2.615 hatte ich vorab geschrieben, wie es dazu gekommen ist.

    Wirklich interessante Einblicke, vielen Dank dafür. Was das Mitfiebern und Feiern angeht, täusche ich mich, oder bekommt das Team des Etappensiegers nicht bei der Tour eine Prämie? Also nicht nur die Fahrer, sondern eben auch die Leute hinter den Kulissen? Dann wäre neben der Teamverbundenheit und dem Lohn für die geleistete Arbeit auch ein finanzieller Bonus ein Grund für die Freude.

    Ich kann nicht sagen, wie genau die Geldverteilung im Team funktioniert. Der Grundgedanke, dass alles in einen Topf geschmissen und durch alle Mitarbeiter geteilt wird, ist ja weit verbreitet. Aber ob er in diesem konkreten Fall auch so gelebt wird, ist mir nicht bekannt. Darüber haben wir mit niemandem gesprochen und die Frage hat sich mir an dem Tag auch ehrlich gesagt gar nicht gestellt. Logisch kenne ich auch die Motivation der einzelnen Leute nicht, so dass du durchaus Recht haben könntest und sich die Leute aufgrund des finanziellen Aspekts gefreut haben. Den Eindruck hatte ich vor Ort aber absolut gar nicht. Und ohne den finanziellen Hintergrund der Leute zu kennen, glaube ich auch nicht, dass sie dann so emotional reagiert und teilweise mit Tränen in den Augen die Siegerehrung verfolgt hätten, weil Vingegaard jetzt gerade die 11.000 € Prämie für das Team gesichert hat. Das wirkte auf mich wie ehrliche Freude, dass sich die eigene Arbeit nach einer schwierigen Zeit ausgezahlt hat - aber ich mag mich täuschen.

    Vielleicht auch noch spannend in dem Zusammenhang, dass das Team hinter dem Team echt riesig ist. Ich habe nicht durchgezählt, aber uns wurde was von ca. 40 Personen gesagt, die bei der Tour mitreisen. Wenn die Annahme dann tatsächlich stimmt, dass alle Prämien wirklich zu gleichen Teilen an jedes Teammitglied aufgeteilt werden - egal ob Radprofi, Koch, Physio, usw - dann kriegt durch so einen Etappensieg jeder genau 275 € (wenn wir einfach mal von 40 Mann ausgehen). Sicherlich ein netter Bonus, aber für Ex-Profis beispielsweise, die dort auch einige unterwegs sind im Team auch kein Grund so emotional zu reagieren.

    MrBlueDa hast ja an einem absoluten Sahnetag noch den mit der Kirsche drauf erwischt… Saugeil!!!

    Ja, absolut!

    Wenn ich mir die Tour und den Verlauf bisher so anschaue, dann hätten wir keinen besseren Tag erwischen können - bin auch im Nachgang noch immer wirklich unglaublich glücklich das erlebt zu haben. Natürlich warten wir nach den Ergebnissen am vergangenen Wochenende quasi täglich auf den Anruf, dass wir als "Glücksbringer" doch bitte umgehend wieder mit dazustoßen sollen, damit Vingegaard wieder vor Pogacar ins Ziel kommt ;-).

    Red Bull ist ja nicht dafür bekannt, zu kleckern ... Ich würde erwarten, dass man versucht an einen der ganz dicken Fische ran zu kommen.

    Aber sowohl Pogacar, Vingegaard und van der Poel haben langfristige Verträge.. Remco und WvA sind bis 2026 gebunden, bei den beiden würde ich auch die größte Wahrscheinlichkeit sehen. WvA hat ja schon einen RB Vertrag ...

    Da hier ja auch an verschiedenen Stellen über Red Bull Bora Hansgrohe diskutiert worden ist, vielleicht auch zu denen unten noch zwei Beobachtungen meinerseits.

    Ich finde es erst einmal ziemlich stark, dass Ralph Denk aus einem Team wie NettApp mittlerweile ein so erfolgreiches Radsportteam wie Bora Hansgrohe geformt hat. Etappensiege bei der Tour, grünes Trikot, Klassiker-Siege, Giro-Sieg, Giro-Podium - das sind Erfolge nach denen sich die meisten der anderen Teams die Finger lecken würden. Und auch die Einstellung zu sagen, jetzt wollen wir die Tour gewinnen, finde ich zwar ambitioniert, aber auch mutig und richtig. Es hat ja niemand gesagt, dass es sofort im ersten Jahr klappen muss. Vielmehr glaube ich auch, dass Red Bull diesen Einstieg eher langfristig als kurzfristig auf Erfolg ausgelegt hat:

    Was hat sich durch Red Bull geändert bei Bora? Im Startbereich waren wir auch am Teambus von Bora. Da sind wir mit zwei deutschen Journalisten ins Gespräch gekommen - wenn man die gleiche Sprache spricht und hört, dass der Nebenmann, den man nicht kennt ebenfalls deutsch spricht, kommt man da fast zwangsläufig ins Gespräch. Die beiden meinten, dass sie schon seit Jahren die Tour begleiten und haben ein bisschen was erzählt. Wir haben dann gefragt, ob sich aus deren Sicht denn jetzt schon was verändert hätte bei Bora durch Red Bull im Vergleich zu den Vorjahren. Und die Antwort kam sofort und ohne nachdenken zu müssen: Die Interviews vor und nach der Etappe werden jetzt immer zuerst auf Englisch gegeben. Dachte im ersten Moment "ja und - ist doch normal. Bei Visma z.B. spricht ja auch niemand direkt Niederländisch vor den Journalisten." Ja, stimmt meinten die beiden. Aber Bora wäre halt immer sehr familiär und sehr dem deutschen Markt zugewandt gewesen. Und jetzt stehen da (als Extrembeispiel) fünf deutsche und ein internationaler Journalist, dann werden halt erst Fragen auf Englisch erlaubt und danach spricht Rolf Aldag oder Ralph Denk dann auf Deutsch noch mit den Kollegen aus Deutschland/Österreich. Vielleicht nur ein kleines Zeichen, aber man möchte sich wohl insgesamt internationaler aufstellen, was ja auch dazu passt, dass Fahrer wie Buchmann, Kämna und Schachmann nicht mehr als die Aushängeschilder des Rennstalls gesehen werden.

    Ebenfalls spannend war auch, wie Visma über Red Bull denkt. Die haben nämlich keine "Angst" vor der finanziellen Power von Red Bull, da die auch nicht größer wäre als die von UAE, Bahrain, Ineos, Astana, etc. Dass also Pogacar, Vingegaard oder sonst ein absoluter Topstar zu Red Bull geht, erwartet man gar nicht und wäre ja auch nicht der Red-Bull-Weg. Man hat eher Respekt vor der sportlichen/sportwissenschaftlichen Expertise von Red Bull und davor, dass diese in drei, vier, x-Jahren dazu führt, dass eben nicht mehr Visma der Vorreiter auf diesem Gebiet ist, sondern wohlmöglich dann Bora. Red Bull muss in deren Performance-Center in Thalgau unfassbare Möglichkeiten und wirklich sehr hoch angesehene Experten mit an Bord haben, von denen sich zumindest die Konkurrenz einen erheblichen Schub für die Fahrer von Bora in Zukunft erwartet. Man geht also eher davon aus, dass Red Bull beispielsweise bei der Tour de l'Avenir noch genauer hinschauen und nicht nur bei den Top3, sondern vielleicht bis runter in die Top10/Top20 ködern wird. Isaac del Toro ist ja schon bei UAE gelandet, aber dass der Sieger 2024 z.B. bei Bora landet, wäre keine Überraschung. Und so ein Talent dann gepaart mit der Expertise von Red Bull - das ist die Chance/Gefahr, die Visma sieht und dann in drei oder vier oder fünf Jahren wirklich von Red Bull Bora Hansgrohe als echten Anwärter auf den Toursieg ausgeht. Eben nicht 2024 mit Roglic oder 2025 mit irgendeinem eingekauften Topstar. Sondern 2029 mit einem "neuen Pogacar", den heute noch niemand auf dem Radar hat.

    Dieser immer wissenschaftlichere Ansatz im Radsport führt halt mMn auch zu diesen absurden Zeiten und Rekorden bergauf wie am Wochenende. Jan Ullrich oder selbst ein Contador sind wohl kaum mit eigenem Food- und Daten-Truck durch Frankreich gefahren. Da wurde sicherlich nicht jedes Gramm Nahrung/Flüssigkeit gewogen bzw. den Fahrern exakt vorgegeben wann sie was zu essen/trinken haben, so extrem nach Vorgabe gefahren und so detailliert am Material gebastelt. Entsprechend kann ich alle Skepsis bei diesen Leistungen nachvollziehen, sehe aber auch eine Menge völlig legale Punkte, die in Summe zu einem immer schnelleren Radsport führen - nicht nur bergauf sondern generell.

    So, wenn auch mit einem Tag Verzögerung – ging zeitlich leider nicht eher, da der Urlaub auch noch genossen werden will und ich die Menge Text lieber an einem Laptop schreiben wollte als am Handy (hoffe das klappt) – möchte ich dennoch meine Eindrücke rund um den bereits angekündigten Tag „Inside the Tour“ schildern:

    Wir sind am Montag, 08.Juli sehr früh mit dem Wohnmobil von Deutschland aus Richtung Frankreich gestartet. Ziel war Clermont-Ferrand im Departements Puy-de-Dome. Nach ca. 12h Reisezeit sind wir am späten Nachmittag angekommen und konnten noch einen recht entspannten Abend verleben. Durch einige Pausen und das Abwechseln beim Fahren war die Anreise trotz der langen Zeit echt ziemlich gut und angenehmer als ich es erwartet hatte.

    Der erste spannende Tag war dann der Dienstag, 09.Juli.Treffpunkt war ein Hotel, wo alle bis spätestens 14Uhr eintreffen sollten. Durch unsere Anreise am Vortag waren wir dann auch schon recht früh am Hotel, konnten ein Doppelzimmer beziehen und hatten keinerlei Anreisestress, im Vergleich zu einigen anderen Teilnehmern, die teilweise erst am Dienstag mit dem Flugzeug von Amsterdam aus angereist sind. Trotzdem ging es dann um kurz nach 14Uhr los und die Gruppe von 10 Teilnehmern wurde aufgeteilt. Man konnte entweder einen Ausflug in die City machen, mit Besichtigungen, Rundgängen, Essen, etc. oder aber eine kleine Ausfahrt auf dem Rennrad mitmachen. Logisch und ja auch vorher so abgesprochen, haben mein Kumpel und ich an der Ausfahrt teilgenommen. Ich hatte ihn noch scherzhaft gefragt, ob er nicht denkt, dass mehr Geschäfte in der Stadt bei einem Glas Wein als auf dem Rennrad getätigt werden, aber wir wollten uns diese Erfahrung auf dem Rennrad ja auch keinesfalls entgehen lassen. Tatsächlich wurde die Gruppe dann genau halbiert und wir fünf Radfahrer wurden echt komplett ausgerüstet in Team-Kleidung – von den Klamotten (die in echt besser aussehen als im TV mMn), dem Helm, den Schuhen, der Brille, dem original Tour-Bike von Cervélo, Trinkflaschen – wirklich komplett. Das war natürlich schon ein richtig geiles Gefühl mal in den Klamotten und vor allem auf so einem Bike loszufahren.

    Alle Teilnehmer waren in etwa eine Altersklasse und alle hatten auch schon einiges an Rennraderfahrung. Wir hatten zwei Begleiter dabei, die dann nicht nur den Weg vorgegeben haben, sondern so ein bisschen versucht haben mit uns den „Rennablauf“ eines Tour-Teilnehmers zu simulieren. Dazu haben sie immer wieder Sachen erklärt, Dinge geübt, etc. So haben wir beispielsweise auf einer Strecke immer wieder die Getränkeannahme simuliert. Also sowohl auf dem Rennrad die Flaschen angenommen, als auch als Betreuer am Straßenrand die Flaschen angegeben. Die haben uns erklärt wie viel ein Fahrer trinkt, isst, was in den Flaschen/Verpflegungsbeuteln drin ist, welche Daten gemessen werden usw. Dann mal ein Sprint, ein bisschen kreiseln, so was in die Richtung halt. Es war insgesamt einfach eine total lockere, spaßige Angelegenheit, die mir unterm Strich eine sehr wichtige persönliche Erkenntnis geliefert hat:

    Gerade so im Alter von Anfang/Mitte 20 bin ich sehr viel Rennrad gefahren. Ich habe an 24h Rennen teilgenommen, einige andere Ausdauer-Rennen absolviert und über einen Zeitraum von vier, fünf Jahren jedes Jahr eine klar fünfstellige Kilometerzahl auf dem Rad abgespult – das war vermutlich die Phase in der ich körperlich gesehen auf meinem Leistungsmaximum war. Logisch hat sich das verändert, da andere Dinge wichtiger, prominenter geworden sind im Leben, man seine Zeit mittlerweile für andere Dinge nutzt als Radfahren (was nun einmal sehr zeitintensiv ist) und einfach auch älter geworden. Ich habe in den letzten Jahren vergleichsweise wenig Spaß daran gehabt selber aufs Rennrad zu steigen. Vermutlich, weil es nicht mehr so locker von der Hand geht wie mit Anfang 20. Ich habe das dann oft verglichen mit früher und wie viel schneller und weiter und lockerer das alles ging – ziemlich idiotisch. Auf jeden Fall hat mir die Erfahrung in Frankreich jetzt gezeigt, dass ich logischerweise nicht mehr durch die Gegend fahre wie ein 20 Jähriger, aber trotz sehr weniger Radfahrkilometer in den Beinen, absolut fit und sportlich bin für mein Alter. Hört sich vielleicht komisch an und ist für Außenstehende sicherlich nicht die interessanteste Info dieser Tage, aber für mich war das sehr wertvoll.

    Wir sind in jedem Fall ca. 4h unterwegs gewesen, wobei wir wie gesagt nicht permanent geradelt sind, sondern für Erklärungen etc. auch immer wieder angehalten haben. Danach haben wir die Räder saubergemacht, abgestellt, uns geduscht, umgezogen, kurz ausgeruht und haben dann gegen 20Uhr die anderen wiedergetroffen und im Hotel zusammen gegessen. Das war dann noch viel lustiger als gedacht, da sich völlig überraschend Peter Bosz dazugesellt hat. Der war auf einmal auch dort und hat gemeinsam mit uns gegessen und sich als wirklich netter Zeitgenosse entpuppt hat. Spätestens als dann im Gespräch herauskam, dass ich in der Nähe von Dortmund geboren worden bin, hatte er ein paar lustige Stories zu erzählen. Insgesamt schon einfach ein super cooler, spannender erster Tag, der, obwohl klar war, dass wir am nächsten morgen früh aufstehen müssen, doch verhältnismäßig lang ging.


    Am Mittwoch, 10.Juli war dann der eigentliche Tag, um den es bei dieser Reise ging – und was war das für ein geiler Tag!

    Wir sind sehr früh aufgestanden, da wir von unserem Hotel aus zum Startort der Etappe nach Evaux-les Bains fahren mussten. Laut Navi hätte das so ca. 90 Minuten dauern sollen. Wie sich herausgestellt hat, ist Evaux-les Bains aber ein unglaublich kleines Dorf (etwas mehr als 1.000 Einwohner hat man uns vor Ort gesagt). Wie man auf die Idee kommen konnte, dass das ein geeigneter Startort für eine Touretappe sein könnte, erschließt sich mir bis heute nicht. Es war auf jeden Fall riesen Chaos auf den letzten Kilometern, so dass wir Glück hatten, so früh losgefahren zu sein. Dadurch hatten wir vor Ort dann echt noch ein bisschen Zeit uns alles anzuschauen und wirken zu lassen:

    Wir hatten dann im Startbereich Zugang zum abgesperrten Bereich und das ist schon wirklich alles sehr beeindruckend und unvorstellbar, was da los ist. Die ersten Minuten bin ich aus dem Staunen gar nicht wirklich herausgekommen, auch wenn das jetzt nicht das erste Profiradrennen war, dass ich am Start verfolgt haben. Was da aber an Material steht, angefangen von den Bussen, den Materialfahrzeugen, den Rennrädern, etc. Was für eine Logistik dahintersteckt, die ganzen Sachen immer rechtzeitig von A nach B zu bringen. Was da an Lebensmitteln verarbeitet wird. Dazu dann irgendwann die Fahrer, die eintrudeln, sich warmfahren, die Reporter, die Fans, die Stimmung/Atmosphäre – das war alles unglaublich beeindruckend es mal so von Nahem und vor allem trotz des ganzen Trubels relativ „ungestört“ erleben zu können. Wirklich unvergessliche Eindrücke! Aber auch gut, dass wir so ein bisschen Zeit hatten uns daran zu gewöhnen, bevor unser Tag und „die Arbeit“ dann richtig losging.

    Auf der Fahrt zum Startort wurde uns schon gesagt, dass mein Kumpel und ich in einem der zwei Verpflegungsfahrzeuge des Tages unterwegs sein werden. Das waren zwei Bullis, die jeweils unterschiedliche Punkte der Strecke anfahren, um die Fahrer dann vom Straßenrand aus zu verpflegen. Ziemlich cool, da nicht alle zehn Teilnehmer einen so aktiven Part hatten. Irgendwann kam dann auf jeden Fall einer der beiden Fahrer und meinte, die Autos werden jetzt beladen und wir sollten dabei sein, damit wir sehen wo was ist, etc. Es stellte sich dann heraus, dass wir in einem Verpflegungsfahrzeug waren und zwei weitere Teilnehmer in dem anderen. Dann sind halt Unmengen von leeren (ausnahmslos neuen!) Flaschen erst mit Pulver befüllt, dann mit Wasser aufgegossen, zugedreht und in große Boxen verstaut worden; dazu Riegel, Bananen – wobei sich mir nicht ganz erschlossen hat, wofür die waren, da wir die während der Etappe nicht verteilt haben – und alles auf die beiden Autos aufgeteilt.

    Irgendwann hieß es dann wir fahren los – noch vor dem fiktiven Start. Das zweite Auto konnten sich den Start noch in Ruhe anschauen, wir sollten dafür bei der Zieleinfahrt dabei sein. Haben wir natürlich gerne so genommen. Also sind wir in das Auto eingestiegen und der Fahrer sagte unsere Anlaufstellen würden bei Kilometer 37, dann irgendwo um Kilometer 90 liegen und dann später noch einmal bei ca. Kilometer 150. Kilometer 37 hörte sich für mich erstmal so an, als ob wir genügend Zeit hätten, aber unser Fahrer hat, als wir aus dem Ort raus waren, so dermaßen auf`s Tempo gedrückt, dass ich gefühlt direkt Puls 150 hatte und irgendwie total angespannt war. Durch das extrem hohe Tempo der Fahrer auf der Etappe hat sich dieses „Stress-Gefühl“ die ersten 2,5 Stunden auch konstant gehalten, da es echt Maßarbeit war und wir nur kurz vor dem Feld an unserem ersten Haltepunkt waren. Beim ersten Stopp hat noch der Fahrer des Verpflegungswagens die Flaschen an die Fahrer gereicht. Wir standen dahinter und haben die weiteren Flaschen dann immer schnell dem Betreuer in die Hand gedrückt und der die dann problemlos an die Rennfahrer gebracht. Beim zweiten Stopp hatten wir etwas mehr Zeit bevor das Feld kam und so konnten wir uns zu dritt auf einer längeren Strecke verteilen. Jeder von uns hatte seine Flaschen und dann haben wir tatsächlich auch Flaschen an die Fahrer gereicht. Auch das hat erstaunlicherweise ohne Probleme geklappt. Der Betreuer meinte vorher noch, dass es nicht schlimm ist, wenn eine Übergabe mal nicht klappt und war dann tatsächlich auch überrascht, dass es alles reibungslos funktioniert hat. Das war auf jeden Fall ein echt cooles Gefühl!

    Durch das aber immer noch hohe Tempo der Etappe und durch die nicht so einfache Streckenführung zum Ende der Etappe war dann irgendwann sehr schnell nach dem zweiten Stopp klar, dass wir den dritten geplanten Halt nicht hinbekommen werden. Wir mussten die Wagenkolone der Tour halt immer passieren lassen, dann abseits der Strecke überholen und durften dann quasi vor dem Feld wieder auf die offizielle und abgesperrte Strecke der Etappe. Hätten wir noch einen dritten Stopp gemacht, wären wir nicht mehr vor den Fahrern zum Ziel gekommen. Entsprechend haben wir uns abseits der Strecke mit dem anderen Verpflegungsfahrzeug getroffen, einmal getauscht – wieso hat sich mir ebenfalls nicht erschlossen – und dann mit neuem Fahrer im anderen Auto weitergefahren. Und das wurde dann zum großen und unerwarteten Highlight des Tages:

    Wie sich herausstellte war der Fahrer des zweiten Verpflegungsautos ein ehemaliger Profi bei Visma und echt ein super cooler, entspannter Typ. Der konnte dann super viele spannende Sachen erzählen, was schon echt sehr cool war. Irgendwann sind wir dann ziemlich nah vor den letzten Anstiegen des Tages wieder auf die Strecke eingebogen und waren dann so im hinteren Drittel von einer Werbekolone - und das war unfassbar spektakulär aufgrund der Menschenmassen und der Stimmung an den Anstiegen! Wie sich herausstellte/bestätigte, ist Visma bei den Fans der Tour (bzw. bei den Franzosen) nicht unbedingt das beliebteste Team. Immer wenn wir mit unserem Wagen um die Kurve gefahren sind, wurden wir ausgebuht. Das war zwar nie aggressiv und immer mit einem Lächeln – zumal wir auch mit offenem Fenster gefahren sind und viele Fans dann auch mit Nathan abgeklatscht und Fotos gemacht haben – aber die Buhrufe waren schon ein recht beständiger Begleiter auf unserem Weg bergauf. Richtig witzig war dann aber, dass direkt vor uns ein Werbefahrzeug von Leclerc war, die gepunktete Shirts im Stile des Bergtrikots in die Menge geworfen haben. Das Fahrzeug war hinten modifiziert, so dass ein Mann und eine Frau quasi hinter dem Kofferraum auf einer Art Absatz standen und die Shirts den Zuschauern zugeworfen haben. Und dann war das immer ein Wechselspiel. Beide Fahrzeuge fahren um eine Kurve, die Fans sehen hinten das Visma-Auto und buhen los. Dann beugt der Kerl auf dem Leclerc-Fahrzeug sich zur Seite, so dass die Fans ihn sehen, wirft die Shirts in die Menge und macht richtig Alarm – die Fans rasten aus und feiern sich selbst, die Tour, den Radsport – keine Ahnung, einfach Wahnsinn. Dann haben die Fahrzeuge gehupt und alle sind um die Autos herumgetanzt, haben gesungen – es war einfach eine megageile Stimmung, die ich bisher noch nicht oft irgendwo erlebt habe. So ging das im Prinzip die ganze Zeit bergauf und es war wie eine einzige große Party an den Anstiegen.

    Natürlich haben wir auch den Teufel getroffen – Didi Senft. Ich habe schon ein Foto mit ihm von Anfang der 2000er bei der Tour. Konnte er sich natürlich nicht dran erinnern, aber er war gerne bereit seinen Teufelskopf kurz ins Auto zu halten und wieder ein Foto mit uns zu machen. Auch ein sehr cooler Moment.

    Vom Renngeschehen haben wir tatsächlich in dieser Phase relativ wenig bis gar nichts mitbekommen. Meist war es so, dass wenn die Kolone mal zum Stillstand kam, wir Fans am Straßenrand gefragt haben, die dann manchmal Informationen hatten – wie auch immer. Im Auto selber war, aber wohl aufgrund der geographischen Gegebenheiten der Region (wunderschöne Region im Übrigen!) nicht viel mit TV gucken, Handy checken etc. Wir sind dann irgendwann im Zielbereich angekommen, haben das Auto abgestellt und wollten uns eigentlich einen Platz Nahe/vor an der Ziellinie suchen, aber keine Chance. Deshalb sind wir dann mit Nathan in den Bereich der Busse gegangen und haben dann auf einem Fernseher mit weiteren Visma-Betreuern den Zieleinlauf geschaut. Das war natürlich auch ein Gänsehaut-Moment, wie die mitfiebern und sich dann über den Sieg von Vingegaard gefreut haben. Ich war jetzt logischerweise nicht bei vorherigen Tour-Etappensiegen von Team Visma dabei, aber das schien schon sehr besonders zu sein für alle. Die allermeisten waren sehr emotional und sehr ausgelassen.

    Entsprechend schön war dann auch der Abend im Teamhotel. Stimmungsmäßig hätten wir vermutlich keinen besseren Tag erwischen können. Das war sehr schön zu sehen, wie sehr sich wirklich alle gefreut haben und wie locker die Sportler dann auch mal sein konnten bei allen Anstrengungen und bei aller Konzentration, die da den Tag über erforderlich war. Da hatte es phasenweise sogar was von Klassenfahrt-Feeling, was wirklich cool zu beobachten war – sehr gelöst, sehr lustig, sehr offen. Und natürlich hatten wir auch ein wenig den scherzhaften Trumpf in der Hand sagen zu können „na, wenn wir euch die Flaschen angeben, dann klappt das auch mit dem Etappensieg. Sollte es in Zukunft mal nicht so laufen, ihr habt unsere Nummern…“

    Abgesehen von der „Siegesfeier“ und der guten Stimmung deshalb, wirkt das ansonsten aber alles schon maximal professionell, was da so passiert und es hat absolut den Anschein, dass wirklich alles von Anfang bis Ende durchdacht/durchgeplant ist. Das habe ich so in dem Ausmaß auch bisher selten gesehen bei Leistungssportlern. Alles (und ich meine wirklich alles) was die Sportler trinken und essen wird gewogen, dokumentiert. Jede Einheit auf der Rolle – sei es beim Einfahren oder Ausfahren – ist zeitlich genau festgelegt. Da fährt keiner einfach mal eine Minute länger oder kürzer. Einen eigenen „Food-Truck“, wo genau das gekocht wird, was man für richtig hält. Einen eigenen „Daten-Bus“, wo alles gesammelt und ausgewertet wird. Wirklich Wahnsinn, was da hinter den Sportlern für ein Konstrukt an Leuten dranhängt. Und es wirkte auch absolut so, dass man genau daraus das Selbstvertrauen zieht. Fast so nach dem Motto, wenn wir es machen, wie wir es uns vorgenommen haben und sich jeder an die Vorgaben hält, dann können wir nicht verlieren. Fast so als würde man tatsächlich glauben, man könne Radrennsport planen und vorhersagen.

    Ich bin auf jeden Fall gespannt, wie die Tour dieses Jahr ausgeht. Angesichts der Eindrücke, die ich sammeln und aufgrund der völligen Überzeugung von Visma, die ich miterleben durfte, kann ich mir sehr gut vorstellen, dass deren Plan wirklich komplett aufgeht und Vingegaard in der 3.Woche das Gelbe Trikot übernehmen und die Tour gewinnen wird. Aber wie auch immer das Ergebnis aussehen wird, diese beiden Tage und vor allem der 10.Juli.2024 wird auf ewig in meiner Erinnerung bleiben. Ein wahnsinnig ereignisreicher Tag mit unzähligen Eindrücken, vielen sehr coolen Menschen und einer einzigartigen Stimmung. Ich lasse mich überraschen, ob etwas Vergleichbares in Zukunft noch einmal möglich sein wird, kann aber wirklich jedem radsport- bzw. generell sportinteressiertem Menschen nur raten, sich die Tour einmal live vor Ort und idealerweise im Gebirge anzuschauen. Logisch waren die Einblicke, die wir bekommen haben besonders. Aber alleine die Stimmung an den Anstiegen, das Miteinander der Leute dort – einfach einzigartig und ein überragendes Erlebnis!

    Wir werden jetzt noch etwas Frankreich genießen (hätte auch nicht gedacht, dass ich so etwas mal schreiben werde…). Haben einen ganz coolen Tipp bekommen und ein paar nette Leute kennengelernt (lustiger weise keine Franzosen) mit denen wir jetzt zumindest bis Sonntag noch ein wenig Zeit verbringen, die Tour im Fernsehen schauen und dann zurück nach Deutschland fahren. Dann ist etwas Erholung angesagt, denn nach der Tour ist schließlich vor dem Trainingslager und vor Olympia. Allen weiter viel Spaß mit der Tour de France, dem besten Fahrer den Sieg und kommt echt nach Frankreich und schaut es euch live an. Ihr werdet es nicht bereuen!


    PS: Coole Idee mit dem Tippspiel – hoffe ich bin noch nicht zu spät um mitzumachen.

    GC: Vingegaard – Pogacar – Evenepoel – C. Rodriguez – Almeida

    Grün: Girmay

    Berg: Vingegaard

    Weiß: Evenepoel

    Team: UAE

    Aktiv: Abrahamsen

    Warum hätte Jorgenson das machen sollen, wäre taktisch ziemlich unclever gewesen.

    Direkt dahinter hatte man mit Laporte und van Art noch 2 Fahrer, wieso helfen die abzuhängen? Was hätte es gebracht Pogacar zu unterstützen, evtl wäre Jorgensen irgendwann platt gewesen und Vingegaard wäre auf für ihn ungünstigem Terrain alleine mit Pogacar gewesen, oder ist worst case hätte man Vingegard platt gefahren.

    Das war meiner Meinung nach absolut richtig, hier nichts zu machen, man hat ja auch danach gesehen das Visma immer darum bemüht war das Tempo zu kontrollieren, hoch aber nicht zu schnell.

    Es war zu dem Zeitpunkt nicht mehr ewig weit zum Ziel, alle Anstiege waren ebenso vorbei, wie die allerschwersten Schotter-Abschnitte und die drei hatten schon eine ganz gut Lücke. Wenn Pogacar und Jorgenson Tempo gefahren wären, um Roglic und Evenepoel zu distanzieren, hätte Vingegaard nicht arbeiten müssen, keine Kräfte investiert. Aber ebenso wie Pogacar Zeit auf Roglic und Evenepoel gut machen können.

    Und dahinter hätten Laporte, van Aert und Co sich ebenso ausruhen und gucken können, ob Evenepoel und Roglic wieder rangekommen wären ohne besonders viele eigene Helfer. Dann hätte Visma wieder übernehmen können.

    Was war also das Risiko für Visma? Dass Pogacar am Ende es nochmal versucht und auch Vingegaard/Jorgenson noch abhängen will? Puh. Möglich, aber auch nicht garantiert, dass er es probiert und dann auch schafft, zumal wenn Vingegaard nicht mitgeführt hätte und die Strecke zum Ziel hin ja "immer einfacher" wurde.

    Klar nicht frei von Risiko, aber es gab immerhin auch was zu gewinnen - zumindest wenn man Roglic und Evenepoel als ernste Konkurrenz ansehen würde. Was man (vielleicht ja auch berechtigt, keine Ahnung) offenbar nicht so sieht.

    Vingegaard kann mit der Etappe und der ersten Woche insgesamt sehr zufrieden sein, unter normalen Umständen arbeitet die Zeit für ihn (wenn man annimmt das sein Formaufbau funkioniert hat). Bisher war es fast immer so das die Fahrer die den Giro kompetiv gefahren sind, in der dritten Woche der Tour deutlich schwächer wurden, Vingegaard sollte in der dritten Woche in Topform sein. Wenn das funktioniert ist es völlig egal ob man heute eine Minute auf Evenepol und Roglic gewonnen hätte oder nicht.

    Ich glaube auch, dass Vingegaard bisher sehr zufrieden ist. Die Umstände sind aber eben nicht normal. Selten wurde ein Giro-Sieger so wenig (heraus-) gefordert während der Italien-Rundfahrt wie Pogacar in diesem Jahr. Und auch ich glaube, dass man bei Visma auf die dritte Woche setzt und glaubt dort aufholen zu können auf alle, aber der Formaufbau von Vingegaard war alles, aber nicht unter normalen Umständen. Der hat mehrere Tage im Krankenhaus gelegen, hatte 0 Rennkilometer vor der Tour - könnte auch sein, dass der hinten heraus komplett eingeht, weil ihm die Tiefe fehlt - who know's unter diesen Umständen?

    Und wenn du bei der Tour Zeit gewinnen kannst, dann sollte man die zumindest mMn nicht liegen lassen. Aber bei Visma scheint man sehr selbstbewusst, dass Vingegaard in der 3.Tour-Woche funktionieren wird und es nur darum geht Pogacar zu schlagen, nicht Roglic und Evenepoel. Wenn das klappt, alles richtig gemacht - wie du sagst. Ich bin halt nur überrascht, wie selbstbewusst man das angeht unter diesen Umständen und bin gespannt, ob das aufgeht.

    MrBlue

    Geil. Welche Etappen wirst du sehen?

    Mittwoch, 11.Etappe in jedem Fall - wie schon berichtet. Ob wir danach auf eigene Faust noch was dranhängen ist noch nicht ganz klar bzw ausverhandelt mit unseren Begleiterinnen. Sonntag am französischen Nationalfeiertag am Plateau de Beille hätte natürlich sehr viel Charme - aber das ist halt noch ein ganzes Stück und dann zurück vor allem auch sehr weit. We will see!

    Also Visma scheint Evenepoel und Roglic als Gegner von Vingegaard ja nicht wirklich ernst zu nehmen. Ansonsten hätte Jorgenson doch vorhin mit Tempo fahren können zusammen mit Pogacar. Dann hätte auch Vingegaard Zeit auf die anderen Kontrahenten gut machen können - habe ich jetzt nicht so wirklich verstanden?

    Ansonsten ist Bora heute mit einem blauen Auge davon gekommen. Roglic klar der schlechteste der Favoriten auf diesem Untergrund. Wenn Pogacar und Co dauerhaft ernst gemacht hätten, hätte Roglic sicher Rückstand gefressen. Dazu war die Mannschaft, die ja eigentlich mit auf dieses Terrain ausgelegt war (Haller, Jungels und Co) deutlich dezimierter im Vergleich zu Visma oder UAE. Vlasov sah zwar schwer gekennzeichnet aus, aber unterm Strich hätte das zeittechnisch viel schlimmer ausgehen können für Bora/Roglic.

    Ansonsten hätte ich heute viel Geld auf van der Poel gesetzt. Sah ja auch lange gut aus, aber doch erstaunlich, dass die Verfolgergruppe um vdP und Girmay (wieder stark) so gar nicht an die Ausreißer rangekommen ist.

    Aber sehr schöne, spannende Etappe mit interessantem Finale und viel Action an allen Enden des Feldes. Ein Tour-Sieger muss halt auch so etwas können und überstehen, mMn. Die erste Tour-Woche war spannend und die zweite verspricht ähnliches. Das Wohnmobil ist gepackt und morgen geht es gen Frankreich. Ich habe richtig Bock!

    Aufgrund seines noch recht jungen Alters und die von dir genannten Teamumstände tun wir das eigentlich noch nicht jahrelang. :madness;)

    Ich glaube es war so gemeint, dass wir jahrelang auf einen weiteren echten Contender zu Pogacar und Vingegaard warten - nicht explizit auf Evenepoel - sondern generell auf einen weiteren, dritten echten Player, der nachhaltig in den Kampf um Gelb eingreifen kann. Und Evenepoel scheint diesem Wunsch bisher am Nächsten zu kommen.

    Also das Zeitspiel haben sie schon mehr als übertrieben. Dazu auch solche Dinger wie bei Wirtz in der 115 min gegen den 4er von Spanien. Als der Spanier im Zweikampf Wirtz blockt und dann wie ein sterbender Schwan umfällt.


    Schön das du mir was unterstellst. Du hast auch immer die Weisheit mit Löffeln gefressen.

    Ich würde so eine Aktion auch bei Rüdiger in dem Ausmaße nicht als clever bezeichnen. Hast du dir Szene eigentlich mal angeschaut? Ich habe es gerade gemacht und das ist halt nicht nur ein taktisches Foul.

    Ich unterstelle dir nichts, sondern habe lediglich beschrieben, wieso ich das deutlich anders sehe als du. Und aus deiner Reaktion jetzt spricht sehr deutlich Enttäuschung - völlig verständlich, aber auch etwas unnötig - aber sei dir verziehen. Macht deine Kritik an Carvajal aber nicht korrekter aus meiner Sicht:

    Ja, ich habe mir die Szene nochmal angeguckt. Klar ist das unsportlich und klar greift er auch noch ins Gesicht, weil das ziehen erst nicht reicht. Aber es bleibt einfach clever und in der Spielsituation ein schon 100x gesehenes Foul. Was, wenn er das nicht macht und daraus resultiert der Ausgleich? Dann ist er in Spanien der Depp und jeder sagt 'Na da muss er foulen.' Dass ist ein völlig normales Verhalten in der Situation - ein unsportliches Verhalten, aber ein absolut übliches und cleveres, da zu foulen. Für die verlierende Mannschaft bitter und gut, um sich daran hochzuziehen, aber im Fußball nichts außergewöhnliches.

    Da muss man halt auch mal in der Lage sein, die eigene Enttäuschung kurz beiseite zu packen und sich zu fragen, wie man die Szene andersherum bewertet hätte. Wenn du ernsthaft meinst, du hättest das genauso beurteilt - bitte. Dann gehörst du da offenbar zu den Ausnahmen. Ich hätte mich andersherum keinesfalls aufgeregt und daher kann ich es auch so nicht machen - alles andere wäre ja Panne.

    Auch sich über Zeitspiel aufzuregen im Fußball werde ich nie verstehen und ist mMn ebenfalls naiv. Jedes Team betreibt Zeitspiel, wenn es sein muss. Spanien gestern, die Deutschen im WM Finale gegen Argentinien, usw - wirklich jede Nationalmannschaft und jede Vereinsmannschaft. Auch da gilt bei den meisten Fans, macht es das eigene Team ist es clever, machen es die anderen ist es unfair. Und das ist für mich halt auch eine naive Sichtweise, die meist aus der eigenen Enttäuschung, ob der drohenden Niederlage heraus resultiert.

    Auf den warten "wir" ja schon einige Jahre bei der Tour. Er Strassenweltmeister, TT Weltmeister, Vuelta Sieger und ohne Covid letztes Jahr vermutlich auch Giro Sieger und Monument Gewnner, alles mit 24 Jahren.
    Wirklich beweisen muss er mMn niemanden mehr etwas. Sein größtes Problem ist dass er mit Landa vermutlich nur einen relevante Helfer in den hohen Bergen hat.

    Nur einen relevanten Helfer in den hohen Bergen scheint Vingegaard auch nur zu haben in Jorgenson. Insofern ist das kein exklusives Problem von Evenepoel, zumal Landa bisher sehr gut aussieht.

    Das Talent von Evenepoel ist natürlich unbestritten und ich finde ihn bisher auch erstaunlich stark. Dass er allerdings in den ersten 1,5 Wochen theoretisch mithalten kann, ist jetzt noch nicht sooo überraschend. Die letzte Woche wird es für ihn wohl richten - so viele +2.000 sind jetzt nicht sein größtes Kompetenzgebiet im Vergleich zu den anderen. Da darf man gespannt sein, ob er wirklich schon bereit ist für ganz vorne. Sein Selbstbewusstsein ist auf jeden Fall (gewohnt) groß und er sagt selbst, er hat die Beine für's Podium. Ich bin gespannt.

    Heute dann vielleicht ein Tag für Ausreißer bzw einen Sprint einer kleineren Gruppe (ohne die reinen Topsprinter hätte ich bei so einer Etappe an de Lie gedacht), bevor dann morgen die Aktion richtig losgeht.

    Leider haben die Spanier gestern echt viel meiner Sympathie verloren durch ihr Verhalten auf dem Platz. Das letzte Foul war ja auch schon fast mehr eine Tätlichkeit als taktisches Foul.

    Puh, das ist aber schon sehr durch die deutsche Brille geschaut in der Beurteilung. Wenn die Szene andersherum läuft, Deutschland führt 2:1, Rüdiger macht so einen Move in der 122. und man kommt weiter, wird die gleiche Aktion gefeiert. Da verliert das Team zu dem du hältst ja auch nicht deine Sympathie, oder?

    Die Aktion von Carvajal war einfach nur clever und nahezu jeder Fußballprofi hätte sich in der Szene identisch verhalten. Da jetzt von unsympathisch zu sprechen ist aus meiner Sicht schon sehr naiv.

    Wie bereits gesagt, war ich beim Dänemark-Spiel im Stadion und da fand ich die Laufwege von Havertz Wahnsinn und dessen Bedeutung für das Spiel sehr groß. Du konntest es halt super sehen, wie dadurch dahinter jedes Mal Räume aufgehen für Musiala, Gündogan und Co. Dabei bleibe ich auch. Das war live im Stadion gut zu sehen und einfach sehr auffällig und geldwert für das deutsche Spiel.

    Gestern vor dem TV sieht man das natürlich nicht annähernd so gut, da man nur einen kleinen Teil des Spielfeldes sieht. Entsprechend kann ich den von mir nach dem Dänemark-Spiel genannten großen Vorteil von Havertz nicht auch auf das Spiel gestern übertragen. Heißt nicht, dass Havertz diese Läufe nicht wieder gemacht hat, ich konnte es halt nicht so sehen wie live im Stadion. Und dann kann ich verstehen, dass man Havertz dann kritisch sieht, wenn dieser Aspekt wegfällt. Hat bei Arsenal das erste halbe Jahr auch jeder gemacht (Havertz kritisch gesehen) außer Arteta. Mittlerweile ist er da unumstritten - sagt vielleicht auch was aus...

    Ich fand gestern Sane am schlechtesten (bei dem verstehe ich halt nicht einmal den Sinn seiner Aufstellung) und die Korrekturen zur Halbzeit sinnvoll (Wirtz und Andrich rein). Havertz war nicht gut, aber ich kann halt immer noch nachvollziehen, was der Gedanke hinter seiner Aufstellung ist, wenn du mit so Leuten spielst wie Wirtz, Musiala und Co.

    Beginnt bei „nahe Distanz“.
    Das sind mehrere Meter…

    Geht weiter mit „nah am Körper“.

    Und endet mit „nicht ausgestreckt“.

    Nichts davon stimmt :madness

    Da von "nah am Körper" zu sprechen ist echt komplett lachhaft.

    Und vor allem - weil der Ball halt aufs Tor geht und brandgefährlich wird für Spanien. Durch den Arm - der ja keinesfalls nah am Körper ist (wer das behauptet, hat eine andere Szene gesehen als ich) - wird der Schuss geblockt. Wenn das kein Handelfmeter ist, dann gibt es ab sofort nie wieder Handelfmeter für irgendwas.

    Ich kann es mir nur so erklären, dass es vorher Abseits war. Alles andere wäre ein Unding und diese Rechtfertigungsversuche von Steinhaus und Ittrich - naja, lassen wir das...

    Ich wollte das stellvertretend nochmal aufgreifen weil der Fall "faschistischer Gruß" beim Wolfsgruß wohl garnicht so eindeutig ist.

    Er wird auch von vielen politisch überhaupt nicht extremen Türken verwendet und ist da eher ein Zeichen der Verbundenheit.

    Ich muss ehrlich sagen, dass ich mich da nicht gut auskenne aber das wurde mir nun zweimal von kurdischen Türken berichtet. Es wäre mir neu, dass die Kurden türkische Nazis ohne Grund verteidigen.

    Ich kenne mich da auch gar nicht aus, hatte jetzt in den letzten Tagen aber auch zwei Gespräche mit Türken, die ähnliches gesagt haben. Einer von denen ist tatsächlich auch Kurde und alles, aber sicher nicht auf der Seite türkischer Nazis. Aber auch er sagte, dass dieser Gruß in der Türkei weiter verbreitet ist bzw eben nicht ausnahmslos als faschistisches Zeichen benutzt wird. Vielmehr hat er genau deine Aussagen bestätigt, dass es eben auch unter nicht extremen Türken ein Zeichen des Zusammenhalts wäre. Finde ich zwar komisch, dass man so ein Zeichen mehrdeutig verwendet, aber scheint ja so zu sein.

    Wie gesagt, ich kenne mich nicht aus, aber die Aussagen würden die von SKOLogne bestätigen und dann müsste man sich den Fall und den Spieler halt ein bisschen differenzierter anschauen als plump zu sagen, dass war ein faschistischer Gruß, den müssen wir direkt mal sperren.

    Arnaud de Lie vielleicht der stärkste Mann im Finale, aber einfach zu nervös und viel zu früh attackiert und damit den Weg für Dylan Groenewegen geebnet.

    De Lie gefällt mir bisher auch richtig gut. Hatte ich ja als jungen Mann to watch genannt vorher. Dass da in dem Alter noch ein bisschen die Abgezocktheit und Erfahrung fehlt ist sicherlich ganz normal, aber dass er jetzt bei reinen Sprintetappen schon so gute Ergebnisse erzielt freut mich sehr.

    Auffällig, dass kein Sprintzug eines Teams bisher wirklich funktioniert. Van der Poel, der sicherlich viele der Siege von Philpsen aus dem Vorjahr mustergültig vorbereitet hat, scheint in diesem Jahr nicht ganz die Form zu haben und dann tut sich auch ein Philipsen schwer.

    Drei Sprintankünfte, drei Sieger - das darf gerne so weitergehen. Morgen dann das erste Einzelzeitfahren. Eigentlich sind keine großen Abstände zu erwarten, aber angesichts der bisher gezeigten Leistungen bin ich extrem gespannt auf Evenepoel.

    Ich weiß gar nicht woher der Konsens hier kommt (wurde auch vorher schon mal angedeutet), dass gerade Pogacar in der Abfahrt so viel Risiko gegangen ist. Im technischen ersten Teil hat Vingegaard mehr riskiert und Zeit auf ihn gut gemacht. Erst auf den langen Geraden im weniger technischen Teil ist Pogi dann weggezogen.


    Auch das hat Pogacar im Interview doch gesagt. Zu Beginn gab es mehr Schmelzwasser auf der Straße als erwartet, weswegen er im ersten Teil nicht so viel Gas gegeben hat wie gewollt. Ähnlich hat sich auch Evenepoel geäußert.

    Als die Strecke trockener wurde, hat es Pogacar fliegen lassen. Das war nicht erst auf den langen Geraden, aber deswegen kam der Abstand erst im Laufe der Abfahrt und nicht direkt von Beginn an.

    Nur mal kurz zum Sportlichen:

    So ganz habe ich den Hype um Österreich ohnehin nicht verstanden. Klar haben die gerade spielerisch eine tolle Vorrunde gespielt und ja, da sind auch gute Fußballer am Start, aber wie die da teilweise zum Titelaspiranten hochgeschrieben wurden - naja. Unterm Strich kannst du in einer Vorrunde noch so toll spielen, es gibt vier ko-Spiele zu gewinnen und die letzten Turniere haben gezeigt, dass selten das Team gewinnt, welches den schönsten Fußball spielt.

    Gestern sind die Österreicher für mich auch so ein wenig "in Schönheit gestorben." Noch ein Pass, nochmal Quer - das war immer einmal zu viel anstatt mal etwas konsequenter den Abschluss zu suchen - eben auch typisch Rangnick.

    Damit sind es eben doch am Ende Nationen wie Holland, Frankreich, England, Portugal, die im Viertelfinale stehen ohne überragend performt zu haben. Und ich warne ja auch weiter eindringlich vor solchen Sprüchen wie "Spanien Deutschland ist ein vorweg genommenes Finale und der Sieger wird sicher Europameister." Nein, das Spiel ist ein Viertelfinale und danach würden Portugal oder Frankreich und danach noch eine weitere starke Mannschaft warten. Und die Leistungen bis zum Viertelfinale bringen dir im nächsten Spiel rein gar nichts - frag mal in Österreich nach.

    Von daher sehe ich das Turnier mittlerweile komplett offen, auch wenn ich die Franzosen immer noch ganz oben auf der Liste habe. Überhaupt, bei allen teils kuriosen Vorrunden-Ergebnissen sind es unterm Strich jetzt keine sonderlich überraschenden Viertelfinals. Vielleicht etwas andere angeordnet als erwartet, aber von den Namen her überrascht allenfalls die Türkei ein bisschen (und das auch nur, weil die ja durchaus gegen Frankreich hätten spielen können im Viertelfinale).

    Ganz viel Erfahrung, Gefühl und Können.

    Ich würde noch Streckenkenntnis ergänzen wollen.

    Ein Pogacar knallt die Abfahrt gestern nicht so runter, wenn er sich die nicht vorher im Training ganz genau angeschaut hat. Ich will jetzt nichts sagen, dass der den Kurs kennt wie ein Bobfahrer die Bahn, aber das geht bei wichtigen Abschnitten absolut in diese Richtung.

    Die erste Etappe im Hochgebirge und der erwartbare Ausgang - Pogacar attackiert und fährt vor allem auf der Abfahrt einen ersten leichten Vorsprung heraus.

    Respekt aber an Vingegaard. Eine sehr starke Vorstellung und so ganz unglücklich dürfte er mit dem Ausgang nicht sein. Er hat ja sogar selbst gesagt, dass er von Tag zu Tag besser werden sollte und entsprechend auf Woche 3 hofft.

    Sein größtes Problem aber wird sein Team sein. Visma ist da einfach nicht konkurrenzfähig im Vergleich zu UAE. Jorgenson ist der einzige, der so halbwegs mithalten kann. Ansonsten ist Vingegaard da ziemlich isoliert. Und da Radsport unterm Strich ein Mannschaftssport ist, wird das für Vingegaard ein riesen Nachteil werden.

    UAE mit der Machtdemonstration, die man ersetzen konnte. Ayuso und Almeida sahen sehr stark aus. Auch Nils Politt mit einer unfassbar starken Vorstellung!

    Eine weitere große, positive Überraschung ist für mich Evenepoel. So stark habe ich den in dieser Höhe noch nicht gesehen. Ob er das drei Wochen lang wird halten können bleibt abzuwarten. Aber mit dem anstehenden Zeitfahren sollte Remco zumindest mal noch eine Woche lang vorne mitfahren können und auch sein Team war überraschend stark.

    Zu den Enttäuschungen des Tages gehören für mich neben Carapaz auch die Jungs von Bora. Roglic sah bergan zwischendurch gar nicht so gut aus, macht das aber dann noch sehr gut, so dass er nicht viel verliert. Aber Hindley und Wlasov sahen gar nicht gut aus und waren erstaunlich schwach.

    Was ein Start in die heutige Etappe. Die ersten 30km sind schneller gefahren worden als gestern und das obwohl es da topfeben war und heute eigentlich durchgängig bergan ging.

    Die Gruppe vorne ist gut besetzt - vor allem FDJ mit drei sehr starken Fahrern dabei - aber das Feld ist auch wachsam und scheint die Ausreißer nicht ewig weit weglassen zu wollen. Außerdem van Aert schon abgehängt im Feld. Selbst wenn er auf der ersten Abfahrt nochmal zurückkommen sollte, wenn UAE nachher mal Gas gibt, dann könnte Vingegaard echt isoliert werden, so wie sein Team aussieht...

    Bin sehr gespannt wie ernst die Top-Leute heute machen.

    Zum Zeitpunkt des Ausgleichs war doch noch gar nicht klar, dass die Hälfte der Deutschen so schwierig werden würde.

    Klar Spanien im Viertelfinale war schon fix. Aber dass am Ende auch noch Frankreich als möglicherweise Halbfinal-Gegner dazu kommt, konnte in dem Moment niemand wissen.

    Von daher verstehe ich die Diskussion da nicht ganz bzw entsteht diese ja nur, wenn man die Geschichte von hinten nach vorne erzählt - was ich nie für klug halte. Außerdem würde ich es im Sport für extrem fahrlässig halten, wenn du dir vor oder während deines letzten Gruppenspiels schon Gedanken über einen möglichen Viertel- oder Halbfinalgegner machen würdest.

    Was dieses permanente Gemeckere über den französischen Fußball soll, ist mir ehrlich gesagt ein komplettes Rätsel. Die deutsche Fußballnationalmannschaft hat in den 1990er bzw auch noch zu Beginn der 2000er Jahre auch teils echt unansehnlichen Fußball gespielt und trotzdem phasenweise sehr große Erfolge gefeiert. Da hieß es dann immer "Deutsche Tugenden" und man sei eine Turniermannschaft. Jetzt sind die Franzosen seit Jahren zwar pragmatisch, aber wahnsinnig erfolgreich und dann ist das aber alles zu langweilig und nicht gut genug? Sehe ich gar nicht so und habe allerhöchsten Respekt vor den Franzosen und sehe sie nach wie vor als Team to Beat.

    Das Frankreich für sowas auch IMMER belohnt wird ey :xp:

    Für was genau?

    Es ist jetzt sicher kein Fußball-Leckerbissen, aber der Spielstand ist ja jetzt nicht unverdient, oder?

    Die Franzosen sind einfach abgeklärt ohne Ende. Die lassen defensiv so gut wie gar nichts zu und haben offensiv die Gewissheit immer ein Tor machen zu können - zur Not eben so ein glückliches. Aber sollten die Franzosen weiterkommen, würde ich das absolut als verdient ansehen heute. Die Belgier waren doch keinesfalls besser.

    Ich kann mich jetzt nicht an einen Fall in den letzten Jahren erinnern, in dem das Gelbe Trikot nicht zumindest nominell gegen Ausreissertruppen verteidigt wurde, auch in den frühen Wochen. Die Regel wird meiner Meinung nach schon noch gelebt. Aber halt nicht über die Verteidigung des Trikots hinaus.

    Logisch habe ich nicht jede Tour im Kopf, aber es gab ja durchaus schon sehr prominente Momente, in denen der Träger des Gelben Trikots bzw seine Mannschaft die Gesamtwertung ganz bewusst abgegeben und eben das Trikot nicht auf Biegen und Brechen verteidigt hat.

    Ist zwar tatsächlich schon etwas her, aber da fällt mir als erstes immer Oscar Pereiro ein, dem Phonak um Floyd Landis 2006 irgendwas um 30 Minuten gegeben hat als Ausreißer (mit Jens Voigt) und ihm so nicht nur für den Moment zu Gelb verholfen hat, sondern unterm Strich und durch die Disqualifikation von Landis ja letztlich auch zum Toursieg (glaube zumindest, dass er mittlerweile auch offiziell Toursieger 2006 ist).

    Ohne jetzt das Rennen zu schauen.... könnte man dann heute davon ausgehen, dass das Team von Mark Cavendish vorne fährt, um ihm einen Sprint am Ende zu ermöglichen?

    Theoretisch Ja.

    Allerdings hat Cavendish an den letzten beiden Tagen extrem gelitten und sein Team da schon sehr für ihn arbeiten müssen, um ihn mit großen Abstand überhaupt ins Ziel zu bringen. Ich glaube nicht, dass Astana daher heute besonders viel machen wird. Cavendish will sicherlich irgendwie diese eine Etappe noch gewinnen - aber es gibt noch einige Möglichkeiten und heute sehe ich sein Team nicht in der Verfassung dazu.

    Alpecin ist hier sicher das Team, welches am Meisten investieren sollte. Aktuell sieht es ja auch so aus, dass Alpecin, Lidl und Bahrain (Bauhaus scheint sich gut zu fühlen?!) die meiste Führungsarbeit übernehmen - aber ja alles extrem langsam. Wenn das so weiter geht, kommen sie heute erst nach 18Uhr in Turin an.

    Gut zusammengefasst!

    Dazu gilt Fahrer in Gelb natürlich als "besonders schützenswert", oft sind das zu Beginn von GTs Fahrer und auch Teams die selten in diesen Genuss kommen und deswegen alles daran setzen ihren wichtigsten Mann aus allen Gefahren rauszuhalten und dass ist vorne wesentlich leichter als irgendwo mitten im Feld.

    Völlig richtig.

    Wobei du ja auch vorne im Feld fahren und so die Risiken eines Sturzes z.B. minimieren kannst für deinen Kapitän, ohne dabei zwangsläufig im Wind fahren zu müssen - wie man heute ja sehen kann.

    Dieses Mantra, dass das Team des Gelben vorne im Wind arbeiten muss, ist aus meiner Sicht etwas überholt bzw ist halt komplett situaionsabhängig. Wenn jetzt beispielsweise die Jungs von Uno-X oder so das Gelbe Trikot erobert hätten, würden die auch heute geschlossen vorne fahren und arbeiten. Da gäbe es für den Sponsor und das Team ja nichts Größeres/Besseres sich zu präsentieren und Gelb zu verteidigen. UAE ist ja aber völlig egal, ob sie morgen früh noch Gelb tragen oder nicht. Die wollen in Nizza oben stehen und ein Tag mehr oder weniger in Gelb spielt da anders als bei manch anderen Teams keinerlei Rolle. Hat man's okay, verliert man's auch nicht schlimm, so lange man es nicht an den falschen Fahrer verliert bzw Zeit auf den falschen Fahrer verliert.

    Kann jemand bitte für einen absoluten Laien erklären was dahinter steckt?

    Warum sollte gerade das Team mit Gelb arbeiten müssen?

    Es gilt so ein bisschen als ungeschriebenes Gesetz, dass das Team des Führenden die Nachführarbeit übernimmt bzw ganz vorne im Feld fährt.

    Wie man heute sieht, ist das aber keinesfalls verpflichtend oder immer so, denn es gibt ja auch andere Teams, die ein Eigeninteresse an der Nachführarbeit haben. Heute eben die Sprinterteams, die den Abstand von Ausreißern gering halten wollen, um am Ende einen Massensprint in Turin zu bekommen.

    Und UAE kann das ja im Prinzip völlig egal sein. Selbst wenn jetzt irgendwelche Ausreißer mit 15 Minuten Vorsprung ins Ziel kommen sollten, wäre das für UAE bzw Pogacar keinesfalls beunruhigend. Von daher ist das auch ein bisschen überholt, dass das Team in Gelb immer am Meisten investieren muss.

    Also die Angst, dass UAE heute durch das Gelbe Trikot wer weiß wie wird arbeiten müssen, hat sich ja mal als komplett unbegründet erwiesen.

    Absoluter Bummelstart angesichts der Strapazen der ersten beiden Tage und des bevorstehenden Ritts morgen. Das werden die Sprinterteams kontrollieren und UAE muss nichts investieren.

    Könnte mir trotzdem vorstellen, dass Evenepoel heute heiß auf Gelb ist und im Spielsprint versuchen wird in die Top15 zu kommen, um dann bei seiner ersten Tour direkt in Gelb zu fahren.

    Naja. Roglic hat jetzt 21 Sekunden Rückstand. Finde es ein bissel verfrüht zu sagen, dass er quasi schon raus ist.

    Bei Bora war man vorher super zuversichtlich und hat betont, dass Roglic in Topform wäre - siehe auch Douphine-Sieg. Und dann kommt er zu einem Berg wie heute, wo er schon mehrfach Rennen gewonnen hat, wo er sich auskennt, eigentlich wohlfühlt und wird direkt abgehangen...

    Logisch ist die Tour noch lang und noch nichts entschieden. Aber es ist definitiv ein Fingerzeig und die Zweifel, die ich an Roglic hatte, sind nach heute definitiv nicht kleiner geworden. Würde es wie Rupi#57 sehen, dass Roglic in Nizza nicht die Nummer 1 bei Bora sein könnte. Und ich könnte mir vorstellen, dass das die Chancen von Bora durchaus erhöht, wenn sie ihre Trumpfkarte spielen drei Stars zu haben anstatt alles auf eine Karte zu setzen.

    Ansonsten bestätigt sich mein Eindruck von gestern. Es gibt nicht das eine Team, das so stark ist das Feld und die Ausreißer des Tages kontrollieren zu können. Wobei man heute zwei "Aber" anbringen sollte: ohne den Sturz im Hauptfeld wäre es deutlich enger geworden für die Ausreißer und ob UAE heute mit alle Mann Vollgas gefahren ist, darf man auch anzweifeln. Vingegaard aber ähnlich wie Evenepoel erst einmal offenbar schon ganz ordentlich in Form. Mal gucken, wie das am Dienstag im Hochgebirge aussehen wird.

    Es war mein Eindruck im Stadion. Wenn man sich deine Statistik anschaut, sagt die erst einmal was anderes und stützt meine Eindrücke nicht wirklich. Die Zahlen sehen auf den ersten Blick ordentlich.

    Habe gerade aber mal in meine Fussball-App geschaut, die bestätigt deine Zahlen, aber wenn man mal genauer hinschaut, waren meine Eindrücke vielleicht doch nicht so falsch:

    Zweikampfquote von 40% bei Schlotterbeck am Boden (2 von 5) und 80% in der Luft (4 von 5). Macht dann in Summe 6 von 10 und gute 60%. Aber 40% am Boden ist nicht gut und da bleibe ich dabei, dass ich Schlotterbeck als Unsicherheitsfaktor empfunden habe. Zumal er eben nicht ansatzweise so aggressiv nach vorne verteidigt hat, wie es Rüdiger getan hat. Da sehe ich Tah als deutlich passender. Will jetzt Schotterbeck auch nicht schlecht reden - gut, dass wir einen solchen 3.Verteidiger haben. Aber 100%ig wohl ist mir bei ihm nicht, da ich ihn im Zweikampfverhalten/Stellungsspiel am Boden nicht gut bzw sehr Up and Down fand. Und der Eindruck war offenbar nicht so ganz verkehrt.

    Die Kritik an Havertz ist aber trotzdem mehr als nur Volkssport. Er hatte bis zu seiner Riesenchance keine wirklich gute Ballaktion. Da sind die Laufwege schön und gut aber das allein kann eben auch nicht reichen. Bei seinem Talentlevel dürfte man da schon mehr erwarten. Zudem ist sein Kopfballspiel einfach mies. Da kann man jetzt natürlich auch sagen, dass man dann weniger Flanken schlagen müsste. Stimmt vllt auch aber das scheint ja offensichtlich nicht der Plan zu sein. Ich muss mir halt überlegen, was ich will. Wenn ich mit Havertz spiele, muss ich mich eigentlich mit flachen Pässen nach vorne kombinieren.

    Zu Schlotterbeck: Das war gestern ein durchaus typisches Schlotterbeck Spiel, was bedeuten soll, dass er eigentlich sehr gut war bis auf das Hirnfurzdribbling im eigenen 16er. Ansonsten kann ich mich an keine richtig miese Situation erinnern. Da müsstest du mal nachhelfen. Im Gegenteil habe ich bei ihm so viel gutes gesehen, dass er sich durchaus für das Viertelfinale aufdrängt.

    Du sagst es doch selbst genau richtig und erklärst dir doch perfekt selbst, warum Deutschland aktuell mit Havertz spielt anstatt mit Füllkrug:

    Nagelsmann muss sich überlegen, wie er spielen will. Hat er ja ganz klar gemacht - Musiala, Wirtz (auch wenn gestern mal Sane starten durfte), Gündogan, dahinter Kroos. Das Team will es spielerisch lösen, viel Ballbesitz, Kombinationen. Und da ist Kai Havertz einfach die viel bessere Option als Füllkrug. Nicht falsch verstehen - ich mag Füllkrug auch super gerne, wie der sich reinhaut, was für einen Instinkt der vor dem Tor hat. Aber Füllkrug macht eben genau nicht diese tiefen Wege wie Havertz und dadurch bleibt das Spiel für Musiala und Co halt viel enger und schwieriger. Gestern geht nahezu jeder Angriff in der Entstehung auf Havertz, der den Ball ablegt und sofort mit Tempo tief startet. Die Konsequenz daraus ist, dass ein Verteidiger Havertz aufnehmen muss und entsprechend mitgeht. Den Verteidiger haben Musiala, Gündogan oder auf wen Havertz auch immer ablegt, dann eben immer weniger vor sich und somit mehr Platz und Zeit. Und was die Jungs dann mit mehr Platz und mehr Zeit anfangen können, müssen wir wohl nicht mehr diskutieren.

    Das ist aus meiner Sicht der ganz klarer Plan der deutschen Mannschaft, der bei nahezu jedem Angriff zimindest versucht wird. Havertz zieht da jedes Mal den tiefen Sprint an, macht viele Wege und reißt Löcher. Das ist sowas von Gold wert für dieses Team. Logisch macht Havertz das im Abschluss dann nicht gut bzw ausbaufähig. Aber ich kann auch verstehen, dass ihm bei der Spielweise und bei den ständigen Läufen dann vor dem Tor die letzte Konzentration fehlt. Aber für mich reicht allein diese Qualität und die Laufwege von Havertz für einen Stammplatz, weil es so viel für andere öffnet und auch so stressig für die Innenverteidiger ist.


    Schlotterbeck hatte ohne Zweifel gute und auffällige Aktionen - gerade offensiv. Das aberkannte Tor, weitere gefährliche Kopfbälle, den Pass zum 2:0 - alles super. Aber defensiv fand ich ihn nicht gut und das lag nicht nur an seinem Stolperer. Ohne die Zweikampfquote zu kennen würde ich behaupten, dass die nicht gut gewesen sein kann - gerade am Boden. Er hat sich oft viel zu tief fallen gelassen anstatt wie Rüdiger aktiv zu verteidigen. Da hat Rüdiger dann einiges ausgebügelt. Und bei allen tollen Offensivaktionen ist mir halt ein Verteidiger lieber, bei dem ich Defensiv ein gutes Gefühl habe und das habe ich über 90 Minuten bei Schlotterbeck halt überhaupt nicht.