Wieder ein sehr reifer, inhaltlich guter Post von dir - Respekt!
Da musste ich mir schon für weit weniger den Vorwur der Polemik Gefallen lassen - aber gut.
Du kannst den VAR gerne weiterhin als unantastbaren, heiligen Gral ansehen, ich tue das in der jetzigen Form sicher nicht.
Und auch der von mir ausgeführte Punkt zu der Leistung von Stieler gehört da dazu - auch wenn es da dann um ein größeres Problem im Schiedsrichterwesen in Deutschland geht:
Im DFB und auch bei den Schiedsrichtern geht es nach Nasen und Sympathien, nicht nach Leistung. Entsprechend tritt man da mMn seit Jahren auf der Stelle und klopft sich auf die Schulter, lobt sich selbst über den grünen Klee, dass man doch den VAR eingeführt hat, der alles gerechter gemacht hat, anstatt weiter an den Schwachstellen zu arbeiten.
Dazu gab es im September letzten Jahres z.B. einen Bericht im Kicker. Den habe ich extra für dich Quellen-/Statistikfetischisten nochmal rausgesucht. Einen zweiten sehr guten Artikel dazu aus einer Printausgabe der FAZ ebenfalls aus Herbst 2022 finde ich leider online gerade nicht - daher nur der Link zu dem Kicker-Artikel:
Wer in der 1.Liga als Schiedsrichter auf dem Platz stehen darf ist klar geregelt – 24 Unparteiische stehen da auf der Liste und somit zur Verfügung.
Wobei es auch vorkommen kann, dass sehr gute Schiedsrichter, die der 2.Liga zugeordnet sind (16 an der Zahl) auch mal in der obersten Spielklasse aushelfen.
So weit so gut - aber wer wird als VAR eingesetzt?
Eigentlich auch klar: Prinzipiell alle Schiedsrichter der 1. und 2.Liga plus besonders qualifizierte Schiedsrichter, die ihre Karriere auf dem Rasen bereits beendet haben.
In der Praxis ist das aber längst nicht so und schon gar nicht auf so viele Schultern verteilt wie die Einsätze auf dem Rasen.
Die Schiedsrichter Aytekin, Ittrich, Petersen, Badstübner und Willenborg sind in der Saison 2021/22 gar nicht als VAR im Einsatz gewesen.
Warum? Das wird nicht kommuniziert.
Leistungsgründe können es eigentlich nicht sein, denn die spielen bei der Besetzung des VAR offenbar keine Rolle, wie u.a. die folgenden zwei von vielen Beispielen zeigen:
Günter Perl z.B. (Ex-Schiedsrichter und jetzt dank besonderer Qualifikation seitens des DFB nun VAR - wohlgemerkt eine absolute Ausnahme als Ex-Schiri, aber das hat natürlich nur leistungstechnische Gründe) durfte trotz seiner teils gravierenden Fehler beim Spiel Freiburg gegen Dortmund und Union Berlin gegen RB Leipzig jeweils direkt am nächsten TAG und somit am selben Spieltag noch wieder als VAR ran.
Der Schiedsrichter Jöllenbeck hat als VAR die kuriose Situation zu verantworten, das krasse Foul an Glatzel (HSV gegen Nürnberg – glaube ich) übersehen zu haben. Trotzdem durfte er an allen folgenden Wochenenden wieder als VAR im Einsatz sein (teilweise sogar im Doppeleinsatz 1. und 2.Liga) und gab prompt trotz klarem Handspiel keinen Elfmeter für die Hertha gegen Bayer.
Wenn man sich dann anschaut, was ein VAR verdient – offenbar über 2.000,00€ pro Einsatz in der Bundesliga (über 1.000 € in der 2.Liga) laut Kicker plus 3.000,00€ Grundhonorar pro Halbserie – dann wundert mich die Intransparenz im Schiedsrichterwesen und insbesondere von Hr. Drees als Verantwortlichem gar nicht mehr.
Für mich geht es da schon lange nicht mehr um die bestmögliche Besetzung auf dem Platz oder im Kölner-Keller. Es geht, wie nahezu überall um Macht und Geld.
Hr. Stieler z.B. (um die Brücke zu meiner Aussage von heute zu schlagen) war in der vergangenen Saison 18x auf dem Platz als Schiedsrichter aktiv und 27x (!) als VAR (16x in der 1.Liga + 11x in der 2.Liga). Glaubt man den Zahlen des Kickers was die Bezahlung angeht, dann hat Stieler mal eben ca. 50.000 € nur als VAR verdient in einer Saison.
Aytekin und auch Ittrich, die ich immer als sehr kritisch auch gegenüber sich selbst und dem Schiedsrichterwesen allgemein wahrgenommen habe, haben im gleichen Zeitraum 0 € als VAR verdient. Ein Schelm wer Böses dabei denkt.
Für den Kollegen Brych wird jetzt höchstwahrscheinlich die Altersgrenze aufgeweicht, damit er darüber hinaus pfeifen kann.
Etwas wofür schon vor ihm, viele gute Schiedsrichter gekämpft haben, aber immer gescheitert sind.
Wenn man sich das alles anschaut, dann finde ich es erschreckend, wie viel intransparentes „Geschachere“ im Schiedsrichterwesen in Deutschland im Gang ist und wie wenig darauf geachtet wird, die bestmögliche Kompetenz am richtigen Platz zu haben.
Spielst du als Spieler 3x schlecht, sitzt du auf der Bank, ggf. sogar auf der Tribüne. Bringst du als Trainer keine Resultate, wirst du gefeuert und bist deinen Job los.
Pfeifst du als Schiedsrichter schlecht oder machst als VAR eklatante Fehlentscheidungen, dann wirst du offenbar mit noch mehr Einsätzen und entsprechend noch mehr Geld belohnt - eigentlich unfassbar.
Anstatt also den VAR kontinuierlich weiterzuentwickeln, die Schiedsrichter im Umgang mit dem VAR weiterzuentwickeln, Schwachstellen zu beseitigen, auch mal inkompetente VARs/Schiedsrichter auszusortieren oder zumindest nochmal neu zu schulen, passiert beim DFB erst einmal nichts. Die Verantwortlichen Drees und Co werden nicht hinterfragt, die Schiedsrichterleistungen werden nicht hinterfragt, die Schiedsrichternominierungen werden nicht hinterfragt, etc.
Wieso auch, läuft ja alles bombig und der Fußball ist gerechter als vorher - ist klar...
Vielleicht ist die Kritik von Gräfe und anderen Ex-Schiedsrichtern Verbitterung darüber, dass sie eben nicht von diesem Sysrem profitieren, vielleicht sind sie als "Ausgestoßene" sauer und entsprechend ihre Kritik zu harsch.
Vielleicht ist an diesen Stimmen aber auch mehr Wahrheit dran, als manchen lieb ist und es geht den Verantwortlichen nur um Machterhalt. Denn würde man versuchen den VAR und das Schiedsrichterwesen weiter zu optimieren, dann müsste man über kurz oder lang sicherlich auch über die eine oder andere personelle Konsequenz diskutieren - und wer will das schon von den Verantwortlichen?
Und solange es so läuft, es da keine Bereitschaft gibt offensichtliche Schwachstellen zu beseitigen, wäre ich für eine Aussetzung des VAR. Wenn man sich dann im klaren ist, dass man kompetente Leute hat, einheitliche Regeln bzw. eine einheitliche Umsetzung der Regeln gewährleisten kann, dann gerne VAR. Aber so lange bitte nur das, was einwandfrei funktioniert - und das ist die Torlinien- und Abseitstechnik. Und bis dahin bin ich gerne bereit Fehlentscheidungen in Kauf zu nehmen, da ich für solche von Menschen auf dem Platz deutlich mehr Verständnis aufbringen kann, als für die von VARs im Kölner Keller nach Ansicht von zig Wiederholungen.