Halbzeit-Analyse: Detroit Lions (2-6)

  • Das Lazarett der Liga

    Die Erwartungen waren groß in Detroit nach dem gelungenen 42:24-Auftaktsieg gegen die Arizona Cardinals. In der Preseason hatte man mit der Verpflichtung von Erfolgstrainer Steve Mariucci, dem vielversprechenden WR-Talent Charles Rogers (2nd Pick overall) und dem routinierten (wenn auch nicht ganz billigen) CB Dre‘ Bly einige Ausrufezeichen gesetzt und nun schien von Anfang an alles rund zu laufen. Doch wer nach dem gelungenen Saisonstart schon auf Wolke sieben schwebte, der wurde schnell in die harte Realität zurückgeholt: In Spiel zwei setzte es eine deftige 6:31-Niederlage in Green Bay und danach gingen weitere fünf Spiele in Folge verloren. Auf der Suche nach Ursachen für diese schwarze Serie wird man schnell fündig: Erstens brachten einige Schlüsselspieler, nicht zuletzt QB Joey Harrington, nicht die Leistung, die man sich von ihnen erhofft hatte. Zweitens mussten die Lions eine schier endlose Serie von Rückschlägen durch Verletzungen hinnehmen, die vor allem das Defensive Backfield immer wieder durcheinander würfelte, aber auch den Stamm-RB sowie den wichtigsten WR außer Gefecht setzte. Und drittens muss man auch einfach zugeben, dass das Team noch nicht so weit ist, wie manch einer nach dem hohen Auftakterfolg gehofft hatte. Und so muss man nun froh sein, im achten Spiel mit 23:13 gegen Oakland wenigstens den zweiten Saisonsieg eingefahren zu haben.

    Die Mannschaftsteile im Einzelnen:

    Offense

    QB
    Joey Harrington zeigte in einigen Spielen, was er für die Mannschaft wert sein kann. Vor allem im Auftaktspiel gegen die Arizona Cardinals wusste der inzwischen 25-Jährige zu überzeugen, brachte 17 von 30 Passversuchen für 195 Yards und 4 Touchdowns an den Mann (Rating 116.0) und wurde prompt zum NFC Player of the week gewählt. Es gab aber auch ganz andere Tage für Harrington und leider waren diese in der Mehrzahl. Obwohl er meist auf kurze Bälle setzt, hat er sich in den bisherigen Spielen schon 13 Interceptions eingehandelt und kommt insgesamt auf ein Rating von nur 58.0. Sein absoluter Tiefpunkt war das Spiel gegen Dallas, das er mit sage und schreibe 5 angekommen Pässen (bei 13 Versuchen) für 30 Yards, 2 Interceptions und einem Rating von 7.1 abschloss.
    Dass Joey Harrington nach wie vor die eindeutige Nummer eins der Lions auf seinem Posten ist, liegt wohl auch am Fehlen echter Alternativen. Backup Mike McMahon bekam seine Chance in eben jenem Spiel gegen Dallas, in dem für Harrington nichts zusammenlief, und machte seine Sache auch nicht besser: 5 Pässe bei 20 Versuchen für 51 Yards und 1 Interception brachten ihm ein Rating von 18.8 und die Rückkehr auf die Ersatzbank.

    Note QB: Eine glatte 5

    RB
    Den erste große Verletzungsschock der Saison erlitten die Lions in Bezug auf die Position des Halfbacks. James Stewart, eine sichere Bank in Detroits Angriff erlitt im Preseason-Game in Buffalo eine Schulterverletzung, durch die für ihn die Saison beendet war, bevor sie überhaupt begonnen hatte.
    Ein echter Ersatz für Stewart war auf die Schnelle nicht zu bekommen, so dass die Last seines Ausfalls auf mehrere Schultern verteilt wurde und zwar vor allem auf die des kurzfristig aus Buffalo geholten Olandis Gary und die des im Sommer interessanterweise ebenfalls aus Buffalo gekommenen Shawn Bryson. Dieses aus der Not geborene RB-Committee brauchte einige Zeit, um sich zu finden, funktioniert aber inzwischen einigermaßen, wobei Bryson mit 333 Yards aus 80 Laufversuchen die Nase ein gutes Stück vor Gary hat, der es auf 267 Yards aus 81 Versuchen bringt, dafür aber mit 2 Touchdowns einen mehr erlaufen hat als sein Kollege. Auch beim Receiving hat Bryson (26 Pässe für 186 Yards) bessere Zahlen als Gary (8 für 43).
    Als FB kam in allen acht Spielen Corey Schlesinger zum Einsatz, wird aber fast ausschließlich als Blocker und Receiver (20 Catches für 161 Yards) verwendet. Gelaufen ist er insgesamt 3 mal und erzielte dabei ebenso viele Yards.

    Note RB: 4

    TE
    Mikhael Ricks ist eine Bank auf seiner Position. Mit 203 Receiving Yards mit 16 Passfängen ist er sowohl in Bezug auf die Gesamt-Yards (hinter C. Rogers) als auch was den Durchschnitt pro Catch angeht (hinter S. Anderson) der zweitbeste Receiver seines Teams. Neben Ricks verfügen die Lions mit Casey Fitzsimmons über einen weiteren fangtauglichen TE, während der vornehmlich für seine Blockstärke bekannte John Owens mit Verletzungen zu kämpfen hatte und bisher nicht zum Einsatz kam.

    Note TE: 2-

    WR
    Das Passspiel ist ein großes Problem bei den Lions, dies hat sich bereits bei den Werten der Quarterbacks gezeigt. Zu denken gibt auch der Fakt, dass der talentierte Mr. Rogers (22 Pässe für 243 Yards, 3 Touchdowns) nach acht Spielen immer noch der beste Receiver der Lions ist, obwohl er sich bereits nach dem fünften Spiel das Schlüsselbein gebrochen hat und seitdem nicht mehr auf dem Platz stand. Das spricht für Charles Rogers und Detroits Entscheidung in der Draft, aber es spricht auch deutlich gegen die anderen Receiver.
    Der Einfachheit halber seien nur die durchschnittlichen Yards der Lions-Receiver pro Spiel genannt, die eine klare Sprache sprechen: Bill Schroeder 23.9, Az-Zahir Hakim 16.3, Shawn Jefferson 6.5, Scotty Anderson 23.0.

    Note WR: 5

    O-Line
    Die Leistung der O-Line ist von allen Mannschaftsteilen am schwersten in Zahlen messbar. Frei gesprochen kann man sagen, dass es zumindest nicht an ihr liegt, dass das Passspiel der Lions bisher nicht in Schwung kam. Sie ließ in den bisherigen 8 Spielen nur 5 Sacks zu und machte alles in allem einen stabilen Eindruck. Von Verletzungen blieb die O-Line komplett verschont, so dass bisher Woche für Woche das gleiche eingespielte Team auflaufen konnte: LT Jeff Backus, LG Eric Beverly, C Dominic Raiola, RG Ray Brown, RT Stockar McDougle.

    Note OL: 2

    Defense

    D-Line
    Im Vergleich zum Defensive Backfield ist die D-Line schon fast ein Prunkstück, auch wenn man sie objektiv gesehen nur als mittelmäßig betrachten kann. Mit 15 gelungenen Sacks findet man sich im unteren Mittelfeld der NFL wieder, gleiches gilt für die zugelassenen 117.4 Laufyards pro Spiel. Auffälligster Spieler in diesem Mannschaftsteil ist RE James Hall mit 31 Tackles, 5 Assists und 5 Sacks für -25 Yards, was ihn zu einem der besseren DEs der Liga macht. Die Stärke der Lions-D-Line liegt klar auf der rechten Seite, denn auf dieser spielt mit Shaun Rogers auch der mit 30 Tackles (21 Solo, 9 Assists) beste DT der NFC.

    Note DL: 3

    LB
    Die Rollen unter den Lions-Linebackern sind klar verteilt: Mit Earl Holmes in der Mitte, Barret Green auf der Weak- und dem diesjährigen 2nd-Round-Pick Boss Bailey auf der Strongside haben alle drei Posten unumstrittene Stammspieler, die bisher ohne größere Verletzungen durch die Saison gekommen sind. Mit Totals von 52 (Holmes, 40 Solo, 12 Assist), 46 (Green, 40/6) und 43 (Bailey, 36/7) und jeweils 1 Sack sind Detroits LBs alle passabel dabei, aber keiner spielt überragend.

    Note LB: 3-

    CB/S
    Wir kommen zur Passverteidigung und jetzt liegt der Finger schmerzhaft in der Wunde. Schon in den Vorjahren war dieser Mannschaftsteil ein Problem der Lions und der Versuch, daran in diesem Jahr etwas zu ändern, wurde durch unglaubliches Verletzungspech zunichte gemacht. Sage und schreibe acht verschiedene Spieler kamen auf den beiden CB-Positionen bisher zum Einsatz, fünf davon wurden erst während der Saison verpflichtet und ein weiterer kam zwar schon in der Preseason, verpasste aber die gesamte Vorbereitung wegen einer Verletzung. Bei Letzterem handelt es sich um Neuverpflichtung Dre‘ Bly, der die CB-Riege der Lions mit 31 Tackles (26/5) und stolzen 4 Interceptions anführt, inzwischen aber wieder verletzt ist und im letzten Spiel pausieren musste. Alle Partien bestritt einzig Otis Smith, der unmittelbar vor dem Eröffnungsspiel verpflichtet wurde und seitdem erste Wahl auf der linken Seite ist. Für einen 38-Jährigen macht er seine Sache ganz ordentlich, aber von Zukunft zu reden verbietet sich bei diesem Alter.
    Die Safety-Positionen sind mit Corey Harris (SS) und Brian Walker (FS) relativ konstant besetzt, ohne dass einer der beiden großartig glänzen würde. Insgesamt kommt Detroits Passverteidigung auf einen Schnitt von 219.4 Yards des Gegners, was Platz 23 in der NFL entspricht.

    Note Passverteidigung: 4- aus Mitleid

    Special Teams

    Der wohl beste Löwe der bisherigen Saison ist Kicker Jason Hanson. 100 Prozent der Fieldgoal-Versuche verwandelt, ein Drittel davon aus über 50 Yards Entfernung – besser geht es nicht. Bei Kickoffs bringt er es mit 66.5 Yards auf den drittbesten Schnitt der NFL.
    Beim Punting hat mal wieder das Verletzungspech der Lions zugeschlagen und so musste John Jett nach vier Spielen ersetzt werden. Mit Nick Harris (Cincinatti) wurde ein brauchbarer Nachfolger geholt, auch wenn er nicht ganz so viele Bälle hinter der gegnerischen 20-Yard-Line unterbringt wie Jett.
    Bei gegnerischen Returns sind die Lions sehr aufmerksam, es wurde noch kein Touchdown zugelassen. Sie selbst haben es jeweils einmal geschafft, einen Punt und einen Kickoff direkt ins Ziel zurück zu tragen.

    Note Special Teams: 2+

    Fazit und Ausblick:
    Die Detroit Lions sind nicht ganz so schwach, wie sie sich zwischen dem ersten und dem letzten Spiel verkauft haben. Man muss ihnen in diesem Jahr des Aufbaus zugestehen, auch die eine oder andere unnötige Niederlage einzustecken, denn das Team braucht die Zeit um sich zu finden und die vielen Verletzungen machen das nicht einfacher. Die Achillesferse der Lions ist das Passspiel und zwar sowohl das eigene als auch das zu verteidigende. Letzteres dürfte sich bessern, wenn das Verletzungspech in Zukunft nicht mehr ganz so hart zuschlägt wie in der bisherigen Saison. In der Offensive hängt jegliche Hoffnung auf Besserung vom Quarterback ab: Harrington pendelt bisher zwischen Weltklasse und Kreisklasse und muss nun endlich Konstanz in sein Spiel bringen. Gelingt ihm dies nicht, wird man sich nach einem anderen umsehen müssen.
    Das Restprogramm der Lions ist hart, in den verbleibenden vier Auswärtsspielen müssen sie nach Seattle, Minnesota, Kansas City und Carolina – alle vier führen zur Zeit ihre Division an und der langersehnte Auswärtssieg wird wohl erst 2004 auf dem Programm stehen. Auf dem Ford Field darf man noch Chicago, Green Bay, San Diego und St. Louis begrüßen, da dürfte noch der eine oder andere Erfolg möglich sein. Ich tippe auf eine 4-12-Bilanz und hoffe, dass es trotzdem zu Platz drei in der NFC North reicht.

  • super arbeit, aber eine 4-12-bilanz langt 100% nicht für den 3. platz in der division, ich denke die bears werden auch noch 2 siege holen, den ersten wohl schon am wochenede gegen die lions ;)

    Vamos, vamos Chilenos
    esta noche tenemos que ganar

  • Klasse Halbzeitanalyse!

    Ein Sieg gegen die Bears müsste möglich sein, wird aber schwer.
    Und wer weiss, in dieser Liga evtl. gibt es doch eine große Überraschung und damit einen Auswärtssieg.

  • Zitat von seite12

    Klasse Halbzeitanalyse!

    Ein Sieg gegen die Bears müsste möglich sein, wird aber schwer.
    Und wer weiss, in dieser Liga evtl. gibt es doch eine große Überraschung und damit einen Auswärtssieg.

    die bears spielen auswärts ;)

    Vamos, vamos Chilenos
    esta noche tenemos que ganar

  • Meine Überraschung mit dem Auswärtssieg bezog sich auf folgendes

    Zitat

    Das Restprogramm der Lions ist hart, in den verbleibenden vier Auswärtsspielen müssen sie nach Seattle, Minnesota, Kansas City und Carolina

    War aber auch blöd von mir formuliert.

  • Good job!!
    I am beginning to hate the Lions. First, I thought that they would be pretty good this year. Preseason, I thought 6 or 7 wins. What makes me mad, is that every times I pick them to win they lose and lose to win!

    And thats the bottom line, because Lost Eagle said so!
    Brian Dawkins will crack your back like the liberty bell!!