Saisonvorschau 2006
DENVER BRONCOS
"The Last Step"
Das Motto Denvers in der Offseason lautete “Never change a winning team”.
Der Stamm des Teams wurde gehalten, in der „Free Agency“ wurde kein Topspieler geholt, ein sehr guter wurde in Person von Javon Walker (Green Bay), der sich allerdings von einer schweren Verletzung erholen muß, am Tag des Drafts verpflichtet.
Die Abgänge glaubt man adäquat aus den eigenen Reihen ersetzen zu können, nun muß die letzte Hürde, die im Vorjahr Pittsburgh hieß, auch genommen werden.
Nicht dabei helfen wird die bisherige rechte Hand Shanahans, Gary Kubiak. Er verabschiedete sich als Headcoach nach Houston, seinen Stuhl als Offensive Coordinator wird Mike Heimer-dinger einnehmen, der in dieser Position bisher recht erfolgreich bei den Titans und Jets wirkte. Da er außerdem davor bereits 5 Jahre als Receivers Coach in Denver arbeitete, wird der Wechsel als relativ unkompliziert angesehen.
ZUGÄNGE:
Kenard Lang, DE (CLE)
Nate Webster, LB (CIN)
Javon Walker, WR (GB)
Willie Middlebrooks, CB (SF)
ABGÄNGE:
Trevor Pryce, DE (BAL)
Mike Anderson, RB (BAL)
Marco Coleman, DE
Monsanto Pope, DT (NYJ)
Jeb Putzier, TE (HOU)
DRAFT 2006
Runde 1, Jay Cutler, QB, Vanderbilt
2, Tony Scheffler, TE, Western Michigan
4, Brandon Marshall, WR, UCF
4, Elvis Dumervil, DE/OLB, Louisville
4, Domenik Hixon, WR, Akron
5, Chris Kuper, G, North Dakota
6, Greg Eslinger, C, Minnesota
Das Manöver um den Pick für Jay Cutler sowie der Draft-Day Trade von Javon Walker überstrahlten die sonstigen Aktivitäten Denvers im Draft. Die Broncos übersahen willentlich ihre Schwächen in der Defensive und dealten, um ihren Quarterback für die Nach-Plummer Ära an Land zu ziehen. Der Schachzug mit Walker war hilfreich, gleichsam positiv jedoch die Auswahl von TE Scheffler in der 2.Runde als Versicherungspolice nach dem Abgang von Putzier. Marshall in der 4.Runde wurde zwar als Ergänzung verpflichtet, hat aber, wenn Lelie noch getradet wird, auch Chancen auf den Platz als dritter Receiver. Dumervil kann eventuell in einigen Passsituationen eingesetzt werden, Kuper und Eslinger gehören in die Kategorie „klein und flink“, die die Broncos bei Offensive Linemen so lieben, haben also kleine Aussichten auf Backup Spots.
Grade: 2-
SPIELPLAN:
1 – ST.LOUIS (A)
2 – KANSAS CITY (H)
3 – NEW ENGLAND (A)
4 – Bye Week
5 – BALTIMORE (H)
6 – OAKLAND (H)
7 – CLEVELAND (A)
8 – INDIANAPOLIS (H)
9 – PITTSBURGH (A)
10 – OAKLAND (A)
11 – SAN DIEGO (H)
12 – KANSAS CITY (A)
13 – SEATTLE (H)
14 – SAN DIEGO (A)
15 – ARIZONA (A)
16 – CINCINNATI (H)
17 – SAN FRANCISCO (H)
Coaching
Mike Shanahan ist schon jetzt eine lebende Legende in Colorado. 12 Jahre auf dem Trainerstuhl, 2 Super Bowl Siege und eine Bilanz von 122-67 sprechen eine eindrucksvolle Sprache und bürgen für konstante Erfolge auf höchstem Niveau. Dies ist „sein“ Team, das seinen Stil … Power Running, Fehlerminimierung und aggressive Defense … auf das Spielfeld übertragen kann, dem Coach Respekt entgegenbringt und Abnutzungserscheinungen überhaupt nicht erst entstehen können.
Abzuwarten wird sein, wie der Verlust von Offensive Coordinator Gary Kubiak (Headcoach in Houston), der seit 10 Jahren die rechte Hand Shanahans war, kompensiert wird. Durch die Verpflichtung des erfahrenen neuen Coordinators Mike Heimerdinger (Titans, Jets) sollte der Wechsel allerdings geräuschlos vonstatten gehen.
9/10
Quarterback
Jake Plummer spielte die bisher beste Saison seiner Karriere. Über 3300 Yards Raumgewinn, eine Completion Rate von annähernd 61 %, 18 TDs und nur 7 Interceptions und ein Rating von über 90 waren überragende Werte, dumm nur, dass er sich ausgerechnet im wichtigsten Spiel der Saison, dem AFC Championship Game gegen Pittsburgh, ganze 4 mitunter entscheidende Ballverluste erlaubte.
Vielleicht auch unter dem Eindruck dieses Spieles wurde in der 1.Runde Jay Cutler (Vanderbilt) als Backup und potentieller Nachfolger gedraftet. Plummer weiß nun, dass er zwar zum Saisonstart gesetzt ist, aber weiterhin auf höchstem Niveau spielen muß, um seine Position halten zu können.
Nummer 3 ist Bradlee van Pelt, ein sehr athletischer aber höchst unerfahrener Spieler.
8/10
Running Back
Um den Posten des Running Backs liefern sich mit Beginn des Training Camps Tatum Bell (920 Yards, 8 TDs) und Ron Dayne einen heftigen Zweikampf, wobei zwar beide in der letzten Saison, wenn eingesetzt, gute Leistungen zeigten, Bell aber aufgrund seiner größeren Erfahrung in punkto „Run Blocking“ des Teams einen kleinen Vorteil für sich verbuchen kann.
Theoretisch kann jedoch die einzelne Position des Halfbacks im System des Teams vernachlässigt werden, anscheinend wird durch das komplexe Zonenblocken jedes Jahr ein 1000 Yard Rusher unabhängig vom Namen hervorgebracht (Terrell Davis, Olandis Gary, Ruben Droughns, Mike Anderson).
Die Position des Fullbacks wird Kyle Johnson bekleiden, der in der Vorsaison 14 Spiele als Starter bestritt, dabei 6 TDs erzielte und sich heimlich, still und leise zu einem der besten Allrounder auf seiner Position entwickelt hat.
7.5/10
Wide Receiver
Mit Rod Smith, Javon Walker und Ashley Lelie besitzt Denver eines der potentiell besten Receiver Trios der gesamten Liga, jedoch gibt es mehrere Unwägbarkeiten die es zu berücksichtigen gilt.
Außer Diskussion steht Veteran Rod Smith (85 Paßfänge, 1100 Yards, 6 TDs), der auch im 12.Jahr keine Anzeichen von Erschöpfung zeigt, eine bemerkenswerte Stabilität aufweist und ein Vorbild auf und außerhalb des Spielfelds ist.
Ihm zur Seite steht Neuzugang Javon Walker, der ein Top-Allrounder ist, sich aber von einer schweren Knieverletzung erholen muß. Ist er topfit, steht Smith erstmals seit den Zeiten eines Ed McCaffrey ein Receiver auf ähnlich hohem Niveau gegenüber.
Einen ungewissen Faktor stellt die momentane Position des etatmäßigen dritten Wide Receivers, Ashley Lelie, dar. Er ist zwar ein Spieler, der „tief“ gehen kann und den weiten Paß erkämpft, hat jedoch Probleme mit kurzen Routen und schnellen Cuts und wird daher nur bei den 3 Receiver Sets und „langen Versuchen“ auf dem Feld sein.
Da der Spieler kein Backup sein will und dies entsprechend äußert (Trade-Forderung), droht im Laufe der Saison Unruhe die Stimmung negativ zu beeinflussen.
Mit in der Verlosung sind außerdem Darius Watts (Draftpick 2.Runde 2004), der zu viele Bälle fallen lässt und der alte Bekannte David Terrell, der während der bisherigen Laufbahn seine Draft Position (Nr. 8 Overall 2001) nie zu rechtfertigen vermochte und nun die wahrscheinlich letzte Ausfahrt genommen hat.
Starting Tight End ist nach dem Abschied von Jeb Putzier der konstant mittelmäßige Routinier Stephen Alexander, der hauptsächlich zum Blocken auf dem Feld steht und nur selten einen für ihn beabsichtigten Paß zu Gesicht bekommen wird.
8/10
Offensive Line
Die Offensive Line beginnt zum dritten Mal hintereinander die Saison in gleicher Besetzung und dies ist der Hauptgrund für das effektive und erfolgreiche Laufspiel sowie die gute Paß-Protection (2005: 23 Sacks allowed).
Center Tom Nalen geht ins 13.Jahr (167 Spiele gesamt) und spielt noch immer so gut wie am ersten Tag, er ist so etwas wie der „Leader of the Pack“.
Carlisle Cooper (2000) und Ben Hamilton (2001) , zwei eigene Draftpicks, besetzen die beiden Guard Positionen, die wenn beide ausfallen, zu Problemzonen werden könnten, denn gleichwertiger Ersatz ist nicht in Sicht, Dwayne Carswell und Chris Meyers wären hier noch am ehesten zu nennen.
Matt Lepsis und George Foster, zwei unterschätzte aber höchst zuverlässige Spieler, starten auf den Tackle Positionen, wobei auch hier das Niveau der Ersatzleute (Cornell Green und Erik Pears) mindestens eine Stufe tiefer anzusiedeln ist.
8/10
Defensive Line
Ja, ja das Geschrei und die Kritik waren laut, sehr laut, nachdem feststand, daß Denver gleich vier Mitglieder der Defensive Line der Cleveland Browns, die eine der schlechtesten Laufverteidigungen der Liga war, vor der Saison 2005 verpflichten würde.
Nun, der alte Trainerfuchs Shanahan und die angesprochenen Spieler zeigten allen eine lange Nase und übertrafen durch ihr überdurchschnittliches Spiel alle Erwartungen, wobei das Ende der Fahnenstange noch lange nicht erreicht scheint.
Als am besten gegen den Lauf spielender Außenverteidiger zeigte Defensive End Courtney Brown erstmals sein wahres Gesicht, was so lange (seit Eintritt in die Liga 2000) auf sich hatte warten lassen. Eine weitere Steigerung kann erwartet werden.
Ebenso Defensive Tackle Gerard Warren. Die Höhenluft schien die vernebelten Sinne aufzuklaren, das vorhandene Potential wurde realisiert und endlich ausgenutzt. Bei einer erneuten Leistungssteigerung winkt die Teilnahme am Pro Bowl.
Beiden Spielern kam sicherlich auch zugute, erstmalig vollkommen verletzungsfrei in eine Saison gehen zu können und diese auch nicht deswegen vorzeitig beenden zu müssen.
Zweiter Defensive End ist Veteran Ebenezer Ekuban, der seine Stärke im Laufspiel besitzt, aber auch situationsbedingt als Pass Rusher eingesetzt werden kann.
Defensive Tackle Michael Myers komplettiert als unterschätzter und leicht zu übersehender Starter die gute und noch ausbaufähige Defensive Line, die im Vorjahr durch ihr beinahe optimales Spiel gegen gegnerische Offensivreihen den eigenen Linebackern sozusagen „den Rücken freihielt“ und diese dadurch so glänzen konnten.
Verbesserungswürdig ist sicherlich noch das Ausmaß des Pass-Rushs, die Anzahl der Sacks durch die Line muß verbessert werden, im Vorjahr wurde Druck auf den gegnerischen Quarterback fast nur von blitzenden Cornerbacks oder Safeties ausgeübt.
Zu diesem Zweck wurde in Kenard Lang ein Veteran, der vornehmlich in Paß-Situationen eingesetzt werden kann, verpflichtet.
Ebenso muß abgewartet werden, wie die Vielseitigkeit von DE Trevor Pryce, der wegen mangelhafter Ausbeute (4 Sacks 2005) und aus Kostengründen abgegeben wurde, vom jetzigen Starterfeld kompensiert werden wird.
7.5/10
Linebacker
Das Herzstück und die stärkste „Waffe“ des Teams. Diese Einheit bildet eines der besten, wenn nicht sogar das beste Linebacker-Trio der NFL.
MLB Al Wilson (2005: 90 Tackles, 3 Sacks, 2 Forced Fumbles) ist der „Leader“ der Reihe. Seine Belastbarkeit, sein knochenharter Spielstil und seine positive Energie färbt auf den Rest der Defense ab und pusht die Mitspieler ungemein.
OLB D.J. Williams konnte seine herausragende Rookie Saison von 2004 nicht ganz bestätigen, auch weil er meistens in Paßsituationen das Feld verlässt. Trotzdem ist er ein Toptalent, wobei er in Al Wilson einen optimalen Mentor und Mitspieler besitzt.
Zweiter OLB ist der vor der Saison 2005 nach nur einer Spielzeit in Tampa Bay zurückgekehrte „verlorene Sohn“ Ian Gold. Unglaublich flink, sicher im Tackling und solide gegen den Paß kann er in fast allen Situationen eingesetzt werden und ist dabei immer ein Vorbild an Intensität und Einsatzfreude.
Die größte Stärke dieses „Linebacking-Corps“ ist die Fähigkeit jedes einzelnen, dem Spielver-lauf durch einen forcierten Turnover eine Wende zu geben und das Team wieder zurück ins Spiel zu bringen. Alle drei sind Playmaker, die sowohl das Spiel gegen den Lauf als auch Paß Coverage, z.B. gegen Tight Ends, sicher beherrschen.
Nicht umsonst hatten sie einen wesentlichen Anteil daran, dass Denver während der Saison ein Turnover Ratio von + 20 aufwies.
Die Alternativen allerdings sind rar gesät, am ehesten könnten noch Nate Webster, Keith Burns und Patrick Chukwurah die Backup Positionen einnehmen.
9.5/10
Secondary
Eine weitere Stärke Denvers ist die Fähigkeit der Secondary effektiv zu „blitzen“ und bei gegnerischen Laufspielzügen auszuhelfen.
Der Star dieser Einheit ist ohne Frage Cornerback Champ Bailey. Gehandicapt durch mehrere kleine Verletzungen stellte er seine Klasse dennoch unter Beweis und führte die Teamstatistik mit 8 Interceptions an (NFL Platz 3), davon lief er zwei zu Touchdowns zurück. Unvergessen sein 100 Yard Lauf nach INT in den Playoffs gegen New England. Er erfüllte im 2.Jahr nach dem Trade 2004, der ihn von Washington nach Denver brachte, alle in ihn gesetzten Erwartungen.
Der zweite CB, Darrent Williams (Draftpick 2.Runde 05), spielte in seiner ersten Saison groß auf, startete 9 Spiele und bewies als „Playmaker“ eine so gute Nase, daß er als regulärer Starter in die neue Spielzeit gehen wird.
Als Free Safety wird der unverwüstliche John Lynch starten. Noch immer verteilt er harte Hits, dazu wurde er öfter als je zuvor als Blitzer eingesetzt und erfüllte diese Aufgabe mit Bravour und recht ansehnlich.
Nick Ferguson ist der etatmäßige Strong Safety. Er harmoniert optimal mit seinen Neben-leuten und stellte mit 5 INT in der Vorsaison eine Karriere-Bestleistung auf. Dazu scheint er Mister Lynch den Titel als härtester Hitter im Team streitig machen zu wollen.
Die Backups auf diesen Positionen sind mehr als vielversprechend.
Herausragend hierbei ist CB Domonique Foxworth, ein Draftpick 2005 (3.Runde), der sogar 7 Spiele als Starter begann. Weiterhin können Roc Alexander und Karl Paymah die Position des Cornerbacks besetzen, als Safetys stehen Sam Brandon und Hamza Abdullah zur Verfügung.
8/10
Special Teams
Kicker Jason Elam gehört noch immer zur Elite, er verwandelte zwar nach seinen Standards ordinäre 24/32, war aber fünftbester Punktesammler in der AFC mit 115.
Punter Todd Sauerbrun war top, sowohl beim Punt Avg. (43.8, Nr. 5 in AFC) als auch Net Avg. (38.0, Nr.4) und sorgte stets für gute Feldposition der Defense. Allerdings saß bei ihm in der Offseason wieder einmal das böse Teufelchen auf der Schulter, aufgrund von Doping-missbrauch muß er zu Saisonbeginn eine mehrwöchige Sperre absitzen. Daher wird wohl Rückkehrer Micah Knorr als regulärer Punter beginnen.
Starting Cornerback Darrent Williams wird seine Zweitrolle als Kick und Punt-Returner nicht so häufig wie im Vorjahr ausüben, da er vor Überanspruchung geschützt werden soll, ein etat-mäßiger Returner wird daher also voraussichtlich noch gesucht, als Longsnapper wurde Mike Leach weiterverpflichtet.
8.5/10 (mit Sauerbrun)
Ausblick
„All Pieces are in place and together“.
Das Team ist, vor allem in der Defensive, optimal und ausgeglichen besetzt. Nun muß es den letzten Schritt tun und den Super Bowl als einziges Ziel ins Visier nehmen. Namentlich Jake Plummer ist hier gefordert, er muß sein konstant gutes Spiel während der regulären Saison in den Playoffs weiterführen und darf sich in entscheidenden Situationen, wie gegen Pittsburgh im Conference Endspiel, keine mentalen Aussetzer erlauben.Er besitzt (noch) das Vertrauen des Trainers, des Teams und der Mehrheit der Fans, jetzt muß er cool agieren und den letzten Schritt vollziehen.
Diese Niederlage kurz vor dem Endspiel kann bei aller Enttäuschung auch als Sprungbrett dienen, diese sofort vergessen zu machen und die hervorragende Leistung der Saison 2005 zu bestätigen. Der Verbleib aller Leistungsträger und die punktuelle Verstärkung zusammen mit dem vielleicht besten Heimpublikum der NFL sind hervorragende Voraussetzungen für eine überaus erfolgreiche Saison.
Mindestens 10 Siege sind Pflicht, ebenso der Divisionstitel, danach ist je nach Gegner und Spielort das Championship Game ein realistisches Ziel und dort kann dann alles passieren.