Ramadan und Sport...

  • Tja, "mein" FSV Frankfurt hat sich im Spannungsfeld der Religion in die Nesseln gesetzt: http://www.kicker.de/news/fussball/…Zuendstoff.html

    Ich finde das Thema aber unabhängig vom Verein und dem Sport recht interessant: Vertragen sich Fasten und Leistungssport? Die Frankfurter Vereinsführung argumentiert, dass sich die Abmahnungen für drei Profis nicht gegen das religiös vorgeschriebene Fasten richten, sondern dagegen, dass die Spieler dies nicht mit der medizinischen Abteilung abgesprochen haben (und zudem Verträge unterzeichnet haben, in denen sie sich dazu verpflichten).

    In meinen Augen macht das durchaus Sinn: Fasten und Diäten können sich auf den Körper der Sportler auswirken. Sind die Abmahnungen für Coulibaly, Kujabi und Mokhtari also gerechtfertigt? Oder greift der Vorwurf des Eingriffes in die Religionsfreiheit? Was meint Ihr zu dem Thema? - und weiß jemand, ob auch in der NFL gefastet wird?

    Wenn ein im Schlaf gedraftretes Team besser ist als alle anderen, wird es Zeit der Realität ins Auge zu blicken...

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  • Ich sehe da keinen Eingriff in die Religionsfreiheit. Prakmatiker, der ich bin, würde ich aufgrund der körperlichen Belastung der Arbeit dieser drei Herren eine gültige Ausnahme vom Fasten annehmen. Wenn die 3 trotzdem fasten, also 'freiwillig', verstoßen sie mutwillig gegen Regelungen in ihren Arbeitsverträgen.

    Ergo: Abmahnung gerechtfertigt.

  • "Eingriff in die Religionsfreiheit"? Geht gar nicht, es sei denn, der FSV Frankfurt ist Teil des Staates ;)

    Denn Artikel 4 GG ist doch ein Abwehrrecht gegen staatliche Eingriffe - in privatrechtliche Arbeitsverträge kann man reinschreiben, was man will (solange es nicht gegen Gesetze verstößt).

    Außerdem gehts ja nach dem Artikel nicht um das Fasten an sich, sondern um die nicht getroffene Abstimmung des Fastens mit der medizinischen Abteilung des Vereins, zu der sie sich in ihrem Vertrag wohl verpflichtet haben. Das hat mit der Frage der Religion direkt doch gar nichts zu tun.

    Von daher: Von Eingriff kann keine Rede sein und die Abmahnungen sind formal wohl korrekt :)

    Minnesota Vikings 2022:

    13-5 - one and done. Meh.

    Einmal editiert, zuletzt von Johnny No89 (15. Oktober 2009 um 13:18)

  • Gerechtfertigt? keine Ahnung.
    Sport und Fasten verträgt sich meines Erachtens nicht so gut. Hast auf jeden Fall nen starken Einbruch nach spätestens 3 Tagen. Wobei das nicht Profisport war, was ich gemacht habe. :mrgreen:
    Allerdings sehe ich beim Ramadan das Problem etwas geringer, da sie ja durchaus Nahrung zu sich nehmen dürfen, wenn die Sonne nicht scheint.
    Klar bei 2-3 Trainingseinheiten am Tag kriegst du dann trotzdem Probleme, aber extrem sollten die nicht sein. - Hat vielleicht jemand Erfahrung damit? :madness

  • und weiß jemand, ob auch in der NFL gefastet wird?


    Die Niners hatten mal mit Saleem Rasheed nen LB unter Vertrag, der Moslem war. Da gabs auch immer körperliche Probleme, weil der fastete. Der spielt jetzt in der CFL.

  • Hakeem "The Dream" Olajuwon, NBA-Champion mit den Houston Rockets, hat während seiner Karriere ebenso strikt den Ramadan eingehalten. Und war übrigens trotzdem erfolgreich.

    Aber zum eigentlich Thema: Johnny hat grundsätzlich recht. Der Arbeitgeber FSV Frankfurt hat einen privatrechtlichen Vertrag mit den Spielern und Grundrechte gelten zuvörderst nur im Verhältnis Bürger-Staat. Jedoch ist bei Art. 4 GG eine Drittwirkung ins Zivilrecht durchaus möglich. Inwiefern die Religionsfreiheit auch in einem solchen Vertragverhältnis gilt, wäre näher zu prüfen, kann aber sicher nicht abschließend beantwortet werden (außer jemand findet ein Urteil dazu).

    Thank you 62

  • wenn bereits im Vertrag drinnen steht, dass die Spieler da sich mit der medizinischen Abteilung zusammen setzen müssen und es nicht tun, begehen sie bereits Vertragsbruch. Ein sehr einfacher Sachverhalt. Und mit einer Abmahnung zu reagieren wenn Spieler gegen den laufenden Vertrag verstösst ist vollkommen in Ordnung.

    Robert Mugabe, Vladimir Putin, Sepp Blatter,

  • Ganz spannendes Thema. Hier mal eine kurze Einschätzung aus zwei Perspektiven, wobei ich aus dem Link zitiere und dies Grundlage meiner ersten Einschätzung ist.

    Der FSV hatte einen Passus in die Arbeitsverträge einfügen lassen, wonach dies "ohne ausdrückliche schriftliche Zustimmung des Vereins" untersagt sei. (gemeint ist das Fasten im Ramadan.

    1. - juristisch
    Zunächst hat der Prediger recht. Grundrechte wirken nicht unmittelbar im Vertragsrecht, sondern mittelbar über die sogenannten Generalklauseln und bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung.

    Hier wird als vertraglich geregelt, dass der AN "ohne die Zustimmung" seines Arbeitgebers nicht fasten darf. Soweit so gut.

    Die Inhaltskontrolle von Arbeitsverträgen richtet sich einerseits möglicherweise nach Regelungen über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (bitte nicht fragen warum) und andererseits nach den Grundsätzen des Allgemeinen Zivilrechtes "Treu und Glauben" und "Sittenwidrigkeit".

    Bei der Ausgestaltung dieser Grundsätze kommt jetzt das GG ins Spiel und damit u.a. auch die Religionsfreiheit.

    Die o.a. Klausel ist meines Erachtens zu weit, denn sie betrifft jede Form des Fastens, von der Eintagesdiät bis zum monatelangen Heilfasten. Bereits daraus ergibt sich ein Indiz für die Unwirksamkeit der Klausel. Ferner bleibt völlig unklar, welchen Zweck diese Klausel verfolgt. Hier könnte man allenfalls mehr erfahren, wenn man den ganzen Vertrag kennen würde. Ohne weitere Erläuterung jedenfalls ist auch aus diesem Grunde die Klausel ausufernd weit und damit nicht präzise genug und es wird nicht deutlich welches konkrete Arbeitgeberrecht aus dem Anstellungsverhältnis hier geschützt werden soll. Ein weiteres Indiz für die Unwirksamkeit. Drittens kommt die Religion ins Spiel, da auch hier keine ausreichende Differenzierung in der Klausel vorgenommen wird.

    Meines Erachtens ist die Klausel unwirksam und eine darauf gestützte Abmahnung müsste im Klagewege aufgehoben werden.

    Diese Auffassung findet ihre Stütze auch in der Rechtssprechung zu anderen Vertragsklauseln im Arbeitsrecht. So ist z.B. eine Klausel unwirksam, die des Arbeitnehmer verpflichtend auferlegt, wegen jeder (und ich meine hiermit auch die Kleinste) Nebentätigkeit die Zustimmung des Arbeitgebers einzuholen. Trägt z.B. jemand vor der Arbeit Zeitungen aus und geht er danach als Einzelhandelsfachverkäufer in seinen Laden und arbeitet dort, dann kann der Arbeitgeber nicht abmahnen, weil der Arbeitnehmer den Zeitungsjob nicht hat genehmigen lassen. Auf die ausführliche Begründung möchte ich an dieser Stelle mal verzichten, aber auch dabei geht es um die Konkretisierung der Pflicht vor dem Hintergrund der vertraglich geschuldeten Leistungen.

    So wie sich der Bericht also liest, dürfte die Sache klar sein. Abmahnung ist zurückzunehmen oder wird im Klagewege aufgehoben.

    Noch viel schwieriger wird es, wenn wegen Schlechtleistung abgemahnt wird und diese Schlechtleistung erfolgte, weil die Spieler zu schlapp waren wegen des Fastens. Hier erspare ich mir mal eine Erläuterung.

    2. sportlich

    In meiner Mannschaft habe ich eine Spielerin, die auch sehr streng mit dem Ramadan umgeht. Dies hat sie mir auch so gesagt. Zu Beginn des RAMADANS gibt es sportlich keine Probleme. Wenn die Zeit jedoch fortschreitet, so ist insbesondere beim Training ein Leistungsabfall zu verzeichnen, da diese Spielerin auch nicht trinkt (wie ich schon sagte, strengster Ramadan). Da hilft dann auch das nächtliche Essen und Trinken wenig. Dazu kommt eine seelische Anspannung, die sich bei dieser Spielerin in Unkonzentriertheit und Gereiztheit ausdrückt.

    Fazit: Wenn strenger Ramadan schon im Hobbybereich (2x Training + 1x Spiel) Wirkungen zeigt, dann erst recht im Leistungsbereich.

    Gruß WS

    "Kritik ohne Mitgefühl ist Gewalt" (nakagawa roshi)
    -.-.-.-
    "Die Würde des Menschen ist kein Konjunktiv"
    -.-.-.-
    Ganz gleich, wie beschwerlich das Gestern war,
    stets kannst du im Heute von neuem beginnen.

  • Also widerspricht die juristische Sicht meinem gesunden Menschenverstand... Na gut. Ich dachte, wenn man so etwas unterschreibt, dann sollte man sich auch daran halten. Es ist doch sogar eine Art Selbstschutz, die medizinische Abteilung darüber zu informieren, so dass vielleicht das Training entsprechend getimed werden kann...

    Wenn ein im Schlaf gedraftretes Team besser ist als alle anderen, wird es Zeit der Realität ins Auge zu blicken...

    Helft dem NFL-Talk

  • Puh, also war mein übrig gebliebenes staatsrechtliches Halbwissen nicht ganz falsch :D Genutzt hat's freilich nichts, da ich in Arbeitsrecht immer gepennt habe :tongue2: (wenn ich auch bezweilfe, dass wir da in solche Tiefen vorgestoßen sind ;) )

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