• Das ist für mich übrigens ein ganz gutes Argument dafür, für eine gleichmäßigere Verteilung von gesellschaftlichem Reichtum zu plädieren. Für einen Millionär sind 10.000 Euro Verlust kaum mit einem realen Verlust an Wohlbefinden verbunden, für einen Armen wäre der Nutzen der gleichen Summe aber immens.


    Die uralte These der Anhänger vor allem nachfrageorientierter Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik.

    Mit derselben Legitimität und Richtigkeit halten Verfechter angebotsorientierter Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik dagegen, dass auch Millionäre motiviert werden müssen, ihr Geld überhaupt zu investieren. Sinkt dieser Anreiz durch diverse Maßnahmen verliert letztlich die gesamte Volkswirtschaft.
    Wie gesagt, dieses Argument ist genauso legitim als auch genauso wahr.

  • Der Umgang mit Geld hängt doch von der eigenen Vernunft ab. Wie viele Football Spieler waren Millionäre und sind heute pleite und gesundheitlich ruiniert?

    Auch kauft Geld keine Intelligenz. Egal wie viel Geld ich morgen habe: Schlauer bin ich dadurch nicht.
    Gleichwohl stimmt es natürlich, dass man mit Geld Unterstützung und Förderung kaufen kann.
    Aber ob Paris Hilton sonderlich schlau ist, mag ich dezent zu bezweifeln, ohne jemals mit ihr gesprochen zu haben.

    Geld kann ein tolles Mittel sein um mit den Möglichkeiten Spass, Glück und Gesundheit zu haben. Wenn man all dies aber ohne Millionen nicht hat, dann wird es auch mit viel Geld nicht dazu kommen (zumindest langfristig).

    R.I.P J.Johnson

  • Man kann sich die Sache vielleicht an einem einfachen Beispiel klar machen. Wenn ich in einer Wohnung wohne, in der es so zieht, dass ich im Parka schlafen muss, bin ich tendenziell unglücklich, weil ich jeden Tag ein Problem habe. Komme ich zu Geld und renoviere die Wohnung, bin ich eine Zeit lang tatsächlich glücklich, aber nach einer gewissen Zeit gewöhne ich mich daran und das Glücksgefühl ist weg. Ich falle aber nicht auf das Niveau von vor der Renovierung zurück, da eben nicht nur das Glücksgefühl weg ist, sondern der Stress auch.

    Und - um im Bild zu bleiben - man kann auch Techniken entwickeln, die einen immer wieder einmal daran erinnern, wie doof es war in der kalten und zugigen Hütte zu schlafen und wie schön daher gerade im Winter die Doppelverglasung der Fenster ist. Das sorgt sicher nicht für eine Konservierung des Glücksgefühls (das funktioniert mE noch ganz anders) aber kann helfen, Situationen relaxter zu begegnen.

    Zitat von Derek Brown

    Das erklärt dann auch, warum es eine Art Grenze zu geben scheint, wo mehr Geld nicht zu mehr Wohlbefinden führt (soll so bei ca. $70.000 Einkommen pro Jahr liegen). Mehr Geld löst dann eben keine ernsthaften Probleme mehr, weil die dann schon abgedeckt sind, sondern bewirkt allenfalls ein kurzfristiges Glücksgefühl.

    Diese Erkenntnis bleibt leider (zu) vielen verschlossen.

    Zitat von Derek Brown

    Das ist für mich übrigens ein ganz gutes Argument dafür, für eine gleichmäßigere Verteilung von gesellschaftlichem Reichtum zu plädieren. Für einen Millionär sind 10.000 Euro Verlust kaum mit einem realen Verlust an Wohlbefinden verbunden, für einen Armen wäre der Nutzen der gleichen Summe aber immens.

    Man wird damit nur leider niemals Mehrheiten bekommen, fürchte ich... :)

    "Players don't know how lucky they are, I think, to be in a place like Philly. I would've - if I could've kept playing a long time there, I would've played 'til the wheels fell off." - Chris Long

  • Der Umgang mit Geld hängt doch von der eigenen Vernunft ab. Wie viele Football Spieler waren Millionäre und sind heute pleite und gesundheitlich ruiniert?

    Auch kauft Geld keine Intelligenz. Egal wie viel Geld ich morgen habe: Schlauer bin ich dadurch nicht.
    Gleichwohl stimmt es natürlich, dass man mit Geld Unterstützung und Förderung kaufen kann.
    Aber ob Paris Hilton sonderlich schlau ist, mag ich dezent zu bezweifeln, ohne jemals mit ihr gesprochen zu haben.

    Geld kann ein tolles Mittel sein um mit den Möglichkeiten Spass, Glück und Gesundheit zu haben. Wenn man all dies aber ohne Millionen nicht hat, dann wird es auch mit viel Geld nicht dazu kommen (zumindest langfristig).

    Frau Hilton musste nur ein mal schlau genug sein, den richtigen PR-Berater zu finden. Ansonsten glaube ich schon, dass da eine gewisse "Bauernschläue" viel wertvoller ist als ein BWL Studium

    Dann mach ich eben mein eigenes Forum auf...mit Blackjack und Nutten!

  • Man wird damit nur leider niemals Mehrheiten bekommen, fürchte ich... :)

    Dabei ist das ja gar keine steile These von irgendwelchen Linksradikalen, sondern eine Sache, die leicht nachvollziehbar ist. Wenn ich 5 Burger und 5 Leute haben, werden bei gleichmäßiger Verteilung alle satt, während bei einseitiger Verteilung 4 verhungern und einer kotzt.

    Wer es gerne etwas wissenschaftlicher hätte, hier geht es um das Ertragsgesetz, nach dem bei zunehmenden Einsatz eines Mittels (hier also Geld), der Nutzen pro Einheit (hier Glück) immer mehr abnimmt und sich vielleicht sogar ins Gegenteil verkehrt.

    Die uralte These der Anhänger vor allem nachfrageorientierter Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik.

    Darum geht's hier gerade nicht. Es geht um die Frage, wie man Geld am sinnvollsten einsetzen kann. Eine Theorie dazu ist, dass die Verwendung von Geld die moralisch gesehen beste ist, die den größten Nutzen im Sinne von Glück, Wohlbefinden, Zufriedenheit (egal wie wir das nun nennen wollen) schafft.

    Um noch mal beim Hamburger-Beispiel zu bleiben: Wenn jeder satte Mensch einen "Glückspunkt" bekäme, wären das in der Summe bei 5 Leuten 5 Punkte. Bei einer ungleichen Verteilung wäre der Wert aber deutlich niedriger, weil wir 4*0 hätten und der 5. Mensch wegen des abnehmenden Nutzen pro Burger logischerweise auf einen Wert von unter 5 käme. Die Verteilung bestimmt hier den Nutzen aus.

    Die Realität ist nun sicherlich zu komplex, als dass man sie auf ein Argument reduzieren könnte, aber dieses Argument hat für mich einiges an Gewicht.

    "I guess football has always been a barometer of the times: the takeover of Manchester United was a perfect manifestation of the unacceptable face of modern capitalism." - Jarvis Cocker.

  • Auch kauft Geld keine Intelligenz. Egal wie viel Geld ich morgen habe: Schlauer bin ich dadurch nicht.

    Intelligenz ist hier glaube ich der falsche Begriff. Bildung trifft es mE viel besser. Die kann ich mir ohne Geld eben nur im beschränkten Maße verschaffen. Egal ob Paris Hilton nun einen IQ von 75 oder 175 hat - sie könnte sich sofort die Bildung verschaffen, die wir für "richtig" halten. Das klügste Kind der Welt könnte das eben nicht, wenn es dummerweise in der Sahel-Zone lebt und nicht mal lesen kann.

    "I guess football has always been a barometer of the times: the takeover of Manchester United was a perfect manifestation of the unacceptable face of modern capitalism." - Jarvis Cocker.

  • Intelligenz ist hier glaube ich der falsche Begriff. Bildung trifft es mE viel besser. Die kann ich mir ohne Geld eben nur im beschränkten Maße verschaffen. Egal ob Paris Hilton nun einen IQ von 75 oder 175 hat - sie könnte sich sofort die Bildung verschaffen, die wir für "richtig" halten. Das klügste Kind der Welt könnte das eben nicht, wenn es dummerweise in der Sahel-Zone lebt und nicht mal lesen kann.

    Oder anders ausgedrückt: Geld verschafft in praktisch allen Lebensbereichen zusätzliche Möglichkeiten, die man ohne Geld nicht hätte.

  • Das erklärt dann auch, warum es eine Art Grenze zu geben scheint, wo mehr Geld nicht zu mehr Wohlbefinden führt (soll so bei ca. $70.000 Einkommen pro Jahr liegen). Mehr Geld löst dann eben keine ernsthaften Probleme mehr, weil die dann schon abgedeckt sind, sondern bewirkt allenfalls ein kurzfristiges Glücksgefühl.

    Die 70.000 $ sind vermutlich ein Netto-Betrag?! Hast Du eine Quelle dafür? Das Thema interessiert mich.

    Ich stelle mir immer wieder vor, wie schön es wäre, von den Kapitalerträgen auf die eigenen Ersparnisse leben zu können (und damit nie mehr arbeiten zu müssen, sondern nur noch zum Spaß arbeiten zu können). Aber auch wenn ich mich da mit weit geringeren Beträgen zufrieden geben würde, werde ich dieses Ziel wohl nie erreichen.

  • Frau Hilton musste nur ein mal schlau genug sein, den richtigen PR-Berater zu finden. Ansonsten glaube ich schon, dass da eine gewisse "Bauernschläue" viel wertvoller ist als ein BWL Studium

    Unabhängig von der Person könnte man sich auch fragen, wie dämlich dieser Jemand wäre, wenn er auch noch kein Geld gehabt hätte? :hinterha:

  • Intelligenz ist hier glaube ich der falsche Begriff. Bildung trifft es mE viel besser. Die kann ich mir ohne Geld eben nur im beschränkten Maße verschaffen. Egal ob Paris Hilton nun einen IQ von 75 oder 175 hat - sie könnte sich sofort die Bildung verschaffen, die wir für "richtig" halten. Das klügste Kind der Welt könnte das eben nicht, wenn es dummerweise in der Sahel-Zone lebt und nicht mal lesen kann.

    Da kann ich schon eher zustimmen. Wobei sich dann die Frage stellt warum nicht alle reichen Menschen auch hoch gebildet sind? Sie könnten es, tun es aber nicht.

    R.I.P J.Johnson

  • Die 70.000 $ sind vermutlich ein Netto-Betrag?! Hast Du eine Quelle dafür? Das Thema interessiert mich.

    Ich beziehe mich da auf Karlheinz Ruckriegel von der Uni Nürnberg und ja, die 5000 Euro sind netto. An exakten Zahlen müssen wir uns hier nicht aufhängen, denn das Prinzip scheint einleuchtend zu sein.

    Da kann ich schon eher zustimmen. Wobei sich dann die Frage stellt warum nicht alle reichen Menschen auch hoch gebildet sind? Sie könnten es, tun es aber nicht.

    Ich glaube, die tun das schon, nur entspricht deren Definition von Bildung nicht deiner oder meiner. Die fragen sich, wie man auf anderen Gebieten, wo ich zugegebenermaßen gar keine Ahnung habe, so ungebildet sein kann. Um mal bei Paris Hilton zu bleiben - vielleicht hat die wirklich keinen Kant, Goethe oder Kierkegard gelesen. Das habe ich nun aber auch nicht ;) und wer sagt, dass das jemand müsste?

    "I guess football has always been a barometer of the times: the takeover of Manchester United was a perfect manifestation of the unacceptable face of modern capitalism." - Jarvis Cocker.

  • Darum geht's hier gerade nicht. Es geht um die Frage, wie man Geld am sinnvollsten einsetzen kann. Eine Theorie dazu ist, dass die Verwendung von Geld die moralisch gesehen beste ist, die den größten Nutzen im Sinne von Glück, Wohlbefinden, Zufriedenheit (egal wie wir das nun nennen wollen) schafft.
    Um noch mal beim Hamburger-Beispiel zu bleiben: Wenn jeder satte Mensch einen "Glückspunkt" bekäme, wären das in der Summe bei 5 Leuten 5 Punkte. Bei einer ungleichen Verteilung wäre der Wert aber deutlich niedriger, weil wir 4*0 hätten und der 5. Mensch wegen des abnehmenden Nutzen pro Burger logischerweise auf einen Wert von unter 5 käme. Die Verteilung bestimmt hier den Nutzen aus.

    Die Realität ist nun sicherlich zu komplex, als dass man sie auf ein Argument reduzieren könnte, aber dieses Argument hat für mich einiges an Gewicht.

    Nun, in Diskussionen muss man Dinge eben vereinfachen, wir wollen hier ja keine ganze Bücher oder Abhandlungen schreiben, oder?
    Oder sich ganze 4 Stunden Vorlesungen eines Bernd Senf reinziehen, zum Beispiel. Kann man aber auch machen, wenns einen interessiert.

    Dieser stark vereinfachten These der Sozialromantik, kann man angebotsseitig ebenso stark vereinfacht entgegenhalten, dass das Geld dort am sinnvollsten eingesetzt wird, wo es nachher den meisten Nutzen stiftet, und schon sind wir wieder weg vom Konsum und bei der Investition.
    Und es gibt auch gute Beispiele dafür, dass eine stark konsumtive nachfrageorientierte Keynes und Krugman Welt zwar kurzfristig Impulse setze, mittel- und langfristig aber den Impuls nicht nachhaltig oben halten kann, weil mittel- und langfristig eben irgendwann die Effekte der dann schleifenden Investitions- und mangelden Angebotspolitik greifen.

    M.a.W. der Kuchen beginnt dann irgendwann zu schrumpfen und damit werden auch die Stücke, die dann umverteilt werden können immer kleiner.
    Die Angebotspolitik schielt eben auf die Kuchengröße an sich, denn nur ein großer Kuchen wirft auch große Stücke ab.
    Und um einen großen Kuchen herstellen zu können, braucht man in erster Linie einmal motivierte Investoren und darf nicht alles verkonsumieren.

    Zitat von Derek Brown

    Das erklärt dann auch, warum es eine Art Grenze zu geben scheint, wo mehr Geld nicht zu mehr Wohlbefinden führt (soll so bei ca. $70.000 Einkommen pro Jahr liegen). Mehr Geld löst dann eben keine ernsthaften Probleme mehr, weil die dann schon abgedeckt sind, sondern bewirkt allenfalls ein kurzfristiges Glücksgefühl.

    das halte ich ehrlich gesagt für eine stark linksextreme Neidthese und Behauptung.

    Einmal editiert, zuletzt von USC_Veteran (21. August 2015 um 07:59)

  • Dabei ist das ja gar keine steile These von irgendwelchen Linksradikalen, sondern eine Sache, die leicht nachvollziehbar ist. Wenn ich 5 Burger und 5 Leute haben, werden bei gleichmäßiger Verteilung alle satt, während bei einseitiger Verteilung 4 verhungern und einer kotzt. Wer es gerne etwas wissenschaftlicher hätte, hier geht es um das Ertragsgesetz, nach dem bei zunehmenden Einsatz eines Mittels (hier also Geld), der Nutzen pro Einheit (hier Glück) immer mehr abnimmt und sich vielleicht sogar ins Gegenteil verkehrt.

    Ja, das kenne ich. Rackwitz und Faber haben sich ähnlicher Ansätze bedient um über den LQI (den Life Quality Index) ein Optimum bei risikoreduzierenden Maßnahmen (bspw. für Deichbau, Kernkraft o.ä) zu finden.

    Life Quality Index

    das halte ich ehrlich gesagt für eine stark linksextreme Neidthese und Behauptung.

    Ruckriegel ein linksextremer Neidtheoretiker? Du bist aufrichtig komisch... :)

    "Players don't know how lucky they are, I think, to be in a place like Philly. I would've - if I could've kept playing a long time there, I would've played 'til the wheels fell off." - Chris Long

  • Dieser stark vereinfachten These der Sozialromantik, kann man angebotsseitig ebenso stark vereinfacht entgegenhalten, dass das Geld dort am sinnvollsten eingesetzt wird, wo es nachher den meisten Nutzen stiftet, und schon sind wir wieder weg vom Konsum und bei der Investition.

    Nochmal, hier geht's nicht um Wirtschaftspolitik, sondern um die Frage, wie man Güter moralisch richtig einsetzt. Darauf kann Wirtschaftstheorie logischerweise gar keine Antwort geben, weil das überhaupt nicht ihr Forschungsfeld ist. Aus wirtschaftlicher Perspektive ist es völlig richtig, arme Kinder verhungern zu lassen und das Getreide anstatt für Brot lieber zur Aufzucht eines Kobe-Rinds einzusetzen, weil die erste Verwendung ein finanzieller Totalverlust ist, die zweite aber eine lukrative Anlage.

    Die Frage ist nämlich hier, was Nutzen ist.

    das halte ich ehrlich gesagt für eine stark linksextreme Neidthese und Behauptung.

    Wieso denn? Das Prinzip, dass der Nutzen eines Gutes mit zunehmendem Einsatz abnimmt, ist doch leicht nachvollziehbar. Die Liste an Beispielen hier ist doch fast endlos. Nur mal eines, um das Prinzip zu verdeutlichen:

    Wenn ich die 100 Meter in 20 Sekunden laufe, kann ich mit relativ geringem Aufwand (Training), auf 17 Sekunden kommen. Um aber auf 14 Sekunden zu kommen, reicht es eben nicht, die Trainingszeit zu verdoppeln, ich muss für den gleichen Zeitgewinn viel mehr trainieren. Der Nutzen pro Trainingszeiteinheit nimmt soweit ab, dass ich für die minimale Steigerung von 10 Sekunden auf 9.95 daraus ein Vollzeitjob mit Trainerstab und chemischen Hilfsmitteln machen müsste.

    Und hier könnte jeder von uns schnell Beispiele hinzufügen, egal ob es nun der Bauer ist, der bei doppelter Düngermenge eben keine Verdopplung der Ertragzugewinns erreicht oder ob es um die Vorbereitung auf eine Prüfung geht, wo man mit relativ geringem Aufwand die Prüfung bestehen kann, aber für eine gute Note ungleich viel mehr leisten muss. (Ich will hier nur mal an das Paretoprinzip erinnern: "80 % der Ergebnisse [können] mit 20 % des Gesamtaufwandes erreicht werden. Die verbleibenden 20 % der Ergebnisse benötigen mit 80 % die meiste Arbeit.")

    Dass es hier nicht um "links" oder "Neid" geht, kann man schon daran erkennen, dass die Leute, die das erforschen, nicht einfach links oder Neider sind. Der von mir schon erwähnte Ruckriegel lehrt z.B. VWL an der Uni Nürnberg und wird von der CSU zu Vorträgen eingeladen. Er stützt sich dabei auf Arbeiten des Wirtschaftsnobelpreisträgers Daniel Kahneman und des Ökonomen Angus Deaton von der Uni Princeton, die die Ergebnisse der Gallup-Healthways Well-Being-Index in den USA ausgwertet haben. Dass das keine Freaks sind, mag man daran sehen, dass deren Arbeiten sogar in der des Links-Seins völlig unverdächtigen Wirtschaftswoche angeführt werden, wo man dieses Jahr das Thema Geld und Glück auf den Titel gesetzt hat. Um glücklich zu werden "...müssen wir den kleinen Teufel auf unserer Schulter in den Griff kriegen. Er flüstert uns ein: Mach Karriere. Verdiene mehr Geld. Kauf dir das größere Auto.
    Ihm zu widerstehen ist der erste Schritt zum Glück. Zumindest ab einem Jahreseinkommen von 50 000 Euro. Diese Grenze, ab der rein materieller Zugewinn nicht mehr in gleichem Maße glücklicher macht, zieht der Psychologe und Wirtschaftsnobelpreisträger Daniel Kahneman."

    Sich diesem kleinen Teufel zu widersetzen, ist übrigens gar nicht so einfach. Nochmal aus der WiWo: "Auf einer Konferenz von Glücksökonomen vor wenigen Wochen bestätigte der Harvard-Ökonom Michael Norton: Selbst reiche Menschen glauben, dass sie bis zum perfekten Glück ein drei- bis vierfaches Einkommen anhäufen müssten. „Es ist dabei völlig egal, ob sie eine oder zehn Millionen Dollar besitzen“

    "I guess football has always been a barometer of the times: the takeover of Manchester United was a perfect manifestation of the unacceptable face of modern capitalism." - Jarvis Cocker.

    2 Mal editiert, zuletzt von Derek Brown (21. August 2015 um 10:56)

  • Ich glaube, die tun das schon, nur entspricht deren Definition von Bildung nicht deiner oder meiner. Die fragen sich, wie man auf anderen Gebieten, wo ich zugegebenermaßen gar keine Ahnung habe, so ungebildet sein kann. Um mal bei Paris Hilton zu bleiben - vielleicht hat die wirklich keinen Kant, Goethe oder Kierkegard gelesen. Das habe ich nun aber auch nicht ;) und wer sagt, dass das jemand müsste?


    Naja nur weil Sie alle Titelthemen der Vogue auswendig kennt, ist das ja keine Bildung.
    Aber sei es drum. Worauf wir uns einigen können ist: Ein Einkommen über dem Existenzminimum erhöht die Wahrscheinlichkeit auf Bildung der Kinder. Ebenso erhöht die Bildung der Eltern die Wahrscheinlichkeit auf Bildung bei den Kindern.

    R.I.P J.Johnson

  • Ja, das kenne ich. Rackwitz und Faber haben sich ähnlicher Ansätze bedient um über den LQI (den Life Quality Index) ein Optimum bei risikoreduzierenden Maßnahmen (bspw. für Deichbau, Kernkraft o.ä) zu finden.
    Life Quality Index

    Ruckriegel ein linksextremer Neidtheoretiker? Du bist aufrichtig komisch... :)

    Bei LQI habe ich mich immer gefragt, ob dieses denken in einer reinen VWL Logik funktioniert, denn sobald ein Politologe oder Soziologe mit solch einem Wert arbeitet, geht es schnell den Bach runter - Was nicht bedeutet das es nicht seine Berechtigung hat. Aber Punkte wie Freiheit und Sicherheit werden gar nicht berücksichtigt.

    R.I.P J.Johnson

  • Dann möchte ich mal meine 2 Cent zu dem Thema beitragen..

    Kurze Vorgeschichte: Ich hatte vor wenigen Jahren eine kleine linksextreme Rebellen-Phase in der ich komplett gegen Geld war (weil "Geld" die Wurzel allen übels ist) und inzwischen studiere ich Wirtschaftswissenschaften und sehe das komplett anders.


    Macht Geld Glücklich? Jein. Einerseits auf jeden Fall. Geld gibt uns ein elementares Gefühl. Nämlich das der Sicherheit. Außerdem ermöglicht es uns sehr sehr vieles. Wir vergessen es zwar viel zu oft, aber jeder einzelne von uns ist schon dadurch extrem reich, dass er nicht hungrig einschlafen muss. Andererseits schafft Geld auch neue Probleme. Es macht einem zwischenmenschliche Beziehungen deutlich schwerer, weil man sich immer Fragen muss, ob man wegen seiner selbst oder wegen des Geldes "geliebt" wird. Ich glaube,dass Geld nur ein Faktor für Glück ist, zu dem aber noch viele weitere Faktoren kommen müssen, wie wahre Freunde, eine wahre Liebe und ein erfülltes Leben. Ich denke man kann die Frage nicht allgemein beantworten, da sie sehr subjektiv ist.
    Ich persönlich möchte schon irgendwann zu den Besserverdienern gehören (wer nicht?). Aber glücklich wäre ich schon, wenn ich ohne große finanzielle Sorgen Leben kann, mir meine Wünsche (z.B. viel Reisen) erfüllen kann und irgendwann meiner Familie ein gutes Leben bieten kann.

    Wer "gierig" auf Geld ist, hat mMn Probleme in seinem Leben, die er dadurch zu kompensieren versucht. Der Mensch neigt dazu sich etwas zu suchen (Frau/Mann, Geld, Drogen,...), weil er der Meinung ist, dass das die Lösung all seiner Probleme ist. Wer ohne Geld glücklich ist, wird es auch mit Geld sein und wer ohne Geld glücklich ist, wird umso glücklicher mit Geld sein.

  • Was mich betrifft... Geld erfüllt für mich in erster Linie eine Motivationsfunktion, um mir Tag für Tag meinen Job anzutun.

    so ist es.
    deswegen sind Forderungen nach Wegbesteuerung von Einkommen oberhalb von Euro oder Dollar 70,000 nicht nur eine typisch linksextreme Fremdenteignung, Enteignung Anderer ist ja der linkspolitische Klassiker schlechthin, sondern im Sinne der Motivation von Leistungsträgern auch völlig kontraproduktiv.

    Wenn der Chefarzt auf Assistentenniveau herunterbesteuert werden würde, wozu sollte er dann noch Chefarzt werden wollen?
    An diesem Grundproblem der Leistungsdemotivation des Sozialismus krankte doch der gesamte Ostblock.

    Niemand strebt dann mehr nach Spitzenleistungen, mit allen volkswirtschaftlichen Folgen.

  • Du weichst noch immer dem Problem aus, indem du versuchst, einen wissenschaftlichen Befund in eine linke Ecke zu stellen, obwohl er da gar nicht her kommt.

    Der Witz in deiner Argumentation ist nämlich folgender. Natürlich motiviert Geld auch die Leute, die Geld eben nicht als Selbstzweck, sondern nur als Mittel zum Zweck gebrauchen: Ich arbeite um Geld zu verdienen, um mir dann Sachen zu kaufen, die mein Leben verbessern und mich glücklicher machen. Mache ich übrigens auch.

    Das Problem ist nun aber, dass diese Rechnung auf einem Glauben beruht und ab einem gewissen Punkt nicht mehr aufgeht. Der Glaube ist, dass mehr Geld und mehr Konsum auch mehr Glück bedeutet. Tut es aber nicht, was eben nicht nur die Theorie, sondern eben die Forschung sagt. Wenn mehr Geld mehr Glück bedeuten würde, müssten Millionäre vor Glück kaum noch laufen können und Milliardäre schon längst einen Glückskollaps erlitten haben. Tun sie aber offensichtlich nicht - denn mehr Geld bedeutet eben nicht mehr Glück.

    Der von dir angeführte Chefarzt ist dafür ein schönes Beispiel. Der mag vielleicht glauben, dass mehr Leistung zu mehr Geld und dann mehr Glück führt, nur stimmt das eben nicht. Warum? Nun - um mal ein weiteres Argument zu bringen - weil der zusätzliche Aufwand, den er treiben muss, um in diese Position zu kommen, so groß ist, dass ihn das im Zweifel mehr Lebensqualität kostet, als er durch mehr Geld hinzu gewinnt.

    Wie wenig das mit "links" zu tun hat, kannst du daran erkennen, dass sich diese Erkenntnis in letzter Zeit immer weiter verbreitet und Personalchefs zunehmend mit dem Phänomen des "Karriereverweigerers" zu tun haben. Leute, die auf Geld und Status verzichten, weil sie kapiert haben, dass sich das nicht lohnt. Die Vereinigung der deutschen Führungskräfteverbände hat das 2012 in einer Studie auch festgestellt: Leute verzichten auf einen Aufstieg in der Firma und machen lieber eine schlechter bezahlte Fachkarriere, weil sie nicht vom Geld, sondern von der Aufgabe motiviert werden.

    "I guess football has always been a barometer of the times: the takeover of Manchester United was a perfect manifestation of the unacceptable face of modern capitalism." - Jarvis Cocker.

  • Es spielt grundsätzlich keine Rolle, wer eine These aufstellt, sondern alleine die These an sich ist das, was man sich ansehen muss.
    Nicht die äußernde Person.

    Die (Sonder)Besteuerung von Einkommen oberhalb Eur oder Dollar 70,000 wäre eine klassische linksextreme Position, da sie einer gewissen Sonderenteignung gleichkäme. Was das aulöst war nicht nur im ganzen Osten großfeldtechnisch 'zu bewundern', sondern kann nun auch im Hollande Frankreich studiert werden. Es führt volkswirtschaftlich eben keineswegs zu mehr Erfolg, ganz im Gegenteil, die Demotivation der Leistungsträger über diese Sonderenteignung verursacht sogar ein mehr oder weniger deutliches Schrumpfen des gesamten umverteilbaren Kuchens, das ist sogesehen völlig kontraproduktiv, weil dann selbstverständlich auch die Kuchenstücke kleiner werden
    (oder man muss sich über alle Maßen verschulden, um seinen Lebenstandard einigermaßen halten zu können, wie das F ja gerade vorexerziert)

    Ob Einkommen oberhalb EUR 70,000 zu mehr Glückgefühlen führen oder nicht, kann ich lediglich subjektiv beantworten, da ich in anderen sehr selten drinstecke ... haha kleine Steilvorlage.
    Subjektiv beantwortet ... ja, führt es
    Persönlich fühle ich mich mit EUR >100.000 deutlich glücklicher und wohler, als zb. mit 70k.

    Außerdem ist es vielleicht auch nicht gerade hilfreich in einem Forum, dessen Hauptzweck es ist sich mit einer bezahlten Sportart zu beschäftigen, die ihre Akteure hauptsächlich über Geld und noch viel viel mehr Geld motiviert, diese Form der Leistungskitzelung und Motivation in Frage zu stellen.
    Gilt bekanntermaßen nicht nur für American Football.

    Und in der freien Wirtschaft ist es nicht anders.
    Auch hier laufen Anreizmodelle hauptsächlich über das Gehalt, oder sonstige Boni, in welcher Form auch immer.

    Deswegen halte ich die These, alles über 70k wäre unmoralisch, für eine linksextreme Neiddebatte, egal wer das sagt.

  • Ich kann hier natürlich nur für mich selber sprechen und muss Derek absolut zustimmen. Ich würde mich nicht als "Karriereverweigerer" bezeichnen, jedoch habe ich null Interesse mein Leben komplett einem Beruf bzw. dem Geld scheffeln unterzuordnen. Ich habe eine gute kfm. Ausbildung und arbeite geregelt von Montag - Freitag und verdiene (für die Schweiz) durchschnittlich gut. Das heisst ich kann sehr gut für mich sorgen, muss nicht gross auf Dinge verzichten und kann mir immer wieder mal was (un)nützes anschaffen. In der Firma habe ich gute Aufstiegschancen, die ich auch nutzen werden. Möchte aber auf keinen Fall soweit nach oben, dass ich bis 20.00 Uhr im Büro oder an Sitzungen bleiben muss und/oder am WE arbeiten müsste.

    Ich definiere Lebensqualität ganz sicher nicht mit Geld, solange ich meine "Grundbedürfnisse" decken kann. Für mich ist eigentlich die Freizeit und die damit verbundenen Aktivitäten das wertvollste Gut. Niemals würde ich die Zeit für Familie, Freunde oder Hobbies gegen Arbeitszeit und die damit verbundenen Mehreinnahmen tauschen, denn es wäre für mich niemals ein Mehrwert. In unseren anspruchsvollen und schnelllebigen Gesellschaft halte ich die Zeit für etwas, was wertmässig einiges höher einzuschätzen als Geld.

    Dies ist übrigens ein Phänomen, welches ich bei vielen Altersgenossen und Freunden beobachten kann.

    Bob Kraft:"I'll always remember him coming down the stairs at the old stadium. He said to me 'Hi I'm Tom Brady.' He looked me in the eye and said, 'And I'm the best decision this organization has ever made.'

  • Du versuchst mit Deiner Argumentation - bewußt oder unbewußt - ständig, Deinen "Gegnern" Positionen unterzuschieben, die sie gar nicht haben, um diese dann vermeintlich zu widerlegen.

    - Eine progressive Besteuerung ist vielleicht tendenziell politisch "eher links als rechts", aber keinesfalls spezifisch "linksextrem" - es sei denn, Du betrachtest Parteien wie die CDU als linksextrem.
    - Selbst wenn die Position "klassisch linksextremes Gedankengut" wäre, wäre das kein Sachargument.
    - Was das mit dem "Osten" zu tun hat, ist nur sehr eingeschränkt nachvollziehbar. Ich wüßte jedenfalls nicht, dass sich "der Osten" (ich vermute mal: zu Zeiten des Ostblocks) von "dem Westen" nur und genau dadurch unterschieden hätte, dass Gehälter über 70.000 $ mit einer Sondersteuer belegt worden wären.
    - Ich stimme Dir zu, dass eine extrem hohe Besteuerung der hohen Einkommensanteile den Anreiz für zusätzliche Generierung von Einkommen reduziert. Das hängt aber auch von der Ausgestaltung ab - bislang hat ja niemand davon gesprochen, dass man alles über 70.000 $ abgeben soll. Zudem sollte man nicht vergessen, dass Geld keineswegs die einzige Motivationsquelle ist. Im Übrigen zeigt die Praxis, dass gerade Staaten mit hoher Besteuerung der Spitzeneinkommen (oder sonstigen Formen der Vermögensumverteilung) zumindest teilweise sehr erfolgreich sind (z. B. Skandinavien; USA zu Zeiten des "New Deal").
    - Ich bezweifle, dass man selbst beurteilen kann, ob 100.000 € einen glücklicher machen als 70.000 €. Natürlich hätte jeder gerne mehr als weniger. Aber welchen Effekt das auf das Glücksgefühl hat, ist damit noch nicht gesagt, insbesondere langfristig.
    - Ich bezweifle stark, dass die Höhe des Gehalts sich maßgeblich auf die Motivation eines Footballspielers auswirkt. Möglicherweise gibt es eine Untergrenze, unter der man einfach aufhört. Aber warum jemand schneller rennen oder besser fangen soll, weil er mehr Geld bekommt, erschließt sich mir nicht.
    - Die Erfahrung zeigt, dass die in der Wirtschaft verwendeten Anreizmodelle über Geld/Boni weitgehend ihren Zweck verfehlen. Ein elementares Problem der Wirtschaftswissenschaften besteht darin, dass sie traditionell - inzwischen setzt langsam (!) ein Umdenken ein - einfach als Annahme postuliert, dass der jeweils Handelnde ein "homo oeconomicus" - ist. Andere Wissenschaften (z. B. Psychologie) zeigen aber, dass das eine (jedenfalls in dieser Allgemeinheit) unzutreffende Annahme ist. Demzufolge sind natürlich auch die hieraus abgeleiteten Folgerungen wenig belastbar.
    - Davon, dass mehr als 70.000 €/$ unmoralisch wären, hat doch in diesem Thread überhaupt niemand gesprochen. Es geht nicht um Neid, sondern um die Maximierung von Glück für die Gesamtbevölkerung.

    Einmal editiert, zuletzt von Chief (25. August 2015 um 12:58)

  • Die Gegenargumente sind:

    - eine überzogene Besteuerung der Gehälter ab einer bestimmten Höhe, bis hin zu 100%, sind vor allem eine Forderung der Linken und des linken Flügels der Grünen.
    Von Hollande wurde sie in Frankreich sogar umgesetzt, auch der steht politisch links.
    Von der Union habe ich diese Forderung noch nie gehört.

    - spielt keine Rolle, außerdem hat das BVG eine Besteuerung oberhalb 50% sowieso verboten. Mit Reichensteuer liegt der Steuersatz bereits bei 45%, ansonsten bei 42%
    Viel Luft nach oben wäre sowieso nicht mehr, selbst wenn man jetzt an alle Einkommen >70k heranwollte

    - der Sozialismus/Kommunismus hatte Gleichmacherei als quasi oberste Maxime. Egal ob Chefarzt oder Assitent, alle waren mehr oder weniger in derselben Brühe.
    Ergebnis bekannt. Sämtliche Anreize zu Spitzenleistungen sind irgendwann abgestorben oder eingeschlafen

    - wenn ich subjektiv behaupte mich mit >100k glücklicher zu fühlen, als mit 70k, ist das erst einmal eine Aussage.
    Oder wie wird denn diese Glücksforschung objektiv gemessen und an was?

    - daß Geld doch Tore schießt beweist nicht nur Bayern München in der BuLi in gähnender Eintönigkeit, sondern sehr bald auch wieder die Premiere League in der Championsleague.
    Jede Wette darauf.
    Bei den seit Jahren immer schlimmer werdenden Fakten und Tendenzen zu behaupten, Geld spielte für die Motivation von Spitzensportlern keine Rolle, ist schon mind. grob fahrlässig

    - dasselbe gilt auch für die private Wirtschaft.
    Wer Spitzenleute will oder Spitzenleistungen muss vor allem den Geldbeutel als Hauptanreiz öffnen

    - letztlich geht es in diesen Diskussionen im Kern um das, um das es im Kern letztlich fast immer geht.
    die Träume von der großen Umverteilung

    Umverteilung ist allerdings ein Stück Gleichmacherei, und Gleichmacherei führt zu Leistungsdemotivation und damit zu Stagnation und Rückgang im Ergebnis.
    Diese kausale Beziehung ist so trivial, wie empirisch tausendfach bewiesen.
    Wie oft soll sie denn noch bewiesen werden?

  • Was ist "überzogen"? Was ist eine "bestimmte Höhe"? Wer hat eine Umverteilung von "bis hin zu 100 %" in dieser Diskussion gefordert? Steuerprogression an sich ist Mainstream.

    Das BVerfG hat 2006 (im Einklang mit einer Entscheidung des BFH aus 1999) entschieden, dass es keinen steuerrechtlichen Halbteilungsgrundsatz gibt und auch eine Einkommen- und Gewerbesteuerbelastung von 60 % zulässig sein kann. Die von Dir angeführten Werte sind zudem lediglich die Spitzensteuersätze, wobei der Spitzensteuersatz schon bei 53 % (zzgl. Soli) lag.

    Bei Sozialismus/Kommunismus müßte man zunächst einmal zwischen Utopie, Wirtschaftsmodell und realer Umsetzung unterscheiden. Zudem gab es auch im "real existierenden Kommunismus/Sozialismus" eine Vielzahl von Spitzenleistungen, etwas im Bereich von Forschung und Sport.

    Du kannst subjektiv behaupten, was Du willst. In einer fachlichen Diskussion erscheint es sinnvoll, sich an dem wissenschaftlichen Stand der Erkenntnis zu orientieren - nicht am subjektiven Empfinden von Lieschen Müller. Die Glücksforschung hat das subjektive "Glücklichsein" als Forschungsgegenstand. Methode ist meist die Befragung (z. B. "Wie glücklich sind Sie mit ihrem Leben auf einer Skala von 1 bis 10?"). Dabei zeigt sich, dass dieses Glück bis zu einem gewissen Grad (degressiv) mit dem Gehalt steigt, dann aber nicht mehr. Das ist zunächst einmal nur eine Korrelation, die aber eine Kausalitätsvermutung nahe legt.

    Neuer hält nicht mehr Bälle, weil er bei Bayern mehr Geld kriegt als bei Schalke, sondern er spielt bei Bayern, weil er so gut Bälle hält. Ich will nicht behaupten, dass Geld in Sport oder Wirtschaft keine Anreizwirkung hätte, aber diese Wirkung wird überschätzt und nimmt bei hohen Summen stark ab. Dazu kommt, dass demotivierende Effekte oft übersehen werden. Diese ergeben sich z. B. daraus, dass Menschen sich vergleichen und ungerecht behandelt fühlen.

    Ich stimme Dir zu, dass vollständige "Gleichmacherei" demotivierend wirkt. Das ist aber nur ein Faktor von vielen, weil Menschen auch, aber nicht nur durch Geld motiviert werden. Zudem spricht es nicht zwingend gegen eine partielle Umverteilung.

    Vor allem aber lenken Deine Ausführungen vom eigentlichen Diskussionsgegenstand ab:
    Wenn das - individuelle und gesamtgesellschaftliche - (End-)Ziel in der Glücksmaximierung besteht, dann geht es um eine Maximierung des "Glückskuchens". Bislang ging man davon aus, dass "mehr Geld" auch "mehr Glück" bedeutet, was für eine Maximierung des Geldkuchens als Mittel zum Zweck sprach. Wenn die Glücksforschung aber zeigt, dass dieser Zusammenhang nur in sehr beschränktem Umfang besteht, ist das ein Argument, das Konzept zu überdenken und eine Umverteilung zur Maximierung des Glückskuchens in Erwägung zu ziehen.
    Das ist aber, wie Derek Brown richtig angemerkt hat, nur ein - wenn auch gutes - Argument. Zu berücksichtigen ist - wie bei allen Umverteilungsansätzen -, ob die Überlegung nicht zu statisch ist. Wenn die Umverteilung zu einer (partiellen) Demotivation führt, könnte dies die Wirtschaftsleistung senken, was sich mittelbar negativ auf den zu verteilenden "Glückskuchen" auswirken würde.

  • wir drehen uns ein bisschen im Kreis, was bei den "ewigen" Diskussionen zwischen Liberalismus und Kollektivismus auch gar nicht anders zu erwarten ist und war.

    erstaunlich finde ich aber, dass du im allerletzten Satz mehr oder weniger auf die Seite der Liberalen geschwenkt bist.
    Zufall, oder Absicht?

  • wir drehen uns ein bisschen im Kreis, was bei den "ewigen" Diskussionen zwischen Liberalismus und Kollektivismus auch gar nicht anders zu erwarten ist und war.

    erstaunlich finde ich aber, dass du im allerletzten Satz mehr oder weniger auf die Seite der Liberalen geschwenkt bist.
    Zufall, oder Absicht?

    Mir geht es nicht um Liberalismus oder Kollektivismus. Ich habe auch an dieser Stelle den Eindruck, dass Du die Diskussion auf eine andere Ebene zu ziehen versuchst. Mir geht es schlicht um unideologische Sachargumente.

    Auch wenn es Dich verwundern mag: Wenn man meine politische Einstellung beschreiben will, dürften meine Positionen meist zwischen (wirtschafts-)liberal und wertkonservativ liegen.

    Nur bemühe ich mich, nicht mit Scheuklappen durch die Gegend zu laufen und Auffassungen nicht nur deshalb abzulehnen, weil sie meinem bisherigen Weltbild widersprechen oder von Leuten geäußert werden, deren Auffassung ich regelmäßig nicht zustimmen kann. Es ist wichtig, die eigenen Auffassungen immer wieder kritisch in Frage zu stellen und am Maßstab aktueller wissenschaftlicher Erkenntnis zu messen.

    Einmal editiert, zuletzt von Chief (31. August 2015 um 18:35)