• Wann er greift, ist eigentlich recht präzise formuliert: Gegen die verfassungsmäßige Ordnung (freiheitlich demokratische Grundordnung, Verfassungsgrundsätze) verstößt alles, was die sog. "Ewigkeitsklausel" des Art. 79 Abs. 3 GG verbietet:

    Also die Abschaffung der
    - Gliederung in Länder
    - Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung
    - in den Artikeln 1 und 20 (nicht "bis") niedergelegte Grundsätze (Menschenwürde, Republik, Demokratie, Rechtsstaat, Sozialstaat, Bundesstaat)

    Ob man nun jeden erschießen muss, der aus Deutschland einen Zentralstaat machen will, sei dahingestellt :D

    Der Begriff "Widerstand" aus 20 IV dagegen ist daher in der Tat wohl bewusst schwammig gehalten worden.

    Minnesota Vikings 2022:

    13-5 - one and done. Meh.

    Einmal editiert, zuletzt von Johnny No89 (6. August 2010 um 20:25)

  • Erschließt sich mir immer noch nicht ganz: Nichtanerkennung des Staates Israel auf dem Gebiet Palästinas = mit Hitlers Rassenwahn vergleichbarer "Hass auf alles Jüdische"? :paelzer:


    Und die Verleugnung des Holocaust sowie die Androhung der Vernichtung Israels kehren wir unter den Teppich?

  • 2 Ebenen: Eine ethisch-rechtliche, eine moralische.

    Die ethisch-rechtliche verbietet als Teil des Rechtsstaates, den ich als Grundkonsens unserer Gesellschaft ansehe, ein solches Vorgehen. Mord bleibt Mord, egal ob der Ermordete ein netter Kerl, ein Arschloch oder ein überdimensional großes Arschloch war.

    Auf der moralischen Ebene kann ich derlei Taten verstehen, wie ich es beispielsweise auch verstehen kann, wenn der Vater eines geschändeten Kindes den Schänder platt machen will. Würde ich nämlich auch wollen. Ich wäre mir allerdings der Konsequenzen innerhalb des Rechtsstaates bewusst und nähme sie in Kauf.

    Hhmmm... ich bin überrascht ... ich stimme zu 100 Prozent mit Data überein - das hatten wir doch selten über die Jahre :xywave:

    -----------

    Und ich warne Olibo und Dr. Gonzo davor, die Sache zu "schwarz-weiß" anzusehen. Die Aussagen Ahmadinedschads zur angestrebten Vernichtung Israels bergen zwar ein "gewisses Potenzial" ... aber das Reden allein sehe ich nicht als Grund für Attentat an, auch die Waffenlieferungen an die Hamas alleine noch nicht. Dennoch entsteht eine Bedrohungslage, die für (ebenso) radikale Kräfte auf der Gegenseite "Aktionen" zwingend erscheinen lassen könnten. Auf beiden Seite eine "Grauzone". Ich maße mir hier kein tatsächliches Urteil an. Die Leugnung des Holocaust reicht mir aber nicht als Grund für einen "Tyrannenmord" aus ... sonst müssten da einige Menschen mit der rauchenden Maschinenpistole durch die Welt laufen.

    Wenn ein im Schlaf gedraftretes Team besser ist als alle anderen, wird es Zeit der Realität ins Auge zu blicken...

    Helft dem NFL-Talk

  • Die Leugnung des Holocaust reicht mir aber nicht als Grund für einen "Tyrannenmord" aus ... sonst müssten da einige Menschen mit der rauchenden Maschinenpistole durch die Welt laufen.


    Da verstehst Du mich offenbar falsch, mein Lieber. Mir ging es nur darum aufzuzeigen, dass es durchaus gewisse Parallelen zwischen Ahmadinedjad und Hitler gibt. Als Rechtfertigung für einen Mord an A. wollte ich das keineswegs verstanden wissen.

  • Und die Verleugnung des Holocaust sowie die Androhung der Vernichtung Israels kehren wir unter den Teppich?


    Letzteres wird auf keinen Fall unter den Teppich gekehrt, denn die Androhung der Vernichtung Israels hat es so von Ahmadinedschads Seite schlicht und ergreifend nie gegeben. Link.
    Zudem reicht die Verleugnung des Holocausts imo kaum, um Parallelen zu Hitler, dem Organisator dieses Massenmords, zu ziehen.
    Ich halte es für fragwürdig, dass eine rein rhetorische antisemitische Haltung immer sofort einen Vergleich mit Hitler heraufbeschwört, während andere erwiesene Massenmörder der Geschichte um diesen Vergleich herumkommen.

    Einmal editiert, zuletzt von Dr. Gonzo (7. August 2010 um 13:45)

  • Und ich finde deine herablassende Art, bei der du daran scheiterst, das Argument (Unterscheidung zwischen potenzieller/akuter Gefahr) nicht zielführend. Was wir als Tyrannei definieren, ist mir erstmal schnuppe. Das muss ausgehandelt werden.


    Ist etwa ein (völkerrechtswidriger) Krieg für die Bewohner des betreffenden Landes keine akute Gefahr?

  • Es bleibt im speziellen iranischen Fall die Frage, ob wir uns herausnehmen können, ein westliches (Straf-)rechts- und Wertesystem auf (politische) Situationen in anderen Ländern anzuwenden.

    Ich bin nicht sicher, ob ich deinen Punkt verstehe, aber soweit ich ihn verstehe, kann ich mit diesem relativistischen Argument wenig anfangen. Um die rechtliche Dimension mal beiseite zu lassen: Der Auslöser für diese Diskussion ist zunächst ein inneriranischer Konflikt. Die iranische Kultur ist ja alles andere als homogen, und es ist doch ziemlich offensichtlich, dass das iranische Regime eine Lebensform repräsentiert, die fröhlich dabei ist, missliebige andere iranische Lebensformen mit Gewalt zu unterdrücken. Nun hat anscheinend jemand im Iran zu verstehen gegeben, dass er sich das nicht gefallen lassen möchte. Darüber können wir doch wohl reden.

    Zum anderen, warum sollte man dieses Regime nicht von einem westlichen Standpunkt aus bewerten dürfen? Die iranische Regierung begnügt sich ja auch nicht damit, die innere Opposition plattzumachen. Sie ist im Gegenteil sehr lautstark in der Bewertung externer Kulturen und unterstützt mit beträchtlichem Aufwand autoritäre und reaktionäre Bewegungen im Ausland (bei weitem nicht nur die Hamas, BTW). Und welchen Grund gibt es anzunehmen, dass das Regime mit der Atomwaffenoption sozialverträglicher umginge als mit kleineren Waffen? Das Regime produziert externe Effekte. Warum soll man da nicht aus einer partikulären westlichen Perspektive sagen dürfen: wollen wir nicht?

    Und schließlich kann man die Frage, ob es so etwas gibt wie universelle Menschenrechte, nicht einfach nonchalant vom Tisch wischen. Aber selbst wenn man in dieser Frage keine starke Position einnehmen möchte: es ist doch durchaus vorstellbar, dass man sich auch über Kulturgenzen hinweg auf Kriterien dafür einigen kann, was z.B. ein Tyrann ist, und unter welchen Bedingungen Widerstand legitim ist.

  • Und schließlich kann man die Frage, ob es so etwas gibt wie universelle Menschenrechte, nicht einfach nonchalant vom Tisch wischen. Aber selbst wenn man in dieser Frage keine starke Position einnehmen möchte: es ist doch durchaus vorstellbar, dass man sich auch über Kulturgenzen hinweg auf Kriterien dafür einigen kann, was z.B. ein Tyrann ist, und unter welchen Bedingungen Widerstand legitim ist.

    Ich glaube nicht das es so einfach ist. Denn die Einigung darauf würde auch nach sich ziehen, dass man sich auf Konsequenzen und ein gemeinsames Vorgehen einigt. Und das man das nicht schaffen wird, sieht man auch daran, dass Sanktionen gegen den Iran im Weltsicherheitsrat kaum durch zu setzen sind.

    Generell begrüße ich einen Tyrannenmord und würde auch für eine konsequente Durchsetzung der Stürzung von Unrechtssystemen befürworten. Gibt nur zwei drei Hacken an der Geschichte. Zum einen müsste es konsequent gemacht werden, sprich auch gegen starke Staaten. Zweitens würde dies den Druck nach Außen für diese Staaten erhöhen. Sprich sie müssten sich konsequent und vor allem präventiv wehren. Drittens ist die Legitimationsfrage für mich nicht geklärt. Ist Russland ein Unrechtsstaat? China oder erst Nordkore, Sudan und/oder Iran.

    R.I.P J.Johnson


  • Ich halte es für fragwürdig, dass eine rein rhetorische antisemitische Haltung immer sofort einen Vergleich mit Hitler heraufbeschwört, während andere erwiesene Massenmörder der Geschichte um diesen Vergleich herumkommen.

    Es wird, nicht nur hier in Deutschland, aber prinzipiell, immer alles nur in "Hitler" gemessen.

    Edit: Schau was es da alles so gibt.
    wie Hitler, wie Holocaust, wie...

    Einmal editiert, zuletzt von Adi (7. August 2010 um 17:51)


  • Edit: Schau was es da alles so gibt.
    wie Hitler, wie Holocaust, wie...


    Wulffs Äußerung bei Friedman war mir noch nicht bekannt. Mit solch durchdachten Aussagen wird er viel Freude beim "Brückenbauen" und "auf die Menschen zugehen" haben.
    Egal, in diesem Thread geht es um Tyrannen - (und die haben in den meisten Fällen zumindest etwas Charisma :hinterha: )

    (Btw Adi, mit deinem Nick solltest du aufpassen, nicht auch noch Zielscheibe der Nazi-Vergleiche zu werden :mrgreen: )

  • Fir Tyrannenmordsache ist immer eine Frage der Grenzziehung. Ab wann darf sich der Einzelne dazu aufschwingen seine Vorstellung über gut und böse absolut zu setzen und sich zum Entscheider aufschwingen.
    Bei Hitler werden heute Attentäter gefeiert welche Jahrenlang den verbrecherischen Weg mitgegangen sind. Dagegen wäre ich mir nicht so sicher wie die historische Wertung ausgefallen wäre wenn schon 1933 ein Tyrannenmord erfolgt worde wäre.
    Ich trenne da immer zwischen persöhnlichem Verständnis und wirkliche Rechtfertigung. Persönliches Verständnis hätte ich viele Politikermorde gehabt. Auch bei Bush habe ich mich manchmal dabei erwischt mir zu wünschen irgentwer würde Kugeln sprechen lassen.
    Es besteht kein Zweifel daran dass es dem Iran ohne Achmadinedschad besser gehen würde und dass der Mann einen gehörigen Sprung in der Schüssel hat.
    Trotzdem bleibt fast jeder Tyrannenmord juristisch gesehen falsch und ein Verbrechen. So sehr man die Motive verstehen kann, kann man doch keine Rechtsordnung denken, inder der einzelne das Recht in die eigene Hand nehmen kann. Notwehr im klassischen Sinne kann man bei kaum einer dieser Taten annehmen, weil man sie dann bei fast allen akzeptieren müsste.

    Auch bei Entscheidungen von Bush oder sogar Merkel geht es um Menschenleben und trotzdem kann man als Gesellschaft nicht akzeptieren wenn mit Mord reagiert wird.
    Alles in allem sehr schwierig aber ich schätze die Situation im Iran nicht so ein, dass man als Rechtsstaatlich orientierter Mensch einen politischen Mord akzeptieren kann auch wenn die Welt sicher mit einen anderen Iranischen Präsidenten besser dran wäre.
    Bei Hitler war die Situation eine andere wobei ich immernoch der Meinung bin dass einigen der damaligen Attentäter nicht aufgrund der Greuel gegen die Juden sondern aus Angst vor den Folgen des Kriegsverlustes handelten, was weniger heroisch ist.
    Unter halbwegs normalen Bedingungen sollte politischer Mord jedenfalls von keine Rechtsordnung aktzeptiert werden selbst wenn er in Gegenden geschieht die unser Demokratieverständnis nicht teilen.

  • wobei ich immernoch der Meinung bin dass einigen der damaligen Attentäter nicht aufgrund der Greuel gegen die Juden sondern aus Angst vor den Folgen des Kriegsverlustes handelten, was weniger heroisch ist.

    Die glaubten also Deiner Meinung nach, wenn Hitler tot wäre, würde man den Krieg schon noch gewinnen? :paelzer:

    Minnesota Vikings 2022:

    13-5 - one and done. Meh.

  • Die glaubten also Deiner Meinung nach, wenn Hitler tot wäre, würde man den Krieg schon noch gewinnen? :paelzer:


    Ich denke, es geht ihm eher darum, dass im Falle von Hitlers Tod möglicherweise "vernünftigere" Nationalsozialisten an die Macht gekommen wären, die rechtzeitig ein für Nazi-Deutschland erheblich günstigeres Kriegsende ausgehandelt hätten als die bedingungslosen Kapitulation 1945. Nicht allzu unwahrscheinlich, wie ich finde.

  • Wobei zu bedenken ist, dass nicht wenige Männer des 20. Juli Adlige (und damit Grundbesitzer) waren und die Rote Armee "vor der Tür" stand. Teils durchaus wirtschaftlich denkende Menschen, um es mal so zu formulieren...
    (Darf man solch kritische Töne gegenüber den [so scheint es inzwischen, der 'öffentlichen Meinung' nach zu urteilen] einzigen Widerstandskämpfern des Dritten Reiches überhaupt verlauten lassen? *duckundweg*)

  • Nicht allzu unwahrscheinlich, wie ich finde.

    Im Gegenteil: Sehr unwahrscheinlich seit der Konferenz von Casablanca im Januar '43, als Roosevelt und Churchill die bedingungslose Kapitulation des Dritten Reiches als Kriegsziel festlegten.

    Viele Verschwörer hatten ja Kontakt zu den Alliierten, denen war es aber ab diesem Zeitpunkt ziemlich schnuppe, ob Hitler beseitigt würde oder nicht (was die Widerständler auch ein ums andere Mal verzweifeln ließ).

    Minnesota Vikings 2022:

    13-5 - one and done. Meh.

  • Im Gegenteil: Sehr unwahrscheinlich seit der Konferenz von Casablanca im Januar '43, als Roosevelt und Churchill die bedingungslose Kapitulation des Dritten Reiches als Kriegsziel festlegten.

    Selbst wenn man diese Festlegung als unabänderlich betrachtet (was ich nicht tun würde, denn eine völlig neue Situation im deutschen Machtgefüge hätte auch die Alliierten zum Überdenken ihrer Positionen gezwungen): Zu diesem Zeitpunkt war Hitler immerhin seit zehn Jahren an der Macht und seit vier Jahren im Krieg. Stauffenberg war weder der einzige noch der erste Attentäter.

  • Hhmmm... ich bin überrascht ... ich stimme zu 100 Prozent mit Data überein - das hatten wir doch selten über die Jahre :xywave:

    Hey, setzt Dich, machs Dir bequem und nimm Dir nen Keks. Hier, auf der dunklen Seite, haben wir auf jeden Fall die besseren Drinks und cooleren Chicks. :tongue2:

    Zitat von Derek Brown

    Dass hier jeder Mord ablehnt, ist klar. Aber der Punkt ist doch, was als Mord definieren. Der reine Tötungsvorgang reicht doch als Kriterium nicht aus, weswegen wir weitere Kriterien hinzuziehen und zwischen Unfall/fahrlässige Tötung/Totschlag/Mord unterscheiden. Platt formuliert: Wenn morgen ein Gesetz verabschiedet würde das Tyrannenmord legalisiert, wäre es schlichtweg kein Mord mehr - und das ethisch-rechtliche Problem wäre weg.

    Oh, cool, so einfach ist das also: Ein neues Gesetz her und alles ist legalisiert und alle ethischen Probleme beseitigt. Lass uns dann bitte auch gleich die Jagd auf FDP'ler, die Judenverfolgung und den Amoklauf bei Schützenfesten und Schlagerfestivals per Gesetzt legalisieren, damit wir alle - inklusive meiner Wenigkeit - davon was haben.

    "Players don't know how lucky they are, I think, to be in a place like Philly. I would've - if I could've kept playing a long time there, I would've played 'til the wheels fell off." - Chris Long

  • Hey, setzt Dich, machs Dir bequem und nimm Dir nen Keks. Hier, auf der dunklen Seite, haben wir auf jeden Fall die besseren Drinks und cooleren Chicks. :tongue2:

    Ist da die Sendung mit dem heißesten Club (so wirbt die Sendung League of Balls) der Welt hier?

    Vater! Darf ich auch kommen?

    R.I.P J.Johnson