1. Rückblick auf die „Perfect Season“ 2017
0-16. Erst zum zweiten Mal nach den 2008er Detroit Lions schaffte ein Team die „perfekte Saison“. Ein Schandmal, dass uns Browns-Fans noch lange begleiten wird. Während die Fans in den USA sogar eine Parade veranstalteten, wollen wir allen Ernstes analysieren wieso die Browns trotz eines talentierteren Rosters den desaströsen 2016er-Record von 1-15 sogar noch unterboten. Daher beginnen wir mit einem kleinen statistischen Rückblick:
Offense
Offensive Yards | 2017 | 308,9 (24th) | 2016 | 292,7 |
Pass Yards | 2017 | 201,8 (22nd) | 2016 | 192 |
Rush Yards | 2017 | 107,1 (18th) | 2016 | 100,7 |
Points per Game | 2017 | 14,6 (32nd) | 2016 | 15,6 |
Touchdowns | 2017 | 27 (31st) | 2016 | 29 |
Turnover Ratio | 2017 | -28 (32nd) | 2016 | -12 |
Sacks allowed | 2017 | 50 (27th) | 2016 | 66 |
Defense:
Offensive Yards allowed | 2017 | 328,1 (14th) | 2016 | 369,4 |
Pass Yards all. | 2017 | 230,2 (19th) | 2016 | 235,1 |
Rush Yards all. | 2017 | 97,9 (7th) | 2016 | 134,3 |
Points per Game all. | 2017 | 25,6 (31st) | 2016 | 26,4 |
Touchdowns all. | 2017 | 48 | 2016 | 56 |
Sacks | 2017 | 34 (21st) | 2016 | 26 |
Die erste Erkenntnis: Nein, die Browns sind nicht noch schlechter als Team geworden. Insbesondere die Defense hat gegen den Run massive Fortschritte gemacht, während die Pass-Defense weiter einiges zu wünschen übrigließ. Aber die Browns sind nicht 0-16 weil unsere Defense massiv unterperformed hat. In 6 Spielen ließ die Defense weniger als 20 Punkte zu. Dabei sind noch nicht die vielen Spiele eingerechnet die unsere Offense durch Turnover vermasselt hat.
Der Painpoint hieß Offense. Wobei ich die Schuld nicht allein auf das Quarterback-Desaster schieben möchte. Aber eins nach dem anderen:
Es startete unerwartet Rookie DeShone Kizer – ein bekanntermaßen extrem roher, 21-jähriger QB aus Notre Dame, der im Training Camp und PreSeason sowohl Cody Kessler, als auch Free Agent Brock Osweiler verdientermaßen hinter sich ließ. „Flashing Talent“ ist zweifellos das eine, NFL-Readyness das andere. Kizer hätte nie ein NFL-Feld sehen dürfen als Rookie – dank Hue Jackson wurde nicht nur dieser junge Kerl verbrannt, sondern die Saison der Browns zum Scheitern verurteilt.
Kurz die Kizer-Katastrophe in Zahlen:
- 15 Spiele: 11 TD´s gegenüber 22 INT´s, 3 Fumbles
- Completion Rate: 53,6%
Ich möchte Kizer keinesfalls als alleinigen Sündenbock darstellen – zweifellos hatten die Browns auch massive Receiver-Probleme (Drops, keine Separation, Fouls) und auch das Playcalling war mehr als fraglich. Aber insbesondere mit seinen Totalausfällen in der RedZone war es unmöglich Spiele zu gewinnen.
Was waren in 2017 die Kernprobleme?
- QB – in allen denkbaren Facetten
- Receiving-Corps
- O-Line-Depth (siehe nach der Verletzung von Joe Thomas)
- Hue Jackson (Playcalling)
- Secondary in Kombination mit dem Scheme von Gregg Williams
Zum letzten Punkt noch eine kleine Ausführung, für alle die wenig Browns in 2017 gesehen haben. Die Browns sind mit deutlichem Abstand das Teams mit den meisten Blitzes (Siehe Bild).
BlitzBrowns17.pngBlitzBrowns172.png
Dieses aggressive Scheme bedingt gute bis sehr gute Press-Corner. Diese existierten so aber nicht bei den Browns mit Jamar Taylor und McCourty auf den Außen. Folglich setzte Gregg Williams fast immer einen Sicherheitsanker – namentlich Jabrill Peppers (FS) ca.20-25 Yards hinter dem letzten Defender (siehe Bild)
Jetzt kann man gern diskutieren wen die Schuld trifft: Den GM (Sashi Brown), der sein Team mit den falschen CB´s ausstattete, oder der sturen Defensive-Coordinator (Gregg Williams), der lieber permanent „in Unterzahl“ spielt anstatt sein Scheme den Team-Fähigkeiten anzupassen. Ich tendiere zu letzterem. Als Kernaufgabe eines Coordinators sehe ich den bestmöglichen Einsatz des Spielermaterials. Einen talentierten Rookie-Safety-Linebacker-Hybriden wie Peppers so aus dem Spiel zu nehmen will ich nicht gutheißen. Das häufige Unterzahlspiel in der Mitte des Feldes hat der Defense vor allem gegen Tight-Ends massiv geschadet.
Die Browns haben in 2017 Historisches geschafft. Trotz einer Defense, die in wichtigen Kategorien Top-10 (Run-D) oder Top-15 (Yards-Allowed) war, konnte kein einziges Spiel gewonnen werden. Ich will dennoch festhalten, dass die Browns bis auf das QB-Spiel insgesamt spielerisch deutliche Fortschritte in vielen Bereichen machten.
2. Offseason 2018
Thank you Sashi, Welcome Mr.Dorsey
"And when that turnaround happens, wherever I am, I will smile – more than a little bittersweetly – and say, to myself, “Go Browns!”
Die Browns entließen GM Sashi Brown am 07.12.2017 und stellten kurz darauf den ehemaligen GM der Kansas City Chiefs John Dorsey ein. Dorsey könnte nach Sashi kaum einen größeren Gegensatz zum „Moneyball-Prinzip“ verkörpern. Der 57-jährige gilt als absoluter Fachmann, der zwischen 1984 und 1989 als Spieler der Packers, anschließend ab 1991 vom Scout hoch bis Director of Football Personnel in Green Bay aufstieg. Geballte Football-Kompetenz und Pragmatik – genau das war es was Owner Jimmy Haslam wollte und bekam.
Leicht war sein Einstieg bei den Browns nicht, musste er nach dem Statement von Haslam mit Headcoach Hue Jackson arbeiten anstatt wie üblich seine eigene Coaching-Wahl zu treffen. Dafür gab Haslam eine klare Mission vor: Find a QB!
Trotz des Records von 1-31 darf Hue Jackson bleiben – einen Kompromiss musste er jedoch eingehen: Fortan wird es einen Offensive Coordinator in Berea geben, der die Plays ansagt. Die Browns landen einen kleinen Coup, indem sie den OC der Steelers verpflichten können – Todd Haley. Haleys Offense in Pittsburgh landete zuletzt 4-mal in Folge Top-10 im Scoring – zweifellos mit deutlich mehr Talent im Roster, dennoch macht diese Verpflichtung viel Hoffnung. Das offensive Scheme der Browns wird sich dadurch zwar nicht elementar verändern, aber in den Nuancen durchaus. Nach allem was man hört wird das neue Playbook gemeinschaftlich erarbeitet. Auch unter Haley erwarten wir eine Vertical-Offense, die dank mobiler QB´s reich an Play-Action und insgesamt Run-Heavy erwartet wird. Wie genau das aussehen wird weiß Stand heute natürlich noch keiner außerhalb von Berea.
Neben der prominenten Neubesetzung des OC wechselten in Berea auch folgende Posten:
- Ken Zempese (QB-Coach, Bengals)
- Adam Henry (WR-Coach, Giants)
- Freddie Kitchens (RB-Coach, Cardinals)
- Amos Jones (Special-Teams, Cardinals)
Insgesamt sehen wir damit Konstanz bei den Defensive-Coaches, was bei den gezeigten Leistungen durchaus ok ist – dafür gibt es massive Umbrüche im Coaching der Offense.
Free Agency 2018 – Saying Goodbye to a true Legend
22.10.2017 – 5:40 min noch im 3. Quarter gegen die Tennessee Titans. Es sollte nach 10.363 Snaps (ununterbrochen) der letzte von LT Joe Thomas werden. JT ist zweifellos mehr als ein nur ein Spieler – an diesem Tag verlieren die Browns einen Mentor und Führungspersönlichkeit, welche trotz der elitären Leistungen nie ein Playoff-Spiel bestreiten durfte. Die jahrelang souveräne Position wird nach seiner Rücktritts-Verkündung vakant, denn sein Interims-Nachfolger Spencer Drango zeigte mit 11 zugelassenen Sacks in 11 Spielen wahrlich nicht genug Potential (PFF-Grade 47.7)
Der neue GM Dorsey hatte mit den Positionen LT, QB, WR, CB & S also reichlich zu tun. Hier die Zusammenfassung seiner prominenten Aktionen:
Trades:
- WR Jarvis Landry (Dolphins): 4th & 7th
- QB Tyrod Taylor (Bills): 3rd
- DB Demarious Randall (Packers): Tausch mit QB Kizer plus Tausch der 4th-Rounder
Weggetradet wurden DT Danny Shelton (Packers, 3rd in 2019 gegen eine 5th-Rounder in 2018) und DB McCourty (Patriots; 6th-Rounder in 2018 im Tausch gegen den 7th-Rounder 2018). Zudem wurde auch der letzte QB mit Cody Kessler für einen 7th Rounder vom Hof/nach Jacksonville gejagt.
Top-Free-Agents:
- RT Chris Hubbard (Steelers)
- RB Carlos Hyde (49ers)
- CB TJCarrie (Raiders)
- CB Terrance Mitchell (Chiefs)
- CB EJ Gaines (Bills)
- QB Drew Stanton (Cardinals)
- LB Mychal Kendricks (Eagles)
- TE Darren Fells (Lions)
- WR Jeff Janis (Packers)
- LT Greg Robinson (Lions)
- DE Chris Smith (Bengals)
Abgänge / Cuts:
- RB Isaiah Crowell (Jets)
- LB Tank Carder
- OT Rod Johnson
- TE Randall Telfer
- DB Kai Nacua
- WR Kasen Williams
- WR Sammie Coates
Kurzfazit
Not bad Mr.Dorsey. Eine aggressive Free Agency wurde erwartet – und wir haben sie bekommen. Mehrere Trades, reichlich Free Agents und neue Gesichter. Der Fokus lag ganz eindeutig auf der Secondary und dem QB-Room, ergänzt durch Neuerungen in der O-Line durch den Abgang von Joe Thomas. Die größte Überraschung? Schon vor dem Draft hat sich HC Hue Jackson festgelegt – der neue QB Tyrod Taylor soll als unangefochtener Starter in die Saison gehen. Ok das sollte Cody Kessler auch letztes Jahr – Ausgang bekannt.
3. Draft 2018 : May(field) the good times begin for the Browns
Day1: #1 QB Baker Mayfield (Oklahoma), #4 Denzel Ward (Ohio State)
Lange befand sich Heisman-Winner Baker Mayfield nicht einmal in der Diskussion um den #1-Pick der Browns. Sam Darnold, Josh Allen und RB Saquon Barkley galten fast bis zum Tag des Drafts als Favoriten. Doch John Dorsey entschied sich bereits am Pro-Day von Oklahoma für den QB, der von vielen als zu klein, zu wenig athletisch und charakterlich zu schwierig verschrieben wurde. Eine große mediale Überraschung, von dem Pick bin ich jedoch nach wie vor begeistert. Mayfield bringt aus meiner Sicht genau die Mischung aus Leadership und Winning Mentality mit, gepaart mit exzellenter Accuracy. Zweifellos wird er Zeit benötigen die NFL-Offense zu erlernen, aber dafür hat man mit Tyrod Taylor und Drew Stanton zwei Veterans, die bis dahin das Steuer übernehmen können. Den Kizer-Fehler werden die Browns wohl nicht erneut begehen.
CB Denzel Ward stellt auf #4 gleich die nächste Überraschung dar. Fast alle gingen vom Pick des besten Pass-Rushers Bradley Chubb aus – die Browns jedoch verstärkten die Secondary. Ward passt perfekt exakt in das Anforderungsprofil von DC Williams, der starke Press-Corner verlangte. Der beste Cornerback des Drafts soll die Lücke füllen, die ein alternder und schließlich getradeter Joe Haden hinterlassen hat.
Note: 1
Day 2: #33 OT Austin Corbett (Nevada), #35 RB Nick Chubb (Georgia), #67 DE Chad Thomas (Miami)
Meine Begeisterung über Day 1 des Drafts erfuhr einen deutlichen Dämpfer mit den Picks am zweiten Tag. Dank Sashi hatten die Browns nicht nur zwei 1st-Rounder, sondern auch zwei frühe Secondrounder.
Mit dem wertvollen ersten Pick der zweiten Runde entschied man sich für den Left-Tackle aus Nevada. Corbett gilt als flexibler Lineman, der zwar 4 Jahre bei den Wolf Packs rein als LT eingesetzt wurde, von diversen Scouts aber eher eine Perspektive auf Guard bescheinigt bekam. Wie passt dieser Pick also? Dorsey gefällt genau diese Flexibilät. Man hat Corbett nicht explizit als Nachfolger von Joe Thomas gedraftet, sondern um die Optionen auf LT zu erweitern. Nun kann theoretisch auch Bitonio auf LT switchen und Corbett übernimmt auf LG.
Mindestens genauso verwirrte der Pick von Bulldogs RB Nick Chubb kurz darauf. Vor allem weil aus meiner Sicht kein Need für einen solch hohen Pick besteht, nachdem man Carlos Hyde verpflichtete und Duke Johnson im Kader hat. Dennoch – Chubb bringt abseits der Verletzungssorgen viel mit auf das wir uns freuen können. Ein Big Back, der ähnlich wie Crowell zuvor seine Stärken Inside hat und gute Yards nach dem Erstkontakt kreiert. Leider geht ihm aus meiner Sicht nach der schweren Verletzung die Explosivität ab, was den Pick für mich insgesamt zu einer Enttäuschung an dieser Stelle macht.
DE Chad Thomas hatte ich ebenso wenig auf der Uhr in Runde 3 – und meine Meinung zu dem Pick bleibt kritisch. Thomas bringt mit 6´5 und 282 beeindruckende körperliche Fähigkeiten mit, war als Pass-Rusher jedoch enttäuschend bei den Hurricanes (11 Sacks in 49 Spielen). GM Dorsey preist sein starkes Run-Stoppage an – und das zurecht. Mir persönlich ist #65 zu wertvoll für einen recht rohen DE mit solchen Schwächen. Die Browns sind bereits stark gegen den Run auf DE und bräuchten deutlich mehr Unterstützung im Pass Rush. Das ist Chad Thomas aktuell nicht. Ganz abseits davon das berechtigte Zweifel bestehen ob er nicht lieber eine Musikkarriere verfolgen wird statt alles für die NFL zu geben…
Note: 4
Day 3:
- #105: WR Antonio Callaway (Florida): Das Sorgenkind, dass nach diversen Vergehen vom College flog. Dorsey draftete bereits Tyreek Hill in Kansas und zeigt erneut Mut mit hochtalentierten „Problemkindern“. Ich vermute fast das Callaway mehr Impact im Rookie-Jahr haben wird als alle Day-2-Picks.
- #150: LB Genard Avery (Memphis): Linebacker-Depth fehlte den Browns massiv. Avery kommt mit toller Athletik als WILL-LB aus dem College. Aufgrund seiner bekannten Defizite in Coverage erwarte ich ihn eher in der Rotation als Pass-Rusher.
- #175 WR Damion Ratley (Texas A&M): Size-Speed-Prospect, der zwar wenige Catches zu verzeichnen hatte, dafür aber eine beeindruckende Yards-per-Catch-Statistik mitbringt. Muss sich im Camp beweisen, sonst eher ein Kandidat für die Practice Squad.
- #188 CB Simeon Thomas (Louisiana-Lafayette): Und nochmal Size-Speed-Prospect, diesmal noch mit Off-Field-Issues.
Note: 2+
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Next: Roster Preview & Ausblick auf den Schedule