Nach der unfruchtbaren Diskussion im entsprechenden Thread über das Abwerben bzw. die Bezahlung von (Jugend-) Fußballern - etwas, das der BVB ja nicht macht, wie ich lernen durfte - möchte ich nur mal dieses Feature zum Lesen hier reinstellen (und diesen gar nicht erst kommentieren):
Kein Geld, keine Spieler, keine Tore - so einfach lautet die Rechnung beim oberfränkischen Kreisklasseverein 1. FC Germania Forchheim 08. Das Ergebnis: In sieben Spielen hat die Truppe bereits sieben Niederlagen mit rekordverdächtigen 0 zu 166 Toren kassiert. Als der Verein seinen Fußballern kein Geld mehr bezahlen konnte, verließen bis zum Sommer dieses Jahres insgesamt 26 Kicker den Traditionsclub. Seitdem tritt eine bunt zusammengewürfelte ehemalige Stammtisch-Fußballmannschaft in der zweiten Kreisklasse an.
Aufgeben wollen die «Germanen» trotz der verheerenden Bilanz nicht. Sie kämpfen auch weiterhin mit vollem Einsatz - ohne Geld dafür zu bekommen. Für den Germania-Vereinsvorsitzenden Lothar Walenta ist das «ein wenig ein Wunder». Denn: «Es steht nicht das Geld im Vordergrund, sondern der Sport.»
Mit der Leistung seiner Spieler ist Walenta am Sonntagabend «eigentlich ganz zufrieden». Für den Vereinsvorsitzenden steht fest: «Die Mannschaft hat auf jeden Fall mehr geleistet als in den Spielen zuvor. Sie macht schon Fortschritte», sagt der 64-Jährige.
Fortschritte, das bedeutet in diesem Fall, dass sein Team am Sonntagnachmittag «lediglich» mit 0:25 Toren gegen den Tabellen-Zweiten SC Adelsdorf verloren hat. «Fast hätten wir bei einem Freistoß ein Tor geschossen», sagt Walenta und man hört ein bisschen Stolz heraus. Doch die bisherigen Ergebnisse sprechen für sich: 0:15, 0:34, 0:20, 0:27, 0:23, 0:22 und 0:25 Tore.
Dabei hatte Walenta, der erst vor einem Jahr zum ehrenamtlichen Vereinsvorsitzenden gewählt wurde, noch bis Januar sogar mit einem Aufstieg des 1. FC Germania Forchheim 08 gerechnet. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Traditionsverein, der heuer sein 100-jähriges Bestehen feierte, noch eine Mannschaft, die aus erfahrenen Fußballern bestand.
Doch das Problem zeichnete sich bereits ab. Unter der früheren Leitung hatte der Club den Spielern Prämien gezahlt. Über Jahre häuften sich so Schulden im mittlerweile «fast sechsstelligen Bereich» an, sagt Walenta. Schließlich gab es kein Geld mehr. Die Konsequenz: Im Winter wechselten bereits sieben Spieler zu anderen Vereinen, im Sommer erhöhte sich die Zahl der Weggänge auf 26. «Das sind zwei Mannschaften. Man hat keine Chance, das irgendwie auf die Schnelle reinzuholen», sagt Walenta.
Vor allem nicht ohne finanzielle Mittel. «Ohne Geld geht ja heutzutage nix.» Bereits in der A-Klasse spiele Geld eine Rolle. «Die Leute sagen meistens zwar, dass sie nichts bezahlen, aber man muss etwas machen. Egal, wie sich das im Endeffekt dann nennt - Benzingeld, Ausbildungsvergütung, wie auch immer», sagt Walenta.
Das gelte auch für die Kreisklasse - und speziell für die Trainer. Fünf bis sechs Übungsleiter habe der Verein angesprochen. «Alle haben gefragt, wie viel Geld es gibt.» Deshalb entschied sich schließlich der ehrenamtliche Betreiber der Vereinsgaststätte, Manfred Rehm, einzuspringen. Angst sich zu blamieren hatte er nicht. «Ich muss mir nichts mehr beweisen», sagt der 54-Jährige, der selbst 45 Jahre lang aktiv Fußball spielte.
Er bewundert vor allem das Durchhaltevermögen seiner Kicker: «Ich hätte das gar nicht gekonnt. 0:20 verlieren und beim nächsten Mal wieder voller Ehrgeiz ins Spiel zu gehen.» Mittlerweile verstehe er die Spieler aber. «Und vielleicht fällt irgendwann demnächst auch das erste Tor. Das werden die Jungs sicherlich wie einen Sieg feiern», glaubt Rehm.
Auch wenn der sportliche Erfolg ausbleibt, mediale Aufmerksamkeit ist dem 1. FC Germania Forchheim derzeit auf jeden Fall garantiert. So will der Bayerische Rundfunk am Dienstag mit einer Live-Schaltung vom Training berichten. Geld gibt es dafür nicht. «Aber vielleicht wird ja ein Sponsor auf uns aufmerksam», sagt Vereinschef Walenta. Denn der fehlt der Germania auch noch.
(ddp, 8.9.2008)