Dieser Artikel über den Fall Petraeus auf SPON hat mich mal wieder zum Nachdenken über die Moral der Amerikaner angeregt.
ZitatDenn seine Geschichte erinnert uns Deutsche daran, wie fern uns die vermeintlich so vertrauten USA in Wahrheit doch sind - was die einen gern verdrängen und die anderen gar nicht oft genug hören können.
Das stimmt meiner Meinung nach vollkommen. Man denkt immer wieder, dass wir uns von den Amerikanern (außer in der Sprache; die hier aber auch so gut wie jeder spricht) kaum noch unterscheiden. Aber eigentlich sind die Amerikaner und ihre Moralvorstellungen ziemlich unterschiedlich von unseren.
Beispiel Militär:
Die Amerikaner feiern ihre "Helden" und können ihnen gar nicht oft genug danken. Sie haben einen "Memorial Day" und einen "Veterans Day" an denen das ganze Land, egal wie rechts oder wie links man eingestellt ist, den Veteranen und gefallenen Soldaten gedenkt. Dazu kommen beim Football noch die Flieger die immer wieder über das Stadion fliegen müssen. Pat Tillman ist für die Amerikaner ein Nationalheld, weil er seine große Karriere aufgegeben hat um in Afghanistan zu kämpfen und zu fallen. Für mich (und das ist nur MEINE Meinung), ist das komplett idiotisch. Bei uns sind Soldaten halt eben auch Menschen, die ihr Geld damit verdienen beim Bund zu sein. Für manche sind sie auch nur, wie der Autor Tucholsky-zitierend im Text schreibt, Mörder. Aber keiner kommt auf die Idee sie als Helden anzusehen.
Beispiel Ehe und Familie:
ZitatZuletzt in der Nacht der Wiederwahl des US-Präsidenten Barack Obama konnte man beobachten, wie mächtig das Bild der heilen, heterosexuellen Familie in den Vereinigten Staaten ist. Kaum stand das Wahlergebnis fest, twitterte Obama ein Foto von sich in inniger Umarmung mit seiner Frau Michelle. Und beim ersten öffentlichen Auftritt nach dem Sieg standen selbstverständlich auch seine beiden Töchter mit auf der Bühne.
Undenkbar ist in den Staaten ein US-Präsident, der nicht einen intakten Familienhintergrund aufweisen kann. Affären sind unverzeihliche Karrierekiller für Politiker, eine geschiedene Frau als Regierungschefin wäre hier unvorstellbar - von einem schwul verheirateten Außenminister ganz zu schweigen-, in einem Land, das sich noch 1996 ein "Gesetz zur Verteidigung der Ehe" gegeben hat. Wohlgemerkt zur Verteidigung der heterosexuellen Ehe vor der Gleichstellung homosexueller Lebensgemeinschaften - als sei ein Mann-Frau-Paar in irgendeiner Form bedroht, wenn sich gleichgeschlechtliche Liebende zusammenschließen.
Es gibt noch zahlreiche weitere Beispiele wie den übertriebenen Patriotismus, den Glauben und so weiter
In Filmen wie "American Beauty" oder "Into the Wild" wird ein sehr kritisches Auge auf die amerikanische Gesellschaft geworfen. In ersterem wird sehr schön gezeigt, wie zwanghaft immer versucht wird die Fassade der heilen Welt aufrecht zu erhalten und im zweiten wird das Karrieredenken und die Gesellschaft an sich sehr deutlich kritisiert. Auch an Michael Moore Filmen kann ich mich nicht satt sehen.
Ich frage mich ob wir den Amerikanern wirklich so ähnlich sind wie wir immer denken oder ob wir vielleicht doch zwei völlig unterschiedliche Welten haben. Sind wir den Amerikanern vielleicht in einigen Sachen sogar voraus und sind in vielen Beziehungen toleranter? Ist Amerika vielleicht gar nicht wirklich das "Land of the Free", weil es einem mit der Moralkeule schwer gemacht wird seine Freiheit auszuleben?? ...