Sonntagsfrage Spezial zur Bundestagswahl 2013

  • Es wird noch ein bisschen gepokert und dann haben wir aber relativ schnell die Große Koalition, die sowieso nie wirklich in Frage stand. Ich könnte mir aber vorstellen, dass Schwarz-Grün einen Testlauf in Hessen machen darf. Da halte ich es sogar für die wahrscheinlichste Option.

    Ich bin jetzt einfach mal so dreist, meine Aussage von vor exakt zwei Monaten rauszukramen – weniger aus rechthaberischen Gründen als vielmehr um zu demonstrieren, wie billig und durchsichtig es ist, dass die Akteure zwei Monate um den heißen Brei herumreden, nur damit es so aussieht, als habe man sich die (spätestens) unmittelbar nach der Wahl absehbare Entscheidung nicht leicht gemacht.

  • Ich bin jetzt einfach mal so dreist, meine Aussage von vor exakt zwei Monaten rauszukramen – weniger aus rechthaberischen Gründen als vielmehr um zu demonstrieren, wie billig und durchsichtig es ist, dass die Akteure zwei Monate um den heißen Brei herumreden, nur damit es so aussieht, als habe man sich die (spätestens) unmittelbar nach der Wahl absehbare Entscheidung nicht leicht gemacht.

    Ich kann dir nicht ganz folgen. Nur weil etwas die wahrscheinlichste Option ist, muss es doch nicht zwingend die erste oder präferierte Option sein.

  • Äh, hat den irgendwer ernsthaft was anderes erwartet? :madness

    Natürlich nicht. Darum geht es mir ja: zwei Monate Schmierentheater, um den Wähler für dumm zu verkaufen und das eigene Gesicht zu wahren, weil man nicht die Eier in der Hose hat, am Wahlabend oder einen Tag später zu sagen, was man machen wird, obwohl es allen Beteiligten bereits klar ist.

    Ich kann dir nicht ganz folgen. Nur weil etwas die wahrscheinlichste Option ist, muss es doch nicht zwingend die erste oder präferierte Option sein.

    Nenn es von mir aus eine Verschwörungstheorie, aber ich behaupte, dass es nie mehrere Optionen gab, sondern es bei den sogenannten Sondierungen allein um einen Nach-Wahlkampf ging, um es so aussehen zu lassen, als hätte man sich zu der für manchen an der Wähler- und Parteibasis unangenehmen Entscheidung mühevoll durchgerungen. Es ist diese Heuchelei, die mich ankotzt. Und nein, natürlich ist das nichts Neues.

  • Und was, wenn die SPD-Basis sich gegen die Groko (for Unwort des Jahres :mrgreen: ) ausspricht?

    Ich war selbst schon kurz davor dem heute-show Rat zu folgen und in die SPD einzutreten nur um dagegen zu stimmen.

  • Im folgenden ein Beitrag von Henryk M. Broder, den er im publizistischen Netzwerk Achse des Guten veröffentlicht hat. Ich fand den Beitrag klasse unter Berücksichtigung der derzeitigen Periode des "Stillstandes"

    "Kuh vom Eis

    Eile mit Weile!», sagt ein deutsches Sprichwort. Ein anderes empfiehlt: «Gut Ding will Weile haben.» Ein drittes warnt: «Nur keine jüdische Hast.» Wer öfter mit der Deutschen Bahn unterwegs ist, der weiss, dass es sich nicht um leere Sprüche handelt. Sehr beliebt sind auch Weisheiten wie: «Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut» oder: «Drum prüfe, wer sich ewig bindet.»

    Insofern überrascht es nicht, dass 77 Vertreter von CDU, CSU und SPD seit mehr als einem Monat über die Bildung einer Grossen Koalition beraten. Alles soll vertraglich festgelegt werden: die Mautgebühr auf deutschen Autobahnen, die Frauenquote in Aufsichtsräten, die Fortsetzung der Energiewende, die Regularien für die Homoehe.

    Dabei geht es im Schneckentempo mal voran, mal zurück. Was den Mindestlohn angeht, eine der Sine-qua-non-Forderungen der SPD, hat sich die Arbeitsgruppe Arbeit und Soziales auf die Bildung einer Kommission geeinigt, der je drei Vertreter der Arbeitgeber und Arbeitnehmer angehören sollen. Der Vorsitzende soll durch das Los bestimmt werden. Die Kommission könnte ebenso gut auf eine Runde «Mensch ärgere dich nicht!» zusammenkommen, denn erstens steht fest, dass der Mindestlohn 8.50 Euro betragen wird, und zweitens wird am Ende die Kanzlerin alles allein entscheiden.

    Aber: «Die 77 Ritter der grossen Schwafelrunde» (Die Welt), von denen die meisten eh nur dabeisitzen, ohne etwas zu sagen, wollen den Atem der Geschichte spüren. Also lassen sie sich Zeit, viel Zeit. Die amtierende Kanzlerin soll Mitte Dezember zum dritten Mal zur «ersten Dienerin der Bundesrepublik» gewählt werden. Bis dahin sollen «alle Kühe vom Eis und in trockenen Tüchern» sein.

    Bis es so weit ist, könnte man auch darüber nachdenken, wozu eine Regierung gebraucht wird, wenn alles, worüber sie entscheiden soll, bereits im Vorfeld festgelegt wurde. Wäre es nicht sinnvoll, eine Firma damit zu beauf tragen, den Koalitionsvertrag in die Praxis umzusetzen, also die Regierungsgeschäfte outzusourcen? Price Waterhouse Coopers, McKinsey, Ernst & Young? Damit die Regierung das machen kann, wovon sie wirklich etwas versteht: sich auf die nächsten Wahlen vorbereiten."

    :king 2007 NFL-Talk.net Fantasy Hockey -Champion
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  • Zitat von [TheDude];1302310

    Und was, wenn die SPD-Basis sich gegen die Groko (for Unwort des Jahres :mrgreen: ) ausspricht?

    Ich war selbst schon kurz davor dem heute-show Rat zu folgen und in die SPD einzutreten nur um dagegen zu stimmen.

    so eine Blamage wollen sich Gabriel/Nahles sicher nicht geben - da werden vorher die Leute sicher auf den Kurs eingeschworen

  • Nenn es von mir aus eine Verschwörungstheorie, aber ich behaupte, dass es nie mehrere Optionen gab, sondern es bei den sogenannten Sondierungen allein um einen Nach-Wahlkampf ging, um es so aussehen zu lassen, als hätte man sich zu der für manchen an der Wähler- und Parteibasis unangenehmen Entscheidung mühevoll durchgerungen. Es ist diese Heuchelei, die mich ankotzt. Und nein, natürlich ist das nichts Neues.

    Es klingt zumindest wie eine. :mrgreen:

    Ich kann mir nicht vorstellen dass man rot-grün-rot oder got-gelb-grün absichtlich hat scheitern lassen. Und wenn die Erwartung der Basis ist dass man diese Optionen zuerst sondiert bevor man sich auf schwarz-grün einlässt - dann würde ich das als Parteichef auch nicht anders machen.

    Und so wenig ich die CDU und das Krokodil aussehen kann - mir ist schwarz-grün 100x lieber als schwarz-rot.

    Was mich übrigens ankotzt ist die Verwendung ausgelutschter Metaphern wie "Zwangsehe" und "Liebeshochzeit" bei Koalitionsbildungen. :smile2:

  • Glückwunsch SPD! Bei den Themen Mindestlohn und Arbeitnehmerüberlassung habt ihr ja nichts durchbekommen. Der Mindestlohn kommt real erst 2017 und die Verschärfung der Arbeitnehmerüberlassung ist ja mit noch mehr Ausnahmen gespickt als der Gleichbahandlungsgrundsatz. :hinterha:

  • Gute Antwort, Surger. :bier: Jedoch hätte ich nicht gedacht das man tatsächlich so brutal auf die Ministerposten fixiert ist und dabei alles andere vergisst. Haben die denn nichts aus den Jahren 05-09 gelernt? Wenn die Basis dem zustimmt, dann dürfte es um die SPD geschehen sein.

    Einmal editiert, zuletzt von Robbes (27. November 2013 um 15:36)

  • Gute Antwort, Surger. :bier: Jedoch hätte ich nicht gedacht das man tatsächlich so brutal auf die Ministerposten fixiert ist und dabei alles andere vergisst. Haben die denn nichts aus den Jahren 05-09 gelernt? Wenn die Basis dem zustimmt, dann dürfte es um die SPD geschehen sein.

    wieso nur von 05-09 mach aus der 09 ein 13.

    Jetzt mal ehrlich die haben bei den letzten zwei Bundestagswahlen ihre zwei schlechtesten Ergebnisse seit dem WW2 eingefahren und die Führung wird trotzdem nie ausgewechselt. Wenn Versagen nicht sanktioniert wird kann es für die SPD ja nicht aufwärts gehen.

    Gruß isten

    SB50 Champion Anderson Barrett Brenner Brewer Bush Caldwell Colquitt Daniels T.Davis V.Davis Doss Ferentz Fowler Garcia Green C.Harris R.Harris Hillman Jackson Keo Kilgo Latimer Manning Marshall Mathis McCray McManus Miller Myers Nelson Nixon Norwood Osweiler Paradis Polumbus Ray Roby Sanders Schofield Siemian Smith Stewart Talib Thomas Thompson Trevathan Vasquez Walker Ward Ware Webster S.Williams Wolfe Anunike Bolden Bruton Clady Heuerman Sambrailo K.Williams

  • [quote='Bilbo','http://nfl-talk.eu/index.php?thre…450#post1303450']Ich stimme wohl gegen den Koalitionsvertrag. Aber werde mir das aber nochmal genau anschauen.[/QUOT

    Kannst du die Gründer hierfür noch bennenen? Würde mich wirklich interessieren.
    Ich bin nämlich der Meinung das die SPD beim Koalitionsvertrag deutlich besser wegkommt als die CDU.

    Grundsätzlich sagt der Vertrag erstmal nicht soviel aus. Die Maut ist schwammig formuliert und der Mindestlohn ebenfalls, da wird die Umsetzung interessant. Und bei der Umsetzung von sowas hat sich die liebe Angi die letzten 4 Jahre nicht unbedingt hervorgetan.

  • Grundsätzlich sagt der Vertrag erstmal nicht soviel aus. Die Maut ist schwammig formuliert und der Mindestlohn ebenfalls, da wird die Umsetzung interessant. Und bei der Umsetzung von sowas hat sich die liebe Angi die letzten 4 Jahre nicht unbedingt hervorgetan.

    noch viel schlimmer für die SPD. Man kann die CDU doch damit auf nichts festnageln.

  • Uschi Glas's Argument gegen den Mindestlohn in Ostdeutschland:

    http://www.youtube.com/watch?v=Y7ZEcoC0Bbw

    :3ddevil:

    "Die wohlfeilste Art des Stolzes hingegen ist der Nationalstolz. Denn er verrät in dem damit Behafteten den Mangel an individuellen Eigenschaften, auf die er stolz sein könnte, indem er sonst nicht zu dem greifen würde, was er mit so vielen Millionen teilt ... Hieran erholt er sich und ist nun dankbarlich bereit, alle Fehler und Torheiten, die ihr eigen sind, mit Händen und Füßen zu verteidigen." - Arthur Schopenhauer

  • [quote='Patryck87','http://nfl-talk.eu/index.php?thre…515#post1303515']

    Grundsätzlich sagt der Vertrag erstmal nicht soviel aus. Die Maut ist schwammig formuliert und der Mindestlohn ebenfalls, da wird die Umsetzung interessant. Und bei der Umsetzung von sowas hat sich die liebe Angi die letzten 4 Jahre nicht unbedingt hervorgetan.

    Der Sinn eines Koalitionsvertrages ist aber doch auch nicht einen fertigen Gesetzesentwurf zu liefern. Ich geb dir Recht die Umsetzung wird bei vielen Themen noch sehr spannend. Aber ich denk das die SPD zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr liefern kann.

  • noch viel schlimmer für die SPD. Man kann die CDU doch damit auf nichts festnageln.

    Grundsätzlich sollte es ja auch nicht so sein, das man seinen "Partner" auf irgendwas festnageln muss, sondern das man gemeinsame "Visionen" hat. Aber das geht mit einer pragmatisch handelnden Kanzlerin eben nicht. Insofern wird es interessant, wie das Zusammenleben in der Koalition sich gestaltet. Für die SPD werden das entscheidende Jahre


  • Kannst du die Gründer hierfür noch bennenen? Würde mich wirklich interessieren.
    Ich bin nämlich der Meinung das die SPD beim Koalitionsvertrag deutlich besser wegkommt als die CDU.

    Ich bin echt zwiegespalten.

    Kein Wort wie das alles finanziert werden soll. Es ist ja die Rede von 23 Mrd Mehrbelastung. Die Opposition rechnet eher mit 40 Mrd.

    Gerade bei der Rente frag ich mich wie das finanziert werden soll. Klar kann man die Rentenbeitragsanpassung aussetzen, aber das löst das Problem ja nicht, sondern eher verlagert das Problem ja nur in die Zukunft.
    Wobei ich eigentlich die 45 Beitragsjahre Lösung ganz sexy finde.
    Aber am Ende darf das sowie nur der AN bezahlen sieht man ja bei der KV.

    Dann diese Maut Posse. Was bringt mir ein umständliches System, was mich min. 25% der Einnahmen an Verwaltung kostet.

    Dazu der Mindestlohn effektiv erst richtig Anfang 2017.

    Doppelte Staatsbürgerschaft ist wenigstens der richtige Schritt.

    Aber was echt eine Frechheit ist, das die Vorratsdatenspeicherung nun wieder voll da ist.

    Mal schauen was die Optionen sind. Im Prinzip wäre eine Ablehnung des Vertrages , das Ende der Führung der SPD.

    Werde mir das nochmal ein paar Tage anschauen und auf den Vorwärts warten.

  • Aber was echt eine Frechheit ist, das die Vorratsdatenspeicherung nun wieder voll da ist.

    "Echt eine Frechheit" ist wohl der Euphemismus des Jahres. Es ist nicht weniger als der endgültige Abschied von der Unschuldsvermutung. Die größten und beliebtesten Parteien des Landes zeigen Schulter an Schulter dem Rechtsstaat lächelnd den Stinkefinger. Fast könnte man sich aufregen, wenn man nicht schon so abgestumpft wäre gegenüber dem sich seit Monaten und Jahren formierenden Gesamtbild, in das sich diese Entscheidung nahtlos einfügt.

  • Wenn das der Absschied von der Unschuldsvermutung wäre, wäre die Vorratsdatenspeicherung klar verfassungswidrig. Dann hätte das BVG das vor Jahren schon gesagt, schließlich wurde dagegen geklagt. Daten dürfen aber nach dem BVG gespeichert werden, nur müssen die Rahmenbedingungen stimmen.

    Was hätte die nächste Regierung also tun sollen? Geltenden EU-Richtlinien einfach ignorieren, obwohl es da keine verfassungsmäßige Grundlage gibt? Das wäre aber ein schönes Vorbild für die anderen Länder gewesen, sich je nach Bedarf auch nicht an EU-Regelungen zu halten. Warum auch nicht? Deutschland hätte es ja vorgemacht.

    "I guess football has always been a barometer of the times: the takeover of Manchester United was a perfect manifestation of the unacceptable face of modern capitalism." - Jarvis Cocker.

  • Was hätte die nächste Regierung also tun sollen? Geltenden EU-Richtlinien einfach ignorieren, obwohl es da keine verfassungsmäßige Grundlage gibt? Das wäre aber ein schönes Vorbild für die anderen Länder gewesen, sich je nach Bedarf auch nicht an EU-Regelungen zu halten. Warum auch nicht? Deutschland hätte es ja vorgemacht.

    Erstens gibt es natürlich eine verfassungsmäßige Grundlage, geltende EU-Richtlinien zu ignorieren, nämlich den in der Verfassung garantierten und über jeder Richtlinie stehenden Schutz der Grundrechte. Zweitens könnte man, nachdem die Umsetzung nun schon so lange verzögert wurde, wenigstens das demnächst anstehende Urteil des EuGH abwarten.

  • Erstens gibt es natürlich eine verfassungsmäßige Grundlage, geltende EU-Richtlinien zu ignorieren, nämlich den in der Verfassung garantierten und über jeder Richtlinie stehenden Schutz der Grundrechte. Zweitens könnte man, nachdem die Umsetzung nun schon so lange verzögert wurde, wenigstens das demnächst anstehende Urteil des EuGH abwarten.

    Wenn hier die Unschuldsvermutung nicht mehr gelten und ein Grundrecht außer Kraft gesetzt würde, hätte das BVG sich doch gar nicht mit dem "Kleinkram" der Umsetzung beschäftigt, sondern das damalige Gesetz grundsätzlich abgelehnt, was es aber nicht getan hat. Nochmal: Wo ist da das Argument mit dem Verweis auf das GG/BVG?

    Zu sagen, dass - wegen der FDP übrigens - die Umsetzung ohnehin schon überfällig ist und man da einfach so weiter machen könnte, scheint mir ein etwas merkwürdiges Argument zu sein. Frei nach dem Motto: Jetzt machen wir etwas schon so lange falsch, da können wir es ruhig auch noch weiter falsch machen.

    Bei anderen Ländern lassen wir soetwas auch nicht unkritisiert durchgehen und regen uns mit Recht auf. Da wird nämlich die Geschäftsgrundlage der EU untergraben. Wenn jeder dann das umsetzt, was ihm gerade in den Kram passt, ist das einer Gemeinschaft nicht dienlich. Man muss sich doch nur mal die Finanzprobleme der Länder anschauen. Da weisen von uns kritisierte Länder doch völlig berechtigt darauf hin, dass Deutschland und Frankreich doch vorgemacht haben, wie man verbindliche Regelungen (Defizitgrenzen) umgeht. Wohin das führt, sehen wir gerade. Ich kann dem Nichteinhalten von Regelungen daher wenig abgewinnen. Wir öffnen Missbrauch Tür und Tor und machen uns selbst unglaubwürdig.

    "I guess football has always been a barometer of the times: the takeover of Manchester United was a perfect manifestation of the unacceptable face of modern capitalism." - Jarvis Cocker.