Wie gesagt, dass das Coronavirus endemisch wird, ist bei den allermeisten Experten (Egal ob nun einzelne Virologen aus dem Spektrum Drosten bis Streeck) oder auch beim RKI Konsens. Nun mag es sicherlich noch Stimmen geben, die anderer Meinung sind, aber ich würde das schon als Konsens bezeichnen, wenn ein breites Spektrum an Einzel- und Gruppenmeinungen der gleichen Meinung ist.
Herdenimmunität im Sinne von "Virus ausgelöscht" wirst Du nicht mehr schaffen. Korrekt! Aber die hast Du ja bei der Influenza auch nicht. Trotzdem ist das Infektionsgeschehen mehr oder weniger beherrschbar geworden und führen im Normalfall nicht zu den Mengen an Hospitalisierungen zu denen Covid derzeit führt. (Ja und ich kenne den miesen Gleichsetzungsversuch von Homburg mit dem Grippejahr 2018)
Aber das RKI und andere Experten weisen immer wieder darauf hin, dass für eine Beherrschbarkeit des Virus eine hohe Impfquote wichtig ist und es durchaus Grund für die Annahme gibt, dass das Virus zu einer harmlosen Atemwegserkrankung für die meisten Menschen degradiert werden kann. Aber da erweisen so Clickbait-Überschriften wie "Herdenimmunität nicht mehr möglich. Ist jetzt alles verloren?" vor einem Bezahlartikel einen Bärendienst. Mit sowas spielt man den Impfkritikern in die Hände. Genauso wie mit den Artikeln über die hohe Hospitalisierungszahlen von Geimpften in Israel, die erst in den Artikelaufgeklärt haben, dass diese Zahlen beweisen wie gut die Impfungen wirken.
Die meisten Menschen lesen nur Überschriften und denken die Impfung bringt eh nix. Und das ist fatal.
In dem Zusammenhang verstehe ich den Begriff verkackt ehrlich gesagt auch nicht so ganz. Die Delta Variante ist halt auch nicht in Deutschland entstanden und es ist nunmal ein natürlicher Vorgang, dass Viren mutieren. Kann sein, dass ich dich falsch verstehe, aber "verkackt" suggeriert bei mir so ein bisschen die Suche nach einem Sündenbock. Hierzu habe ich kürzlich noch einen interessanten Artikel gelesen, dass die ganze Pandemie immer wieder nach Sündenböcken gesucht wird. Diese wurden zu unterschiedlichen Zeiten in unterschiedlichen Gruppen gefunden. Von den Chinesen, über die Kinder, die Industrie, die Gastronomie und mittlerweile hin zu den Ungeimpften. Was nur leider außen vor gelassen wird: Es bleibt eine Naturkatastrophe und hier ist die Suche nach Sündenböcken in der Regel nicht hilfreich.
Einige Länder haben die Pandemie besser im Griff als anderen. Woran liegt das neben geographischen Gegebenheiten, die das beeinflussen?
Es liegt an der Politik dieser Länder im Umgang mit dem Virus. Wenn man keine Maßnahmen ergreift oder diese nur schwach umsetzt, dann hat man eben auch das Problem, dass sich das Virus schneller verbreitet und eben auch schneller mutiert.
Dazu kommt das Verhalten der reichen Länder was die Abgabe von Impfstoff an arme Länder angeht. Hier müssen wir uns eben auch nicht wundern, wenn in Indien und Afrika Mutationen entstehen, weil dort kein Impfstoff bereit steht.
Und dann speziell hier in Deutschland und der EU das Chaos am Beginn der Impfkampagne. Die USA haben bspw. mit dem Defense Production Act dafür gesorgt, dass deutlich mehr Impfstoff produziert werden konnte. Hier hatte man das Gefühl, die Regierungen wollen es sich nicht mit den Herstellern verscherzen und hat sich deren Bedingungen gebeugt. U.a. ist mir da die Geschichte im Kopf geblieben wo man in Italien 29 Millionen AstraZeneca-Impfdosen gefunden hat obwohl das Unternehmen selbst im Lieferverzug für die EU war.
Gerade den dritten Absatz sehe ich vor dem Hintergrund der Endemie sehr kritisch. Das Virus wird mit extrem hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr verschwinden. Es gibt Menschen, die sich ihr Leben lang nicht impfen lassen werden können. Willst du jetzt also für immer auf 2G setzen? Es geht bei der Einschränkung von Grundrechten immer auch um Verhältnismäßigkeit. Diese wird unter dieser Voraussetzung nicht ewig gegeben sein (Vielleicht ist sie das jetzt noch - Ich bin kein Jurist.). Der Schutz der Kinder ist natürlich wichtig, aber in Anbetracht der Risiken stellt sich auch die Frage wovor sie geschützt werden? Die extrem geringe Sterblichkeit ist es doch, die dafür sorgt, dass die Impfstoffe überhaupt so spät empfohlen wurden (für mich als Laie auch zurecht). Und das ist ja jetzt nicht meine Meinung, sondern die Expertise von Fachleuten in den entsprechenden Gremien.
Am Ende siehst du es ja dann auch doch so: Entweder Impfung oder Infektion - und das bei jedem. Bedeutet für mich, dass man zwar jederzeit darauf achten muss, dass die Intensivstationen nicht überlasten (und hier müssten dann tatsächlich die Ungeimpften am ehesten die Einschränkungen annehmen, weil sie das Durchseuchungstempo erhöhen). So lange das allerdings nicht angezeigt ist, müssen wir damit leben, dass sich auch die Risikogruppen früher oder später infizieren werden, wenn sie sich nicht impfen lassen können.
siehe erster Absatz zur Beherrschbarkeit des Virus.
Ergänzend möchte ich noch hinzufügen, dass wir so lange das Virus noch nicht so beherrschbar ist und ein wirksames Medikament fehlt auch immer die Problematik von LongCovid speziell auch bei Kindern nicht vergessen dürfen. Eine schnelle Durchseuchung der Kindern unter diesem Aspekt halte ich und halten auch andere für falsch.
Im Übrigen ist dieses "extrem geringe Sterblichkeit" ziemlich zynisch. Auf der einen Seite argumentieren, dass es unmenschlich sei, Ungeimpfte (die eine Wahl haben und sich schützen könnten) von Veranstaltungen auszuschließen aber auf der anderen Seite sich hinstellen und sagen: Ach es sterben so wenig Kinder an dem Virus, die kann man ruhig ungeschützt dem Virus aussetzen. Das ist in meinen Augen eine ethische Bankrotterklärung. Und nein ich meine damit explizit jetzt nicht Dich, sondern eben die Menschen die auf dieser Basis argumentieren, dass die Maßnahmen, die Ungeimpfte betreffen (nahe am) Faschismus sind (schönen Gruß nach Florida auf die Babcock Ranch) aber gleichzeitig kein Problem damit haben, Kinder ungeschützt dem Risiko auszusetzen.
NACHTRAG:
Mal ein Interview zu der Thematik mit einem Mitglied der österreichischen StIKO
Zitat"Wir kennen keine (impfbare) Kinderkrankheit, die so eine hohe Krankheitslast/Hospitalisationen wie Covid verursacht!"