BREXIT - Wars das für Europa?

  • Ich denke da wird jetzt so ein Wind drum gemacht weil man eben nicht will dass es 1-2 Jahre Unsicherheit gibt und einfach Fakten geschaffen werden.

  • Also ich bin immer überrascht das bei einer 50/50 Chance man sich nicht damit befasst hat was passiert wenn das Volk sagt wir wollen raus. Mir kommt es hier ja gerade von den Briten vor , als ob die daran gar keinen Gedanken verschwendet haben. Ich hätte mindestens erwartet das man da schon was in der der Schublade hat.

  • Bitte mich korrigieren, wenn ich falsch liege, doch was mich sehr stört ist folgendes:

    Es gab ein nationales Referendum um den Verbleib/Austritt EU. Das Ergebnis des Referendums ist für die Regierung zudem nicht bindend. Und Brüssel fordert(e) daraufhin einen Austrittsantrag aus London bis Dienstag. Ist den eine solche Bevormundung nationaler Regierungen nicht einer der Gründe von Brexit?!

    Na ja...es könnte ja auch eine Antwort von London geben, dass man sich dem Referendum nicht beugt. Aber auch das sollte so schnell wie möglich kommen. Da kann ich die EU schon verstehen. Die Märkte drehen eh durch und das wird mit jedem tag des Wartens nicht besser

    Dann mach ich eben mein eigenes Forum auf...mit Blackjack und Nutten!

  • Kennt hier jemand eigentlich die Geschichte wie Larry David (Seinfeld & Curb) einst in einem Anflug geistiger Umnachtung lautstark und vor versammelter Mannschaft seinen Job bei Saturday Night Live kündigte, nur um auf Anraten seines Nachbarn Kramer (sic!) Montags wieder zur Arbeit zu gehen und so zu tun als wäre nichts gewesen? Er arbeitete letztendlich noch mehrere Jahre dort.

    Mein Gefühl sagt mir aktuell dass es auf eine ähnliche Lösung hinauslaufen könnte. Wer weiß ob Artikel 50 jemals gezogen wird?

  • Kennt hier jemand eigentlich die Geschichte wie Larry David (Seinfeld & Curb) einst in einem Anflug geistiger Umnachtung lautstark und vor versammelter Mannschaft seinen Job bei Saturday Night Live kündigte, nur um auf Anraten seines Nachbarn Kramer (sic!) Montags wieder zur Arbeit zu gehen und so zu tun als wäre nichts gewesen? Er arbeitete letztendlich noch mehrere Jahre dort.

    Mein Gefühl sagt mir aktuell dass es auf eine ähnliche Lösung hinauslaufen könnte. Wer weiß ob Artikel 50 jemals gezogen wird?

    Ja die Geschichte kenne ich und mich würde das in diesem Fall auch nicht wundern...

  • Bitte mich korrigieren, wenn ich falsch liege, doch was mich sehr stört ist folgendes:

    Es gab ein nationales Referendum um den Verbleib/Austritt EU. Das Ergebnis des Referendums ist für die Regierung zudem nicht bindend. Und Brüssel fordert(e) daraufhin einen Austrittsantrag aus London bis Dienstag. Ist den eine solche Bevormundung nationaler Regierungen nicht einer der Gründe von Brexit?!

    Ich denke es geht dabei stärker darum man Premier Cameron nicht aus der Pflicht lassen will. Dieser handelt ja gerade nach dem Motto "Okay, ich hab's verbockt, die Suppe auslöffeln kann mein Nachfolger."

    Je nachdem wie sein Nachfolger tickt wäre dies auch höchst unfair, wenn er mit dieser Aufgabe in sein neues Amt starten müsste. Allerdings gibt er ihm auch die Chance das zu tun was Cameron nicht könnte. Er müsste das Referendum umsetzen. Sein Nachfolger könnte sich noch herauswinden. Gibt also wie so oft ganz unterschiedliche Ansätze.

    Wenn man bösartig ist könnte man ja behaupten das Einige denken: "Juhu die Inselquerulanten haben sich entschieden und jetzt aber schnell raus mit ihnen bevor sie es sich nochmals überlegen!"

  • Wenn man bösartig ist könnte man ja behaupten das Einige denken: "Juhu die Inselquerulanten haben sich entschieden und jetzt aber schnell raus mit ihnen bevor sie es sich nochmals überlegen!"

    Ich habe eher den Eindruck, das man aufgrund der momentanen Stimmung, die eher gegen Brexit ist, versucht, das Ganze auszusitzen. Ist zwar höchst undemokratisch, aber für komplett abwegig halte ich das nicht.

    Und die Rest EU will eben Fakten. Das halte ich für legitim, wenn man schon so eine dämliche Volksabstimmung macht

  • Und die Rest EU will eben Fakten. Das halte ich für legitim, wenn man schon so eine dämliche Volksabstimmung macht

    Sehe ich auch so. Den Briten alle Zeit der Welt zu geben, wäre eine Fortsetzung dessen, was die EU kaputt macht:
    nationale Interessen auf Kosten der Gemeinschaft ausleben.

    "I guess football has always been a barometer of the times: the takeover of Manchester United was a perfect manifestation of the unacceptable face of modern capitalism." - Jarvis Cocker.

  • Den Druck auf London übt übrigens nicht nur die EU aus. Die Wirtschäftsverbände in GB sehen es ebenso und fordern auch öffentlich eine schnelle Lösung. Unsicherheit ist halt in diesem Fall etwas, dass bis auf die Politiker in London gerade kaum einer mag. Vor allem kostet dieser Kurs im Zweifel eine Menge Jobs in England, denn kein Unternehmen wird auch nur einen Dollar/Euro/Yuan oder was auch immer in Hand nehmen, bevor Klarheit über die Zukunft herrscht. Erste Entscheidungen gegen Jobs in England wurden bereits getroffen ... Und niemand, der alle Sinne zusammen hat, glaubt halt Aussagen wie die von Boris Johnson, dass man auf jeden Fall im Binnenmarkt bleiben wird, dabei jedoch allen Verpflichtungen gegenüber der EU aus dem Weg gehen kann. Dieses ganze taktische Geplänkel um Befindlichkeiten der führenden Politiker dort und um eine eventuell bessere Verhandlungsposition wird irgendwann sehr teuer werden. Sobald das die Leute auf der Straße merken, wird es ungemütlich im Vereinigten Königreich ...

    Ich kann mir ehrlich gesagt auch nicht vorstellen, dass man noch einen Rückzieher macht und doch in der EU bleibt. Das wird niemand der Öffentlichkeit verkaufen können und wollen! Denn auch wenn die Enttäuschung und Wut über den Austritt momentan sehr präsent ist, darf man nicht vergessen, dass die Mehrheit der Leute eben so abgestimmt hat und ein Großteil auch nach wie vor dazu steht. Kein Politiker der sich jemals wieder zur Wahl stellen muss, wird gerade in Sachen EU eine undemokratische Entscheidung treffen und somit genau die Vorwürfe bestätigen, die von den Brexit-Befürwortern immer angebracht wurden.

  • Die nationalen Parlamente der EU-Staaten sollen nach dem Willen der Europäischen Kommission nicht über das Freihandelsabkommen mit Kanada (Ceta) abstimmen. Dies erklärte EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker beim EU-Gipfel in Brüssel.

    Da braucht sich niemand zu wundern, wenn irgendwann auch die Bevölkerung aus anderen Ländern aus der EU raus will.


    Ich kann mir ehrlich gesagt auch nicht vorstellen, dass man noch einen Rückzieher macht und doch in der EU bleibt. Das wird niemand der Öffentlichkeit verkaufen können und wollen! Denn auch wenn die Enttäuschung und Wut über den Austritt momentan sehr präsent ist, darf man nicht vergessen, dass die Mehrheit der Leute eben so abgestimmt hat und ein Großteil auch nach wie vor dazu steht. Kein Politiker der sich jemals wieder zur Wahl stellen muss, wird gerade in Sachen EU eine undemokratische Entscheidung treffen und somit genau die Vorwürfe bestätigen, die von den Brexit-Befürwortern immer angebracht wurden.

    mmh :paelzer:
    Also die Vergangenheit hat eigentlich in der EU eher das Gegenteil gezeigt.

    1992 Vertrag von Maastrich: Dänen stimmten dagegen, ein Jahr später dann halt mit druck einfach nochmal abstimmen lassen.
    2001 Vertrag von Nizza: Iren stimmten dagegen, ein Jahr später dann halt einfach noch mal abstimmen lassen.
    2005 Vertrag über eine Verfassung für Europa: Die Franzosen und Niederländer stimmten dagegen. Diesmal allerdings keine neu Abstimmungen, sondern das ganze wurde einfach umbenannt in Vertrag von Lissabon und schon brauchte man nicht mehr drüber abstimmen..., fast, da gab es ja noch Irland :D
    2008 Vertrag von Lissabon: Die Iren durften wenigstens abstimmen und wieder stimmten sie dagegen. Also wieder druck machen und ein Jahr später einfach wieder abstimmen lassen.
    2016 Assoziierungsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Ukraine: Ergebnis dürfte euch mittlerweile nicht mehr überraschen, die Niederländer stimmten dagegen. Okay bis jetzt gab es keine zweite Abstimmung, ist dann halt einfach nur provisorisch in Kraft getreten.
    -----
    2015 gab es eine Abstimmung in Griechenland über den Troika Kurs, die Bevölkerung war dagegen, wurde aber dann einfach ignoriert. Das hat jetzt weniger mit der EU zu tun, deshalb in Klammern.
    -----

    Wenn IMMER der Willen der Bevölkerung ignoriert wird, braucht man sich nicht zu wundern über die Dänische Volkspartei, Front National, PVV, AFD u.s.w.

    Wenn man keine Demokratie will, dann nennt es wenigstens auch nicht so.

    Gruß isten

    SB50 Champion Anderson Barrett Brenner Brewer Bush Caldwell Colquitt Daniels T.Davis V.Davis Doss Ferentz Fowler Garcia Green C.Harris R.Harris Hillman Jackson Keo Kilgo Latimer Manning Marshall Mathis McCray McManus Miller Myers Nelson Nixon Norwood Osweiler Paradis Polumbus Ray Roby Sanders Schofield Siemian Smith Stewart Talib Thomas Thompson Trevathan Vasquez Walker Ward Ware Webster S.Williams Wolfe Anunike Bolden Bruton Clady Heuerman Sambrailo K.Williams

  • Sehe ich auch so. Den Briten alle Zeit der Welt zu geben, wäre eine Fortsetzung dessen, was die EU kaputt macht:nationale Interessen auf Kosten der Gemeinschaft ausleben.

    Das ist zwar "gefühlt richtig", führt aber formal nicht weiter. Wenn der Vermieter mitkriegt, dass die Mieter-Familie an Weihnachten per Abstimmung beschlossen hat, den Mietvertrag zu kündigen, kann er die auch nicht zwingen, sofort zu kündigen. Er kann nur abwarten oder selbst kündigen. Wenn er abwartet, kann es ihm durchaus passieren, dass die rechtlich maßgeblichen Eltern das Mehrheitsvotum ihrer Kinder ignorieren, ihre Meinung ändern o. ä.

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  • Völlig richtig. Letztlich ist subjektive Unzufriedenheit mit der eigenen Lebenssituation der typische Grund, sich für grundlegende Änderungen ("Revolutionen") zu begeistern.

    Meines Erachtens liegen im Kern psychologische Effekte zu Grunde:

    Ein intellektuelles Problem besteht darin, dass die meisten Menschen bestimmte Bestandteile unseres Wirtschaftssystems als "Fehler" ansehen, obwohl es sich um - systemimmanent notwendige - "Eigenschaften" handelt. Wettbewerb funktioniert - wie für jeden Sportfan unmittelbar einsichtig sein sollte - nur, wenn es Gewinner und Verlierer gibt. Verlierer sind kein "bug" eines wettbewerbsorientierten Wirtschaftssystems (oder des Sports), sondern ein "feature". Individuell betrachtet ist der Sieg für den Gewinner gut und für den Verlierer schlecht - das ist trivial. Kollektiv betrachtet profitiert die Gemeinschaft insgesamt von der Existenz von Gewinnern und Verlierern (z. B. in Form des Produktivitätsfortschritts), und das in einem gigantischen Ausmaß, welches kaum jemandem auch nur ansatzweise bewußt ist.

    Hinzu kommen diverse psychologische Probleme, z. B.:

    - Man kann dem Verlierer rational noch so sehr klar machen, wie systemimmanent notwendig es ist, dass es Verlierer gibt: Er wird gleichwohl unzufrieden sein, weil er der Verlierer ist. Das ginge allen in seiner Situation so. Das ist im Ansatz sogar notwendig, denn seine Unzufriedenheit mit der Verliererstellung ist im günstigen Fall (= solange er innerhalb des Systems verbleibt) eine Triebfeder, sich anzustrengen und vielleicht doch noch zum Gewinner zu werden. Aber natürlich werden keineswegs alle heutigen Verlierer zu künftigen Gewinnern. Es besteht daher die Gefahr, dass sie sich außerhalb des Systems stellen und das System abschaffen wollen.

    - Der subjektive Vergleichsmaßstab wird "falsch" gewählt: Der Stahlkocher vergleicht sich mit den anderen Menschen in seiner Umgebung. Deswegen kommt es auch gar nicht darauf an, ob es ihm wirklich schlechter geht als vor ein paar Jahren, oder ob er nur so empfindet, weil es den anderen besser geht oder weil ihm ständig erzählt wird, wie schlecht es ihm gehe. Er stellt fest, dass der Uni-Absolvent einen gut bezahlten Job hat und ein dickes Auto fährt, was der Stahlkocher angesichts seiner langjährig harten Arbeit als "ungerecht" empfindet.
    Vermutlich würde er sich wesentlich besser und glücklicher fühlen, wenn er einen anderen Vergleichsmaßstab wählen würde. Möglicherweise ist z. B. sein absoluter Wohlstand nicht einmal geringer als derjenige des reichsten Menschen der Welt 80 oder 100 Jahre zuvor. Aber das ist nicht seine Wahrnehmung. Er ist unglücklich, weil er seine Situation nicht mit dem absoluten Wohlstand von John D. Rockefeller (Sr.) vor einem knappen Jahrhundert vergleicht, sondern mit der Situation des heutigen Nachbarn. Zu hohe Erwartungen sind aber der elementare Grund für subjektiv empfundenes Unglück. Nicht umsonst leben die subjektiv unglücklichsten Menschen der Welt in vergleichbar reichen Ländern - Deutschland steht da mit an der Spitze -, wohingegen die subjektiv glücklichsten Menschen der Welt in extrem armen Ländern leben.

    - Das Prinzip der selbstwertdienlichen Verzerrung bewirkt zudem, dass man Erfolge auf eigene Leistung und Misserfolge auf äußere Umstände zurückführt. Während der Gewinner stolz auf seine Leistungen ist, macht der Verlierer daher "die Gesellschaft", "das System" oder stärker konkretisierte Sündenböcke ("Juden", "Einwanderer" o. ä.) für seinen eigenen Misserfolg verantwortlich. Das führt zu vermeintlich einfachen, aber wenig durchdachten "Lösungen".

    - Hinzu kommt, dass man die Bedeutung des Aktuellen stets überbewertet und die Zukunft meist aufgrund der jüngsten Vergangenheit prognostiziert. Warren Buffett pflegt - bezogen auf das Geschäftsleben, aber durchaus verallgemeinerbar - treffend zu sagen: Der Rückspiegel ist immer klarer als die Windschutzscheibe.

    Alles in allem stimmt das wenig hoffnungsfroh, denn wie soll man diese Probleme lösen? Information kann helfen, aber auch zu noch größerer Spaltung der Gesellschaft führen. Umverteilung kann die subjektive Unzufriedenheit in Ansätzen bekämpfen, aber das Risiko (mögliche Zerstörung des Anreizsystems) ist im Verhältnis zum erwarteten Ertrag (Stichwort: Gewöhnungseffekt) durchaus ernst zu nehmen. Ansonsten bleibt zu hoffen, dass die Anzahl derjenigen, welche das bestehende System fundamental ablehnen, auch in "Akutphasen" (z. B. Finanzkrise, Flüchtlingskrise etc.) hinreichend gering bleibt.


  • Ich glaube das Problem des Systems ist aber, dass es (nicht nur gefühlt) immer weniger Gewinner und immer mehr Verlierer gibt und die daher auch eine viel einfachere Mobilmachung generieren können.
    Da gibts noch genug Leute auf der Kante

    Dann mach ich eben mein eigenes Forum auf...mit Blackjack und Nutten!

  • Es ist ja nicht nur subjektive Wahrnehmung, dass immer mehr Menschen den Anschluß an die globalisierte und technisierte Welt verlieren. Es sind doch gerade die Jobs für Geringqualifizierte die als erstes wegfallen. Sei es durch Verlagerung in Billiglohnländer wie z.B. in der Textilbranche oder den Ersatz der menschlichen Arbeitskraft durch Maschinen, Roboter etc. Demnächst brauchen wir keine Paketboten mehr weil Drohnen die Zustellung übernehmen und selbstfahrende Autos machen die Taxifahrer überflüssig.

    Im Gegensatz dazu erwirtschaften kleine Startups wie Uber oder AirBNB mit vielleicht 100 Mitarbeitern dreistellige Millionenumsätze. Da fließt das Geld immer schneller in die Spitze der Vermögenspyramide während in der Mitte und unten Stillstand herrscht oder Rückschritt droht.

    Dieses Wirtschaftssystem mit Gewinnern und Verlierern wird unkontrolliert irgendwann dazu führen, dass die Gewinner alles haben und die Verlierer nichts mehr. Und die EU wird von vielen ausschließlich als Konstrukt wahrgenommen, dass den wirtschaftlich Starken fördert und im Umkehrschluß dem Schwachem schadet.

    Und Chief: Die subjektiv glücklichsten Menschen leben im wohlhabenden hoch besteuerten Dänemark. Norwegen steht auf Platz 2, Deutschland auf 26. Subjektiv unglücklich sind die Menschen in Togo und Benin.

    Keep Pounding

  • Es ist ja nicht nur subjektive Wahrnehmung, dass immer mehr Menschen den Anschluß an die globalisierte und technisierte Welt verlieren."

    Inwiefern? War es nicht "schon immer" so, dass ältere mit der "neumodischen Technik" (Eisenbahn, Autos, Flugzeuge, Unterhaltungselektronik, Computer, Fahrscheinautomaten, ...) nichts mehr anzufangen wußten? Ist es Zeichen des verlorenen Anschlusses an die "globalisierte und technisierte Welt", dass fast jeder ein Smartphone hat und im Internet surft?


    Es sind doch gerade die Jobs für Geringqualifizierte die als erstes wegfallen. Sei es durch Verlagerung in Billiglohnländer wie z.B. in der Textilbranche oder den Ersatz der menschlichen Arbeitskraft durch Maschinen, Roboter etc. Demnächst brauchen wir keine Paketboten mehr weil Drohnen die Zustellung übernehmen und selbstfahrende Autos machen die Taxifahrer überflüssig.

    Eben, und der m. E. elementare Fehler besteht darin, hierin einen Mangel des Systems zu sehen. Es ist (auf kollektiver Ebene) super (!), dass für solche Tätigkeiten keine Menschen mehr benötigt werden. Wo früher 100 Leute gebraucht wurden, werden heute vielleicht noch 5 gebraucht, den Rest machen Roboter etc. Das heißt (gesamtgesellschaftlich betrachtet) nichts anderes, als dass 95 Leute freie Kapazitäten haben, so dass in der Summe ein höherer Lebensstandard erwirtschaftet werden kann.


    Im Gegensatz dazu erwirtschaften kleine Startups wie Uber oder AirBNB mit vielleicht 100 Mitarbeitern dreistellige Millionenumsätze. Da fließt das Geld immer schneller in die Spitze der Vermögenspyramide während in der Mitte und unten Stillstand herrscht oder Rückschritt droht.

    Dieses Wirtschaftssystem mit Gewinnern und Verlierern wird unkontrolliert irgendwann dazu führen, dass die Gewinner alles haben und die Verlierer nichts mehr. Und die EU wird von vielen ausschließlich als Konstrukt wahrgenommen, dass den wirtschaftlich Starken fördert und im Umkehrschluß dem Schwachem schadet.


    Umsätze sind keine Gewinne. Das Erwirtschaften hoher Umsätze spricht aber dafür, dass das Produkt von vielen Menschen als Fortschritt gegenüber dem bisherigen Angebot wahrgenommen wird. Erfolgreiche Start-Ups zeigen, dass jeder die Chance hat, erfolgreich zu sein. Es gibt also durchaus eine Fluktuation in der "Vermögenspyramide".

    Eine tragfähige Grundlage für die pessimistische Prognose erschließt sich mir nicht. Die letzten zweihundert Jahre haben - auch bei den relativ "Armen" - für unvorstellbare Steigerung des Wohlstandes geführt. Abgesehen von "Kriegsdellen" geht es jeder Generation besser als der vorherigen Generation.


    Und Chief: Die subjektiv glücklichsten Menschen leben im wohlhabenden hoch besteuerten Dänemark. Norwegen steht auf Platz 2, Deutschland auf 26. Subjektiv unglücklich sind die Menschen in Togo und Benin.

    Aha, da scheint es wohl unterschiedliche Erhebungen zu geben.

    2 Mal editiert, zuletzt von Chief (29. Juni 2016 um 16:28)

  • Ich glaube das Problem des Systems ist aber, dass es (nicht nur gefühlt) immer weniger Gewinner und immer mehr Verlierer gibt und die daher auch eine viel einfachere Mobilmachung generieren können.
    Da gibts noch genug Leute auf der Kante

    Da unterscheiden wir uns fundamental. Ich meine (aufgrund der dargelegten Argumente), dass wir fast alle Gewinner sind, uns aber subjektiv für Verlierer halten. Statt uns "wie Bolle" darüber zu freuen, was wir alles haben (und was es vor 20, 40, 60, 80, 100, ... Jahren noch nicht gab), ärgern wir uns darüber, dass der andere noch ein paar Prozent mehr hat.

    Einmal editiert, zuletzt von Chief (29. Juni 2016 um 16:05)

  • Eben, und der m. E. elementare Fehler besteht darin, hierin einen Mangel des Systems zu sehen. Es ist (auf kollektiver Ebene) super (!), dass für solche Tätigkeiten keine Menschen mehr benötigt werden. Wo früher 100 Leute gebraucht wurden, werden heute vielleicht noch 5 gebraucht, den Rest machen Roboter etc. Das heißt (gesamtgesellschaftlich betrachtet) nichts anderes, als dass 95 Leute freie Kapazitäten haben, so dass in der Summe ein höherer Lebensstandard erwirtschaftet werden kann.

    Eine sehr technische und theoretische Sicht. Der Wegfall einer ganzen Berufsgruppe bedeutet oft das die Leute sich in anderen Berufsfeldern umsehen müssten. Dort werden sie aufgrund der fehlenden Qualifikation schlechter bezahlt, nicht weil sie sich nie qualifiziert haben, sondern falsch (weil nicht vorhersehbarer). Man kommt mit dieser technischen Sicht schnell an Grenzen. Kann sich jemand der 20 Jahre in einem Beruf gearbeitet hat, nochmal für ein ebenso lukrativen Beruf qualifizieren? Theoretisch ja, praktisch eher nicht. Dort macht die Biologie und die Restarbeitszeitinvestition so seine Probleme.

    Und ich kann die Leute dann verstehen, wenn sie nicht das "große Gesamtbild" im Sinn haben, schon garnicht wenn die Fallhöhe einen auf ein Plateau bringt, das gerade das Existenzminimum sichert.

    -----------------
    It is time for us to do what we have been doing and that time is every day.

  • Und Chief: Die subjektiv glücklichsten Menschen leben im wohlhabenden hoch besteuerten Dänemark. Norwegen steht auf Platz 2, Deutschland auf 26. Subjektiv unglücklich sind die Menschen in Togo und Benin.

    Lustigerweise 2 inzwischen ziemlich rechts-konservative Länder, die auch irgendwie ihr eigenes Süppchen kochen.

    Da unterscheiden wir uns fundamental. Ich meine (aufgrund der dargelegten Argumente), dass wir fast alle Gewinner sind, uns aber subjektiv für Verlierer halten. Statt uns "wie Bolle" darüber zu freuen, was wir alles haben (und was es vor 20, 40, 60, 80, 100, ... Jahren noch nicht gab), ärgern wir uns darüber, dass der andere noch ein paar Prozent mehr hat.

    Theoretisch richtig. Aber generell ist auch die menschliche Natur so ausgereift, eher den Homo Oeconomicus zu geben. Das war auch schon zur Steinzeit so. "Survival of the fittest" war dann im Zweifelsfall doch der mit der größten Keule und den besten Fleischreserven im Winter.

    Und wenn man halt sieht, dass andere inzwischen ganze Mammuthorden bei sich hortet und irgendwie der Rest auch nur noch Löwenzahn zum Futtern hat, dann wird es schwer sich darüber zu freuen, dass es vor 10 Jahren noch nicht mal Feuer gab

    Dann mach ich eben mein eigenes Forum auf...mit Blackjack und Nutten!

  • Eine sehr technische und theoretische Sicht. Der Wegfall einer ganzen Berufsgruppe bedeutet oft das die Leute sich in anderen Berufsfeldern umsehen müssten. Dort werden sie aufgrund der fehlenden Qualifikation schlechter bezahlt, nicht weil sie sich nie qualifiziert haben, sondern falsch (weil nicht vorhersehbarer). Man kommt mit dieser technischen Sicht schnell an Grenzen. Kann sich jemand der 20 Jahre in einem Beruf gearbeitet hat, nochmal für ein ebenso lukrativen Beruf qualifizieren? Theoretisch ja, praktisch eher nicht. Dort macht die Biologie und die Restarbeitszeitinvestition so seine Probleme.
    Und ich kann die Leute dann verstehen, wenn sie nicht das "große Gesamtbild" im Sinn haben, schon garnicht wenn die Fallhöhe einen auf ein Plateau bringt, das gerade das Existenzminimum sichert.


    Und was ist die Alternative? Auf Fortschritt zu verzichten? Wird wohl kaum funktionieren. Außerdem gab es das doch schon immer im Laufe der Geschichte, ganze Berufsgruppen werden überflüssig und es entstehen neue. Und im Gegensatz zu früher müssen heute die Menschen (zumindest in unserem Teil der Welt) die durch die Entwicklung abgehängt werden und aus dem Arbeitsleben ausscheiden müssen nicht mehr hungern oder werden obdachlos. Natürlich werden sie abgehängt und verlieren an Boden gegenüber den anderen, aber sie müssen nicht um ihre Existenz im Sinne des wirklichen Überlebens bangen und dieses Überleben wird wiederum von denen die profitieren finanziert.

    Man kann lang und breit über Gerechtigkeit etc philosophieren trotzdem wird man nie auf ein System kommen welches "Gerechtigkeit" und "Fortschritt" gleichzeitig bietet.

  • Da ist schon was dran an dem Gedanken. In diesem Zusammenhang bin ich auch fest davon überzeugt, dass das bedingungslose Grundeinkommen mindestens sehr ernsthaft diskutiert werden wird...

  • Man kann lang und breit über Gerechtigkeit etc philosophieren trotzdem wird man nie auf ein System kommen welches "Gerechtigkeit" und "Fortschritt" gleichzeitig bietet.

    Aber das ist kein Grund, die Diskussion darüber einzustellen. Ansonsten hätten wir das nämlich auch vor 150 Jahren machen können und
    würden heute in einem ausbeuterischen Manchester-Kapitalismus leben.

    Die Diskussion ist auch deswegen nötig, weil sich die Rahmenbedingungen ständig ändern und Dinge ermöglichen, die früher einfach
    gar nicht möglich waren. Vor 500 Jahren haben "wir" nicht genug gesellschaftlichen Reichtum produziert, um einen Teil der
    Bevölkerung durchzufüttern. Heute können wird das und deswegen wäre es doch absurd das mit überholten Argumenten abzulehnen.
    Früher taten sich - vereinfacht gesagt - die Menschen schwer, den Zehnten Teil ihres Geldes karitativ zu spenden, heute geben
    wir problemlos deutlich mehr ab.

    Wenn wir mal radikale Gesellschaftsreformen außen vor lassen, dann geht's doch nicht darum, dass es keine Gewinner oder Verlierer mehr
    geben soll, sondern wie wir das gestalten. Vor 50 Jahren gab es doch auch Leute, die stärker oder oder weniger stark vom "System"
    profitiert haben und trotzdem war der Unmut geringer. Die Grönde war mE, dass 2 Dinge versprochen wurden:
    1.) Dass es praktisch allen besser gehen wird, manchen aber eben noch besser als anderen... der berühmte Fahrstuhl, der erstmal
    alle nach oben trägt, aber manche zu höheren Stockwerken bringt.
    2.) Dass man es mit harter Arbeit nach oben schaffen kann.

    Beide Versprechen werden immer noch gemacht, nur eingehalten werden sie immer weniger. Das produziert natürlich Frust.

    "I guess football has always been a barometer of the times: the takeover of Manchester United was a perfect manifestation of the unacceptable face of modern capitalism." - Jarvis Cocker.

    Einmal editiert, zuletzt von Derek Brown (30. Juni 2016 um 07:56)

  • Da bin ich anderer Meinung, denn es ist bereits möglich.
    Ich wiederhole mich, wir haben in Deutschland einen hervorragenden zweiten Bildungsweg, man muss nur Kompromisse eingehen.
    Auf der einen Seite möchte man die Freiheit die man hat, aber auf der anderen Seite wird gejammert, da die Selbstverantwortung, welche die Freiheit mit sich bringt, Arbeit und Aufwand ist der für einige zu schwierig scheint.
    Ich nehme als Beispiel das Abendgymnasium. In Hessen ist das kostenlos, aber mit 6 Schulstunden von Montag bis Freitag natürlich aufwendig. Die Zeit geht aber vorbei und mit Abitur öffnen sich neue Möglichkeiten.
    Man sollte sich in der heutigen Zeit verabschieden vom Gedanken, dass die Ausbildung in jungen Jahren genügt um bequem durch das Arbeitsleben zu gehen. Genauso wie ich mich ein Leben lang körperlich bewegen muss, genauso muss ich es geistig tun.
    Freiheit ist für mich in erster Linie Selbstverantwortung.

  • Ich glaube was extrem Frust produziert, ist das ( gefühlt ) für manche Dinge ( Bankenrettung, Griechenland, Flüchtlinge ) auf einmal viel Geld da ist und andere Dinge, die für Menschen vor Ort wichtig sind ( Schulen, Straßen, Polizei etc. ) immer mehr gespart wird. Da können die Rattenfänger natürlich leicht Stimmung machen gegen die da Oben oder die in Brüssel. Ich glaube, das es da einen Ausgleich geben muss.

  • Da bin ich anderer Meinung, denn es ist bereits möglich.Ich wiederhole mich, wir haben in Deutschland einen hervorragenden zweiten Bildungsweg, man muss nur Kompromisse eingehen.
    Auf der einen Seite möchte man die Freiheit die man hat, aber auf der anderen Seite wird gejammert, da die Selbstverantwortung, welche die Freiheit mit sich bringt, Arbeit und Aufwand ist der für einige zu schwierig scheint.
    Ich nehme als Beispiel das Abendgymnasium. In Hessen ist das kostenlos, aber mit 6 Schulstunden von Montag bis Freitag natürlich aufwendig. Die Zeit geht aber vorbei und mit Abitur öffnen sich neue Möglichkeiten.
    Man sollte sich in der heutigen Zeit verabschieden vom Gedanken, dass die Ausbildung in jungen Jahren genügt um bequem durch das Arbeitsleben zu gehen. Genauso wie ich mich ein Leben lang körperlich bewegen muss, genauso muss ich es geistig tun.
    Freiheit ist für mich in erster Linie Selbstverantwortung.

    Lustigerweise glaube ich aktuell sogar, dass man mit einer guten bis sehr guten Lehre (gerade im handwerklichen Bereich) durchaus bessere Chancen hat, als mit dem ein oder anderen Pseudo-Uniabschluss. Wenn man dazu noch gut englisch sprechen kann, ist das ein wunderbares Erfolgsrezept.

    Dass man sich durch harte Arbeit hocharbeiten kann hängt leider auch nur manchmal mit Deinem wirklichen Können zusammen (zumindest als Angestellter). Da sind es leider mitunter 1000 andere Faktoren, die da eine Rolle spielen

    Dann mach ich eben mein eigenes Forum auf...mit Blackjack und Nutten!

  • ärgern wir uns darüber, dass der andere noch ein paar Prozent mehr hat.

    Ähm ja, die Aussage "Ein paar Prozent mehr hat" ist wohl die Untertreibung des Jahres.

    Die unteren 50 Prozent der Haushalte verfügten demnach 2013 über ein Prozent des Nettovermögens in Deutschland (1998: 2,9 Prozent).


    Da bin ich anderer Meinung, denn es ist bereits möglich.

    Guido Neidhöfer und Maximilian Stockhausen, Nachwuchswissenschaftler der Freien Universität, haben die SOEP-Daten genutzt, um die langfristige Bildungsmobilität in Deutschland im Vergleich zu den USA und Großbritannien zu untersuchen. „Wir fanden heraus, dass die Bildungsmobilität über einen längeren Zeitraum in Deutschland deutlich geringer ist als in den beiden anderen Ländern“, sagt Neidhöfer. Wenn man die Jahrgänge der 1960 bis 1985 Geborenen betrachtet, dann haben nur 20 Prozent derjenigen, deren Großeltern noch ein niedriges Bildungsniveau aufweisen, einen veritablen Bildungsaufstieg hingelegt. In den USA schafften 23 Prozent den Bildungsaufstieg über zwei Generationen, in Großbritannien waren es sogar 31 Prozent.


    Gruß isten

    SB50 Champion Anderson Barrett Brenner Brewer Bush Caldwell Colquitt Daniels T.Davis V.Davis Doss Ferentz Fowler Garcia Green C.Harris R.Harris Hillman Jackson Keo Kilgo Latimer Manning Marshall Mathis McCray McManus Miller Myers Nelson Nixon Norwood Osweiler Paradis Polumbus Ray Roby Sanders Schofield Siemian Smith Stewart Talib Thomas Thompson Trevathan Vasquez Walker Ward Ware Webster S.Williams Wolfe Anunike Bolden Bruton Clady Heuerman Sambrailo K.Williams

  • Lustig, wie ihr in der Diskussion über die EU auf eine Diskussion über den Kapitalismus abgebogen seid.
    Ich glaube dass es in der ganzen EU-Debatte eigentlich genau darum geht. Alles was mit Einschränkung des Kapitalismus (also das Entgegenwirken der Vermögensverteilung hin zu einigen Wenigen) zu tun hat, wird der Allgemeinheit als Gängelung und Bevormundung verkauft. Sündenbock ist halt momentan die EU. Davor waren es die Flüchtlinge, davor die Sozialhilfempfänger. Wenn das nicht reicht, dann tuts ja offensichtlich auch der Stahlkocher der zu faul ist, sich zu qualifizieren. Aber so sind wir immerhin beschäftigt und stören die Oberschicht nicht groß.

    Zum Brexit: Dass das Referendum nur konsultativ war, habe ich erst diese Woche gelernt. Für mich steht damit fest, dass es hier nur um politische Spielchen innerhalb GBs ging. Höchstwahrscheinlich ist mit dem zu erwartenden Machtwechsel die Sache erledigt. Weil ein Brexit auch für die Oberschicht zu riskant ist, wird der sowieso nicht kommen. Das Referendum zwingt die Regierung ja auch zu nix.

    Gruß
    Rumpel

  • @'isten
    Dann gehöre ich zu 20%.

    Mich hat meine Grundeinstellung motiviert.

    Zitat

    Wer etwas will, findet Wege. Wer etwas nicht will, findet Gründe.

    Der Unterschied zwischen dem, der du bist und dem, der du sein möchtest, ist das was du tust.


    Buccaneer
    Das Abendgymnasium war ein Beispiel, da es in Hessen vom Land getragen wird und für den Schüler keine Kosten entstehen.
    Ich habe im Bekanntenkreis auch den Fall, dass das Studium abgebrochen wurde um eine Lehre zu beginnen mit dem langfristigen Ziel Meisterbrief.
    Möglichkeiten gibt es genug, man muss es nur wollen.